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Presseschau vom 27.5. | bpb.de

Presseschau vom 27.5.

Erik Meyer

/ 5 Minuten zu lesen

Desinformierte Nutzer informieren

Am Wahltag verbreitete sich ein Beitrag über einen angeblichen Wahlbetrug im Netz. Auch der #faktenfuchs des Bayrischen Rundfunks hat sich dem Vorgang angenommen und die Polizei zu einem Zeugen befragt. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Augsburg wird wie folgt zitiert: "'Bei der Vernehmung hat er nicht mehr gesagt, dass zwei Wahlscheine wieder herausgenommen wurden", sagte der Polizeisprecher. Die Beamten hätten ihn danach gefragt. 'Er hat das nicht mehr so bestätigt.'"

Externer Link: BR24
#faktenfuchs: Nein, in Welden gab es keinen Wahlbetrug

In Welden im schwäbischen Landkreis Augsburg hätten Wahlhelfer zwei AfD-Stimmen aus einer Wahlurne herausgefischt. Diese Behauptung verbreitet sich am Tag der Europawahl in sozialen Netzwerken, ausgehend von einem Facebook-Post. Die Behauptung ist falsch. In dem Facebook-Post wird jemand folgendermaßen zitiert: "Ich habe gerade eben meine Stimme abgegeben und es gab eine Besonderheit: Vor mir gingen zwei Männer ins Wahllokal, die offen verkündeten, die AfD wählen zu wollen.

Zur Reichweite von Meldungen über Wahlbetrug in den sozialen Medien merkt die Journalistin Karolin Schwarz bei Twitter an:

Externer Link: Tweet von Karolin Schwarz (© Screenshot: twitter.com)

In diesem Zusammenhang kursieren auch falsche Angaben über Details etwa zum Verschluss der Wahlurnen wie Sophie Rohrmeier ebenfalls für den #faktenfuchs des Bayrischen Rundfunks recherchiert hat: "Verplombung jedenfalls, deren Fehlen von einigen immer wieder bemängelt wird, ist nicht vorgeschrieben, wie der Bundeswahlleiter schon vor der Wahl twitterte. Nicht einmal ein Siegel ist vorgeschrieben. Der Bundeswahlleiter stellte aber klar, dass sichergestellt sein muss, dass die Urne nicht unbeobachtet weggetragen werden kann."

Externer Link: BR24
#faktenfuchs: Nein, Urnen müssen nicht verplombt sein

Die Urne nur mit Vorhängeschloss gesichert? Ist damit dem Wahlbetrug Tür und Tor geöffnet? Nein, sagt ein Jurist aus dem Büro des Bundeswahlleiters.

Einige Online-Angebote vertreten die Ansicht, dass das kontroverse Video "Die Zerstörung der CDU" des Youtubers Rezo im Auftrag der Grünen entstanden sei. Christina Helberg vom Recherchezentrum Correctiv hat die Verbreitung im Anschluss rekonstruiert: "Jeder dieser Artikel wurde wiederum von zahlreichen Facebook-Seiten und Twitterkonten übernommen. So verbreitete sich die vermeintliche Meldung tausendfach." Allerdings: "Die Webseiten liefern keine Belege für die Verdächtigung, das Rezo-Video sei eine Kampagne für die Grünen. Die Grünen dementieren, das Video in Auftrag gegeben zu haben."

Externer Link: correctiv.org
Keine Belege, dass die Grünen das Rezo-Video in Auftrag gegeben haben

Mehrere Webseiten legen nahe, die Grünen hätten das Rezo-Video in Auftrag gegeben. Dafür gibt es keine Belege. Die Partei dementiert das gegenüber CORRECTIV.

Die BBC beurteilt diverse Inhalte, die während des Wahlkampfs im Netz kursierten, als irreführend; darunter diese Variante: "There have been plenty of examples of old videos being recycled, making it unclear when the footage was first taken. For example, a recording from 2016 that emerged recently of Muslim worshippers outside the Colosseum in Rome. Two Twitter accounts claimed (though their tweets were not widely shared) that Muslims had gathered there on 19 May 2019."

Externer Link: BBC News
The spread of misinformation in the European elections

In a heated European election campaign, parties and their supporters used social media to debate some of the biggest issues affecting Europe today. However, as many feared, there were cases of misleading information being widely shared online. It came from a range of sources, including groups criticising political rivals, or accounts publishing large volumes of content on specific subjects such as migration.

Demgegenüber konnte die EU keinen von außen koordinierten Versuch der Einflussnahme auf die Europawahl mittels digitaler Desinformation feststellen, berichtet Thomas Gutschker in der FAZ: "'Eine massive, besonders hervorstechende Kampagne wie bei der amerikanischen Präsidentenwahl 2016 haben wir jedoch nicht beobachten können', sagte Lutz Güllner, der den Bereich strategische Kommunikation im Europäischen Auswärtigen Dienst leitet, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Zu Güllners Aufgabenbereich gehört eine Sondereinheit, die russische Medien auf Desinformation hin beobachtet (East StratCom Task Force)."

Externer Link: faz.net
Desinformationskampagnen: EU hält sich für besser geschützt

Die Europäische Union zieht eine vorsichtig positive Bilanz ihrer Maßnahmen zum Schutz der Europawahl gegen digitale Angriffe von außen. Zwar hätten „Akteure aus Russland" in den vergangenen Monaten wie üblich über das Internet Botschaften verbreitet, um die Europäische Union zu unterminieren und die europäische Demokratie zu diskreditieren.

Im Zusammenhang mit einem manipulierten Video, das die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses zeigt, berichtet Makena Kelly, dass Nutzer, die das Video bei Facebook teilen möchten, nun alarmiert werden: "'Once the video was fact checked as false, we dramatically reduced its distribution,' a Facebook spokesperson told The Verge. 'Speed is critical to this system, and we continue to improve our response. People who see the video in feed, try to share it from feed, or already shared it are alerted that it’s false.'”

Externer Link: The Verge
Facebook begins telling users who try to share distorted Nancy Pelosi video that it's fake

Earlier this week, an altered video of House Speaker Nancy Pelosi caught fire on Facebook, and despite being faked, the platform has so far declined to remove it. However, it has now chosen to notify users who attempt to share the clip that it is faked.

Weitergehend ist die Forderung zur Information von Nutzern, die mit Desinformation konfrontiert werden, wie sie die Organisation Avaaz auch am Wahlabend wiederholt:

Externer Link: Tweet von Avaaz (© Screenshot: twitter.com)

Einen Vorgeschmack auf die EU DisinfoLab Annual Conference, die an diesem Dienstag beginnt, liefert im Kontext der Diskussion um das Video eine Expertin aus den USA, die die Tagung in Brüssel mit einem Vortrag eröffnen wird:

Externer Link: Tweet von Renee DiResta (© Screenshot: twitter.com)

Erich Moechel ordnet beim österreichischen Radiosender FM4 die Angaben Facebooks zur Löschung von Fake-Profilen an Hand einer Übersicht ein: "Die Generalaussage hinter der obigen Grafik ist, dass Facebook nun endlich über funktionierende Algorithmen verfügt, um automatisierte Anmeldungsvorgänge aller Art als solche identifizieren zu können. Offenbar gelingt das ohne größere Kollateralschäden bei legitimen Konten anzurichten, die ein, zwei Charakteristika mit Falschkonten gemeinsam haben. Was Facebook allerdings nicht verrät, ist die Aufteilung der illegitimen Konten auf die verschiedenen Services des Konzerns, nämlich wie viele solcher Konten auf Facebook selbst entfallen und wieviele auf WhatsApp und Instagram zurückgehen."

Externer Link: fm4.ORF.at
EU-Wahlkampf zeigte Trendumkehr bei Desinformationsmethoden

radio fm4 Automatisierte „Bot-Accounts" werden von Facebook & Co mittlerweile routinemäßig erkannt und neutralisiert. Die Wellen von Falschnachrichten kamen diesmal von verdeckten Netzwerken, die in Handarbeit errichtet wurden. Von Erich Moechel Der EU-Wahlkampf 2019 im Internet ist geschlagen, die von vielen erwartete Lawine an Desinformationskampagnen ist ausgeblieben.

Fussnoten

ist Politikwissenschaftler und arbeitet als freier Journalist und Dozent zur Digitalisierung in Politik, Pop und Erinnerungskultur. Er ist Autor von „Zwischen Partizipation und Plattformisierung: Politische Kommunikation in der digitalen Gesellschaft“ (2019)