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Die 1970er Jahre: Der Weg zum Film und das Kino | Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West | bpb.de

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Die 1970er Jahre: Der Weg zum Film und das Kino

/ 8 Minuten zu lesen

Die Schauspieler Jan Fedder, Claude-Oliver Rudolph, Erwin Leder und Martin May (v. l.) posieren 25 Jahre nach der Uraufführung von Wolfgang Petersens Film "Das Boot" vor einem Modell des U-Boots "U 96" im Filmuseum in Frankfurt. (© AP)

Das Film-Fernseh-Abkommen (BRD)

In den 1970er Jahren war es das Film-Fernseh-Abkommen, das Kinoproduzenten und ARD/ZDF näher zusammenrücken ließ. Es wurde 1974 zwischen der deutschen Filmwirtschaft, der Filmförderungsanstalt und dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen geschlossen. Das Abkommen führte es dazu, dass sich die Fernsehanstalten an der Filmförderung beteiligten, dafür in den Gremien an der Auswahl mitwirkten und auch dramaturgisch die geförderten Projekte betreuten. Dadurch wurden die Fernsehanstalten zum Geburtshelfer einer neuen Ära des westdeutschen Kinos, zu dem bald international renommierte Filmemacher wie Wim Wenders, Werner Herzog, Volker Schlöndorff oder Rainer Werner Fassbinder gehörten. Diese Filme wurden zunächst eineinhalb Jahre lang im Kino gezeigt und danach auf Fernsehspielplätzen im Fernsehen.

Kino-Fernseh-Koproduktionen

Der auf diese Weise entstehende "amphibische Film", wie ihn WDR-Fernsehspielchef Günter Rohrbach nannte - ein Film, der im Kino wie im Fernsehen reüssieren konnte -, setzte sich durch. Auch opulentere Kino-Fernseh-Koproduktionen wie "Die Blechtrommel" (1979) nach dem Roman von Günter Grass oder "Das Boot" (1981) nach dem Buch von Lothar Buchheim konnten sich in beiden Medien behaupten. Dabei hatte Wolfgang Petersen, der Regisseur von "Das Boot", sowohl eine Kinofassung als auch eine dreiteilige (später auch fünfteilig ausgestrahlte) Fernsehfassung hergestellt, wobei die Fernsehfassung ausführlicher auf die einzelnen Personen und ihre Motivationen einging als die eher actionbetonte Kinofassung.

Gesellschaftskritik und Subjektivität

In den 1970er Jahren wurde das politisch-didaktische Fernsehspiel in der Bundesrepublik entschärft. Dazu trugen sowohl die politischen Rahmenbedingungen bei, die sich angesichts von gesellschaftlichen Krisen (Öl- und Wirtschaftskrise 1973, der Terrorismus der RAF und die Terroristenbekämpfung durch den Staat) auch auf die Fiktion im Fernsehen auswirkten (Debatte um die politische Ausgewogenheit im Programm ab 1974), als auch eine Abnahme des Publikumsinteresses an politischer Fiktion. Die publizistische Breitenwirkung des Fernsehfilms nahm insgesamt ab, nicht aber seine thematisch-ästhetische Vielfalt.

Neue Realismuskonzepte

Neue Realismuskonzepte verabschiedeten sich von der Utopie und ihren fiktionalen Darstellungen. Ein den sozialen Phänomenen direkt zugewandter Realismus wie in Uwe Frießners "Das Ende des Regenbogens" (WDR, 1979) wollte die Gesellschaft zeigen, wie sie ist. Die Ideale einer auf soziale Veränderung argumentierenden Fiktion wurden in den Berliner Arbeiterfilmen ("Liebe Mutter, mir geht es gut", WDR, 1972) thematisiert. Explizite Gesellschaftskritik war noch immer en vogue, wurde aber wie bei Wolfgang Menges "Das Millionenspiel" (WDR, 1970) und "Smog" (WDR, 1973) oder in Rainer Erlers Wissenschafts-Thrillern "Das blaue Palais" (ZDF, 1974–1976) und "Fleisch" (ZDF, 1979) in genrespezifische Spannungsdramaturgien verpackt.

Literaturverfilmungen und "neue Helden"

Mehrteilige Literaturverfilmungen wie Lenz' "Deutschstunde" (2 Teile, NDR, 1971) oder Fontanes "Der Stechlin" (3 Teile, NDR, 1975) gehörten zu den fernsehtypischen Hervorbringungen dieses Jahrzehnts, die andere als sozialkritische Sichtweisen etablieren sollten. Der Mensch rückte stärker als bisher in den Fokus der Fernseherzählungen. Die Idee vom kollektiven Sozialen trat zugunsten der individuellen Erfahrung zurück. Eberhard Fechners dokumentarische Methode, mittels Zeitzeugen der deutschen Geschichte ein Gesicht zu geben, die er in Filmen wie "Klassenphoto" (NDR, 1971) und "Comedian Harmonists" (NDR, 1976) perfektionierte, spiegelte ein neues Verständnis von Subjektivität und Erkenntnis. Verlierer, Unangepasste, abseits der Gesellschaft stehende Figuren waren die neuen "Helden". Sie begegnen dem Zuschauer beispielsweise als Transvestit und debile Alte in Peter Beauvais' "Im Reservat" (ZDF, 1973) oder als desillusionierte "Jungs" in dem Obdachlosen-Drama "Die große Flatter" (3 Teile, WDR, 1979).

"Im familiären Kleinen das gesellschaftliche Große"

Regisseur Rainer Werner Fassbinder (links) bei Dreharbeiten in München 1980. (© AP)

Im familiären Kleinen das gesellschaftliche Große aufscheinen zu lassen, war das Prinzip einiger populärer 1970er-Jahre-Produktionen. Unvergessen sind die Zweiteiler von Dieter Wedel um die Familie Semmeling: "Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims" (3 Teile, NDR, 1972) und "Alle Jahre wieder" (3 Teile, NDR, 1976). Sie handelten von den Versuchungen der Konsumgesellschaft, denen sich der Normalbürger nur schwer entziehen kann, und den ungewollten Verstrickungen bei der Realisierung seiner Wünsche. Wedel gelang es, in diesen Familiengeschichten das Alltägliche glaubwürdig zu schildern und seine Protagonisten nicht an den Spott des Zuschauers zu verraten. Ähnlich detailgenau schildert Eberhard Fechner in seinen nicht weniger unterhaltsamen Verfilmungen der Romane Walter Kempowskis, "Tadellöser & Wolff" (2 Teile, ZDF, 1975) und "Ein Kapitel für sich" (3 Teile, ZDF, 1979) das Alltagsleben einer Rostocker Reedersfamilie im Dritten Reich und in den ersten Jahren nach Kriegsende. Die Tonlage war ungewöhnlich: Fechner gelang eine realistische Satire mit literarisch-filmischer Pointierung.

Filme von Fassbinder und Lemke

Viel Beachtung fanden die außergewöhnlichen Fernseharbeiten von Rainer Werner Fassbinder. Die Kunst der Stilisierung und das Spiel mit dunklen Bildern trieb er allerdings in dem Science-Fiction-Zweiteiler "Welt am Draht" (WDR, 1973) und in der 14-teiligen Literaturverfilmung "Berlin Alexanderplatz" (WDR, 1980) so weit, dass ihm ein Großteil der Zuschauer nicht mehr folgen mochte.

Der Regisseur Klaus Lemke hingegen kultivierte in seinen Fernsehfilmen das Unperfekte: Mit seinen schonungslosen Sozialdramen mitten aus dem Milieu ("Rocker", ZDF, 1971) und seinen kultverdächtigen Volksstücken mit bayerischem Laiendarsteller-Flair ("Idole", ZDF, 1975; "Amore", WDR, 1977) stand er für die popkulturelle Vielfalt der 1970er Jahre.

Der Schauspieler Götz George als "Schimanski" (© picture-alliance, Eventpress)

Die westdeutsche Kriminalfilm-Reihe "Tatort" (ARD)

Innovativ war zu Beginn der 70er Jahre auch das Konzept wechselnder Ermittler im "Tatort". Die ARD-Reihe ist ein Kind des westdeutschen Föderalismus. Ermittelt wird zumeist in den Landes-Metropolen. Ursprünglich gar nicht als Reihe von dieser Dauer geplant, entstand diese nach einer Idee des WDR-Fernsehspielredakteurs Gunther Witte. Er bündelte einige Einzelfilme der ARD-Fernsehspielredaktionen zu einer eigenen Reihe, um der ZDF-Serie "Der Kommissar" mit Erik Ode etwas entgegenzusetzen. Nach dem ersten Erfolg wurde die Reihe systematisiert, so dass in den einzelnen Regionen der Bundesrepublik unterschiedliche Kommissare zum Einsatz kamen. Die ersten Kriminalfilme waren sehr auf die bundesdeutsche Realität bezogen. Sie bildeten durch die föderale Struktur die bundesdeutsche Gesellschaft in einer fast schon repräsentativen Weise ab. Bereits der erste Tatort "Taxi nach Leipzig", Erstausstrahlung in der ARD am 29.11.1970, thematisierte das deutsch-deutsche Verhältnis; Sturkopf Trimmel (gespielt von Walter Richter) ermittelte illegal im Osten. Besonders Kommissar Finke ("Reifezeugnis", 1977), der hoch im Norden ermittelte und Kommissar Haferkamp aus Essen kamen in den 1970er Jahren beim Zuschauer gut an. Schwer hatte es der Kölner Zollfahnder und 'Westentaschen-007' Kressin, aber auch Schimanskis Duisburger Rüpelart polarisierte. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) war Schimanski einer der erfolgreichsten Tatort-Kommissare überhaupt. Doch nicht nur bei den Ermittlern (z. B. "Tatort Münster") eröffnen die Vielzahl der beteiligten Sendeanstalten und die daraus resultierende große Anzahl an Redakteuren, Drehbuchautoren und Regisseuren dem Tatort bis heute eine große Bandbreite von Möglichkeiten bei Figuren, Drehorten und erzählten Geschichten. Anerkennung dafür sind nicht nur hohe Zuschauerzahlen, sondern auch die wiederholte Auszeichnung mit einem Grimme-Preis (z. B. 2015, 2014, 2011, 2009)

Der Zuschauer kennt den Täter: "Polizeiruf 110" im DDR-Fernsehen

Polizeiruf 110 "Der Fall Lisa Murnau"

Ausschnitt aus der ersten Folge "Der Fall Lisa Murnau" vom 27.6.1971

Polizeiruf 110 "Der Fall Lisa Murnau"

"Polizeiruf 110" war das Tatort-Pendant des DDR-Fernsehens, das aufgrund seiner großen Beliebtheit nach der Wende von den ARD-Anstalten übernommen wurde. Ähnlich wie im Tatort wurden und werden auch im "Polizeiruf 110" sozial relevante Themen wie Alkoholismus, Kindesmissbrauch oder Jugendkriminalität aufgegriffen, wobei die polizeiliche Ermittlungsarbeit in der DDR sich stärker auf Delikte wie Einbruch, Erpressung, Betrug oder Diebstahl konzentrierte. (© Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv, 1971)

Erich Honecker beklagte 1971 die "Langeweile" im Fernsehen und forderte unterhaltsamere und spannendere Programme. Ein Jahr nach dem "Tatort" brachte das Fernsehen der DDR deshalb eine ähnlich konzipierte Reihe ins Programm. Im Gegensatz zu den meisten westdeutschen Krimiformaten, die den Whodunit, das Mörderraten mit den üblichen Verdächtigen, bevorzugten, setzte "Polizeiruf 110" auf die offene Täterführung: Der Täter ist dem Zuschauer früher bekannt als den Ermittlern. Das ermöglichte eine intensive Beschreibung des Täters, seiner Motive und der Umstände, die zur Tat führen. Eine Besonderheit war, dass nicht jeder Drehbuchautor wusste, für welchen der Ermittler er seinen Krimi schreibt. Die Folge: vielschichtige Ermittler-Charaktere waren nicht möglich. Die Kommissare blieben blasse, korrekte Vertreter der Staatsmacht.

Nach der Wende wurde "Polizeiruf 110" als einziges Fiktion-Format, welches das DDR-Erbe in der gesamtdeutschen TV-Landschaft vertritt, parallel zum "Tatort" in der ARD weitergeführt. Während "Tatort"-Ermittler nun auch in den neuen Bundesländern ermittelten, gibt es ebenfalls "Polizeiruf 110"-Teams im Westen, allerdings sind insgesamt nur wenige Sendeanstalten beteiligt (4 im Jahr 2019). Trotzdem ist auch hier – wie beim Tatort – für Qualität gesorgt: Im Jahr 2006 erhielten z. B. gleich zwei "Polizeiruf"-Folgen einen Grimme-Preis.

Soziale Harmonie und Fortschritt (DDR)

Szene aus dem Fernsehfilm "Rottenknechte" (© Bundesarchiv Bild 183-K0113-0006-001 / Fotograf: o. Ang.)

Das DDR-Fernsehspiel schuf in den 1970er und 1980er Jahren eine politisch-ideologische Landschaft der sozialen Harmonie und des permanenten gesellschaftlichen Fortschritts. Gesellschaftliche Widersprüche wurden weitgehend ausgeräumt. Im Vordergrund stand in beiden Jahrzehnten die Thematisierung von Geschichte. Ähnlich wie im Westen ging man aber auch in der DDR dazu über, historische Zusammenhänge im Fernsehspiel anhand von individuellen Schicksalen zu erzählen.

Durch seine Mischung von Dokumentation und Spielszenen kam Frank Beyers "Rottenknechte" (1971, 5 Teile) der innovativen westdeutschen Fernsehspiel-Ästhetik jener Jahre am nächsten. Epische Breite in Mehrteilern wurde in den großen historischen Prestigeprojekten ("Sachsens Glanz und Preußens Gloria", 1987, 4 Teile, Regie: Hans-Joachim Kasprzik) entfaltet, insbesondere dann, wenn ein "Parteiauftrag der Ersten Ordnung" erteilt wurde, z. B. wenn das große Thema des sozialistischen Aufbaus unterhaltsam dargeboten werden sollte (Helmut Sakowski/Lothar Bellag: "Daniel Druskat", 1976, 5 Teile) oder bei der filmischen Darstellung des Lebens eines prominenten Arbeiterführers ("Ernst Thälmann", 1986, Regie: Ursula Bonhoff/Georg Schiemann).

Ruf nach mehr Unterhaltung

Literaturverfilmungen, die in den 1960er Jahren fast ausschließlich elektronisch erstellte Studio-Fernsehspiele waren, wurden ab Mitte der 1970er Jahre häufiger auf Filmmaterial gedreht. Sie stellten oft noch herausragende, künstlerisch ambitionierte Fernsehfilme dar ("Effi Briest", 1970), wurden jedoch immer seltener, weil das Interesse an Literaturverfilmungen – ähnlich wie in der Bundesrepublik – langsam abnahm. Auch die großen Staatsaktionen wie ""Krupp und Krause – Krause und Krupp" (DFF, 1968/69, 5 Teile) wurden seltener. Der Ruf nach Unterhaltung hingegen wurde deutlich lauter.

Realitätsnahe und ideologiefreie Filme

Sozial differenziert gezeichnete Komödien aus dem Alltag, die auf einen politischen Subtext verzichteten, wie "Rotfuchs" (1973, Regie: Manfred Mosblech) oder Klaus Poches vermeintlich leichte, doppelbödig-ironische Privatgeschichten "Mein lieber Mann und ich" (1975, Regie: Klaus Gendries) und "Camping, Camping" (1977, Regie: Klaus Gendries) brachten einen neuen Ton ins DDR-Fernsehspiel. Radikaler Vorläufer solch realitätsnaher und ideologiefreier Filme war der wegweisende DEFA-Kinospielfilm "Die Legende von Paul und Paula" (1973). Der Parteiführung, die Heiner Carows Film einer genauen Prüfung auf Linientreue unterzog, missfiel zwar der begrenzte Optimismus von Ulrich Plenzdorfs Geschichte. Millionen Zuschauer aber liebten den Film wegen seiner kritischen Fragen – und sie liebten vor allem Angelica Domröse als leidenschaftlich für ihre Liebe kämpfende Paula.

Sendeverbote durch die Parteiführung

Das nächste Politikum war Frank Beyers "Geschlossene Gesellschaft" (1978) nach dem Buch von Klaus Poche, eine beklemmende "Szenen-einer-Ehe"-Variante aus dem real existierenden Sozialismus. Der Film, der in der Presse nicht erwähnt wurde, landete nach einer einzigen Ausstrahlung im Spätprogramm im 'Giftschrank' und durfte nicht mehr gesendet werden. Poche sowie die Hauptdarsteller Armin Mueller-Stahl und Jutta Hoffmann verließen daraufhin die DDR.

Andere Filme, die auf Kritik des Staates stießen, wurden sofort verboten, so die TV-Oper "Fetzers Flucht" (1962) von Günther Stahnke nach einem Drehbuch von Günter Kunert oder Egon Günthers "Ursula" (1978, Buch: Helga Schütz). Wegen anderer Filme wie Jurij Kramers "Eine Anzeige in der Zeitung" (1980) kam es zu politischen Auseinandersetzungen. Stieß der bei der Berlinale preisgekrönte Kinofilm "Solo Sunny" (1980) von Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase, ein mutiges Plädoyer gegen gesellschaftliche Bevormundung und für individuelle Freiheit bei der Suche nach dem richtigen Lebensweg, zunächst nur auf geringe Widerstände bei den Parteifunktionären, so wurden im Fernsehen in den letzten Jahren der DDR immer häufiger Drehbücher nicht zur Produktion zugelassen. Erst 1989/90 wurden noch einige anspruchsvolle Filme gedreht wie "Späte Ankunft" (1989) von Vera Loebner (Drehbuch: Helmut Bez) oder Peter Vogels "Selbstversuch" (1989/90) nach einer Erzählung von Christa Wolf.

Der ambitionierte Film über den Zusammenbruch der DDR, "Hüpf, Häschen, hüpf oder Alptraum eines Staatsanwalts" (1991) von Christian Steinke (Drehbuch: Ulrich Plenzdorf), erlebte am Vorabend des ersten Jahrestages der deutschdeutschen Vereinigung seine Erstsendung.

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