Geschichte der Kriegspropaganda
Immer wieder in der Geschichte wurde von Politikern und Militärs Propaganda in Verbindung mit dem Krieg angewendet.
Erster Weltkrieg
Im Ersten Weltkrieg wurde Propaganda erstmals in großem Umfang als Mittel der Kriegsführung eingesetzt. Sie spielte eine entscheidende Rolle bei der Mobilisierung der Bevölkerung für den Krieg. Neben Flugblättern, Postkarten und Plakaten hielten zahlreiche Fotografen die Ereignisse auf den Schlachtfeldern fest. Auch der Film wurde als Mittel eingesetzt, um über das Geschehen an der Front zu berichten. Im Vergleich zu Fotografie und Zeitung hatte der Film, der erst 1895 erfunden worden war, jedoch nur geringe Bedeutung. Gerade einmal 141 Spiel- und Nachrichtenfilme über den Krieg wurden in Großbritannien produziert, in Deutschland waren es deutlich weniger. Die Filme, die entstanden, hatten stark patriotischen Charakter. Sie sollten dazu dienen, die Bevölkerung von der eigenen Überlegenheit und der Richtigkeit des Krieges zu überzeugen.
Sowohl Deutschland als auch die alliierten Nationen hatten staatliche Behörden eigens zum Zweck der gezielten Verbreitung von Propaganda eingerichtet. Im Deutschen Reich war dies das Bild- und Filmamt, kurz BUFA genannt. Diese Behörden schickten Fotografen und Kameramänner an die Front, Mitarbeiter kontrollierten und zensierten die Aufnahmen.

Zweiter Weltkrieg
Bereits kurz nach der Machtübernahme Hitlers 1933 wurde das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter der Leitung von Joseph Goebbels gegründet. Rundfunk, Presse und Filmwirtschaft wurden ihrer Freiheiten beraubt. Sie gerieten unter staatliche Kontrolle und hatten der nationalsozialistischen Ideologie zu folgen. Im Zweiten Weltkrieg wurden Kameramänner und Fotografen in sogenannten Propagandakompanien systematisch an der Front eingesetzt. Jede Aufnahme wurde vor der Veröffentlichung sorgfältig auf ihre mögliche Wirkung im Hinblick auf die Kriegsmoral geprüft.Aus den Filmaufnahmen entstanden Kriegspropagandafilme wie der Dokumentarfilm "Die Feuertaufe" (1939/1940). Sie sollten vor allem die Überlegenheit der deutschen Streitkräfte demonstrieren. Verwendung fanden die Bilder vom Krieg auch in der "Wochenschau", einer regelmäßig in Kinos präsentierten Reportage mit einem hohen Anteil an verharmlosenden Kriegsberichten. Die "Wochenschau" zeigte weder kämpfende Soldaten noch tote Menschen. Die rund 1.150 produzierten Filme glorifizierten das Deutsche Reich, ohne das Geschehen zu hinterfragen. In antisemitischen Filmen wie "Jud Süß" (1940) oder "Der ewige Jude" (1940) wurden die Juden als minderwertig, boshaft und als Bedrohung dargestellt.
Als Propagandamittel wurde erstmals auch das Radio verwendet. Joseph Goebbels hielt den Hörfunk für das "allermodernste und [...] allerwichtigste Massenbeeinflussungsinstrument". In einer Rede 1933 vor den Intendanten des Reichsrundfunks formulierte er beispielsweise: "Das Volk mit dieser Gewissheit und dieser Gesinnung bis in die letzte Faser zu durchtränken – die Menschen so lange zu hämmern und zu feilen und zu meißeln, bis sie uns verfallen sind:

Die alliierten Streitkräfte setzten neben Filmen ebenfalls den Hörfunk als Medium ein. Ihnen ging es vornehmlich darum, die Bevölkerung zu beruhigen und junge Männer für den Krieg zu mobilisieren. Sowohl im Radio als auch mit Film- und Fotomaterial wurde täglich von der Front berichtet. Eigene Erfolgsmeldungen und die Gräueltaten der Achsenmächte standen dabei im Vordergrund. Die Deutsche Wehrmacht und vor allem Adolf Hitler wurden auf Plakaten häufig lächerlich gemacht. Andere Darstellungen versuchten, in symbolischer Form die Gefährlichkeit und Brutalität des Gegners zu verdeutlichen: Sie zeigen zum Beispiel die Zerstörung von positiven patriotischen Symbolen wie der Freiheitsstatue oder der amerikanischen Flagge durch die Achsenmächte.
Vietnamkrieg
![apokalypse_vietnam_240x180.jpg Bild: Apocalypse Vietnam, [2000] MDR](/cache/images/1/130711-3x2-article220.jpg?E8979)
Ein Ausschnitt der Dokumentation "Apocalypse Vietnam" findet sich auf der DVD "Der Krieg in den Medien" in E3 – Alles Propaganda? / Wissen im Detail / Geschichte / Vietnamkrieg
Doch je länger der Krieg dauerte, desto mehr verlor die Regierung an Glaubwürdigkeit. 1968 starben bei einem Angriff des Vietcong viele US-amerikanische Soldaten. Die amerikanische Bevölkerung forderte mehr Informationen. Fernsehanstalten und Presse begannen, häufiger kritische Berichte zu veröffentlichen. Es wurde deutlich, dass die eigene Armee mit maßloser Brutalität und Grausamkeit vorgegangen war. Die unzensierten Bilder schockierten die Öffentlichkeit. Die Regierung versuchte, die Journalisten einzuschüchtern und zu verleumden. Man nannte sie unpatriotisch, Landesverräter oder Kommunisten. Die Fernsehanstalten reagierten, indem sie dem Krieg wenig Sendezeit einräumten. Doch die Öffentlichkeit wusste bereits genug, um gegen den Krieg zu sein.
Irakkrieg 1991

Immer wieder war während der Kampfhandlungen auch vom "chirurgischen" und "sauberen" Krieg die Rede. So sollte der Eindruck erweckt werden, das Militär könne mit Hilfe der neuesten Hightech-Waffen Krieg führen, ohne dabei Unschuldige zu töten. Bei der Berichterstattung stand daher häufig die Militärtechnik im Zentrum. Auf den zahlreichen Pressekonferenzen zeigte das amerikanische Militär Videoaufnahmen von Raketen, die präzise in Gebäude oder feindliche Militärfahrzeuge einschlugen, oder Aufnahmen von lasergelenkten Bomben. Zerstörte Häuser und Landschaften waren ebenso wenig zu sehen wie Darstellungen von Gewalt oder Bilder von Toten. Das Grauen, das mit dem Krieg stets verbunden ist, verschwand hinter den oft grünlich eingefärbten Live-Bildern, die aus sicherer Entfernung zum Geschehen eingefangen wurden. Der Krieg sah auf dem Fernsehbildschirm plötzlich aus wie ein Computerspiel. Das Leiden und Sterben der Zivilisten blieb hinter der medialen Inszenierung unsichtbar.
![propaganda_krieg_240x180.jpg Bild: Der Propaganda-Krieg, [2003] ZDF](/cache/images/3/130713-3x2-article220.jpg?87882)
Ein Ausschnitt der Reportage "Der Propaganda-Krieg" (2003) findet sich auf der DVD "Der Krieg in den Medien" in E3 – Alles Propaganda? / Wissen im Detail / Geschichte / Irakkrieg 1991
Kosovokrieg 1999
Der Kosovokrieg war ein Krieg der Bilder und Propagandaberichte. Jede Seite versuchte, mit emotionsauslösenden Aufnahmen von verstümmelten Kriegsopfern und grausamen Kriegsverbrechen die Öffentlichkeit von der eigenen Position zu überzeugen und ihre Handlungen zu rechtfertigen. Dabei kamen auch Fotos in Umlauf, deren Herkunft nicht eindeutig nachweisbar ist und bei denen Manipulationen nicht auszuschließen sind. So schockierten im Januar 1999 Bilder und Berichte von einem angeblichen Massaker in dem Dorf Raçak die Öffentlichkeit: Serben sollten insgesamt mindestens 45 kosovoalbanische Zivilisten auf grausame Weise getötet haben. Von den NATO-Staaten wurde der Vorfall neben dem "Hufeisenplan" als einer der wichtigsten Gründe genannt, um den eigenen Angriff auf die Serben zu rechtfertigen.
Die Journalisten konnten während des Krieges häufig nicht den Wahrheitsgehalt von Bildern und Aussagen überprüfen. Sie hatten keinen freien Zugang zum Kriegsgebiet, sondern mussten mit Nachrichtensperren, Zensur und der Verweigerung von Visa kämpfen. Außerdem war der Aufenthalt im Kriegsgebiet sehr gefährlich: Mehrere Korrespondenten kamen während des Kosovokrieges ums Leben. Da die Journalisten für ihre Berichte aber Bilder und Aufnahmen benötigten, griffen sie zwangsweise auf Materialien zurück, die ihnen von den verschiedenen Kriegsparteien angeboten wurden. So übernahmen sie allerdings häufig einseitige Interpretationen des Kriegsgeschehens und verbreiteten diese in der Öffentlichkeit. Statt kritisch zu informieren, wurden die Journalisten zum Sprachrohr der jeweiligen Kriegspartei.
Erstmals wurde das Internet im Kosovokrieg gezielt als Mittel der Propaganda eingesetzt. Internetdienste sowohl im Umfeld der Kosovo-Albaner als auch in dem der Serben nutzten Webseiten dazu, Bilder öffentlich zu verbreiten, die als Beweismittel für Massaker und angetanes Leid dienen sollten. Den Fotos fehlten in der Regel Angaben zum Entstehungskontext, die Namen der Opfer und der Fotografen. Die Richtigkeit konnte daher nicht überprüft werden. Die Bilder der angeblichen Massaker in den Dörfern Raçak und Rogova, die der NATO als Begründung für ihre Angriffe gedient hatten, waren auf Webseiten veröffentlicht, die von Organisationen im Umfeld der UÇK betrieben wurden.
Irakkrieg 2003

Bei den veröffentlichten Bildern und Filmen waren trotz der teilweise dramatischen Szenen keine Aufnahmen von Menschen zu sehen, die schwer verletzt oder getötet waren. Es entstand ein sehr entschärftes Bild des Krieges. Auch die Berichterstattung der eingebetteten Journalisten erntete viel Kritik, denn ihr längerer Aufenthalt in nächster Nähe bei den Soldaten ließ eine unabhängige Berichterstattung kaum noch zu. Außerdem gab es feste Regeln, die vorschrieben, worüber berichtet werden durfte und worüber nicht. Auch wenn die Kontrolle weniger offensichtlich als in anderen Kriegen erfolgte, war die Berichterstattung alles andere als frei.

Einen ungeschminkten Blick auf die Realität des Krieges erlaubten nach dessen Beendigung die 2010 von der Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlichten Irak-Geheimdokumente. Sie vermitteln ein Bild des blutigen und brutalen Alltags des Krieges und der anschließenden Besatzungszeit. Nach Beendigung des Krieges wurde auch bekannt, dass die von US-Außenminister Powell vor dem UN-Sicherheitsrat am 05.02.2003 vorgebrachten Beweise für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen falsch waren. Mit Hilfe dieser Beweise hatte Powell den Krieg gegen den Irak gerechtfertigt.
Afghanistankrieg ab 2001
In der 2001 begonnen, US-geführten Afghanistan-Intervention versuchen alle beteiligten Kriegsparteien, mittels der verschiedenen Medien Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Ihr Ziel ist es, die internationale wie die nationale öffentliche Diskussion um die militärische Intervention mit der eigenen Deutung des Einsatzes zu beherrschen. Die US-Regierung und ihre Verbündeten betreiben hierfür strategisch ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit, um durch eine positive Berichterstattung über ihr militärisches Handeln breite Unterstützung in der nationalen und internationalen Öffentlichkeit sowie bei der afghanischen Bevölkerung zu erhalten. Erstmals setzen sie hierfür auch Social Media-Dienste wie Facebook, Twitter und YouTube ein. Auf der Gegnerseite versuchen auch die Taliban mittels Medien auf die öffentliche Meinung einzuwirken.Neben der direkten Information der afghanischen und internationalen Presse, beispielsweise über zivile Opferzahlen westlicher Militärinterventionen, verteilen sie an die afghanische Bevölkerung Flugblätter, Propagandafilme auf DVD, Kassetten mit Propagandaliedern und -texten und betreiben Internetseiten und Radiostationen.
Von vielen westlichen Medien wurde lange Zeit die offizielle Sicht der westlichen Militärs auf den Afghanistaneinsatz übernommen und wiedergegeben. Dies änderte sich erst, als mehr und mehr Fakten über die Realität des Militäreinsatzes bekannt wurden. In diesem Zusammenhang markiert in Deutschland der von der Bundeswehr eingeleitete Luftangriff auf einen Tanklastzug in Kundus im September 2009 einen wichtigen Wendepunkt. Über die genaueren Umstände des Luftangriffes und die hohe Anzahl der getöteten afghanischen Zivilisten hatte der damalige deutsche Verteidigungsminister die Öffentlichkeit zunächst nur unvollständig informiert. Dies führte in Deutschland zu einer heftigen öffentlichen Kontroverse über die Informationspolitik der Bundesregierung und die Rechtfertigung des Afghanistaneinsatzes im Allgemeinen. Im Juli 2010 gelangten über die Enthüllungsplattform WikiLeaks streng vertrauliche Informationen über den Afghanistaneinsatz an die Öffentlichkeit, darunter Berichte über gezielte Tötungen durch militärische Spezialeinheiten und militärische Fehlschläge. In der Folgezeit änderte sich das öffentliche Bild des Militäreinsatzes in Afghanistan zunehmend. Immer mehr Stimmen wurden laut, die ihn kritisch hinterfragten.