Wer hat die Macht?
Ökonomische Voraussetzungen und Herausforderungen
Traditionell agiert die Zeitung auf zwei Märkten: Dem Leser- und dem Anzeigenmarkt. Dieses Mischmodell ist in der Medienbranche gängig, es birgt allerdings auch Risiken. Wie lassen sich der demokratische Auftrag und die Bewältigung der Krise in Einklang bringen?
Zeitungsverlage haben heute mit zwei Problemen gleichzeitig zu kämpfen. Zum einen kaufen immer weniger Menschen Zeitungen. Vor allem die jüngeren Leute interessieren sich weniger für die Zeitung. Die Gesamtauflage der deutschen Zeitungen sinkt schon seit Ende der 80er Jahre. Nach der Wiedervereinigung erreichten die Zeitungen in ganz Deutschland 1991 eine Gesamtauflage von 27,3 Millionen Exemplaren pro Erscheinungstag. 2011 waren es nur 18,8 Millionen Exemplare, also rund ein Drittel weniger. Die Leserzahl ist allerdings weniger stark gesunken, da sich immer mehr Menschen eine Zeitung teilen. Statistisch wird jedes Exemplar von 2,5 Lesern genutzt.
Zum anderen sind die Verlage wirtschaftlich noch härter vom starken Rückgang der Werbeeinnahmen betroffen. Die höchsten Werbeeinnahmen haben die Verlage im Jahr 2000 mit über 6,5 Milliarden € erzielt. 2011 waren es nur noch 3,5 Mrd. €. (vgl. Tabelle)

Ein Teil der Werbegelder wird heute ins Internet investiert. Über Jahrzehnte hatten die Verlage rund zwei Drittel ihrer Gesamteinnahmen mit Werbung und nur ein Drittel über den Verkauf der Zeitungen erlöst. Dieses Verhältnis hat sich grundsätzlich verändert. Seit einigen Jahren liegen die Verkaufseinnahmen höher als die Werbeeinnahmen. Die Verlage waren wegen der fehlenden Werbeeinnahmen gezwungen den Verkaufspreis ihrer Zeitungen wiederholt zu erhöhen. Sie gingen dabei das Risiko ein, weitere Leser zu verlieren, da nicht alle Leser solche Preiserhöhungen akzeptieren. Das Abonnement einer Lokalzeitung kostet heute bei regionalen Unterschieden durchschnittlich 24,51 € (21,77 € Ostdeutschland) im Monat.[1]
Dieses Mischmodell für die Finanzierung über Verkaufs- und Werbeeinnahmen ist in der Medienindustrie gängig. Neben den Zeitungen werden auch Zeitschriften überwiegend mit diesem Modell finanziert. Nur ein spezieller Teil der Zeitschriften (z.B. wissenschaftliche Fachzeitschriften) verzichten auf Werbeeinnahmen. Bekannter sind jene Titel, die sich ausschließlich über die Werbung finanzieren, beispielsweise viele Stadt-Illustrierten, Szene-Magazine und Veranstaltungskalender, die in Kneipen oder Cafés, Kinos oder Treffpunkten zur kostenlosen Mitnahme ausliegen. Auch Anzeigenblätter, die überwiegend wöchentlich mit lokalen Themen erscheinen und kostenlos den Haushalten zugestellt werden, finanzieren sich ausschließlich über die Werbung. Das gleiche gilt für den privaten Rundfunk, ganz gleich, ob bundesweite TV-Programme wie RTL und SAT.1 oder lokale Hörfunkprogramme. Nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen TV-Programmen (ARD, ZDF, arte, Kinderkanal u.a.) und seinen Hörfunkprogrammen unterscheidet sich grundlegend. Werbeeinnahmen spielen bei diesen Programmen nur eine geringe Rolle. Sie werden hauptsächlich über die Rundfunkgebühr und ab 2013 über den neuen Rundfunkbeitrag finanziert.
Der Werbemarkt – Konjunkturschwankungen und neue Angebote
Die ausschließlich werbefinanzierten Medien spüren das Auf und Ab im Werbemarkt unmittelbar. Die Ausgaben für Werbung werden unter anderem beeinflusst von der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur. Mal wird weniger, mal mehr geworben. In guten Jahren liegt der Gesamtumsatz, den die Medienindustrie mit der Werbung erzielt bei 20 Mrd. €. Die Medien stehen dabei in Konkurrenz zueinander. Für die Tageszeitungen war der private und gewerbliche Autohandel über Jahrzehnte ein gutes Werbegeschäft. Heute werden insbesondere Gebrauchtwagen fast ausschließlich online beworben. Auch die Immobilienanzeigen (Wohnungen, Häuser, Gewerbebauten) und zu einem erheblichen Teil auch die Stellenanzeigen sind von den Zeitungen zu Anbietern ins Internet abgewandert. Dies erklärt einen wesentlichen Teil der reduzierten Werbeeinnahmen von Zeitungsverlagen.i
Zeitungsnutzung in Deutschland
Fußnoten
- Vgl. ARD/ZDF: Langzeitstudie Massenkommunikation.
- Deutschsprachige Personen über 14 Jahre; vgl. ma 2011 Pressemedien II.
- ebenda