3. ProSiebenSat.1
Umsatz 2011: € 2,756 Mrd.
Aktuelle Entwicklungen
Eine der spannendsten Fragen im deutschen Mediengeschäft bleibt die nach der Konzernzukunft von ProSiebenSat.1 im fünften Jahr nach der Übernahme durch KKR und Permira. Schließlich hatte der damalige Aufsichtsrats-Vorsitzende Götz Mäuser bereits 2007 gesagt, als "Investor auf Zeit" pflege Permira bei deutschen Unternehmen durchschnittlich fünfeinhalb Jahre an Bord zu bleiben. Der Aktienkurs ist von zeitweise weniger als einem Euro auf zeitweise über 24 Euro gestiegen, sodass die Zeichen für einen Ausstieg nach Finanzinvestoren-Logik einerseits gut stehen. Andererseits bleibt die Frage, wer den auf einen Wert von bis zu acht Milliarden Euro (inklusive Schulden) bezifferten Fernsehkonzern zu kaufen in der Lage wäre. Und ob hinreichend potenten Interessenten - auch 2011 wurde (von der Süddeutschen Zeitung) zumindest als minoritärer Gesellschafter wieder Axel Springer ins Spiel gebracht - dieser Kauf dann auch kartell- und medienrechtlich gestattet würde. Im Januar vollzogen die Finanzinvestoren zumindest einen teilweisen Ausstieg und verkauften an der Börse acht Millionen stimmrechtslose Vorzugsaktien, mithin 3,7 Prozent des Grundkapitals, von dem sie 53 Prozent weiterhin halten (Handelsblatt).Die Geschäftszahlen für 2010 (Kurzbilanz/ PDF), denen zufolge ProSieben seinen Nettogewinn verdoppelte (auf 312,7 Mio. Euro), wieder eine Dividende zu zahlen ankündigte und auch mit einer positiven Geschäftsentwicklung fürs laufende Jahr rechnete - jeweils anders als im Vorjahr - sollten auf interessierte neue Investoren attraktiv wirken. Allerdings dürfte die Verschuldung abschreckend wirken: Auch wenn P7S1 nach eigenen Angaben "bereits vorzeitig das untere Ende der angestrebten Bandbreite im Verschuldungsgrad erreicht", liegt die Netto-Finanzverschuldung mit 3,021 Mrd. Euro immer noch enorm hoch. Die Ende 2010 angekündigte, von Analysten immer wieder vorgeschlagene ergebnisoffene "strategische Überprüfung des Auslandsportfolios" bis zum zweiten Quartal 2011, also eines Verkaufs der Geschäftsaktivitäten in Nordeuropa, den Niederlanden und Belgien, könnte diese Schulden reduzieren.
Weiterhin setzt P7S1, gemäß der Ansage des Vorstandsvorsitzenden Thomas Ebeling: "Nur das Fernsehen hat die Kraft und Faszination, wirklich große Marken aufzubauen. Sie sind die Basis für unseren Erfolg - auf allen Plattformen", auf konsequente Kommerzialisierung bewährter Erfolge an allen Fronten. So gibt es "Germany's next Topmodel" als Zeitschrift, die 2011 der Hamburger Jahreszeiten-Verlag von der Bertelsmann-Tochter Medienfabrik Gütersloh übernahm, und als "Germany's next Topmodel 2011 - Das Game" für Playstation, Wii, Nintendo DS und PC. Dieses Konzept exerziert der Konzern bis hin zum Verkauf von Lizenzen eigener alter Produktionen an konkurrierende Sender wie Comedy Central oder den öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rundfunk, der die Sat.1-Serie "Der Bulle von Tölz" wiederholte, durch.
Auch weitere rote Fäden der P7S1-Geschichte entwickeln sich fort: emsige Umstrukturierung und Schaffung neuer Posten ("Immerhin in einem Punkt wird bei P7S1 nicht gespart: Bei der Länge der Bezeichnung der Posten, die der Konzern zu vergeben hat", scherzte dwdl.de 2009 aus Anlass einer Beförderung zum "Senior Vice President Group Format Acquisitions & Development"). Der weiterhin die Sat.1-Hauptnachrichten moderierende Ex-N24-Mann Peter Limbourg bekleidet jetzt den P7S1-Titel "Senior Vice President Nachrichten & Politische Information". Auf noch ein Wort mehr kommt Ralf Schremper, der zuvor bei Bertelsmann die Lernplattform "scoyo" aufbaute und als "Executive Vice President Corporate Development & Strategic Planning" zu P7S1 wechselte. Zum "Senior Vice President Political Strategy" wurde mit Tim Arnold ein weiterer früherer Bertelsmann-Mann ernannt. Politische Kompetenz hat der Konzern, der etwa wegen Ebelings Äußerungen über die Bedeutung von Nachrichten politischen Unwillen erregte, zweifellos nötig - womöglich auch im Hinblick auf die Akzeptanz künftiger Gesellschafter.
Schließlich treibt P7S1 auch die Internationalisierung voran - keineswegs erfolglos. So expandierte die konzerneigene Red Arrow Entertainment Group nach Großbritannien und in die USA. Auf diesem schwierigen Markt, im Fernsehen weiterhin das Nonplusultra, konnte sie nicht nur das Showformat "You Deserve it" verkaufen (an ABC - und auch durch die 2010 erworbene Mehrheitsbeteiligung "Kinetic Content" dessen Produktion übernehmen), sondern sogar die (Remake-)Rechte an der deutschen Sat.1-Serie "Danni Lowinski" an CBS - in der Tat ein "sensationeller Transfer" (FAZ).
Zu den offenen Detailfragen gehört die, ob die von P7S1 und RTL Deutschland gemeinsam geplante "offene technische Plattform für private und öffentlich-rechtliche TV-Sender in Deutschland und Österreich zum kostenlosen Abruf von TV-Inhalten" - im Blick auf das amerikanische, von den direkten Wettbewerbern NBC, Fox und ABC gemeinsam betriebene Videoportal "deutsches 'Hulu'" genannt - trotz Bedenken des Bundeskartellamts (FTD) realisiert werden kann.