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Urheberrecht im Alltag

Valie Djordjevic

/ 9 Minuten zu lesen

Und was hat das alles mit mir zu tun? Valie Djordjevic bricht das Urheberrecht auf das eigene Leben herunter – von MySpace bis Tauschbörse.

Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de (© Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de )

Wissen und Informationen stehen im Mittelpunkt der viel beschworenen Informations- gesellschaft. Damit sowohl die Produzenten, Verwalter und Schöpfer dieser Informationen als auch die Nutzer und Verbraucher zu ihrem Recht kommen, gibt es das Urheberrecht. Es regelt einerseits den Umgang mit "Immaterialgütern", andererseits schafft es die Grundlage dafür, dass Urheber von ihren Werken finanziell profitieren können.

In den letzten zehn Jahren ist das Urheberrecht immer wichtiger geworden: für Autoren, Musiker, Filmemacher, also die Kreativen, und für Musikfans, Buchkäufer oder Kinogänger, die urheberrechtlich geschützte Werke lesen, anhören, anschauen oder kopieren. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist, dass seit Anfang der 1990er Jahre Heimcomputer zum Alltagsgegenstand geworden sind. Nach Zahlen des Branchenverbandes BITKOM hatten in Deutschland im Jahr 2006 74 Prozent der Haushalte einen Computer zu Hause stehen, jeder dritte mit Breitband-Internetanschluss (BITKOM, 2007).

Im Gegensatz zu analogen Inhalten – Büchern, Schallplatten, Videokassetten – lassen sich digitale Inhalte ohne Verluste beliebig oft kopieren. Verlage, Plattenfirmen, Filmverleihe – die sogenannte Verwertungsindustrie – sieht darin den Grund dafür, dass nach einem Hoch Mitte der neunziger Jahre ihre Umsätze stetig gesunken sind. Sie meinen, dass die Kopier- und Tauschaktivitäten ihrer Nutzer daran schuld sind.

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Dabei haben sie vor allem Tauschbörsen- Nutzer im Visier, die mit Programmen wie Gnutella, E-Donkey oder Bittorrent Filme und Musik in großem Stil untereinander tauschen. Aber auch das private CD-Brennen sehen sie als problematisch an.

Außerdem lassen sich digitale Daten, wenn sie erst einmal im Computer sind, nicht nur einfach kopieren, sondern auch bearbeiten, bilden also den Rohstoff für neue Werke. Zusammen mit der Vernetzung im weltweiten Internet entsteht so eine neue Form von Kreativität, die die Produktion von Werken, etwa Musik und Film, einfacher und für mehr Menschen zugänglich macht.

Zudem bietet das Internet einen neuen Kanal für die Verbreitung von Werken, der sehr einfach zu nutzen ist. Es wird also wichtiger zu wissen, was man mit kreativen Werken anfangen darf – und zwar nicht nur als Nutzer, sondern auch als Urheber, da es sehr viel einfacher ist als früher, mit seinen Schöpfungen an die Öffentlichkeit zu treten.

Wie funktioniert das Urheberrecht?

Das Urheberrecht schützt "Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst" – das sind unter anderem Literatur, Musik, Tanz und Theater, bildende Kunst, Architektur, Fotografie, Film, aber auch Computerprogramme, Karten, Pläne und Diagramme. Werke müssen zwar eine bestimmte Originalität erreichen, um geschützt zu werden. Da aber die Anforderungen sehr gering sind, sind die meisten kreativen Gestaltungen urheberrechtlich geschützt. Die Folge ist, dass der Urheber entscheiden darf, ob und wie er sein Werk veröffentlicht oder aufführt; er oder sie darf bestimmen, wie das Werk kopiert, verbreitet, gesendet, online gestellt oder anders öffentlich wiedergegeben wird.

Um urheberrechtlichen Schutz zu genießen, muss eine Idee erst in eine Form gegossen werden. Das heißt, dass etwa Harry Potter als Buch geschützt ist, nicht aber die Idee, dass ein Junge plötzlich erfährt, dass er zaubern kann und auf eine Zauberschule geht.

Ein geschütztes Werk wird aus einer Idee erst dann, wenn man sie in eine konkrete Form bringt, also etwa einen Text formuliert, einen Film dreht und so weiter. Es ist aber nicht nötig, sein Werk irgendwo anzumelden. Der Urheberrechtsschutz entsteht automatisch, ohne dass der Autor oder die Autorin etwas dazu tun muss.

Copyright oder Urheberrecht

In der Umgangssprache wird oft der Begriff "Copyright" synonym zu "Urheberrecht" gebraucht. Rechtlich gesehen ist das aber falsch. Copyright ist die Bezeichnung für die gesetzlichen Regeln zum Schutz des Autors im angloamerikanischen Raum. Das deutsche Urheberrecht und das angloamerikanische Copyright unterscheiden sich in vielen Punkten.

Grundsätzlich steht beim deutschen Urheberrecht, wie der Name schon sagt, der Urheber im Mittelpunkt, während es beim Copyright mehr um die Verwertungsrechte geht. Copyright nimmt stärker auf kommerzielle Interessen, also die der Verlage, Rücksicht, während das Urheberrecht auch ein Persönlichkeitsrecht ist, das die ideellen Interessen des Urhebers an seinem Werk schützen soll.

Bis 1989 war es in den USA notwendig, sein Werk in ein zentrales Register eintragen zu lassen, um das "Copyright" wahrnehmen zu können. Zusätzlich musste das Copyright-Zeichen © mit Jahr und Namen angebracht werden. 1989 traten die USA der Berner Übereinkunft bei, einem internationalen Urheberrechtsvertrag. Seitdem ist diese Anmeldung nicht mehr nötig, genauso wenig wie in Deutschland. Das Copyright-Zeichen hat also inzwischen keine rechtliche Bedeutung mehr. Trotzdem wird es auch hierzulande oft als Hinweis verwendet, dass das damit versehene Werk urheberrechtlich geschützt ist und wer die Rechte daran besitzt.

Grundsätzlich funktioniert das Urheberrecht nach dem "Territorialitätsprinzip". Das bedeutet, dass in jedem Land das jeweilige nationale Recht gilt – in Deutschland also das hiesige Urheberrecht (Jäger 2002). In Zeiten des Internet wird das oft problematisch – wenn Daten und Informationen aus der ganzen Welt angefordert werden können, ist es schwierig, auf Länder- und Rechtsgrenzen zu achten.

Vor allem Anbieter von Internetdienstleistungen können nicht auf alle Rechtsprechungen der Welt Rücksicht nehmen. Die nationalen Gesetze sind allerdings nicht völlig unabhängig voneinander: Es gibt internationale Abkommen und Organisationen, die weltweit die Gesetze zum geistigen Eigentum koordinieren (mehr dazu in Kreutzer 2005).

Was bedeutet das alles in der Praxis?

Privatkopie

Wenn nur der Urheber entscheiden darf, wann und wie seine Werke kopiert werden, dann wäre vieles von dem, was Leser, Musikhörer, Filmfans in ihrem Umgang mit Musik, Literatur und Filmen für selbstverständlich halten, nicht möglich. So dürfte man keine Seite aus einem Buch kopieren, ohne vorher den Autor zu fragen, oder ein Lied auf eine CD brennen, ohne die Erlaubnis der Band einzuholen. Das wäre für beide Seiten sehr unpraktisch.

Deshalb hat es der Gesetzgeber für private Zwecke erlaubt, Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken zu privaten Zwecken herzustellen. Diese Ausnahme nennt man auch die "Privatkopie-Schranke". Es gibt noch viele andere Schranken im Urheberrechtsgesetz, zum Beispiel für Unterrichtszwecke, Bibliotheken oder die Tagesberichterstattung.

Die Privatkopie-Ausnahme erlaubt es, für private Zwecke Kopien anzufertigen, also vor allem für sich selbst, daneben auch für Freunde und Familienangehörige. Oft hört man, dass man nicht mehr als sieben Privatkopien machen darf. Diese Zahl hat der Bundesgerichtshof einmal in einem Urteil genannt. Sie ist aber keine starre Grenze, sondern kann nur als ungefährer Anhaltspunkt verstanden werden – im Gesetz selbst ist keine Zahl angegeben.

Privatkopien darf man nur anfertigen, wenn das Original, also die CD oder DVD, nicht kopiergeschützt ist, denn solche "technischen Maßnahmen" – so nennt das Gesetz den Kopierschutz – sind nach dem Urheberrechtsgesetz gegen Umgehung geschützt (Paragraf 95a). Ganz gleich, ob man eine (an sich zulässige) Privatkopie oder Hunderte von unerlaubten Kopien anfertigen will – der Kopierschutz darf in keinem Fall eigenhändig umgangen werden. Das hat Folgen für die private Nutzung: Filme auf DVD gibt es zum Beispiel so gut wie gar nicht mehr ohne Kopierschutz. DVDs zu kopieren, ist daher fast immer verboten.

Noch mal anders steht die Sache bei Computerprogrammen und -spielen. Von diesen darf man laut Gesetz nur eine Sicherheitskopie anfertigen. Wenn man ein Spiel oder ein Programm weitergibt – etwa verkauft oder verschenkt – dann muss man die Sicherheitskopie entweder mitgeben oder vernichten.

Es gibt aber Programme, die unter Lizenzen freigegeben sind, die eine Weitergabe ausdrücklich erlauben. Das sind etwa Open-Source-, Shareware- oder Freeware-Programme, die explizit in ihren Lizenzbedingungen erlauben, dass man sie kopiert und weitergibt (mehr dazu im Dossier-Text Interner Link: Lizenzen).

Tauschbörsen

Tauschbörsen sind ein kontroverses Thema. Glaubt man der Film- und Musikindustrie, sind sie (zusammen mit dem CD-Brennen) dafür verantwortlich, dass im Vergleich zu den 1990er Jahren der Umsatz an Tonträgern um fast die Hälfte gesunken ist (Deutscher Musikrat 2007). Äußere Beobachter sehen andere Gründe für den Umsatzrückgang – schlechte Geschäftsentscheidungen, geänderte Interessen der Verbraucher u.ä. Bisher war die gesetzliche Lage so, dass das Hochladen von Dateien zum Tausch im Internet verboten war, das Herunterladen allerdings in vielen Fällen nicht, insbesondere wenn es sich bei den Downloads um Privatkopien handelte.

Mit der neuen Reform des Urheberrechts – dem "zweiten Korb", der Anfang 2008 in Kraft tritt (siehe Dossier-Text Interner Link: Zweiter Korb) – soll allerdings auch das Herunterladen stärker eingeschränkt werden. Danach ist das Herunterladen von Dateien nicht zulässig, wenn die Quelle "offensichtlich rechtswidrig" online gestellt wurde. Wie Nutzer das beurteilen sollen, wird sich in der Praxis zeigen müssen.

Es ist allerdings jetzt schon klar, dass es nicht immer einfach sein wird, nachzuvollziehen, ob ein Song rechtswidrig online gestellt wurde oder nicht: immerhin bieten viele Bands selbst MP3-Dateien zum Download an und stellen ihre Songs zum Teil auch in Tauschbörsen ein. Bei Filmen mag das offensichtlicher sein – ein Film, der gerade im Kino angelaufen ist, wird in den meisten Fällen nicht legal in einer Tauschbörse angeboten werden können.

Wenn man selbst zum Urheber wird

Es ist nicht nur einfacher geworden Musik zu kopieren, seit es Computer in (fast) jedem Haushalt gibt. Auch die eigene Kreativität kann ganz anders ausgelebt werden: Man kann selbst Musik produzieren, Texte veröffentlichen und Webseiten bauen, seine Fotos und Videos bearbeiten, online stellen und vieles mehr. Dabei ist es sehr einfach, die Werke anderer Leute zu verwenden – schnell mal einen Song seiner Lieblingsband auf die MySpace-Seite zu packen oder den Reisebericht im Blog mit den Fotos professioneller Fotografen aufzupeppen.

Dabei muss man jedoch aufpassen. Wie schon erläutert, sind die Werke – Bilder, Texte, Musik usw. – das geistiges Eigentum des jeweiligen Schöpfers und jemand anders darf sie nur dann online stellen, wenn er oder sie eine explizite Erlaubnis dazu hat. Ansonsten begeht man eine Urheberrechtsverletzung. Ausnahmen bestehen für solche Fälle meist nur für die private Nutzung. Und Online-Angebote sind im Sinne des Gesetzes niemals privat, sondern finden immer in der Öffentlichkeit statt.

Es gibt nur wenige Ausnahmen: etwa das Zitat. Wenn man sich wissenschaftlich oder journalistisch mit einem Werk auseinandersetzen will, darf man aus ihm zitieren. Man muss sich dabei allerdings an einige Regeln halten – belegen, von wem und woher das Zitat stammt, nicht mehr zitieren als notwendig, und vor allem sich in seinem eigenen Werk mit dem zitierten auseinandersetzen. Einfach nur etwas zur Illustration, zur Verschönerung beigeben, ist nicht zulässig.

Auch sogenannte "freie Benutzungen" sind möglich. Dabei lässt man sich von einem anderen Werk inspirieren, das Ergebnis weicht aber so stark vom Original ab, dass es ein ganz neues, eigenes Werk darstellt. Sowohl bei Benutzungen als auch Zitaten ist es wichtig, dass man etwas Eigenes schafft und das ursprüngliche Material lediglich zur Unterstützung verwendet.

Problematisch wird es bei Musik. Gerade in den letzten fünfzehn Jahren hat sich eine Praxis etabliert, die neue Musik aus dem Material vorangegangener Künstler erzeugt: Samplen. Ein Sample ist ein kurzer Ausschnitt aus einem bestehenden Musikstück, der in einen neuen Kontext gestellt wird.

Theoretisch könnte man argumentieren, dass es sich dabei um ein Musikzitat handelt, in der Praxis jedoch ist es fast niemals erlaubt, Samples ohne Erlaubnis – eine sogenannte Lizenz – der Original-Komponisten und -Musiker (oder deren Rechteinhabern) zu benutzen. Bei kommerzieller Pop-Musik kann dies, je nach Verwendungszweck, teuer und vor allem aufwändig werden.

Es gibt allerdings auch Musik, die unter "freien Lizenzen" steht. Mit ihnen stellt der Autor sein Werk der Allgemeinheit zur Verfügung. Er oder sie kann dabei auf verschiedene Modelle zurückgreifen, und verschiedene Grade der Freigabe wählen. Mehr zum Thema gibt es im Dossier-Text Interner Link: Lizenzen.

Literatur

BITKOM (2007): PC-Ausstattung in Deutschland knackt erstmals 75-Prozent-Marke, 2.1.2007. Auf: Externer Link: www.bitkom.org (Stand 1.10.2007)

Deutscher Musikrat (2007): Gesamtumsatz des Tonträgermarktes in der Bundesrepublik Deutschland, Auf: Externer Link: www.miz.org (Stand 1.10.2007)

Jaeger, T. (2002): 200 Rechtsordnungen. Internationale Aspekte des Urheber- und Patentrechts. Auf: Externer Link: www.ifross.de (Stand 30.08.2007)

Kreutzer, Till (2005): Internationale Zusammenhänge. Der Traum vom weltweit einheitlichen Urheberrecht, iRights.info 4.2.2005. Auf: Externer Link: www.irights.info (Stand 1.10.2007)

Kreutzer, Till (2007): Immaterialgüterrechte in der Wissensgesellschaft. Auf: Externer Link: www.elib.at

Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Auf: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de

iRights.info – Urheberrecht in der digitalen Welt. Auf: Externer Link: iRights.info

Emmerling, Swen (2007): Individuelle Ansichten: Swens Musikmarktanalyse, in: Phlow – Magazin für Musik und Netzkultur, 5.7.2007. Auf: Externer Link: phlow.net (Stand 1.10.2007)

Valie Djordjevic arbeitet seit 15 Jahren in und um das Internet als Künstlerin, Autorin und Journalistin. Bei iRights.info ist sie von Anfang an als Redakteurin dabei. Homepage: Externer Link: http://valid.de