Integration
Aussiedler galten in der Bundesrepublik immer als "privilegierte Zuwanderer", weil sie Anspruch auf besondere Eingliederungshilfen hatten. Worin bestand diese Integrationspolitik? Was hat sich bei den Integrationsmaßnahmen geändert? Und: Welche Integrationsprobleme gibt es?Aussiedler in Deutschland zwischen 1945 und 1989

In Deutschland empfing man die Aussiedlerfamilien in materieller Hinsicht mit offenen Armen. So bestand die Möglichkeit, umfassende Eingliederungshilfen und Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Neben einem pauschalen Eingliederungsgeld als Grundversorgung waren Aussiedlerinnen und Aussiedler grundsätzlich berechtigt, Arbeitslosengeld zu beziehen. Das Arbeitslosengeld richtete sich nach den üblichen Bemessungskriterien für den jeweiligen Berufszweig. Auch Renten wurden nach den deutschen Bemessungskriterien gezahlt, da die Herkunftsstaaten keine Altersversorgung für Ausgesiedelte zahlten.
Integrationsprogramm
Ein spezielles Eingliederungsprogramm der Bundesregierung von 1976 zielte auf eine rasche Integration ab. Dazu gehörten u.a.:
- Großzügige Finanzierung von Sprachkursen auch für Hausfrauen und Rentner sowie berufliche Anpassungsmaßnahmen und Umschulungen.
- Spezielle Maßnahmen zur Eingliederung für alle jungen Aussiedler zwischen sechs und 30 Jahren.
- Zur Förderung gehörten sprachliche, schulbegleitende, berufliche und soziale Angebote.
- die Gewährung von niedrig verzinsten Darlehen. Zur Gründung eines eigenen Haushalts und zur Anschaffung persönlicher Gegenstände konnten Aussiedler bei Banken, Sparkassen und Raiffeisenbanken ein staatlich subventioniertes Einrichtungsdarlehen erhalten.
- Erleichterte Anerkennung von Prüfungen und Abschlüssen.
- Qualifikationsgerechte Vermittlung von Arbeit nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Aussiedler konnten an besonderen beruflichen Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, wenn sie für die Eingliederung als notwendig erachtet wurden.
- Hilfen für Existenzgründungen. Investitionen zur Gründung selbständiger Existenzen unter Aussiedlern wurden gefördert. Dazu vergab die Deutsche Ausgleichsbank Darlehen mit ermäßigtem Zinssatz. Außerdem sollten die geförderten Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand bevorzugt werden.
Kürzung der Eingliederungshilfen in den 1990er-Jahren

- keinen Antragsschlusstermin festzusetzen;
- ein sog. Kriegsfolgenschicksal nur noch bei Antragstellern aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion pauschal zu vermuten;
- jährlich nur noch so viele Aussiedlerinnen und Ausiedler aufzunehmen wie im Durchschnitt der Jahre 1991/92, also ca. 220.000 pro Jahr.
Auch der Fremdrentenanspruch wurde zunächst auf 70 Prozent des normalen Rentenniveaus reduziert, später sogar noch weiter.
Ab 1993 wurden keine Einrichtungsdarlehen mehr vergeben. Im gleichen Jahr reduzierte man die Förderungshöchstdauer für Deutschkurse von neun auf sechs Monate.
Durch diese Kürzungen und Beschränkungen wurden Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler jedoch keineswegs zu einer besonders benachteiligten Gruppe. Als privilegierte Einwanderer hatten sie weiterhin einen Rechtsanspruch auf umfassende Eingliederungshilfen. Diese existierten in dieser Form bis zum Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes für ausländische Einwanderer mit dauerhafter Bleibeperspektive nicht. Die Leistungsreduktionen führten somit nur zu einer langsamen Angleichung der Bedingungen der Integrationsförderung.
Erst die umfassende Reform im Zuwanderungsrecht zwischen 2000 und 2004 führte die Integrationsleistungen für Aussiedler und Aussiedlerinnen mit denen für sonstige Zuwanderer zusammen. Ein großer Teil der Sonderförderungen lief aus. Die sprachlichen Eingliederungsangebote, insbesondere die mit dem Zuwanderungsgesetz geschaffenen Integrationskurse, richten sich nun an alle Erstzuwanderer.