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Migrationspolitik – September 2016 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

Migrationspolitik – September 2016

Viktoria Latz

/ 4 Minuten zu lesen

Was ist in der Migrations- und Asylpolitik im letzten Monat passiert? Wie haben sich die Flucht- und Asylzahlen entwickelt? Wir blicken zurück auf die Situation in Deutschland und Europa.

Die somalischen Flüchtlinge Mahmoud Abdelaziz Ahmed (r, 20) und Mohamod Anwar Abdirahman (l,19) renovieren am 08.12.2015 in der Erstaufnahmestelle Suhl (Thüringen ) mit dem deutschen Azubi Daniel Jelinek im Rahmen des Projektes ASü (Ausbildung und Arbeit fuer Asylbewerber in Suedthüringen) einen Raum. (© dpa, Michael Reichel)

Tödliche Flucht über das Mittelmeer

Externer Link: Jeder 85. Mensch stirbt zurzeit bei der Flucht über das Mittelmeer. Das ist die Bilanz einer Externer Link: Studie, welche die Internationalen Organisation für Migration (IOM) zusammen mit der Universität von York und der City University of London durchgeführt hat. Die Mittelmeerroute werde demnach immer gefährlicher, so war 2015 noch jeder 276. Migrant auf dem Seeweg ums Leben gekommen. Die IOM sieht die Ursache dafür in den immer krupelloseren Methoden der Schleuser, die Migranten in Boote zwängten, die nicht seetüchtig seien. Zudem kämen immer mehr Menschen aus Ägypten, von wo aus die Überfahrt deutlich gefährlicher sei. Die Studie analysiert den Umgang der Behörden mit in der Mittelmeerregion vermissten Migranten und bemängelt diesen als unzureichend. Es gebe keine vernünftige Abstimmung zwischen den einzelnen Behörden, die zudem zu wenig auf das Ausmaß der "humanitären Krise" des letzten Jahres vorbereitet worden seien. Außerdem reichten die Ressourcen nicht aus, um sich neben den Ermittlungen gegen Schleuser und der Versorgung von Geflüchteten um die Suche nach Vermissten beziehungsweise die Identifizierung von Leichnamen zu kümmern. Der Bericht empfiehlt den Behörden deshalb die Einrichtung einer "Humanitären Kommission", in welcher die Zusammenarbeit der Behörden koordiniert wird und Hinterbliebene als Helfer für die Identifizierung von verstorbenen oder vermissten Migranten mit einbezogen werden sollen.

Zahlen zu Asyl in Deutschland

Die Zahl der Fluchtzuwanderungen ist im August leicht gestiegen. 18.148 Asylsuchende wurden in diesem Monat im EASY-System registriert, das sind rund 2.000 mehr als in den letzten Monaten seit April. Insgesamt kamen in den ersten acht Monaten 256.567 Geflüchtete nach Deutschland.

Währenddessen hat Bundesinnenminister Thomas De Maizière die im Januar kalkulierte Externer Link: Zahl der Zugänge von Asylsuchenden im Jahr 2015 nach unten korrigiert. Demnach seien nicht, wie zuvor angenommen, 1,1 Millionen Migranten eingereist, sondern rund 890.000. Die Differenz ergibt sich insbesondere aus Mehrfachregistrierungen sowie aus nicht erfassten Weiter- oder Rückreisen der Migranten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge konnte seine Antragsannahmen von Januar bis August deutlich steigern. Von 567.0479 entgegen genommenen Anträgen wurden 395.811 bereits entschieden. Im August wurde der Externer Link: höchste Monatswert an Entscheidungen in der Geschichte des Bundesamtes verzeichnet. Von rund 57.000 Asylbewerbern wurden 14.460 als Geflüchtete anerkannt, 21.661 erhielten subsidiären Schutz und 1.290 Abschiebungsverbote. Abgelehnt wurden die Anträge von 12.886 Personen.

Immer mehr abgelehnte Asylbewerber Externer Link: kehren in ihr Heimatland zurück. So haben mehr als 50.000 Menschen Deutschland in dem Zeitraum von Januar bis Juli 2016 verlassen. Die meisten davon (35.000) reisten freiwillig aus und erhielten dafür von der Bundesregierung eine finanzielle Förderung sowie Unterstützung bei der Wiedereingliederung vor Ort. Rund 16.400 Menschen wurden Interner Link: abgeschoben.

Mehr Asylbewerberleistungsempfänger

Rund 975.000 Menschen bezogen laut Statistischem Bundesamt (Destatis) im vergangenen Jahr Externer Link: Gelder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Gegenüber 363.000 Personen im Vorjahr 2014 bedeutet dies ein Plus von 169 Prozent. Somit hat sich die Zahl der Leistungsbezieher zum sechsten Mal seit dem Jahr 2010 erhöht. 67 Prozent der Empfänger waren männlich, 33 Prozent weiblich. Fast 30 Prozent aller Leistungsberechtigten waren noch nicht volljährig. Die meisten der Leistungsempfänger kamen aus Asien (63 Prozent), die Hälfte davon aus Syrien, gefolgt von Europa (22 Prozent) und Afrika (13 Prozent). Die Grundleistungen sollen den Lebensbedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts decken, für persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens wird zusätzlich ein monatlicher Geldbetrag gezahlt. Besondere Leistungen, die bei Bedarf wie Krankheit, Schwangerschaft oder Geburt gezahlt werden, erhielten im Jahr 2015 340.000 Personen. Insgesamt wurden 2015 vom Staat fast 5,3 Millionen Euro für die Asylbewerberleistungen ausgegeben.

Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt

Die Bundesagentur für Arbeit hat neue Externer Link: Zahlen zu der Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt veröffentlicht. Im August wurden demnach rund 350.000 geflüchtete Menschen als arbeitssuchend betreut, davon waren 153.000 arbeitslos. Im Vergleich zu den letzten Jahren ist die Anzahl arbeitsloser Personen aus den außereuropäischen Fluchtländern stark angestiegen: so zählte die Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2011 – vor dem deutlichen Anstieg der Geflüchtetenzahlen – noch 40.000 Arbeitslose, 2015 waren es 81.000. Allerdings sei auch die Anzahl der erwerbstätigen Geflüchteten, wenn auch nur moderat, um 32 Prozent auf 103.000 Beschäftigte angewachsen.

Kriminalität und Zuwanderung

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat Informationen zu den Externer Link: Entwicklungen und Auswirkungen des Zustroms von Geflüchteten auf die Kriminalitätslage in Deutschland für das erste Halbjahr veröffentlicht. Demnach sanken die Fallzahlen von Straftaten, die durch Zuwanderer begangen wurden, um rund 36 Prozent. Die meisten Straftaten waren Vermögens- und Fälschungsdelikte, Diebstähle und Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Bei Letzteren handelte es sich überwiegend um Körperverletzungsdelikte.

Auch die Straftaten von Zuwanderern gegen Zuwanderer gingen um 22 Prozent zurück. Straftaten zum Nachteil von Zuwanderern sanken um 18 Prozent. Ebenso rückläufig war die Zahl der Straftaten der in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Zuwanderer.

Das BKA nannte zudem Zahlen zu politisch motivierter Kriminalität. Vor allem die Fallzahlen bei Straftaten gegen Asylunterkünfte und Asylbewerber, die meist aus fremdenfeindlicher Motivation heraus begangen wurden, blieben im 1. Halbjahr 2016 auf hohem Niveau, wenngleich sie im Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken sind. Weiterhin kommt es auch zu Straftaten gegen Politiker und zu politisch motivierter Gewalt der linken Szene gegen Gegner der rechten Szene und gegen Staatsvertreter. Ebenso gab es vermehrt Hinweise zu mutmaßlichen Unterstützern terroristischer Organisationen, die sich in Deutschland aufhalten sollen. Insgesamt sei in Deutschland eine latente Radikalisierung des gesellschaftlichen Diskurses zwischen Asylbefürwortern und -gegnern wahrnehmbar.

Fussnoten

Viktoria Latz ist studentische Hilfskraft in der Redaktion von focus Migration am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail Link: vlatz@uni-osnabrueck.de