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Internationale Studierende | Internationale Studierende – aktuelle Entwicklungen und Potenziale der globalen Bildungsmigration | bpb.de

Internationale Studierende Einleitung Bildungsmigration Internationale Studierende Internationale Studierende in Deutschland Übergang in den Arbeitsmarkt Literatur

Internationale Studierende

Franziska Barthelt Diana Meschter Friederike Meyer zu Schwabedissen Andreas Pott

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Bildungsmigration ist kein neues Phänomen. Bereits seit Jahrhunderten gibt es diese Form der Mobilität, die der schulischen oder universitären Aus- und Weiterbildung im Ausland dient. Der Auslandsaufenthalt ist dabei zunächst auf die Aus- und Weiterbildungsdauer ausgelegt. Allerdings sind die Übergänge zu anderen Migrationsformen wie der Arbeitsmigration häufig fließend. So entscheiden sich viele Studierende, die einen Teil oder gar ihr ganzes Studium im Ausland verbringen, dafür, im Studienland zu verbleiben und sich dort eine Arbeit zu suchen. Viele Länder, die vom Fachkräftemangel betroffen sind, haben internationale Studierende bereits als ideale Zuwanderer erkannt.

Austauschstudenten der privaten Hochschule HHL in Leipzig beim Kickern. Weltweit nehmen die Bedeutung des Studiums im Ausland und die Zahl migrierender Studierender zu. (© picture-alliance, ZB)

Studierendenmigration weltweit

Internationale Studierende werden im globalen Wettbewerb um Talente immer wichtiger. Als potenzielle hochqualifizierte Arbeitskräfte werden sie von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft umworben. Weltweit nehmen die Bedeutung des Studiums im Ausland und die Zahl migrierender Studierender zu. Nach Angaben der OECD hat sich die Zahl der im Ausland Studierenden im OECD-Raum innerhalb der letzten zehn Jahre fast verdoppelt und liegt aktuell bei knapp 4,3 Millionen. Deutschland ist dabei neben den USA, Großbritannien und Frankreich zu einem der wichtigsten Zielländer internationaler Studierender geworden. 2011 waren knapp 273.000 ausländische Studierende an deutschen Hochschulen immatrikuliert – in den USA waren es knapp 710.000, in Großbritannien 560.000 und in Frankreich 268.000. Im Wintersemester 2013/2014 wurden in Deutschland erstmals über 300.000 internationale Studierende gezählt. In fast jedem Land, das Studierendenzahlen registriert, ist die Zahl der internationalen Studierenden angestiegen. Trotz dieses global beobachtbaren Mobilitätsgeschehens dominiert insgesamt die Studierenden-Mobilität aus dem globalen Süden in den globalen Norden. Gefolgt von Indien ist China weltweit mit Abstand das bedeutendste Herkunftsland von internationalen Studierenden. Studierende aus Indien und China dominieren die Bildungsmigration in englischsprachige Länder wie die USA, Großbritannien oder Australien schon länger und haben zuletzt auch in Kontinentaleuropa und Deutschland stark an Bedeutung gewonnen.

Studierendenmigration in der EU

Europa ist weltweit die wichtigste Aufnahmeregion internationaler Studierender: 48 Prozent aller internationalen Studierenden studieren hier. Dabei sind besonders die Mitgliedstaaten der EU beliebte Studienziele, sowohl für Studierende aus EU-Mitgliedstaaten als auch für Studierende aus Ländern außerhalb der EU. Die größte Gruppe internationaler Studierender aus nicht-europäischen Ländern kommt aus Asien, sie macht mit 53 Prozent auch weltweit über die Hälfte der mobilen Studierenden aus. Innerhalb der EU steht Großbritannien auf Platz 1 der beliebtesten Studienländer. Zur Attraktivität Großbritanniens dürfte die Weltsprache Englisch beitragen. Auch in Frankreich – 2013 nach Großbritannien und Deutschland das drittbeliebteste Zielland internationaler Studierender in der EU – zeigt sich die Bedeutung der Studiensprache (und der postkolonialen Beziehungen): Nach Frankreich migrieren viele Studierende aus Ländern, in denen die Amts- oder erste Fremdsprache Französisch ist, wie beispielsweise in einigen westafrikanischen Ländern. Deutschland hingegen gewinnt internationale Studierende aufgrund seiner Wirtschaftsleistung, des guten Rufs seiner Hochschulbildung sowie seiner sehr geringen Studiengebühren.

Innerhalb der EU zeigt sich sehr deutlich der Effekt von europäischen Migrations- und Mobilitätspolitiken, die das grenzüberschreitende Studium in der EU fördern: Mehr als 70 Prozent der ausländischen Studierenden in EU-Staaten kommen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat. Jüngere hochschulpolitische Bemühungen und Programme (z.B. zum Ausbau des Angebots englischsprachiger Studiengänge) verfolgen das Ziel, auch die Zahlen ausländischer Studierender in der EU, die aus Nicht-EU-Ländern kommen, weiter zu erhöhen und die EU weltweit als attraktiven Studienstandort zu bewerben.

Unterschiedliche Formen der Studierendenmigration

Bei der internationalen Studierendenmigration unterscheidet man zwischen der credit mobility und der degree seeking mobility. Während es bei der credit mobility (z.B. Erasmus-Studierendenaustausch, Summerschool) darum geht, an der Gasthochschule nur einzelne Studienleistungen zu erbringen und nur einige Leistungspunkte oder Scheine zu erwerben, handelt es sich bei degree seeking students um internationale Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in ihrem Heimatland oder einem anderen Land erworben haben und nun für ein grundständiges Bachelor- oder Masterstudium oder auch für ein Promotionsstudium ins Ausland gehen. Folgt man der UN-Definition von Migration, sind Studierende, die einen Hochschulabschluss im Ausland erwerben und ihren Lebensmittelpunkt am Studienort haben, als Migrantinnen oder Migranten dann zu bezeichnen, wenn sie sich mindestens ein Jahr im Ausland aufhalten. Die Übergänge zwischen kürzeren Studienaufenthalten von einigen Monaten und einer degree mobility können fließend sein.

Motive

Die Motive, im Ausland zu studieren, fassen die Wissenschaftler Russel King und Enric Ruiz-Gelices als eine Mischung von Bildungs-, Freizeit-, Reise- und Selbstverwirklichungsinteressen zusammen. Betrachtet man die Anlässe und Gründe für die Entscheidung, ein Studium oder zumindest einen Studienabschnitt im Ausland zu absolvieren, ist es wichtig, nicht nur ökonomische Einflussfaktoren, sondern verschiedene Bezugskontexte der Studierenden mit einzubeziehen. In den meisten Fällen resultiert die internationale Studierendenmigration aus einem Zusammenspiel von akademischen, persönlichen, ökonomischen und aufenthaltsrechtlichen Faktoren, die dazu beitragen, sich für ein Studium in einem bestimmten Zielland bzw. an einem bestimmten Hochschulstandort zu entscheiden. Die Entscheidung wird beispielsweise abhängig gemacht von der Qualität des Studiums, den Kosten für das Studium, familiären oder professionellen Netzwerken im Zielland oder bereits bestehenden Kontakten infolge vorheriger Aufenthalte (z.B. Schüleraustausche oder Au-Pair-Aufenthalte). Wichtig mögen aber auch ökonomische Motive oder Karrieremöglichkeiten im Zielland sein, die zudem an spezifische (begünstigende) aufenthaltsrechtliche Bedingungen gekoppelt sein können.

Ebenso komplex und unterschiedlich wie die Motive für ein Auslandsstudium sind auch die Faktoren, die dazu beitragen, nach dem Studium im Studienland zu verbleiben oder weiter zu migrieren. So ergibt sich für einige der Studierenden die Möglichkeit, nach Studienabschluss im Studienland zu arbeiten. Einige kehren in ihr Herkunftsland zurück. Andere verbleiben aufgrund persönlicher Gründe im Studienland. Wiederum andere migrieren in ein weiteres Land, bleiben dort oder kehren später wieder in ihr Herkunftsland, teilweise aber auch in ihre Studienländer zurück. Eine Absolventenstudie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus dem Jahr 2013 zeigt für internationale Studierende in Deutschland, dass "fast ein Drittel plant, für immer in Deutschland zu bleiben, weitere 42,5 Prozent planen einen Aufenthalt über zehn Jahre. Somit richten sich 73,5 Prozent darauf ein, langfristig in Deutschland zu bleiben. Weitere 19,3 Prozent planen einen mittelfristigen Aufenthalt zwischen fünf und zehn Jahren, nur 7,3 Prozent richten sich auf einen (zunächst) kurzfristigen Aufenthalt kürzer als fünf Jahre ein."

Rechtliche Bedingungen

Rechtliche Rahmenbedingungen, die die Möglichkeiten des legalen Aufenthalts von internationalen Bildungsmigrantinnen und -migranten regeln, können die Frage ihres Verbleibs im Studienland deutlich beeinflussen. Dies zeigt eine Studie, in der fünf europäische Länder – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Schweden – dahingehend verglichen wurden, welche rechtlichen Regelungen für internationale Studierende gelten und welche Chancen für eine Arbeitsaufnahme nach dem Studium bestehen. Demnach lässt sich in den betrachteten Ländern zwar eine deutliche Liberalisierungspolitik zugunsten internationaler Studierender beobachten. Dennoch werden internationale Studierende "weiterhin zu einem Großteil als temporäre Zuwanderer angesehen, von denen erwartet wird, dass sie am Ende ihres Studiums in ihr Herkunftsland zurückkehren." Dies, so das Ergebnis der Studie, sei vor allem in Großbritannien, Frankreich und Schweden der Fall. Viele europäische Länder haben allerdings in den vergangenen Jahren die Rechtssicherheit für internationale Studierende verbessert und ihren Zugang zum Arbeitsmarkt während und nach dem Studium erleichtert. So wurden in einigen Ländern, darunter auch Deutschland, sogenannte post-study schemes eingeführt, die es ermöglichen, nach dem Studium für eine Übergangszeit zum Zweck der Arbeitsuche im Land zu verbleiben. 25 Diese rechtlichen Liberalisierungen und die damit verbundenen Vorteile tragen zu einer erhöhten Attraktivität des Studienlandes für ausländische Studierende bei.

Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: Internationale Studierende – aktuelle Entwicklungen und Potentiale der globalen Bildungsmigration.

Weitere Inhalte

Franziska Barthelt, M.A. Internationale Migration und interkulturelle Beziehungen an der Universität Osnabrück, arbeitet seit 2015 in der Koordinierungsstelle des IQ Netzwerkes Niedersachsen im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. E-Mail: E-Mail Link: fbarthelt@uni-osnabrueck.de

Diana Meschter ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet als Koordinatorin für Migration und Teilhabe beim Landkreis Diepholz, Niedersachsen. E-Mail: E-Mail Link: diana.meschter@diepholz.de

Dr. Friederike Meyer zu Schwabedissen ist Lehrbeauftragte am Institut für Geographie der Universität Osnabrück und Transfermanagerin in der Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Niedersachsen. E-Mail: E-Mail Link: friederike.meyerzuschwabedissen@transferagentur-niedersachsen.de

Prof. Dr. Andreas Pott ist Sozialgeograph und Direktor des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück. E-Mail: E-Mail Link: andreas.pott@uni-osnabrueck.de