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Die Einwandererbevölkerung | Vereinigtes Königreich | bpb.de

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Die Einwandererbevölkerung

Randall Hansen

/ 5 Minuten zu lesen

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Vereinigte Königreich zu einem Einwanderungsland. Zunächst kamen vor allem Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien ins Land. Später nahm die Einwanderung aus anderen Weltregionen und insbesondere aus der Europäischen Union zu. Diese Entwicklungen prägen bis heute die Einwandererbevölkerung in Großbritannien und Nordirland.

Prinz Charles mit Vertreterinnen und Vertretern der jainistischen Gemeinde während eines Besuchs im Victoria & Albert Museum, London: Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Vereinigte Königreich zu einem Einwanderungsland. Zunächst kamen vor allem Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien ins Land.

Abbildung 1: Ein- und Auswanderung 1995-2013 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Einwanderer werden im allgemeinen Verständnis oft mit Minderheiten anderer ethnischer Zugehörigkeit gleichgesetzt. Zur statistischen Erfassung werden sie im Folgenden jedoch präziser definiert als diejenigen Einwohner, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vereinigten Königreich leben und außerhalb des Landes geboren wurden. Im Jahr 2011 waren dies 7,5 Millionen Personen (2001: 4,9 Millionen) und damit 13 Prozent der Gesamtbevölkerung (2001: 8,3 Prozent). Den größten Zuwachs der im Ausland geborenen Bevölkerung seit dem Zweiten Weltkrieg gab es im Jahrzehnt von 2001 bis 2011 (2,6 Millionen Personen); den zweitgrößten zwischen 1991 und 2001 (1,1 Millionen). Zuvor erfolgte ein großer Anstieg zwischen 1961 und 1971, als die Gesamtbevölkerung durch Zuwanderung um 600.000 Menschen wuchs. Wie auch in vergangenen Bevölkerungszählungen war das Hauptherkunftsland im Jahr 2011 Indien (694.000 Personen), gefolgt von Interner Link: Polen (579.000 Personen gegenüber 58.000 Personen 2001), Pakistan (482.000) und Interner Link: Irland (407.000). Das bedeutendste Merkmal der jüngsten Migrationen in das Vereinigte Königreich ist ihr "weißer", europäischer und christlicher Charakter. Die hohe Einwanderung von Osteuropäern hat in weiten Teilen der Bevölkerung großen Widerstand hervorgerufen, der nahe legt, dass einwanderungsfeindliche Einstellungen eher durch die Zahl der Einwanderer als deren "Rasse" hervorgerufen werden. Schätzungen zufolge gewinnt die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs durch Zuwanderer. Es wird angenommen, dass Einwanderer aus der EU zwischen 2001 und 2011 34 Prozent mehr Steuern einzahlten als an sie (in Form von Sozialleistungen) zurückflossen, Einwanderungskritiker äußern jedoch Zweifel an diesen Zahlen. Insbesondere der Medizin- und Gesundheitssektor ist von Einwanderern abhängig: 26 Prozent der Ärzte und 14 Prozent des Pflegepersonals sind ausländische Staatsangehörige. Andere Bereiche, in denen der Einwandereranteil besonders hoch ist, sind die Textil- und Bekleidungsfertigungsbranche (41,5 Prozent), der Betrieb von Industrieanlagen (41,4 Prozent, einschließlich Berufe in der Verpackungsindustrie) und die Lebensmittelzubereitung (28,4 Prozent).

Migrationsströme

Abbildung 2: Zahl der jährlich ausgestellten Niederlassungserlaubnisse 1960-2013 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Abbildung 1 stellt die gesamte internationale Zu- und Abwanderung ins Vereinigte Königreich zwischen 1995 und 2013 dar. Tendenziell neigen zugewanderte Arbeitskräfte aus den Industrieländern dazu, das Vereinigte Königreich wieder zu verlassen, während Zuwanderer aus weniger entwickelten Weltregionen sich eher dauerhaft niederlassen. Unter den Auswanderern machen jedoch britische Staatsbürger die größte Gruppe aus, wobei die beliebtesten Ziele für dauerhafte Auswanderer Australien und Spanien sind, während Briten, die das Land nur temporär verlassen, eher in der EU bleiben. Die Netto-Abwanderung von britischen Staatsbürgern ist zwischen 1994 und 2006 von 17.000 auf über 126.000 Menschen angestiegen, um anschließend leicht zurückzugehen. Von 2007 bis 2012 lag die durchschnittliche Netto-Abwanderung britischer Staatsangehöriger jährlich bei 66.000. Zeitgleich ist die Nettozuwanderung ausländischer Staatsangehöriger von 127.000 Personen im Jahr 1995 auf 218.000 im Jahr 2006 gestiegen. Zwischen 2007 und 2012 lag sie im Durchschnitt bei 115.400 Personen.

Die vor der EU-Erweiterung 2004 von der Labour-Regierung getroffene Entscheidung, Staatsangehörigen aus den neuen Mitgliedsländern unmittelbar Zugang zum Arbeitsmarkt des Vereinigten Königreichs zu gewähren anstatt wie die Mehrheit der alten EU-Staaten zunächst Übergangsregelungen und Wartezeiten festzulegen, führte dazu, dass Großteile der Einwanderung in den späten 2000ern europäisch geprägt waren. Zwischen 2004 und 2012 belief sich die Netto-Einwanderung aus den A8-Ländern insgesamt auf 423.000 Personen. Zwischen 1991 und 2003 hatte sie lediglich 61.000 Personen betragen; zwischen 2004 und 2012 waren es jährlich 170.000 Personen. Die Zuwanderungsbewegungen können auch anhand von Daten über ausländische Arbeitskräfte beschrieben werden. Die Arbeitsmigration ist seit der EU-Erweiterung 2004 deutlich angestiegen. Die besten Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 2004 und 2011 730.000 Migranten aus den A8-Ländern ins Vereinigte Königreich kamen und es gibt zahlreiche Belege - wie beispielsweise das Arbeiterregistrierungsmodell (Worker Registration Scheme, WRS), das von 2004 bis 2011 in Kraft war - dafür, dass die Arbeitsmigranten aus diesen Ländern überwiegend niedrigqualifiziert waren. Im Gegensatz dazu wurden 89 Prozent der Arbeitsgenehmigungen im Rahmen des alten Arbeitsgenehmigungssystems für Management-, Fachkräfte- oder technische Positionen ausgestellt; die neuen Stufe-2-Visa sind für qualifizierte Einwanderer reserviert.

Niederlassung

Abbildung 3: Niederlassungserlaubnisse nach Zweck der Niederlassung 1997-2003 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Niederlassungserlaubnisse, die es Einwanderern erlauben, dauerhaft im Vereinigten Königreich zu leben (permanente Einwanderung), bieten eine weitere hilfreiche Grundlage für die Zusammenfassung des Einwanderungsgeschehens. Abbildung 2 zeigt die im Rahmen aller Einwanderungsprogramme ausgestellte Zahl der Niederlassungsgenehmigungen im Zeitraum 1960 bis 2013. Der große Anstieg im Jahr 2005 lässt sich einerseits mit der Aufarbeitung von Arbeitsrückständen der Behörden erklären und ist andererseits auf die Erteilung von Niederlassungserlaubnissen an asylsuchende Familien, die vor dem 2. Oktober 2000 einen Asylantrag gestellt hatten und im Rahmen eines speziellen Amnestieprogramms für Familien (Family ILR Exercise) einen dauerhaften Aufenthaltsstatus erhielten, zurückzuführen. Insgesamt 23.000 Hauptantragstellern wurde auf diese Weise eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Im Durchschnitt wurden zwischen 2005 und 2011 jährlich 170.000 Niederlassungserlaubnisse erteilt.

Eine Niederlassungserlaubnis kann bei der Ankunft im Land erteilt werden, allerdings wird sie am häufigsten an Einwanderer vergeben, die zunächst über befristete Zuwanderungsprogramme zugelassen worden sind und danach einen Statuswechsel beantragen. Abbildung 3 zeigt die Zahl der Niederlassungsgenehmigungen von 1997 bis 2013 nach dem jeweiligen Niederlassungszweck. Seit 2008 werden die meisten Niederlassungserlaubnisse zu Arbeitszwecken erteilt. Arbeitskräfte können nach fünf Jahren Berufstätigkeit mit gültiger Arbeitserlaubnis (vor 2006 waren es noch vier Jahre) eine Niederlassungserlaubnis beantragen. Die Zahl der Niederlassungserlaubnisse, die im Zusammenhang mit der Asylgewährung erteilt wurden, ist in der ersten Hälfte der 2000er Jahre sowohl relativ als auch absolut betrachtet ebenfalls angestiegen. Im Jahr 2001 wurden 26 Prozent aller Niederlassungserlaubnisse zu diesem Zweck erteilt; im Jahr 2005 waren es 38 Prozent. Seitdem ist ihre Zahl jedoch stark zurückgegangen; belief sie sich 2005 noch auf 67.810, so waren es 2011 nur noch rund 13.000 Niederlassungserlaubnisse im Bereich Asyl. Die Zahl der Niederlassungsgenehmigungen, die zum Zweck der Familiengründung oder –zusammenführung ausgestellt werden, ist zwischen 2001 und 2005 am stärksten gesunken, von 52 Prozent auf 21 Prozent. Danach hat sie wieder leicht zugenommen. Insgesamt bleibt die Zahl der zu Arbeits- oder familiären Zwecken ausgestellten Niederlassungserlaubnisse trotz einiger Fluktuationen von Jahr zu Jahr recht hoch. Die starke Zunahme in der Kategorie "Andere" im Jahr 2010 ist auf eine große Zahl an Niederlassungserlaubnissen zurückzuführen, die auf der Grundlage von Ermessensentscheidungen als Ergebnis von Maßnahmen zur Aufarbeitung von Arbeitsrückständen erteilt wurden.

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Vereinigtes Königreich.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Office for National Statistics [Nationale Statistikbehörde] (2012).

  2. Cohen (2013).

  3. Rienzo (2013).

  4. Vargas-Silva/Carlos (2014a).

  5. Das sind die Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Litauen, Lettland, Polen, Slowakei und Slowenien.

  6. Vargas-Silva/Carlos (2014b).

  7. Salt (2012).

  8. Home Office/The National Archives [Innenministerium/Nationalarchiv] (2012).

Lizenz

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Weitere Inhalte

Dr. Randall Hansen ist Professor am Lehrstuhl für "Kanadische Forschung zu Einwanderung und Governance" sowie Direktor des "Zentrums für Europäische, Russische und Eurasische Studien" der Universität Toronto. E-Mail Link: r.hansen@utoronto.ca