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Grundzüge des luxemburgischen Staatsbürgerschaftsrechts

Boris Kühn

/ 3 Minuten zu lesen

Luxemburg ist ein Einwanderungsland. Über 40 Prozent seiner Einwohner sind ausländische Staatsangehörige. Insgesamt haben mehr als 60 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Seit einer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2008 ist die Zahl der Einbürgerungen deutlich gestiegen.

Fußgängerzone in Echternach. Seit 1986 erhalten Kinder mit mindestens einem luxemburgischen Elternteil automatisch die Staatsbürgerschaft ab Geburt. (© picture-alliance / Romain Fellens)

Das luxemburgische Staatsbürgschaftsrecht war bis zum Ersten Weltkrieg vergleichsweise offen gestaltet: Eine Einbürgerung war nach einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren prinzipiell möglich, wenn auch an weitere Bedingungen wie die materielle Situation des Antragstellers geknüpft. Seit 1878 galt das doppelte Bodenrecht (double droit du sol), zumindest väterlicherseits: Ein Kind, dessen ausländischer Vater bereits in Luxemburg geboren wurde, erhielt bei seiner Geburt in Luxemburg automatisch die Luxemburger Staatsbürgerschaft.

In der Zwischenkriegszeit erließ die Regierung restriktivere Gesetze und das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) wurde zur Richtschnur des Staatsbürgerschaftsrechts. So wurde das doppelte Bodenrecht wieder abgeschafft und der Verlust der ursprünglichen Staatsbürgerschaft beim Erwerb der luxemburgischen obligatorisch. Die Mindestaufenthaltsdauer als Bedingung der Einbürgerung wurde auf 15 Jahre angehoben. Die restriktiven Regelungen der Zwischenkriegszeit bestanden im Prinzip über mehrere Jahrzehnte fort und wurden nur punktuell und Schritt für Schritt erleichtert. Auch deswegen war die Einbürgerungsquote unter Luxemburgs Migranten bis in die 2000er Jahre die niedrigste in ganz Europa.

Die Debatten um Reformen im Staatsbürgerschaftsrecht standen (und stehen bis heute) im Kontext einer immer größer werdenden migrantischen Bevölkerung bei gleichzeitig sehr niedrigen Geburtenraten der "Einheimischen". In dieser demografischen Entwicklung sahen Teile des politischen Spektrums ein Argument, den Erwerb der Staatsbürgerschaft zu erleichtern, um das Bevölkerungswachstum durch Neu-Luxemburger, die über gleiche demokratische Rechte verfügen, zu sichern. Von der Gegenseite wurde dieselbe Entwicklung ins Feld geführt, um vor einem Verlust der "Identität" Luxemburgs – die in zunehmendem Maße mit der luxemburgischen Sprache gleichgesetzt wurde – zu warnen und eine Liberalisierung zu verhindern.

Abbildung 4: Erwerb der luxemburgischen Staatsbürgerschaft: Zahl der Einbürgerungen 2005-2014. Grafik als Interner Link: PDF-Datei (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Beide Tendenzen spiegeln sich im aktuellen Staatsbürgerschaftsrecht wider. 2001 wurde einerseits die Mindestaufenthaltsdauer auf fünf Jahre gesenkt, während andererseits erstmals Grundkenntnisse der luxemburgischen Sprache zur Einbürgerungsvoraussetzung wurden. 2008 wurden die bestehenden Regelungen noch einmal umfassend reformiert, gleichzeitig wurde die Dialektik zwischen Öffnung und Begrenzung fortgeschrieben: Das reformierte Staatsbürgerschaftsgesetz schafft den Zwang zur Abgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft ab und führt das doppelte Bodenrecht (siehe oben) nach 70 Jahren wieder ein. Auf der anderen Seite hebt es die Mindestaufenthaltsdauer wieder von fünf auf sieben Jahre an und erhöht die Anforderungen bezüglich der Beherrschung der luxemburgischen Sprache. Von der Pflicht, ihre mündlichen Sprachkenntnisse in einer Prüfung nachzuweisen, sind Einwanderer, die seit mindestens 1984 dauerhaft in Luxemburg leben, jedoch ausgenommen. Infolge dieses Gesetzes ist die Zahl der Einbürgerungen seit 2009 deutlich gestiegen (siehe Abb. 4).

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Luxemburg.

Fussnoten

Fußnoten

  1. So wurde beispielsweise das 1940 abgeschaffte Optionsrecht 1968 wieder eingeführt, welches in Luxemburg geborenen Kindern ausländischer Eltern ermöglicht, im Jahr ihrer Volljährigkeit die luxemburgische Staatsbürgerschaft zu erlangen. 1975 wurde die Mindestaufenthaltsdauer zur Einbürgerung von 15 auf zehn Jahre gesenkt, seit 1986 erhalten Kinder mit mindestens einem luxemburgischen Elternteil automatisch die Staatsbürgerschaft ab Geburt.

  2. Die Tatsache, dass die Beherrschung der anderen offiziellen Amtsprachen Luxemburgs nicht honoriert wird, ist vielfach Gegenstand von Kritik – zumal für die Integration in den Arbeitsmarkt in aller Regel Französisch, und nicht Luxemburgisch, die entscheidende Sprache war und ist.

  3. Scuto (2010); Ministère de la Justice: Dossier Nationalité; Réseau européen des migrations (2014), S. 50-51.

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Boris Kühn, M.A., war von April 2013 bis Februar 2015 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Luxemburg und hat dort im Forschungsgebiet "INSIDE - Integrative Research Unit on Social and Individual Development" zum Thema Migration und Alterung gearbeitet.