Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Hintergrundinformationen | Russische Föderation | bpb.de

Russische Föderation 2015: Regelungen für Arbeitsmigranten Hintergrund Historische Entwicklung Migrationspolitik Integrationspolitik Irreguläre Migration Flucht und Asyl Staatsangehörigkeit Herausforderungen Literatur

Hintergrundinformationen

Maria Nozhenko

/ 3 Minuten zu lesen

Die internationale Migration in Russland ist einerseits geprägt von Zuwanderungsströmen aus Ländern der früheren Sowjetunion und andererseits von Abwanderungsbewegungen in wirtschaftlich höher entwickelte Länder. Im Länderprofil Russland stellt Dr. Maria Nozhenko die Geschichte der russischen Migrationspolitik im Überblick dar und verweist auf russische Besonderheiten, wie z.B. die Rücksiedlung ethnischer Russen, die im wirtschaftlichen Übergang entstehenden "Geisterstädte" oder die fehlende Integrationspolitik trotz signifikanter Einwanderung

Russland (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Die "Russische Föderation" (Russland) ist der flächenmäßig größte Staat der Welt. Der in Eurasien gelegene Staat umfasst mehr als 11% des weltweiten Festlandes und teilt mit 16 Staaten die Grenzen. Über Landgrenzen hat es Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Weißrussland, Ukraine, Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan, China, die Mongolei und Nordkorea zum Nachbarn und über Seegrenzen Japan und die USA. Russland ist eine Föderation mit 83 Verwaltungseinheiten ("Föderationssubjekten", ähnlich den US-Staaten oder Bundesländern). Man unterscheidet sechs Kategorien von Föderationssubjekten: 21 Republiken, 9 Regionen ('kraj'), 24 Städte mit föderalem Status ('oblast'), ein Autonomes Gebiet ('oblast') und vier Autonome Kreise ('okrug').

InfoRussische Föderation

Hauptstadt: Moskau
Sprache: Russisch
Fläche: 17 075 400 km²
Bevölkerungszahl (2009): 141 903 979 (FSSS)
Bevölkerungsdichte (2006): 8,7 Einwohner pro km²
Bevölkerungswachstum (2008): -0,07 %
Anteil der ausländischen Staatsangehörigen (2002): 1,9 % (2 724 327 Personen) (Zensus)
Erwerbsquote (2008): 53,4 %
Arbeitslosenquote: 7,6 % (2006), 6,6 % (2007), 6,2 % (2008)
Ethnische Gruppen (2002): 79,8 % Russen, 19,2 % andere, 1 % k.A. (Zensus)

Die Bevölkerungsdichte in Russland variiert sehr stark: Beträgt sie in Moskau und der Umgebung um Moskau (Moskau oblast) 324,7 Einwohner pro km², leben in Sibirien und dem Fernen Osten lediglich 3,9 Einwohner auf einem Quadratkilometer. Die Bevölkerung lebt überwiegend im europäischen Teil des Landes. Russland ist ein Land mit abnehmender und zunehmend alternder Bevölkerung. Der natürliche Bevölkerungsrückgang ist sehr hoch und beläuft sich für den Zeitraum von 1992 bis 2008 auf insgesamt 12,6 Millionen Menschen. Zuwanderung vermag nur teilweise die rückläufige Bevölkerungsentwicklung auszugleichen. Im ersten Jahrzehnt der postsowjetischen Ära hatte Russland einen sehr hohen relativen Migrationsindex und lag von 1989 bis 2002 weltweit auf dem 3. Platz. Von 2003 bis 2006 war Russland das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt. Nach Meinung von Experten ist Zuwanderung heute das entscheidende demographische Instrument, das den Bevölkerungsrückgang in Russland möglicherweise aufhalten kann.

Die internationale Migration in Russland ist einerseits geprägt von Zuwanderungsströmen aus Ländern der früheren Sowjetunion, die im wissenschaftlichen und politischen Diskurs in Russland als "ethnische Rücksiedlung" (ethnic repatriation) bezeichnet werden, und andererseits von Abwanderungsbewegungen in wirtschaftlich höher entwickelte Länder, z.B. nach Israel, in die USA, nach Deutschland und in andere EU-Mitgliedsstaaten. In den zehn Jahren von 1996 bis 2006 kristallisierte sich die irreguläre Arbeitsmigration als zentrales Problem heraus. Die Mehrheit der irregulären Immigranten in Russland sind Arbeitsmigranten aus den GUS-Staaten , die auf legalem Weg ohne Visumspflicht nach Russland einreisten, jedoch blieben und ohne legalen Status arbeiteten. Die Binnenmigration ist sehr schwach und ist über einen Anteil von 3 % an der Bevölkerung seit 2000 nicht hinausgekommen. In der Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion richtete sich die Binnenmigration geographisch neu aus. Traditionell orientierte sie sich gen Mitte und ostwärts, aber ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre wuchsen Migrationsströme in Richtung Peripherie, Westen und Süden.

In der russischen Migrationspolitik fanden zwei grundlegende Kehrtwendungen statt: Nach einer Phase restriktiver Prägung ab 2001 ließen sich ab 2006 liberale Tendenzen erkennen. Die russische Einwanderungspolitik erlebte auch konzeptuelle Veränderungen. Während sie sich in den ersten 15 Jahren der postsowjetischen Ära überwiegend aufs Re-Agieren beschränkte, wurde sie seitdem zunehmend gestaltungsfreudiger.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Von 1992 bis 2004 gab es 89 Föderationssubjekte. Durch die im Jahr 2000 begonnene Reform der Föderation verringert sich ihre Anzahl nach und nach. Es gilt anzumerken, dass die Reform lediglich die Reduzierung der Autonomen Okrugs und nicht aller Kategorien anstrebt.

  2. Vg. Mansoor A., Quillin B. (Hrsg.) (2006), S. 1.

  3. Vitkovskaya G, Panarin S. (Hrsg.) (2000), S. 77.

  4. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) wurde am 8. Dezember 1991 von den Teilrepubliken Belarus (Weißrussland), der Russischen Föderation und der Ukraine gegründet. Acht weitere ehemals sowjetische Republiken schlossen sich 2 Wochen später der Gemeinschaft an: Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Republik Moldau, Turkmenistan, Tadschikistan und Usbekistan. Zwei Jahre später, im Dezember 1993, kam Georgien dazu, verließ aber die Gemeinschaft nach dem Südossetienkrieg wieder. Die früheren sowjetischen Teilrepubliken Estland, Lettland und Litauen gehörten der GUS zu keinem Zeitpunkt an.

Weitere Inhalte

Dr. Maria Nozhenko ist Dozentin in den Fachbereichen Politikwissenschaft und Soziologie der European University in St. Peterburg (Russland) und Forschungsmitarbeiterin am Zentrum für Europäische Studien.