Umweltpolitik
Die Spieler auf dem Feld der Umweltpolitik sind zahlreich und ebenso unübersichtlich ist der Gesetzesdschungel aus über 250 Rechtsvorschriften. Zu den wichtigsten Aufgaben der Umweltpolitik gehört es, technische Lösungen zu finden und durch Aufklärung das Verhalten der Menschen zu verändern.Kurz nach dem verheerenden Unfall in Tschernobyl war die Zeit reif: Die damalige Bundesregierung richtete in Deutschland ein Bundesumweltministerium ein. Die meisten Bundeslaender zogen bald nach, und seit 1994 ist Umweltschutz im Grundgesetz als Staatsziel verankert: "Der Staat schuetzt auch in Verantwortung fuer die kuenftigen Generationen die natuerlichen Lebensgrundlagen." (Artikel 20a GG)
Viele Mitspieler auf dem Feld der Umweltpolitik
Dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sind drei Behörden nachgeordnet: das Umweltbundesamt (UBA), das Bundesamt für Naturschutz (BfN) sowie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Diese Ämter haben die Aufgabe, das Ministerium mit wissenschaftlich abgesicherten Hintergrundinformationen zu versorgen und Vorschläge zu erarbeiten, wie vorgegebene Umweltziele erreicht werden können. Darüber hinaus gibt es weitere wissenschaftliche Beratergremien wie die Strahlenschutzkommission oder den Sachverständigenrat für Umweltfragen. Darin sitzen Experten unterschiedlicher Fachrichtungen, die den politischen Prozess kritisch begleiten sollen.Der Bundestag als Gesetzgebungsorgan besitzt einen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Dessen gegenwärtig 31 Mitglieder beschäftigen sich mit Gesetzesvorlagen aus dem Plenum und Änderungswünschen einzelner Fraktionen. Der Ausschuss kann Wissenschaftler oder Lobbyisten verschiedener Verbände einladen, um die Folgen bestimmter Entscheidungen besser abschätzen zu können.
Die Länder sind an die Umweltgesetze des Bundes gebunden. Allerdings müssen sie in vielen Bereichen die Vorgaben erst noch konkretisieren. So unterscheiden sich beispielsweise beim Bau von Industrieanlagen in verschiedenen Regionen Deutschlands die Standards recht deutlich.
In vielen Fällen ist es Sache der Kommunen, dafür zu sorgen, dass auch umgesetzt wird, was in den Gesetzen steht. Sie müssen sich beispielsweise um Altlasten kümmern oder dafür sorgen, dass die Grenzwerte bestimmter Luft- oder Wasserschadstoffe nicht überschritten werden.
Jenseits der Ämter
Neben den staatlichen Institutionen sind im Umweltbereich aber eine Vielzahl weiterer Akteure unterwegs.Zu den bekanntesten Umweltschutzorganisationen zählen Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund (NABU), der World Wide Fund for Nature (WWF) sowie Robin Wood. Sie alle haben unterschiedliche Schwerpunkte. Während Robin Wood und Greenpeace häufig auf spektakuläre Aktionen setzen, um Politiker oder Konzerne unter Druck zu setzen, geht es BUND und NABU vor allem um eine breite Verankerung in den Regionen. Dabei konzentriert sich der NABU auf Naturschutzprojekte, während der BUND ein wesentlich breiteres Themenspektrum abdeckt, das von Verkehrsprojekten bis zur Genkartoffel, von Artenschutz bis hin zu regenerativen Energien reicht. Daneben gibt es mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) und dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) zwei Organisationen, die sich für eine weniger autozentrierte Verkehrspolitik stark machen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Deutsche Naturschutzring (DNR) sind dagegen keine Mitgliedsverbände, sie versuchen, als Lobbyisten Politiker und Entscheidungsträger aus der Wirtschaft zu überzeugen.
Auch Wirtschaftsvertreter wollen selbstverständlich Einfluss auf die Umweltpolitik nehmen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Interessenvertreter einzelner Branchen wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) zielen vor allem darauf ab, strenge Grenzwerte und Schutzauflagen zu verhindern oder abzumildern. Oft plädieren sie stattdessen für freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen.
Immer wichtiger geworden sind wissenschaftliche Einrichtungen. Das Öko-Institut e.V. und das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) sind Beispiele für unabhängige Institute, die umweltpolitisch relevante Fragestellungen für verschiedene Auftraggeber bearbeiten. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung oder das Max-Planck-Institut für Ornithologie werden dagegen überwiegend über staatliche Mittel finanziert.
Der Dschungel der Umweltgesetze und -verordnungen
Im Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums gibt es inzwischen über 250 Rechtsvorschriften. Etwa ein Drittel davon sind Gesetze, die vom Bundestag unter Mitwirkung des Bundesrats verabschiedet wurden. Hinzu kommen Verordnungen, die die Bundesregierung – oft auf Grundlage von EU-Richtlinien – erlässt. All diese Bestimmungen sind in vielen verschiedenen Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und technischen Regelwerken verstreut, sodass sogar Fachleute Schwierigkeiten haben, den Überblick zu behalten. Deshalb gibt es seit langem Versuche, ein Umweltgesetzbuch auf den Weg zu bringen, das die betreffenden Gesetze bündelt. Mit der Föderalismusreform hat der Bund seit 2006 in punkto Umwelt mehr Macht bekommen, daher gibt es nun die realistische Chance, das Projekt demnächst zu verwirklichen.Umweltrahmengesetze geben Leitlinien und Ziele vor. So haftet nach dem Verursacherprinzip jemand für den Schaden, den er angerichtet hat. Das Vorsorgeprinzip besagt hingegen, dass nicht die Beseitigung eines Schadens ins Zentrum der Aufmerksamkeit gehört, sondern die Vorausschau: Verschmutzungen oder Lärmbelastungen sollen möglichst gar nicht erst entstehen und Tier- und Pflanzenarten durch menschliche Aktivitäten nicht in Bedrängnis geraten.
Darüber hinaus gibt es konkrete Umweltgesetze und Regelungen zu den Themen Abfall, Chemikalien, Erneuerbare Energien und Klima, Kerntechnische Sicherheit und Strahlenschutz sowie Gewässer-, Natur- und Immissionsschutz – worunter schädliche Umweltauswirkungen wie Luftverpestung, Lärm und Erschütterungen verstanden werden. Aber auch Fragen zu Informations- und Auskunftspflichten gegenüber der Bevölkerung sind gesetzlich verankert.