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Ein Kontinent im Umbruch | Afrika | bpb.de

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Ein Kontinent im Umbruch Afrika vom 7. bis zum 16. Jahrhundert

Denise Badini Andrea Reikat Denise Badini/ Andrea Reikat

/ 11 Minuten zu lesen

Einleitung

Afrika stand im siebten Jahrhundert vor einer historischen Wende. Zum einen wandte sich Nordafrika dem Islam zu und distanzierte sich damit von der europäischen Welt, deren integraler Bestandteil es seit der Antike gewesen war. Ebenfalls in diesem Jahrhundert erkundeten arabische Geografen, Historiker und Abenteurer das subsaharische Afrika und berichteten in ihren Schriften von den soziopolitischen und ökonomischen Errungenschaften der afrikanischen Gesellschaften. Der Transsahara-Handel begann zu florieren und brachte einen Austausch der Kulturen mit sich.

Bis zu diesem Zeitpunkt war das subsaharische Afrika den Völkern des Nordens aus verschiedenen Gründen nahezu unbekannt gewesen und seine Entwicklungen fanden isoliert von den Ereignissen in Nordafrika und Europa statt. Ursächlich dafür war auch die besondere geologische Beschaffenheit des Kontinents, seine augenfällige Massivität und seine starke, klimatisch bedingte Gliederung. Hierfür bietet die Sahara die eindrucksvollste Illustration: die größte Wüste der Welt bildet eine natürliche Barriere, die einen wechselseitigen Kontakt zwischen den Nordafrikanern und den subsaharischen Völkern über Jahrhunderte beträchtlich erschwert hat. Dass die Gesellschaften südlich der Sahara orale Kulturen waren, trug ebenfalls dazu bei, dass sie kaum mit der Außenwelt in Kontakt traten und dass von ihnen dort nur eine unbestimmte Vorstellung existierte.

Eine einseitige Geschichtsschreibung

Das Fehlen von Schriftzeugnissen aus afrikanischen Kulturen hat über lange Zeit zu Verzerrungen in der Wahrnehmung des Kontinents geführt und eine objektive Erforschung seiner Geschichte verhindert. Der von Historikern über lange Zeit verfolgte Ansatz, Geschichtsforschung allein auf der Basis von schriftlichen Quellen zu betreiben, wertete die afrikanischen mündlichen Überlieferungen ab; weshalb sie von der Wissenschaft auch vernachlässigt wurden. Die Darstellung der Geschichte des Kontinents stützte sich auf auswärtige, vor allem antike, arabische und westliche Quellen und beschränkte sich damit auf fragmentarische Blicke von außen auf die afrikanischen Völker.

Durch diese über Jahrhunderte bestehende Ignoranz gingen wertvolle Zeitzeugnisse verloren, an deren Stelle Mythen, Vorurteile und vorgefasste Postulate traten, die selbst von bedeutenden Mitgliedern der wissenschaftlichen Gemeinschaft verteidigt wurden und die lange zur Geringschätzung und Ausgrenzung eines ganzen Kontinents beitrugen. Als Beispiel hierfür mag Hegel dienen, für den Afrika als ein geschichtsloser Kontinent galt oder auch Coupland, Autor eines Handbuchs über die ostafrikanische Geschichte, die er mit den europäischen Erkundungsreisen im 19. Jahrhundert beginnen ließ. Schließlich gestand man Afrika nicht zu, eigenständige Kulturen hervorgebracht zu haben, in Folge wurden alle technologischen Innovationen oder staatlichen Organisationsformen auf äußere Einflüsse zurückgeführt.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich die Auffassungen ebenso wie die methodologischen Prämissen jedoch geändert und zu einer Revision und Umschreibung der afrikanischen Geschichte geführt. Inzwischen werden auch die in Afrika entwickelten Memotechniken als historische Quellen akzeptiert und afrikanische Perspektiven sowie die Erkenntnisse ergänzender Disziplinen berücksichtigt.

Historische Entwicklungen

Wie auch in Europa haben sich in Afrika nicht alle Regionen mit der gleichen Geschwindigkeit und im gleichen Rhythmus entwickelt, ebenso wie sie nicht alle in demselben Maße externen Einflüssen unterstanden. Betrachten wir also die verschiedenen Regionen im einzelnen:

Nordafrika

Bereits seit der Antike in den Mittelmeerraum integriert, vermischte sich die Geschichte Nordafrikas über lange Zeit hinweg mit der Geschichte der europäischen und vorderasiatischen Mittelmeervölker. Griechisch oder römisch geprägte Zivilisationen haben sich auch im Norden Afrikas zur Blüte entfaltet.

Mit der islamischen Eroberung erlebte die Region einschneidende Veränderungen ihrer politischen und sozialen Strukturen ebenso wie ihrer kulturellen, religiösen und ethnischen Gefüge. Anfang des siebten Jahrhunderts war Nordafrika noch byzantinisch geprägt gewesen. Nach dem Sieg der Araber über die byzantinischen Armeen in Syrien im Jahr 636 begann die arabische Eroberung Nordafrikas in Ägypten, wo der Vertrag von Alexandria im Jahr 641 zwischen Amr Ibn al As, einem Gefährten des Propheten Mohamed, und dem Patriarchen Cyrus, dem letzten byzantinischen Gouverneur Ägyptens, die weitere Expansion nach Westen einleitete. Diese sollte ein halbes Jahrhundert (642-711) andauern. Die in Nordafrika lebenden Berber akzeptieren die mit der Eroberung einhergehende Islamisierung im Allgemeinen recht leicht, wenn sie auch zugleich eine Arabisierung der gesamten Region mit sich brachte. Kleinere Revolten richteten sich allein gegen einzelne politische Führer. In den folgenden zehn Jahrhunderten wendete sich Nordafrika von der christlichen Welt ab und dem islamischen Orient zu.

Nordost-Afrika

Im Mittelalter wurde der Nordosten Afrikas von zwei alten Staatenkomplexen geprägt, den nubischen und äthiopischen Königreichen. In Nubien entstanden im vierten Jahrhundert aus der Zersplitterung des antiken Reiches von Meroe drei Königreiche, das Reich Nobadia im Norden mit Ballana und ab 543 Faras als Hauptstadt, das Reich Makuria südlich von Nobadia mit der Hauptstadt Dongola und - weniger bekannt – das Reich Alwa oder Alodia mit der Hauptstadt Soba. Diese drei Staaten waren ab dem sechsten Jahrhundert christianisiert. Sie folgten zunächst dem Christentum orthodoxer Prägung, bevor sie sich in der Zeit nach der Eroberung Ägyptens durch die Araber der koptischen Lehre öffneten.

Zwischen 650 und 710 vereinigten sich Nobadia und Makuria zu einem einzigen Königreich, in dem das Christentum zur Staatsreligion erklärt wurde. Die Eroberung Ägyptens 641 durch die Araber brachte auch Nubien in Kontakt mit dem Islam, aber die Eroberungsversuche der ägyptischen Moslems in den Jahren 651 und 652 scheiterten am Widerstand der Nubier. Am Ende der religiösen Machtkämpfe stand ein Nichtangriffspakt, der baqt, in dem Ägypten die Unabhängigkeit Nubiens anerkannte und im Gegenzug einen jährlichen Tribut an Sklaven zugesprochen bekam. Diese Vereinbarung behielt die folgenden sechs Jahrhunderte ihre Gültigkeit. Nubien konnte sich nun voll entfalten. Vom Ende des achten bis zum neunten Jahrhundert erfuhren die nubischen Reiche einen ständigen Aufschwung, der sich vor allem in der Entwicklung ihrer Städte widerspiegelte. Ab dem zwölften Jahrhundert verschlechterten sich jedoch die Beziehungen zwischen Nubien und Ägypten zunehmend und die Region verlor an wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. Zur gleichen Zeit bevölkerten verstärkt arabische Nomaden das Gebiet des heutigen Ostsudans. Sie führten schließlich die nubischen Königreiche zwischen 1350 und 1504 in den Schoß des Islam.

In Äthiopien erfuhr im siebten Jahrhundert das Königreich von Aksum nach einer langen, strahlenden Periode schwierige Zeiten. Obwohl Äthiopien seit dem dritten Jahrhundert christianisiert war, gestalteten sich seine Beziehungen zum Islam von Anfang an weitgehend harmonisch; so dass sich einige Gefährten des Propheten Mohamed ab 615 sogar in den Landstrich flüchteten, um einer Verfolgung ihrer Gegner aus Mekka zu entgehen. Im achten Jahrhundert begannen sich die äthiopischen Könige jedoch gegen die islamische Expansion zur Wehr zu setzen. Zu diesem Zeitpunkt war das Reich bereits vollkommen von Muslimen eingekreist, im Norden von den ägyptischen Muslimen und vor allen Dingen im Osten, wo die Araber auf dem Roten Meer immer stärker die Seefahrt dominierten und bis an die äthiopische Küste vordrangen. Erst im 13. Jahrhundert konnte sich Äthiopien dank innenpolitischer Reformen unter den Herrschern der großen salomonischen Dynastie (1270-1527) erfolgreich gegen die islamischen Eroberungen zur Wehr setzen.

Die ostafrikanische Küste

Mit der Islamisierung Indiens wurden die Araber auch zu den Beherrschern des Indischen Ozeans und entwickelten sich zu Mittlern zwischen der afrikanischen und der asiatischen Welt. In den ostafrikanischen Handelsstädten Mogadischu, Kilwa, Sansibar, Pate, Mombasa und Sofala entwickelte sich aus dem Zusammentreffen afrikanischer, malaiischer, indonesischer, indischer und arabischer Einflüsse die suahelische Kultur. Städtisch und vom Handel geprägt, ist diese bis heute in der islamischen Religion verankert. Ihre Sprache verbindet Bantuelemente mit arabischen und iranischen Wörtern und hat eine Schrift auf der Basis arabischer Zeichen entwickelt.

Die westafrikanische Sudanzone

Es waren arabische Schriftsteller, die ab dem achten Jahrhundert über den "bilad es sudan", übersetzt als das Land der Schwarzen, die ersten Berichte verfassten. In dieser Region wechselten sich vom sechsten bis zum 16. Jahrhundert eine Reihe großer Reiche ab. Das erste dieser Reiche war Gana, nicht zu verwechseln mit dem heutigen Staat Ghana. Über die Ursprünge des Reiches ist bis heute nur wenig bekannt, eine Vermutung geht allerdings dahin, dass es im sechsten Jahrhundert von den Sarakolé gegründet wurde. Auf seinem Höhepunkt im zehnten Jahrhundert erstreckte sich Gana über ein immenses Territorium und wurde von einem Herrscher regiert, der gemeinsam mit anderen hohen Würdenträgern eine Zentralregierung bildete, während den einzelnen Vasallenstaaten eine gewisse Autonomie blieb.

Die großen sudanischen Reiche im zehnten Jahrhundert. (© Andrea Reikat)

Schriften arabischer Autoren weisen auf den Goldreichtum dieses Landes hin wie auch auf die Macht seines Herrschers, des Kaya Maghan, dem König des Goldes. Gana baute seinen Wohlstand auf diesem Edelmetall auf, welches die Basis für die Handelsbeziehungen zu den islamischen Ländern Nordafrikas bildete. Der Handel erfolgte mittels eines intensiven transsaharischen Karawanenverkehrs und öffnete gleichermaßen große Teile Westafrikas für die Islamisierung.

Im elften Jahrhundert beschleunigten die Almoraviden den Fall des Reiches Gana. Es handelte sich hierbei um eine islamische Bewegung der Berber, die zum einen politisch-ökonomische Ziele verfolgte, vornehmlich die Loslösung von der Dominanz Ganas und einen eigenständigen Zugang zu den Reichtümern des Transsaharahandels. In erster Linie waren die Motive der Almoraviden aber religiöser Natur, sie strebten eine Korrektur der in ihren Augen zu schwachen ersten Islamisierungswelle an und wollten einen orthodoxeren Islam einführen, der schlussendlich auch zu einem "djihad" gegen die Ungläubigen des Sudan führen sollte. Der Fall der Hauptstadt Koumbi Saleh im Jahr 1076 markiert das Ende der Ganaischen Vormachtsstellung in Westafrika. Es folgten anderthalb Jahrhunderte, in denen die ehemaligen Vasallenstaaten untereinander um die Vorherrschaft rangen; aus diesem Kampf ging schließlich im 13. Jahrhundert das Reich Mali als Sieger hervor. Zu seiner Glanzzeit überschritt der Einflussbereich Malis bei weitem den des alten Gana. Er reichte vom Kap Verde bis nach Agadez in der Sahara und von Südmauretanien bis zu den Waldgebieten der Guineaküste und umfasste große Städte wie Niani, zumindest zeitweise die Hauptstadt des Reiches, oder Djenne, Timbuktu und Gao.

Mali zeichnete sich dadurch aus, dass sein staatliches System auf der ersten verfassungsgebenden Versammlung beruhte, die jemals in Afrika stattgefunden hat. Im Jahre 1235 wurde die mündliche Verfassung in Kurukanfuga formuliert; der Zeitpunkt ihrer Verabschiedung gilt als die Geburtsstunde des malischen Staates. Die Verfassung regelte nicht nur die Nachfolge der Herrscher sondern auch die sozio-professionelle Ordnung der Völker, aus denen das Reich bestand.

Kankan Musa, Herrscher des Großreiches Mali, mit einer Goldkugel in der Hand als Zeichen seines Reichtums; abgebildet im katalanischen Weltatlas des Abraham Cresques 1375. (© Andrea Reikat)

In Folge der almoravidischen Bewegung prägte der Islam vor allem den Machtapparat sowie das Händlermilieu Malis, blieb aber dabei in erster Linie ein städtisches Phänomen. Über seine Grenzen hinaus ist Mali vor allem durch die Pilgerreisen einiger seiner Herrscher bekannt geworden. Unter diesen ist jene von Kankan Musa hervorzuheben. Es wird überliefert, dass der König auf dem Weg nach Mekka bei einem Zwischenaufenthalt in Kairo im Jahr 1324 so viel Gold ausgegeben habe, dass der Goldpreis bis nach Europa hinein über Jahre hinein deutlich sank. Zu dieser Zeit tauchte das Reich Mali auch erstmals auf den Weltkarten auf. Doch der Ruhm und Reichtum hielten nicht ewig. Schon ein Jahrhundert später war Mali in einem deutlichen Niedergang begriffen, in dessen Folge einer seiner ehemaligen Vasallenstaaten die Vorherrschaft in der westlichen Sudanzone übernahm: das Königreich Songhay mit seinem Zentrum in Gao. Unter der Herrschaft Sonni Ali Bers (1464-1492) wuchs das kleine Königtum von Gao zu einem mächtigen Reich heran. Dieses wurde zunächst von der Dynastie der Sonni geführt, einem stärker an traditionellen afrikanischen Religionen als am Islam ausgerichteten Herrschergeschlecht, welches in dieser Beziehung auch den in der Region vorherrschenden religiösen Dualismus repräsentierte. Allerdings wurde die Dynastie bereits im Jahr 1493 von einer stärker islamischen Herrscherlinie abgelöst, den Askia.

Die Askia herrschten zu ihrer Glanzzeit über ein Reich, das noch größer war als alle vorhergehenden und von der Atlantikküste bis nach Bornu reichte. Die Organisation Songhays war mit einer ausgeprägten Zentralisierung, einer absoluten Allmacht des Herrschers und einer ausdifferenzierten Spezialisierung der administrativen Würdenträger stärker ausgebildet als in den Vorgängerstaaten. Das bislang gewahrte Gleichgewicht zwischen traditionellen Glaubensvorstellungen und Islam wurde nun zugunsten des Islam aufgehoben, der somit praktisch zur Staatsreligion wurde. Songhay kannte eine kulturelle und intellektuelle Blüte ohnegleichen und war Heimat einer stark vom Islam beeinflussten, großen Kultur. Aber seine Reichtümer weckten auch Begehrlichkeiten und so beendete im Jahre 1591 eine marokkanische Invasion die Existenz dieses Staates.

Können die drei hier beschriebenen Staaten, begünstigt auch durch die außergewöhnlich gute Quellenlage, gewissermaßen als Aushängeschilder Westafrikas in der beschriebenen Epoche angesehen werden, so darf man doch jene anderen Staaten nicht vergessen, die sich zur gleichen Zeit in der Region sowie etwas weiter südwärts herausbildeten. Diese Staaten verfügten zum Teil bis in die Zeit der kolonialen Eroberung über einen großen Einfluss, welcher in einigen Fällen auch noch bis heute fortwirkt. Zu nennen sind hier in erster Linie die Mossi-Reiche (im Gebiet des heutigen Burkina Faso), die Haussa-Staaten Kano, Katsena und Kebbi, das Reich Kanem-Bornu am Tschadsee, die Stadtstaaten der Yoruba Oyo und Ife sowie das Königreich Benin (alle auf dem Gebiet im heutigen Nigeria gelegen).

Zimbabwe sowie die Bantu-Königreiche Kongo und des Mwene Mutapa

Über die Geschichte der Bevölkerungen südlich des äquatorialen Regenwaldes ist nur wenig bekannt. Nichtsdestotrotz legen vereinzelte riesige bauliche Anlagen Zeugnis von der Existenz großer staatlicher Gebilde ab. Hervorzuheben sind die gigantischen Steinkonstruktionen von Zimbabwe aus dem 12. Jahrhundert. Zimbabwe erlebte als Hauptstadt des Shona-Reiches und als Zentrum weitläufiger Handelsverbindungen eine mehr als drei Jahrhunderte währende Blütezeit. Von den Europäern im 19. Jahrhundert erstmals wahrgenommen, beschäftigten die Ruinen der Stadt über lange Zeit ihre Vorstellungskraft. Der Ideologie vom kulturlosen Afrikaner folgend, suchten europäische Wissenschaftler nach außer-afrikanischen Urhebern dieser Anlagen und lenkten mit ihren irrigen Annahmen die Forschungen über Staatenbildungen in Afrika insgesamt in eine falsche Richtung.

Wie weit die Geschichtsforschung im Hinblick auf Afrika auf die Erkenntnisse aus anderen Disziplinen, wie zum Beispiel der Archäologie, Linguistik oder Ethnologie angewiesen ist, wird implizit auch in der hier in Auszügen vorgenommenen Darstellung einer historischen Epoche des Kontinents deutlich. Dieser geschichtliche Abriss konzentrierte sich nicht deswegen weitgehend auf Nord- und Westafrika, weil hier die beiden Autorinnen beheimatet sind, sondern weil für diese Regionen die am weitesten zurückreichenden Quellen vorliegen und die Methodik interdisziplinärer Arbeit - mit einer kombinierten Analyse archäologischer Funde, schriftlicher Zeugnisse und mündlicher Überlieferungen unter Heranziehung sozialer und linguistischer Daten - als am weitesten vorangeschritten gilt. In weiten Teilen des Kontinents ist die Quellenlage und die Arbeitssituation wesentlich ungünstiger: So wissen wir über Zentralafrika nur, dass auch dort mächtige Reiche existierten. Zu erwähnen wären hier das Bantu-Königreich Kongo oder das Reich des Herrschers Mwene Mutapa. Genaue Chronologien oder eine Beschreibung der inneren Verhältnisse konnten für diese Staaten bislang nicht erstellt werden. Vor den Historikern liegt folglich noch eine weitläufige und intensive Forschungsarbeit, bis die Geschichte des Kontinents umfassend und weitgehend spekulationsfrei beschrieben werden kann.

Literatur

M´Bokolo, Elia: Afrique Noire: Histoire et Civilisations, vol. 1. Paris, Hatier 1995.

Ki-Zerbo, Joseph; UNESCO (Hrsg.): The General History of Africa, Vol. 3: El Fasil, Mohammed: Africa From the Seventh to the Eleventh Century, 1991

Ki-Zerbo, Joseph; UNESCO (Hrsg.): The General History of Africa, Vol. 4: Niane, D.T.: Africa From the Twelfth to the Sixteenth Century, 1984.

Ki-Zerbo, Joseph: Die Geschichte Schwarz-Afrikas, Frankfurt/M. 1984.

Reikat, Andrea (Hrsg.): Leben in Westafrika, Sonderforschungsbereich 268, Frankfurt/M. 2003.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die beschriebene zeitliche Periode entspricht weitgehend der des europäischen Mittelalters, also dem Zeitraum zwischen der römischen Epoche und der Neuzeit mit ihren technologischen, geographischen und ideologischen Errungenschaften. Da dieser Begriff anhand historischer Begebenheiten in Europa definiert wird und die Geschichte Afrikas ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgte, kann er streng genommen auf letztere keine Anwendung finden. Eine eigene Periodisierung gibt es im Hinblick auf Afrika nicht für diese Epoche. Ein Grund dafür mag die große Diversität der gesellschaftlichen Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent sein, die eine Unterordnung unter einen einheitlichen zeitlichen Begriff schwierig gestaltet. Die Frage eines eigenen Terminus wurde außerdem bisher noch nicht ausreichend thematisiert; viele der afrikanischen Historiker wurden in Europa ausgebildet und übernehmen die dortige Periodisierung teils auch kritiklos.

Dr. Denise Badini studierte Geschichte an der Universität Ouagadougou in Burkina Faso sowie an der Sorbonne in Paris. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die französische Geschichte im Mittelalter. Derzeit leitet Denise Badini das "Instituts für Geschichte und Archäologie" an der Universität Ouagadougou.

Dr. Andrea Reikat hat 2003 an der "Johann Wolfgang Goethe-Universität" in Frankfurt/M. habilitiert. Schwerpunkte ihrer Publikationen sind der transatlantische Sklavenhandel sowie die traditionellen politischen Systeme und die Geschichte Burkina Fasos. Derzeit ist sie Privatdozentin in Frankfurt/M. sowie Lehrbeauftragte an der Universität Ouagadougou in Burkina Faso.