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Naturraum, Klima und natürliche Ressourcen | Afrika | bpb.de

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Naturraum, Klima und natürliche Ressourcen

Konrad Schliephake

/ 14 Minuten zu lesen

Bis heute hat sich Afrika einen Großteil seiner natürlichen Vielfalt bewahrt. Eine Bandbreite an Klimazonen und Ökosystemen begünstigt einen tierischen und pflanzlichen Artenreichtum, der in dieser Ausprägung in kaum einer anderen Region der Erde zu finden ist. Sie schufen auch Bedingungen für den Anbau einer breiten Palette an Nahrungsmitteln, Genussmitteln und landwirtschaftlichen Rohstoffen. Hinzu kommen zahlreiche mineralische Bodenschätze, die für die industrielle Produktion von großer Bedeutung sind.

Auszug aus:
Informationen zur politischen Bildung (Heft 264) - Naturraum, Klima und natürliche Ressourcen

Kulturelle und räumliche Vielfalt

Alle bisher gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse weisen darauf hin, daß der Mensch in seiner heutigen Erscheinungsform erstmals in Afrika südlich der Sahara, genauer in Ostafrika, auftrat. Diese Region gleicht zwar nicht dem Garten Eden, bot aber anscheinend in ihrer klimatischen und geographischen Beschaffenheit optimale Bedingungen für die Entwicklung des homo sapiens sapiens.

Bis heute hat sich Afrika einen Großteil dieser natürlichen Vielfalt bewahrt. Eine große Bandbreite an Klimazonen und Ökosystemen begünstigt einen tierischen und pflanzlichen Artenreichtum, der in dieser Ausprägung in kaum einer anderen Region der Erde zu finden ist. Sie schufen auch Bedingungen für den Anbau einer breiten Palette an Nahrungsmitteln, Genußmitteln und landwirtschaftlichen Rohstoffen. Hinzu kommen zahlreiche mineralische Bodenschätze, die für die industrielle Produktion von großer Bedeutung sind. Der Beitrag über die natürlichen Ressourcen Afrikas stellt diesen Reichtum des Kontinents dar. Er wirft auch die Frage auf, warum trotz dieses Reichtums Afrika in Bezug auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung nach wie vor hinter den meisten anderen Weltregionen zurückhängt – ohne diese Frage beantworten zu können. Diese Aufgabe kann nur annäherungsweise in der Gesamtschau der Beiträge dieses Hefts bewältigt werden.

Afrika weist allerdings nicht nur eine große Naturvielfalt auf, sondern eine fast entsprechende Variationsbreite an Sprachen und Kulturen. Sie stellt jene, die versuchen, sie zu klassifizieren und zu kategorisieren, vor kaum lösbare Probleme. Dennoch erlauben gewisse Gemeinsamkeiten Verallgemeinerungen im Hinblick etwa auf Sprachgruppen und kulturelle Eigenheiten, die im Kapitel Sprachen und Kulturen vorgenommen werden.

Naturraum, Klima und natürliche Ressourcen

TABELLE Afrikas Vielfalt ist nicht in der Kürze zu erklären. Jeder der 55 Staaten auf 30 Millionen Quadratkilometern ist durchschnittlich 545000 Quadratkilometer oder 1,5mal so groß wie Deutschland. Inselkleinstaaten von wenigen Quadratkilometern stehen Riesen wie der Sudan mit 2,5 Millionen Quadratkilometern gegenüber, der von der Vollwüste bis zum tropischen Regenwald, von der Korallenküste bis zum Hochgebirge, von Reichtum bis zu bitterer Armut reicht. Afrika ist daher nicht mit Schlagworten zu beschreiben und nicht mit Patentrezepten zu entwickeln. Eine kleinräumliche Betrachtung in der Verknüpfung zwischen naturräumlicher Ausstattung, der Inwertsetzung durch die verschiedenen Völkergruppen und dem wirtschaftlichen Entwicklungspotential ist zum Verständnis notwendig. TABELLE

Geologischer Aufbau

Der afrikanische Kontinent driftet seit circa 150 Millionen Jahren schrittweise vom großen Südkontinent ("Gondwanaland") ab und hat sich erst von den Landmassen Südamerikas, dann von Indien getrennt. Seit circa fünf Millionen Jahren bricht das Rote Meer ein und grenzt zumindest teilweise Afrika von Vorderasien und der Arabischen Halbinsel ab. Dieser Graben zieht sich weiter nach Süden und ist Ursache für die grandiosen Vulkan- und Grabenlandschaften Ostafrikas mit den höchsten Bergen Kilimand-scharo (5895 Meter) in Tansania, dem Mount Kenia (5200 Meter) und dem Ruwenzori (5109 Meter) in Uganda. Die tektonischen Bewegungen halten an. Dabei drückt die afrikanische Platte nach Norden und hat mit dem nordafrikanischen Atlasgebirge einen (erdgeschichtlichen) Teil Europas an sich geschweißt.

Der Großteil der afrikanischen Platte besteht aus den ältesten Gesteinen noch ohne Lebensspuren (Präkambrium), die zum Teil in den Becken mit jüngeren Ablagerungen überdeckt sind. Wo vulkanische Massen ausgeflossen sind, finden wir bei entsprechenden klimatischen Bedingungen äußerst fruchtbare Böden wie in Teilen des zentralen und östlichen Afrikas einschließlich des äthiopischen Hochlandes.

Den übrigen Bereichen der alten Platten fehlen die von den Nutzpflanzen benötigten Mineralien (Kalk, Stickstoff). Tropische Regenwälder überspielen diese Probleme durch einen intensiven internen Nährstoffaustausch. Bei Bildung von Eisenkrusten ("Lateritisierung") und anderen Bodenkonkretionen (chemischen Gesteinsverbackungen) wird aus vermeintlich üppigem Regenwald schnell eine öde Elefantengrassteppe.

Trotz des recht einheitlichen geologischen Aufbaus ist der Kontinent vielgestaltig. Im äußersten Norden (Rif-/Atlasgebirge) und dem äußersten Süden (altes Faltengebirge mit erzreichen Formationen), den Bereichen der Ablagerungen des Erdmittelalters (Jura – mit den Erdölvorkommen des arabischen Maghreb, mit dem Kongo- und Guineabecken) und tiefgründiger ehemaliger tropischer Verwitterung (Bauxit der Guineaschwelle, Phosphate in Marokko, Togo, Senegal) ist er reich an nutzbaren Mineralien.

Klima

Die klimatischen Bedingungen der tropischen und subtropischen Gebiete werden von der Lage beidseits des Äquators bestimmt, wo große jahreszeitliche Schwankungen nicht vorkommen. Im Gegensatz dazu haben die Randzonen des Nordens und des Südens ausgeprägte Jahreszeiten mediterranen Typs mit kalten Wintern (im Süden Sommern), Schnee in höheren Lagen und heißen Sommern bzw. auf der Südhalbkugel Wintern. Beidseits des Äquators erstreckt sich ein Gürtel mit ganzjährig hohen Niederschlägen, die an der Oberguineaschwelle, im Kongobecken und seinen Rändern 3000 Millimeter pro Jahr überschreiten können. Das gleiche gilt für den Ostteil der Insel Madagaskar.

Diesen Feuchtgebieten steht rund um den Nördlichen Wendekreis (etwa 23. Breitengrad) die Sahara als größte Wüste der Welt gegenüber, wo es an Orten wie Kufra (Libyen) oder Assuan (Ägypten) oft mehrere Jahre überhaupt nicht regnet. Unter dem Einfluß des wachsenden Nutzungsdruckes, resultierend aus zunehmender Bevölkerung, hat sich der ursprünglich für den Menschen sehr günstige Steppenraum südlich der Sahara als besonders labil herausgestellt.

Trotz im langjährigen Mittel durchaus ausreichender Regenfälle gibt es hier für die Bewirtschaftung gefährliche Niederschlagsschwankungen. Die Menschen reagierten darauf bei anhaltendem Bevölkerungsdruck mit einer Intensivierung von Ackerbau und Tierhaltung. Dies führte zu einer Zerstörung der natürlichen Vegetation und Verschlechterung des Kleinklimas mit dem Resultat des in den 1970er Jahren schlagwortartig geprägten "Desertifikationsprozesses", der permanenten Ausbreitung von Wüsten. Die Sahara wanderte zwar nicht nach Süden, aber die Zerstörung der natürlichen Vegetation und der an sich schon labilen Böden durch den Menschen ließen Wüstensteppen entstehen, die sich nur langsam regenerieren.

Eng mit den geomorphologischen und klimatischen Bedingungen hängen die großen Ströme Afrikas zusammen. Der weltweit Längste ist der Nil mit einem Lauf von 6671 Kilometern, davon ein Drittel als "Fremdlingsfluß" ohne jeden Zufluß durch die nubische und ägyptische Wüste, der zehn Prozent des Kontinents entwässert. Von Einzugsgebiet (3,8 Millionen Quadratkilometern) und Abflußmenge noch bedeutsamer ist der 4375 Kilometer lange Kongo/Zaire, der das Kongobecken mit Niederschlägen bis zu 4000 Millimetern pro Jahr entwässert. Von der extrem feuchten Oberguineaschwelle über den Nordrand der Sahara (Timbuktu) bis in sein feucht-tropisches Delta am Golf von Guinea verbindet der 4160 Kilometer lange Niger die ganze Vielfalt der afrikanischen Landschaftszonen.

Auch die Flüsse des Südens wie Sambesi (2660 Kilometer) und Oranje (2100 Kilometer) sind jeweils doppelt so lang wie beispielsweise der Rhein als längstes mitteleuropäisches Gewässer.

Vegetation und Tierwelt

Die natürliche Vegetation ist entsprechend den klimatischen Bedingungen bzw. Höhenstufungen in Zonen angeordnet. Den Regenwald der immerfeuchten Tropen beidseits des Äquators bestimmen bei über 2000 Millimeter Niederschlag immergrüne, oft über 50 Meter hohe tropische Laubbäume mit hohem Artenreichtum, die zum Teil als "Tropenhölzer" wertvoll sind (Ebenholz, Okoumé, Limba, Sapeli, Teak). Epiphyten (Orchideen, Farne) und Lianen suchen sich dazwischen Nischen. Besondere Waldformen haben sich in den Hochländern Äthiopiens und Madagaskars entwickelt, sie sind heute überwiegend gerodet. In der nördlich, östlich und südlich angrenzenden wechselfeuchten Savanne (1000 bis 2000 Millimeter Niederschlag) bestimmen Trockenzeiten bereits teilweise den Laubwurf der lichteren und artenärmeren Wälder, die heute zum Teil von Kulturpflanzungen (Ölpalme, Kakao, Kaffee) durchsetzt sind.

Die größten Flächen neben den Wüsten nehmen die Trocken- und Dornsavannen ein (500 bis 1000 Millimeter Niederschlag), wo die trockenen Monate überwiegen. Wo es noch feucht genug ist, kann der Baobab (Affenbrotbaum) als Charakteristikum bezeichnet werden, daneben gibt es vielfältige Akazienarten. Starke Beweidung und Feuer (zum Beispiel Abbrennen durch Bauern und Hirten, Blitzeinschlag) lassen oft nur noch eine resistente Dornbuschvegetation und Reste des Grasbewuchses im Sahel ("Ufer" der Sahara) übrig. Der Übergang zur Halbwüste und Wüste Sahara mit Akazien, Tamarisken und der Palme als Wild- und Nutzpflanze ist gleichzeitig der Übergang vom (alt-)tropischen zum holarktischen, das heißt auch zum in Europa und im mittleren Asien üblichen Florenreich. Koniferen (Nadelhölzer) wie Zeder und Aleppokiefer sowie Laubbäume wie Stein- und Korkeiche markieren im mediterranen Maghreb nördlich der Sahara bei Niederschlägen über 300 bis 400 Millimeter die natürliche Vegetation, die heute bis auf die Gipfelfluren der Gebirge zerstört oder durch Beweidung zu Buschwerk (Macchie) degradiert ist.

Dem Florenreich der altweltlichen Tropen (über Indien bis nach Südostasien ziehend) steht im äußersten Süden das eigenständige Reich des Kapgebietes gegenüber, bestimmt unter anderem von Heidekraut und Palmfarmen. Es liefert eine Fülle von Zierpflanzen wie Amaryllis, Fresien, Strelitzien und Sanseverien.

Die großen natürlichen Vegetationszonen haben an der Fläche des afrikanischen Kontinents (ohne Inseln) ungefähr einen Anteil wie folgt: Wüsten 35 Prozent; Trockensavannen und Grassteppen 31 Prozent; Feuchtsavannen 21 Prozent; Tropischer Regenwald 11 Prozent; Mediterrane Hartlaubgehölzer zwei Prozent.

In den Staaten südlich der Sahara ist aktuell noch ein Drittel der Fläche mit Wald bedeckt, der ursprünglich einmal für den größten Teil (außer dem circa 2,5 Millionen Quadratkilometern großen Sahara-Anteil der westafrikanischen Länder) die natürliche Vegetation war. Nach Berechnungen der Weltbank reduzierten sich seine Flächen im subsaharischen Afrika in der ersten Hälfte der neunziger Jahre jährlich um 0,2 Prozent mit maximalen Ausprägungen in Westafrika von 1,1 Prozent und in Ostafrika von 0,65 Prozent. Bei einem Anhalten der derzeitigen Rodungen von knapp 10000 Quadratkilometern pro Jahr wird in Westafrika in 25 Jahren über ein Viertel der noch bestehenden Wälder vernichtet sein.

Die Welt braucht die tropischen und subtropischen Regenwälder zur Absorption ihrer CO-(Kohlenmonoxid-) und CO2-(Kohlenstoffdioxid-)Produktion (jeder Quadratmeter tropischer Regenwald bindet 800 bis 1000Gramm Kohlenstoff jährlich) und als "genetische Schatzkammer".

Die reiche afrikanische Tierwelt ist bis heute faszinierend. Die tropischen Regenwälder beherbergen Flußpferde, Okapis ("Waldgiraffe"), Waldelefanten und Menschenaffen (Schimpansen, Gorillas in den Bergwäldern Zentralafrikas) ebenso wie eine Vielzahl von erst teilweise klassifizierten Vögeln, Lurchen, Fischen und Insekten. Die offenere Feucht- und Trockensavanne ist die eigentliche Heimat der Großsäugetiere wie Elefanten, Löwen, Leoparden, Büffel, Giraffen, Zebras und Antilopen, aber auch der Krokodile, Schlangen (beispielsweise Python) und Laufvögel (beispielsweise Strauß), die vor Verfolgung und Vertreibung durch Jäger und Bauern in Nationalparks und Reservaten geschützt werden sollen.

Neben diesem eigentlichen afrikanischen Tierreich und der mediterranen Region (bis zur Sahara) steht eigenständig das Tierreich Madagaskars unter anderem mit den nur dort vorkommenden Halbaffen (Lemuren).

Afrikas Tiere können auch zerstörerisch und krankheitsübertragend sein. Die Einheimischen versuchen oft, sie zurückzudrängen und zu reduzieren. Die Natur schickt ihnen genügend "Plagen" wie die Wanderheuschrecken (im Osten), Wanderameisen und holzfressende Termiten, aber auch eine Fülle der tropischen Krankheiten wie Malaria, Gelbfieber, die durch die Tsetsefliege übertragene Schlafkrankheit (die Großviehhaltung unmöglich macht) oder Bilharziose.

Rohstoffe

Der Kolonialismus erschloß sich Afrika als Rohstofflieferant. Gold aus Südafrika, Phosphate aus dem Maghreb, Chrom und Kupfer von den Südrändern des Kongobeckens (Kupfergürtel) hatten zwischen den beiden Weltkriegen eine dominierende oder zumindest bedeutende Stellung auf dem Weltmarkt. Eisenbahn und Siedlungsstruktur orientierten sich an ihren Standorten insbesondere im südlichen (Johannesburg) und nordwestlichen Afrika. In vielen Staaten sind Bergbau und Export von mineralischen Rohstoffen auch heute noch Devisenbringer und Haupt-wenn nicht einzige industrielle Aktivität.

Wenn auch wertvolle Rohstoffe (Gold, Edelsteine) oft nicht in den Handelsbilanzen der Staaten auftauchen, läßt sich doch das Erdöl als wichtigstes Exportprodukt Afrikas (42 Prozent aller Exporte) bezeichnen, gefolgt von Gold, Diamanten und Metallerzen mit insgesamt 14,5 Prozent. Eine den Weltmarkt beeinflussende oder gar beherrschende Stellung haben afrikanische Länder nur bei wenigen Bodenschätzen wie Phosphat, wo Marokko ein Drittel des Weltaußenhandels bestreitet, bei Mangan (80 Prozent der Weltvorräte in Südafrika), Chrom (90 Prozent in Südafrika und Simbabwe), Kobalt und teilweise Bauxit (40 Prozent in Guinea, Ghana und Sierra Leone). Bedeutsam sind die Kohlevorräte Südafrikas und Simbabwes mit 25 Prozent der Weltreserven sowie die hydroenergetischen Ressourcen, die ein Drittel des Weltpotentials ausmachen sollen und heute erst teilweise genutzt sind (größte Kraftwerke an den Stauseen von Assuan/Nil, Cabora Bassa/Sambesi, Akosombo/Volta).

Während bei Erzen und Kohle noch keine Erschöpfung der Vorräte abzusehen ist, wird dies für Erdöl bereits sichtbar. Afrika hat einen Anteil von 6,6 Prozent an den Weltreserven (davon Libyen: 43 Prozent der afrikanischen Reserven, Nigeria: 23 Prozent, Algerien: 14 Prozent, Angola: acht Prozent); der Erdteil erbringt aber 10,5 Prozent der Welterdölförderung. Das bedeutet eine Lebensdauer der (bekannten) Reserven beim derzeitigen Förderrhythmus von 28 Jahren; der Weltdurchschnitt beträgt 44 Jahre. Besonders Nigeria (hypothetische Lebensdauer der Vorräte: 21 Jahre) und Ägypten (11 Jahre) könnten in absehbarer Zeit von Exporteuren zu Importeuren werden. Afrika hat die Vermarktung seiner Rohstoffe vorerst bitter nötig. In 17 Staaten mit 40 Prozent der Bevölkerung wird der Export zu mehr als der Hälfte von mineralischen Rohstoffen bestimmt, in weiteren 29 Staaten mit 41 Prozent der Bevölkerung sind es agrarische Rohstoffe.

Nur wenige Staaten nutzen Rohstoffe als Auslöser für die industrielle Entwicklung. Dazu gehören die Maghrebländer und Ägypten mit Petrochemie und Kunstdüngererzeugung (Rohstoffe: Phosphat bzw. Erdgas), Südafrika mit Metallurgie (Stahl, Edelmetalle) und die Elfenbeinküste mit Lebensmittelverarbeitung (Speiseöl, Kaffee). Afrika bleibt Lieferant für die Staaten der Nordhalbkugel einschließlich der ostasiatischen Industrieländer mit ihrem Bedarf nach Energie, Edelmetallen und "Kolonialwaren".

Landwirtschaft

Die auf den ersten Blick für die agrarische Produktion günstig erscheinenden Savannengebiete sollten während der Kolonialzeit Europa mit "tropischen Produkten" versorgen. Soweit ist es bis heute im Rahmen der weltweiten Arbeitsteilung nur teilweise gekommen. Bei Kaffee, der aus seiner Heimat Äthiopien im 17. Jahrhundert nach Südamerika und Südasien gebracht wurde, erzeugen das Heimatland und Länder wie Uganda, Elfenbeinküste und Kenia heute noch circa 16 Prozent der Weltproduktion. In der Gegenrichtung brachten Pflanzer den Kakaobaum aus dem mittleren Südamerika nach Afrika, von wo heute vor allem aus Elfenbeinküste, Ghana und Nigeria 60 Prozent der Welterzeugung (1976: 70 Prozent) stammen. Die Erdnuß- (22 Prozent der Weltproduktion aus Afrika, unter anderem Senegal) und Ölpalmenpflanzungen (29 Prozent, Nigeria) haben ihre Bedeutung gegenüber Sojaölen und Pflanzungen in Südasien und Südamerika verloren.

Die afrikanischen baumwollproduzierenden Länder wie Ägypten (315000 Tonnen pro Jahr) und Sudan (63000 Tonnen), deren Außenhandel zum Teil sogar von der Baumwolle bestimmt wird (Tschad, Mali, Benin, Burkina Faso), leiden unter schwacher Nachfrage, weiten Wegen zum Verbraucher und Qualitätsschwankungen. Für einzelne Länder interessante agrarische Exportprodukte sind daneben Ananas (20 Prozent der Weltexporte; Elfenbeinküste), Zitrusfrüchte (elf Prozent; Marokko, Ägypten), Tee (21 Prozent; Kenia), Tabak (15 Prozent; Malawi, Simbabwe), Zucker (neun Prozent; Mauritius, Réunion) und Vanille (56 Prozent; Mauritius, Komoren).

Der kolonialzeitliche Aufbau von agro-industriellen Monokulturen, Mißwirtschaft und eine "galoppierende Demographie" sind einige der Ursachen dafür, daß sich die Mehrzahl der afrikanischen Länder heute nicht mehr selbst ernähren kann. Vom Grundnahrungsmittel Getreide (alle Sorten) mußte 20 Prozent des Verbrauches Mitte der neunziger Jahre importiert werden. 54 Prozent der Länder führen heute mehr landwirtschaftliche Produkte (einschließlich Holz und Fischerei) ein, als sie ausführen. Trotzdem bleibt Afrika ein vom primären Sektor geprägter Kontinent. 57 Prozent der circa 800 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner (Schätzung, 1999) leben ebenso wie die Asiaten von der Landwirtschaft (Weltdurchschnitt: 45 Prozent).

Landwirtschaftliche Nutzflächen und Bevölkerung sind äußerst ungleichmäßig verteilt. Die detaillierte Analyse räumt mit der Vorstellung auf, daß das mittlere Afrika überwiegend bewaldet sei. Lediglich in Zentralafrika, das heißt im wesentlichen im Kongobecken, bedeckt der Wald mehr als 50 Prozent der Landfläche. Im Maghreb, den Nilländern und dem Norden der westafrikanischen Staaten (insbesondere Mauretanien, Mali, Niger) herrschen Wüste und Wüstensteppe, auch die ausgewiesenen "Dauerweiden" sind eher kümmerliche Steppen, die in der Regel wegen geringer Niederschlagsmengen oder aus morphologischen Gründen nicht zum Ackerland taugen.

Die Formen der landwirtschaftlichen Produktion sind ebenso vielfältig wie der Kontinent. Im mittelmeerischen Raum bestimmen marktorientierte Familien-, teilweise auch ehemalige Kolonial- und heutige Staatsbetriebe (Algerien, Libyen) mit Getreideproduktion und Baumkulturen (Oliven, Zitrus) das Bild. Für die Sahara und ihre Randgebiete (einschließlich ägyptisches Niltal) sind die Oasen mit gartenbauartigen Kulturen charakteristisch, deren Bewässerung (Brunnen, Kanäle, Leitungssysteme zum Beispiel des Großen Künstlichen Flusses in Libyen) zunehmend von Menschen- und Tierkraft auf Motorpumpen umgestellt wird. Während traditionelle Oasen verfallen, produzieren Großbetriebe mit Beregnungsanlagen Weizen, Viehfutter, Baumwolle (Ägypten, Sudan) und Gemüse.

Die Savannen des Sahelraumes prägen Hirse-, Erdnuß- (Senegal) und Baumwollanbau kleinbäuerlicher, zum Teil genossenschaftlich organisierter Betriebe. Die intensive Weidetierhaltung (Ziegen, Rinder), insbesondere zur Fleischversorgung in den Feuchtsavannen und Regenwaldregionen (dort ist wegen der Tiere befallenden Form der Schlafkrankheit keine Großviehhaltung möglich), bringt zwar wichtige Exporterträge (Burkina Faso, Niger), zerstört jedoch die natürliche Vegetation nachhaltig. In den Feuchtsavannen und tropischen Regenwäldern gab es traditionell Brandrodungsanbau von Knollenfrüchten (Yams, Maniok) sowie Sammelwirtschaft. Das Potential nutzen heute inselartig Plantagen, die insbesondere Palmöl (Nigeria), Kakao (Elfenbeinküste), Bananen und Kautschuk, daneben in höheren Lagen durch kleinbäuerliche Betriebe Kaffee erzeugen (Ruanda, Burundi, Uganda). So leben in Zentral- und Ostafrika noch 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft, die überwiegend mit nur geringem Marktanschluß dem eigenen Lebensunterhalt dient.

Die für das südliche und östliche Afrika früher charakteristischen europäischen Großfarmen sind in Kenia und Tansania (Kaffee, Sisal) sowie den ehemaligen portugiesischen Gebieten weitgehend auf einheimische, oft genossenschaftliche Betriebe aufgeteilt worden. In Simbabwe (Mais), Malawi (Tabak) und der Republik Südafrika (Mais, Zucker, Tabak, Obst, Wein) funktionieren sie bis heute als agro-industrielle Großbetriebe und erzeugen große Teile des landwirtschaftlichen Exportes. Eine Sonderstellung nehmen das Hochland von Äthiopien mit seiner altansässigen seßhaften bäuerlichen Kultur (Getreide, Kaffee) und Madagaskar mit Reiskulturen sowie traditioneller Großviehhaltung ein.

Afrikas Landwirten mangelt es nicht an Fläche: Pro Einwohner gibt es heute 0,25 Hektar Nutzfläche. Dies entspricht dem Weltdurchschnitt, und die Möglichkeiten zum landwirtschaftlichen Ausbau sind gegeben, wenn Organisation, Vermarktung und politische Stabilität erreicht werden.

Ernährung

Berechnungen zum Kalorienwert der Ernährung ließen in den achtziger Jahren den Begriff vom "Hungerkontinent" auftauchen, Bildreportagen und Spendenaktionen taten ein Übriges dazu. Es gab und gibt Hungerkatastrophen in Regionen, wo der Nutzungsdruck einer schnell wachsenden, weiterhin überwiegend für den Eigenbedarf wirtschaftenden Bevölkerung die natürlichen Ressourcen (Bodensubstrat, Grundwasser, natürliche Vegetation) zerstört hat.

Dies geschah im Sahel (Trockensavanne im Übergang zur Sahara) in den siebziger und achtziger Jahren und geschieht heute dort, wo Konflikte – oft um die Teilhabe an eben jenen Ressourcen – Bevölkerungsgruppen entwurzeln und vertreiben.

Afrikas Nahrungsmittelproduktion insgesamt lag Anfang der neunziger Jahre mit durchschnittlich 2382 verfügbaren Kalorien pro Einwohner und Tag tatsächlich unter dem Weltdurchschnitt von 2711 Kalorien. Doch Nordafrika, die Nilländer und der Süden zeigten mit 2900 bis 3000 Kalorien einen deutlich höheren Wert, dagegen Zentral- und Ostafrika mit 1970 beziehungsweise 1975 Kalorien einen sehr viel geringeren.

Besorgniserregend ist eher, daß der Ausbau der Nahrungsmittelproduktion nicht mit dem Bevölkerungswachstum des Kontinents von derzeit 2,85 Prozent pro Jahr (West- und Ostafrika: 3,4 Prozent bzw. 3,1 Prozent) Schritt hält. Die Pro-Kopf-Lebensmittelproduktion sank von 1989/91 (100 Indexpunkte) bis 1995 auf 95 Punkte. Die afrikanische Entwicklung verläuft regional ganz verschieden. Staaten, die jahrelang ihre Landwirtschaft vernachlässigten, wie Algerien und Nigeria, zeigen ebenso wie einige in den letzten Dekaden als "fast hoffnungslos" eingestufte Fälle (Tschad, Burkina Faso, Guinea, Sudan) absolutes und relatives Wachstum, in anderen öffnet sich die Schere zwischen Bevölkerungswachstum und Lebensmittelproduktion weiter.

Alle makroökonomischen Daten enthalten regionale Informationen, die wesentlich vielschichtiger sind. Sicherlich gibt es Armutsgegenden, wo meist durch äußere Einflüsse lokale Produktion und Warenaustausch zusammengebrochen sind. In einigen Gebieten zerstören Bevölkerungsdruck, mangelnde Alternativen und vielleicht Unwissenheit von neu zugewanderten Gruppen schonungslos die natürlichen Ressourcen. Doch wer einen Bauern oder eine Bäuerin in Afrika im liebevollen Umgang mit Boden und Pflanzen, in intimer Kenntnis von Klima und Wasser, in findiger Anwendung traditionellen Wissens und moderner Innovationen wirtschaften sieht, wer die afrikanischen Märkte mit ihrer Vielfalt kennt, wer die Lebensfreude und Bildungswilligkeit der Menschen in allen Regionen Afrikas sieht, dem kann nicht bange werden: Afrika ist anders, und es ist vielfältig.

QuellentextWiege der Menschheit

1974 machte ein Team britischer Paläontologen nahe des äthiopischen Hadar-Tals einen sensationellen Fund: das mehr als dreieinhalb Millionen Jahre alte Skelett eines affenähnlichen Wesens, das auf zwei Beinen ging. Über viele Jahre hinweg bestand die Hoffnung, mit „Lucy“ – wie das Wesen, dem die Gebeine gehört hatten, genannt wurde – sei das missing link, das fehlende Verbindungsglied zwischen Mensch und Affe gefunden worden. Diese Hoffnung wurde zunichte gemacht, als der Schädel dieser Gattung aus zahlreichen Funden von Schädelfragmenten rekonstruiert worden war: Das geringe Gehirnvolumen war eindeutiger Beleg dafür, daß mit Lucy nicht das missing link, sondern „nur“ ein aufrecht gehender Menschenaffe gefunden worden war. Die australopithecus afarensis genannte Gattung markiert dennoch einen wichtigen Schritt in der Entwicklungsgeschichte zum zweibeinigen modernen Menschen.

Weitere spektakuläre Entdeckungen in Äthiopien, Kenia und Südafrika haben zwar noch immer nicht zu einer eindeutigen Identifizierung des fehlenden Verbindungsgliedes geführt. Sie haben aber eines deutlich werden lassen: Die Trennung der Stammbäume von Menschenaffen und Mensch muß in Afrika stattgefunden haben. Vor allem stammen die ältesten Funde des homo erectus (lat. „aufgerichteter Mensch“), nach bisherigen Erkenntnissen Stammvater des homo sapiens sapiens (so lautet die lateinische Bezeichnung der heute lebenden Menschen), aus Afrika. Sie werden auf ein Alter von etwa 1,8 Millionen Jahren geschätzt.

Konsens besteht weitgehend darüber, daß homo erectus von Afrika aus andere Teile der Welt besiedelt hat. Fundorte dieser Gattung sind über fast alle Kontinente verteilt. Umstritten ist wiederum, ob sich dann auf der Basis von homo erectus Gruppen der Spezies homo sapiens sapiens, des modernen Menschen, in verschiedenen Regionen parallel zueinander entwickelt haben oder ob der Ursprung dieser Gattung erneut alleine in Afrika liegt. Von dort aus, so die Verfechter der letzteren These, habe homo sapiens sapiens schrittweise andere Weltregionen erobert und dabei andere Vormenschenarten verdrängt. Die Tatsache, daß die frühesten Funde von homo sapiens sapiens in Afrika auf mehr als 120000 Jahre zurückdatiert werden können, die im Nahen Osten auf etwa 100000 Jahre, die in Australien auf 50000 bis 60000 Jahre, die in Europa auf circa 35000 Jahre und die in Amerika auf etwa 12000 Jahre, spricht da- für, daß die Wiege der Menschheit in Afrika gestanden hat.

Stefan Mair

Fussnoten