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Die digitale Kluft überwinden | Afrika | bpb.de

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Die digitale Kluft überwinden Informations- und Kommunikationstechnologien in Afrika

Carsten Friedland

/ 4 Minuten zu lesen

Der Begriff der digitalen Kluft entstand Mitte der 1990er Jahre. Er beschreibt den ungleichen Zugang verschiedener Bevölkerungsgruppen zu Informations- und Kommunikationstechnologien - im nationalen, regionalen und internationalen Vergleich. Jenseits der rasanten technologischen Fortschritte bleibt demnach einer großen Anzahl von Menschen der Zugang zu diesen Technologien und den damit verbundenen Möglichkeiten verwehrt.

IT-Expertin in einem SAP Forschungslabor in Pretoria/ Südafrika (© Carsten Friedland)

Afrika und die digitale Kluft: Fakten und Hintergründe

Der Begriff der digitalen Kluft entstand Mitte der 1990er Jahre und beschreibt den ungleichen Zugang verschiedener Bevölkerungsgruppen zu Informations- und Kommunikations-Technologien (IKT) im nationalen, regionalen und internationalen Vergleich. Die Formulierung steht für die Annahme, dass jenseits der rasanten technologischen Fortschritte einer großen Anzahl von Menschen der Zugang zu diesen Technologien und den damit verbundenen Möglichkeiten verwehrt bleibt.

Afrika verzeichnet im weltweiten Vergleich einen merklich eingeschränkten Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien. So steht südlich der Sahara nur rund fünf Prozent der Bevölkerung ein Festnetz- oder Mobiltelefonanschluss zur Verfügung. Ähnlich niedrige Zugangszahlen gibt es ansonsten nur noch im Pazifik und in Südasien. Gleichzeitig existieren gewaltige Unterschiede innerhalb Afrikas: Während in Nordafrika um die 15 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger einen Telefonanschluss besitzen, gehören Länder wie Botswana mit 37 Prozent oder Südafrika mit 41 Prozent zu den Spitzenreitern des Kontinents und liegen um ein vielfaches über dem gesamtafrikanischen Durchschnitt von ungefähr acht Prozent. Die eingesetzten Technologien unterscheiden sich auch zum Teil erheblich. Während die Satellitenübertragung in nordafrikanischen Ländern für das Fernsehen eine wichtige Rolle spielt, hat sie in vielen Ländern südlich der Sahara kaum eine Bedeutung.

Anschlüsse pro Einwohner (2003) (© itu/bpb)

Es ist anzunehmen, dass sich die verschiedenen Ausprägungen der digitalen Kluft erheblich in dem Maße vergrößern, in dem Informationen und ihre Übertragung weltweit an Bedeutung gewinnen. Immer mehr Wirtschaftszweige beschäftigen sich vornehmlich mit dem Sammeln sowie der zeitnahen Verarbeitung von Informationen. Selbst in herkömmlichen Unternehmen finden moderne Technologien zahlreiche Anwendungen, beispielsweise durch den Vertrieb von Produkten über das Internet. Die negativen Folgen für die marktwirtschaftliche Aufstellung der von der digitalen Kluft betroffenen Länder sind daher beträchtlich.

Die Überwindung der digitalen Kluft: Trends und Chancen

Computerarbeiten am Zentrum für Forstwirtschaft S. Felipe in Cabo Verde, Senegal. (© FAO/14086/Ch. Errath)

Die Metapher der digitalen Kluft erinnert an die Notwendigkeit wie auch an die Möglichkeiten ihrer Überbrückung durch einen verstärkten Wissens- und Erfahrungsaustausch. Ein punktuell bestehender Wissenstransfer sorgt bereits jetzt dafür, dass die Chancen und Potenziale von Informations- und Kommunikations-Technologien auch in Entwicklungsländern konsequent genutzt werden können und das teilweise mit bemerkenswerten Auswirkungen.

Dies machen drei Beispiele deutlich:

Der Siegeszug des Mobiltelefons im vergangenen Jahrzehnt in Afrika. (© C. Friedland)

Der Erfolgszug der Mobiltelefone in Afrika beweist, wie ärmeren Bevölkerungsschichten der Zugang zu einem Telekommunikationsnetzwerk erleichtert werden kann, nachdem ihnen dieser bisher verwehrt blieb auf Grund der hohen Anfangsinvestitionen für die Verlegung eines Festnetzes. Das Beispiel Nigerias zeigt, wie der Mobilfunk innerhalb kürzester Zeit zu einer praktikablen Alternative zum maroden Festnetz werden kann. Diese Entwicklung ist insbesondere in afrikanischen Großstädten mit starken sozialen Gegensätzen auf engem Raum zu beobachten. Dort entsteht durch die Kaufkraft der Wohlhabenden automatisch auch eine Infrastruktur für ärmere Bevölkerungsschichten. Die von mehreren afrikanischen Ländern in Angriff genommene Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte führt in der Regel auch zu einer deutlichen Senkung der Endverbraucherpreise.

Dateneingabe im zentralen Statistikamt in Sambia. (© FAO/17866/A. Conti)

Daneben gibt es in der öffentlichen Verwaltung afrikanischer Entwicklungs- und Schwellenländer Beispiele, wie die Bevölkerung von dem Einsatz neuer Technologien profitieren kann. Die Stadtverwaltung von Kapstadt in Südafrika wurde durch die Einführung eines einheitlichen Systems für alle kommunalen administrativen Abläufe erheblich effizienter und gleichzeitig transparenter. Das einheitliche städtische Dienstleistungsniveau für alle Bürger war dabei eine wichtige Errungenschaft für die ansonsten durch starke soziale Gegensätze gekennzeichnete Metropole.

Ein drittes Beispiel: Neue Technologien spielen im afrikanischen Bildungswesen eine wichtige Rolle. Die 1997 gegründete African Virtual University mit Hauptsitz in Nairobi, Kenia, bietet Lehrveranstaltungen in 34 Lernzentren in 17 afrikanischen Ländern an. Vorlesungen, von renommierten Professoren aus der ganzen Welt gehalten, werden mittels Satellitentechnologie in die afrikanischen Lernzentren übermittelt. Ebenso gibt es in der Lehrerfortbildung vielseitige Möglichkeiten. Lernzentren wie die der südafrikanischen Shoma-Stiftung oder die des südafrikanischen "Africa Drive Projects" erlauben eine ortsunabhängige Fortbildung von Lehrkräften, die somit ihren aktuellen Lehrauftrag in zumeist abgelegenen Regionen weiter erfüllen und sich parallel weiterbilden können. Hierbei wird üblicherweise eine Mischung aus Präsenzunterricht und multimedialer Lehreinheiten eingesetzt.

Radiosendung von Radio St. Louis im Senegal. (© FAO/18809/I. Balderi)

Der kometenhafte Aufstieg der indischen Softwareindustrie hat gezeigt, wie ein Land durch einen gezielten Wissenstransfer in relativ kurzer Zeit zu einem international bedeutenden Anbieter hoch spezialisierter Dienstleistungen avancieren kann. Die Softwareentwicklung oder die Eingabe von Massendaten waren durch den technologischen Fortschritt größtenteils ortsunabhängig geworden. Die notwendigen lokalen Investitionen in technologische Infrastrukturen finanzierten sich durch den Vorteil des niedrigeren indischen Lohnniveaus zu einem großen Teil von selbst. Ähnliche Entwicklungen – wenn auch in einem geringeren Umfang – sind in den afrikanischen Schwellenländern Südafrika, Ägypten, Mauritius und Tunesien zu beobachten. Im südafrikanischen IT-Sektor ist die Anzahl der Stellenangebote in den letzten zehn Jahren im Schnitt jährlich um 40 Prozent angestiegen. Ägypten hat sich bei den Ländern des mittleren Ostens als Zentrum der Entwicklung neuer Technologien einen Namen gemacht. In Mauritius investiert die Regierung zunehmend öffentliche Mittel in die IT-Industrie, um die nationale Wirtschaft zu fördern und die Arbeitslosenzahl niedrig zu halten. Diese Eigenbestrebungen bewegen wiederum verstärkt internationale Softwarekonzerne, in die jeweiligen Länder zu investieren.

Das Radio bleibt weiterhin ein zentrales Kommunikationsmedium in Afrika. (© C. Friedland)

Die vorgenannten Beispiele eines Technologietransfers haben in Afrika übrigens schon Tradition. Für den weitläufigen Kontinent erwies sich bereits vor vielen Jahrzehnten eine andere technische Innovation als höchst erfolgreich: mit ihrem Einzug erhielt Afrika sein erstes und bis heute einziges wahres Massenmedium - das Radio.

Fussnoten

Carsten Friedland ist 1975 in Südafrika geboren. Er studierte Wirtschaftsinformatik und Informatik in Pretoria und Karlsruhe und ist seitdem als Software-Entwickler tätig. Daneben absolviert er eine berufsbegleitende Promotion am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn. Internet: Externer Link: www.zef.de