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Kampfansage an die Demokratie | Indien | bpb.de

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Kampfansage an die Demokratie Hindunationalisten schüren Vorurteile gegen Minderheiten in Indien

Teesta Setalvad

/ 8 Minuten zu lesen

Der Hindunationalismus propagiert die Überlegenheit einer gesellschaftlichen Mehrheit gegenüber Minderheiten wie Muslimen und Christen. Mehr noch: In der sogenannten Hindu-Nation soll es keinen gleichberechtigten Platz für andere geben. Die Indische Volkspartei BJP, der politische Arm der Hindunationalisten, hat das Land von 1998 bis 2004 in diesem Sinne regiert und dabei sichtbare Spuren hinterlassen. Nach den Parlamentswahlen 2014 könnte die BJP an die Macht zurückkehren.

Jugendliche Mitglieder der hindunationalistischen Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) in Jammu, 2011. (© AP)

Der Begriff Hindunationalismus umfasst ein komplexeres Phänomen, als es die beiden Worte vermuten lassen, aus denen er zusammengesetzt ist. Im Wesentlichen beschreibt "Nationalismus" eine Bewegung, die sich den Werten und Symbolen eines Landes, einer Nation verpflichtet fühlt. Wie andere Nationalismen – etwa der irische oder kurdische Nationalismus – definiert sich auch der Hindunationalismus entlang gesellschaftlicher, kultureller, sprachlicher und religiöser Linien. Zusammengefasst sind diese in der Hindutva-Ideologie, in der konkrete Vorstellungen von einem zukünftigen Indien als "Reich der Hindus" (Hindu Rashtra) formuliert werden.  

Die Befürworter dieses Konzepts wollen die Verhältnisse in Indien nachhaltig verändern: zum einen durch ihren allumfassenden Anspruch auf die Begriffe Nation und Patriotismus, zum anderen durch den Versuch, die gesamte soziale und wirtschaftliche Ordnung mit dem "Hindu-Label" zu versehen. Dabei berufen sie sich auf religiöse Schriften, in denen auch Hindus selbst – nämlich den Angehörigen der untersten Kasten – fundamentale Rechte abgesprochen werden.  

Nation der Hindus: Ausgrenzung "minderwertiger" Bevölkerungsgruppen

 

Der Kern dieser Ideologie wurde im Jahr 1939 von M.S. Golwalkar in dem Werk We, or Our Nationhood Defined (sinngemäß: "Wir oder Unser nationale Identität") niedergelegt. Golwalkar gilt als einer der wichtigsten Vordenker des Hindunationalismus und beschreibt in seinen so geradlinig wie beängstigend formulierten Thesen das Ziel, eine möglichst homogene Nation der Hindus zu schaffen. Ähnlich der von Interner Link: Adolf Hitler propagierten "Überlegenheit der deutschen Rasse und Nation" definiert er dabei die Vormachtstellung der Hindus gegenüber "minderwertigen" Bevölkerungsgruppen innerhalb Indiens. So fordert Golwalkar, dass etwa Muslime und Christen die hinduistische Kultur und Sprache annehmen sowie die Religion der Hindus verehren sollten. Weiter heißt es, die "fremdländischen Rassen in Hindustan" müssten ihre selbstständige Existenz aufgeben und in die Hindu-Gemeinschaft aufgehen oder sich völlig der Hindu-Nation unterordnen – ohne dabei einen Anspruch auf Bürgerrechte zu haben.  

Die ideologischen Gemeinsamkeiten zwischen dem Konstrukt Hindunationalismus und dem deutschen Nationalsozialismus gehen noch weiter. Ebenfalls in We, or Our Nationhood Defined bezeichnet Golwalkar den Holocaust an den europäischen Juden als ein Mittel, um die "Reinheit von Rasse und Kultur" zu erhalten. Deutschland habe damit bewiesen, dass es unmöglich sei, eine nationale Einheit aus Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen historischen und kulturellen Wurzeln zu formen. Dies, so Golwalkar, sei ein "gutes Beispiel für uns in Hindustan, von dem wir lernen und profitieren können". Es lässt sich also festhalten, dass der Hindunationalismus – der sich in den 30er und 40er Jahren stark am europäischen Faschismus und Nationalsozialismus orientierte – keineswegs auf einer friedfertigen Philosophie aufbaut.

Bis heute machen Vertreter des Hindunationalismus kein Hehl aus ihrer Bewunderung für Mussolini und Hitler. Sie sind zudem getrieben von der Idee, eine Hindu-Nation zu schaffen, die sich von der 1947 in die staatliche Unabhängigkeit entlassenen säkularen und demokratischen Republik Indien unterscheidet. Ein Versuch, den Weg in diese Richtung zu ebnen, war die Ermordung Mahatma Gandhis am 30. Januar 1948 durch einen Hindunationalisten. Gandhi galt als Mann des Friedens und der Gewaltfreiheit. Zudem vertrat er einen aus unterschiedlichen Elementen bestehenden Nationalismus, der auf der gemeinsamen Geschichte und Nachbarschaft der verschiedenen Volksgruppen und Religionen des indischen Subkontinents basierte. Diese Ideale sahen radikale Hindunationalisten als Bedrohung für ihr Projekt, Indien zu einer "Nation der Hindus" zu machen.

Manifestation politisch-religiöser Interessen im Unabhängigkeitskampf

 

Zwischen 1857 und 1905 rekrutierte sich der Widerstand gegen die Briten aus allen Bevölkerungsgruppen – ohne Ansehen von Religion oder Herkunft. Erst mit Beginn des 20. Jahrhundert begannen sich aus den Religionsgemeinschaften der Hindus, Muslime und Sikhs eigene antikoloniale Bewegungen zu entwickeln. Die Gründung von Muslim-Liga, Hindu Mahasabha (sinngemäß: Große Versammlung der Hindus) und Rashtriya Swayamsevak Sangh (Nationaler Freiwilligenverband, RSS) sowie des Akali Dal der Sikhs im Punjab waren eine Manifestation politisch-religiöser Interessen im Freiheitskampf, mit denen der Charakter der zunächst einheitlichen indischen Nationalbewegung nachhaltig verändert wurde. Seit dieser Zeit entwickelte sich die Politik des Hindunationalismus immer auch als kommunalistischer Gegenpol zu den Organisationen der Muslime.

Weitere InformationenRhastriya Swayamsevak Sangh

Der nationale Freiwilligenbund Rhastriya Swayamsevak Sangh wurde 1925 im zentralindischen Nagpur gegründet. Der RSS stellt den institutionellen Hauptträger der hindunationalistischen Ideologie dar und hat das Ziel, die Hindus nach nationalistischen Gesichtspunkten zu organisieren und die verloren geglaubte Einheit der Hindu-Nation wiederherzustellen. In den Jahren 1927 bis 1947 entwickelte sich der RSS in Nordindien schnell zu einer bedeutenden Organisation der hinduistischen städtischen Mittel- und Oberschicht. Sein Beitrag zum indischen Freiheitskampf war allerdings sehr gering. Von Anfang an richteten sich die Aktivitäten der Organisation mehr gegen die Muslime als gegen die Briten. Nathuram Godse, der Mörder Mahatma Gandhis, war ein Mitglied des RSS.

Kommunalismus ist ein Begriff, der seinen Ursprung auf dem indischen Subkontinent hat. Am besten kann er wohl als "Manipulation von Religion und religiösen Symbolen zur politischen Mobilisierung und zum Streben nach politischer Macht" beschrieben werden. So waren weder die Argumente der hindunationalistischen Bewegung noch die der Muslim-Liga für die Schaffung eines unabhängigen Staates Pakistan religiöser Natur. Gleichwohl ließen sich auch Geistliche immer wieder vor den Karren der Extremisten spannen.

Im August 1947 hinterließen die Briten einen zerbrochenen Subkontinent, dessen Entlassung in die Unabhängigkeit von einer Welle der Gewalt überschattet wurde. Die Zahl der Toten schwankt zwischen einer und drei Millionen, mehr als zehn Millionen Menschen waren gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Doch obwohl Hindus, Muslime und Sikhs gleichermaßen davon betroffen waren, gelang es der hindunationalistischen Propaganda in den folgenden Jahrzehnten die indischen Muslime als Aggressoren und für die Teilung Verantwortliche zu brandmarken.

Bei allen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen im unabhängigen Indien wurde zudem die Loyalität der muslimischen Bevölkerungsgruppe zur Indischen Union in Frage gestellt. Slogans wie Mussalman ka ek hi sthan, Pakistan ya Kabrastan (sinngemäß: Es gibt nur einen Platz für Muslime, Pakistan oder den Friedhof) spiegeln diese Stimmung wider. Erwähnt sei an dieser Stelle auch, dass bisherige gerichtliche Untersuchungen kommunalistischer Gewalt ergeben haben, dass der Agent Provocateur fast immer dem hindunationalistischen Spektrum angehörte. Gleichzeitig hat die Nachlässigkeit der Justiz bei der strafrechtlichen Verfolgung religiös motivierter Gewalttaten das Vertrauen in die unabhängige Rechtsprechung erheblich beschädigt.  

Zunehmender politischer Einfluss der Hindunationalisten



Der in der Verfassung festgeschriebene Grundsatz der Gleichbehandlung aller Religionen sowie der regionalen und sprachlichen Minderheiten war nach der Unabhängigkeit über Jahrzehnte politischer Konsens im Rahmen der säkularen und demokratischen indischen Staatsdoktrin. Erst in der zweiten Hälfte der 70er Jahre begann der Hindunationalismus allmählich an Einfluss und Legitimität zu gewinnen. Ein Grund dafür war der 1975 von Interner Link: Premierministerin Indira Gandhi verhängte zweijährige Ausnahmenzustand.

Bei den Parlamentswahlen 1977 war es dann einem Bündnis von Parteien unterschiedlicher politischer Strömungen gelungen, die bis dahin regierende Kongresspartei von der Macht zu verdrängen. Der anschließend gebildeten Koalitionsregierung – sie regierte nur zwei Jahre lang – gehörten auch Vertreter der hindunationalistsichen Indischen Volksvereinigung (Bharatiya Jana Sangh, BJS). Dieser politische Arm der Hindunationalisten wurde 1980 zur Indische Volkspartei (Bharatiya Janata Party, BJP). Vor allem der Politiker Lal Krishna Advani ist eng mit dem Aufstieg der Hindunationalisten als politische Kraft verbunden. In den 80er Jahren war Advani maßgeblich dafür verantwortlich, dass die BJP die Zahl ihre Unterhausabgeordneten von zwei (1984) auf 89 (1989) vervielfachen konnte.

Allerdings wäre ihm dieser Erfolg ohne die Unterstützung des hindunationalistischen Netzwerks Sangh Parivar (sinngemäß: Familie des Sangh) nicht gelungen. Neben dem RSS als ideologischem Rückgrat gehören dazu auch radikalere Gruppierungen wie der Jugendverband Bajrang Dal (sinngemäß: Verehrung des Affengottes) sowie der global agierende Vishwa Hindu Parishad (Weltrat der Hindus, VHP). Hinzu kommen Gewerkschaften, Frauen- und Studentenverbände sowie zahlreiche Organisationen, die sich der Bildungs- und Kulturarbeit verschrieben haben.

Den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn erklomm Advani Ende der 90er Jahre. Nachdem die BJP bei den Parlamentswahlen 1998 und 1999 jeweils stärkste Partei geworden war, übernahm der in Karachi (heute Pakistan) geborene Politiker das Amt des Innenministers. Bis dahin hatte er seine Spuren vor allem außerhalb des Parlaments hinterlassen. Im Jahr 1990 setzte er sich als BJP-Präsident an die Spitze einer Kampagne, deren Ziel die Errichtung eines Tempels für Gott Ram anstelle der 400 Jahre alten Babri-Moschee im nordindischen Ayodhya war. Mit einem zum Götterwagen umgebauten Kleinbus durchquerte Advani auf dem Weg in die Kleinstadt weite Teile Zentral- und Nordindiens und propagierte aggressiv den Tempel-Bau. Die als Rath Yatra (Wagen-Prozession) bekannt gewordene Aktion löste zahlreiche gegen Muslime gerichtete Gewaltakte aus. Unter den Augen der Öffentlichkeit rissen am 6. Dezember 1992 schließlich Tausende fanatisierte hindunationalistische Freiwillige aus ganz Indien die Moschee nieder. Bei anschließenden Unruhen kamen landesweit rund 2000 Menschen ums Leben.  

Narendra Modi und die anti-muslimischen Pogrome von Gujarat



Ein anderes Gesicht des gewaltsamen Aufstiegs der BJP ist Narendra Modi. Erstmal in Erscheinung trat der Politiker im Jahr 1990, als er im westindischen Gujarat den Startschuss für Advanis Rath Yatra gab. Elf Jahre später – im Oktober 2001 – machte ihn die Partei zum Ministerpräsidenten des wirtschaftlich starken Bundesstaates. Wenige Monate nach Modis Amtsantritt wurde Gujarat von einer Welle anti-muslimischer Gewalt erschüttert. Insgesamt starben bei den Pogromen zwischen Ende Februar und April 2002 nach Erhebungen von Menschenrechtlern mehr als 2500 Menschen. Tausende Frauen wurden vergewaltigt. Zehntausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen und Zuflucht in Flüchtlingslagern suchen. Vielerorts wurden Moscheen sowie Läden und Werkstätten muslimischer Geschäftsleute zerstört.

Ein unabhängiges Tribunal befand Modi anschließend für schuldig, maßgeblich an Planung und Ausführung dieses staatlich gestützten Genozids beteiligt gewesen zu sein. Modi selbst bestreitet die Vorwürfe und verweist auf das Urteil eines Sondergerichts, dass ihm persönlich kein Fehlverhalten nachweisen konnte. Ungeachtet dessen verweigern etwa die Vereinigten Staaten Modi wegen dessen undurchsichtiger Rolle während der Pogrome seit Jahren die Einreise. Umstritten ist auch Modis Haltung zum Nationalsozialismus. 2005 geriet seine Regierung in die Schlagzeilen, nachdem Bürgerrechtler in neuen Schulbüchern verharmlosende Darstellungen der Nazizeit entdeckt hatten.

Politisch geschadet hat das Modi nicht. Im Gegenteil: Bei den Landtagswahlen 2012 wurde er zum inzwischen dritten Mal in seinem Amt als Ministerpräsident von Gujarat bestätigt.  Die BJP will nun auch auf Bundesebene von Modis Popularität bei einem großen Teilen der Hindus profitieren. Bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2014 geht der umstrittene Politiker als Spitzenkandidat für das Amt des indischen Premierministers ins Rennen.

BJP-Regierung von 1998 bis 2004: Sechs zermürbende Jahre



Die indische Demokratie hat in der Vergangenheit jedoch immer wieder ihre Belastbarkeit bewiesen. Bei den Parlamentswahlen 2004 verlor die BJP die Macht. Noch im Wahlkampf hatten hindunationalistische Spitzenpolitiker massiv Stimmung gegen die "nicht-indische" Herkunft, Glauben und Geschlecht der gebürtigen Italienerin Sonia Gandhi, Chefin der Kongresspartei, gemacht. Doch die indischen Wähler gaben die entsprechende Antwort.

Mit der Regierungsübernahmen von Gandhis Partei und der von ihr geführten Koalition der Vereinigten Progressiven Allianz (United Progressive Alliance, UPA) endeten sechs zermürbende Jahre unter Führung der Hindunationalisten, in denen vor allem die Vorurteile gegen Minderheiten in vielen gesellschaftlichen Bereichen institutionalisiert wurden.

So hatte die BJP zwischen 1998 und 2004 versucht, Lehrinhalte an staatlichen Bildungsrichtungen in ihrem Sinne zu verändern und etwa die Geschichtsbücher umzuschreiben. Das gelang ihr – wie erwähnt – in Gujarat, aber auch in anderen Bundesstaaten. Das Ergebnis: In einem Teil der indischen Schulen wird Kindern heute nur noch ein eingeschränktes und manipuliertes Bild der vielfältigen Geschichte des Subkontinents vermittelt. Auch in den Bereichen Musik, Tanz, Malerei oder Ernährung verneinen die Hindunationalisten den jahrhundertlangen Einfluss unterschiedlicher Kulturen und greifen damit direkt die Traditionen und Gefühle der religiösen Minderheiten an.

Die UPA-Koalition zeigte sich nach ihrer Machtübernahme 2004 jedoch oft unentschlossen im Umgang mit der auf Kommunalismus und Hass fußenden Politik der Hindunationalisten. Mehr noch: Sie tat fast nichts etwas gegen die tief verwurzelte institutionalisierte Diskriminierung von Minderheiten im Land. Zudem hält sie sich zurück, wenn es um die Unterstützung von Opfern kommunalistischer Gewalt. Wirklichen und anhaltenden Widerstand gegen die Hindunationalisten leisten derzeit nur die politische Linke, Bürgerbewegungen und engagierte Einzelpersonen.

Nach zwei Regierungszeiten ist das Ansehen der Kongresspartei inzwischen jedoch vor allem aufgrund zahlreicher Korruptionsskandale schwer beschädigt, so dass ihr bei den Parlamentswahlen 2014 die Abwahl droht. Gleichzeitig sieht es so aus, als ob der politische Arm der Hindunationalisten – die BJP – sich als einzige Alternative zur Kongresspartei in Stellung bringen kann und die Chance hat, die Macht in Delhi wieder zu übernehmen.

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Teesta Setalvad ist Journalistin, Pädagogin und Menschenrechtsaktivistin. Sie gibt die Zeitschrift "Communalism Combat" heraus und ist Direktorin der Organisation Khoj, die sich für eine pluralistische Bildung in Indien einsetzt. Zudem ist sie Mitglied des Central Advisory Board of Education, dem wichtigsten Beratungsgremium der Regierung in Bildungsfragen.