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Bestimmungsfaktoren der Außenpolitik | Israel | bpb.de

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Bestimmungsfaktoren der Außenpolitik

Shlomo Shpiro Jonathan Rynhold Jonathan Rynhold Shlomo Shpiro

/ 12 Minuten zu lesen

Viele Faktoren bestimmen die Außenpolitik Israels. Aber vor allem der Nahostkonflikt beeinflusst die außenpolitischen Beziehungen des Landes. Welche Rolle spielen die USA und die EU?

US Präsident George W. Bush, mit dem israelischen Premierminister Ehud Olmert (r.) und dem israelischen Präsidenten Shimon Peres (l.). (© AP)

Grundlagen

Bereits bei seiner Gründung im Jahr 1948 stellten die arabischen Staaten Israels Existenzrecht in Frage und versuchten seine Eingliederung in die internationale Gemeinschaft zu verhindern. Bis zum heutigen Tag ist Israel das einzige Land in den Vereinten Nationen, das keiner regionalen Gruppe angehört. Dadurch kann es keinen Sitz im Sicherheitsrat einnehmen. Die arabische Welt hat ebenfalls verhindert, dass sich israelische Organisationen anderen internationalen Organisationen, wie etwa dem Roten Kreuz, anschließen können. Trotz seiner keineswegs normalisierten internationalen Stellung gelang es Israel, ein hohes Maß an weltweiter Legitimierung zu erhalten, obwohl es wegen seiner Politik gegenüber den Palästinensern in den besetzten Gebieten auf weit verbreitete Kritik stößt. Daran haben das Ende des Ost-West-Konflikts und das in der Folge möglich gewordene Osloer Abkommen von 1993 nur kurzzeitig etwas geändert. Der Ausbruch der zweiten Intifada im Oktober 2000 führte zu Jahren des Blutvergießens und brachte den Osloer Friedenprozess fast vollständig zum Stillstand.

Zwang zur Verteidigung

Traditionell haben sich die israelischen Regierungen stets darum bemüht, die Unterstützung einer Großmacht zu erhalten, um die Sicherheit des Landes gegenüber der arabischen Bedrohung zu erhöhen. Im Unabhängigkeitskrieg von 1948 wurden die notwendigen Waffen von der Tschechoslowakei geliefert. Bei Ausbruch des Korea-Krieges 1950 wandte sich die israelische Politik den westlichen Bündnispartnern zu. Als der Ostblock daraufhin 1955 zu einer pro-arabischen Position überschwenkte, ging Israel zwischen 1955 und 1967 eine strategische Allianz mit Frankreich ein. Nach dem Suezkrieg 1956, der auf Intervention der amerikanischen Regierung beendet wurde, bemühte sich die israelische Politik - zunächst mit wenig Erfolg - um eine engere Bindung an die USA.

Kurz vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 holten die Israelis die Zustimmung Washingtons ein, bevor sie einen Präventivschlag gegen die vereinten Streitkräfte Ägyptens, Syriens und Jordaniens starteten. Nach dem Krieg besetzte Israel die eroberten Gebiete mit dem Ziel, als Gegenleistung für einen Rückzug einen vollständigen Frieden zu erreichen. Dieses als "Land für Frieden" bekannte Prinzip wurde seither zum Eckstein der israelisch-arabischen Verhandlungen und in der UN-Resolution 242 (siehe S. 62) international anerkannt. Außerdem baute Israel nach dem Sieg im Sechs-Tage-Krieg eine enge strategische Beziehung zu den Vereinigten Staaten auf.

Internationale Schlichtungsansätze

Traditionell stand Israel internationaler Vermittlung im arabisch-israelischen Friedensprozess zwar ablehnend gegenüber, akzeptierte jedoch sowohl nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 als auch beim Aushandeln des 1979 unterzeichneten Friedensvertrags mit Ägypten die Vermittlung der USA im Friedensprozess. Nachdem sich die antiisraelischen Positionen der Vereinten Nationen und der Sowjetunion in den späten 1980er Jahren gewandelt hatten, öffnete sich Israel auch der Idee einer internationalen Friedenskonferenz unter der Voraussetzung, dass sich deren Rolle auf die Vermittlung der gegensätzlichen Positionen beschränke und nicht - wie von den arabischen Regierungen beabsichtigt - auf verpflichtende Entscheidungen. Im Jahr 1991 begann mit der Nahost-Friedenskonferenz in Madrid eine Ära des intensiveren internationalen Engagements im israelisch-arabischen Konflikt. Geheimverhandlungen zwischen den israelischen Repräsentanten und den palästinensischen Abgesandten führten 1993 zum Osloer Abkommen, in dem Israel die PLO als Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannte. Die Vereinbarungen sahen die Errichtung einer Palästinensischen Autonomiebehörde als einen ersten Schritt hin zu einem unabhängigen palästinensischen Staat vor. Im Jahr 1994 wurde der Autonomiebehörde die Kontrolle über die meisten palästinensischen Städte im Westjordanland (West Bank) und im Gaza-Streifen übertragen sowie die Erlaubnis für den Einsatz eigener Polizeikräfte gegeben. Doch die terroristischen Angriffe auf israelische Ziele dauerten an. Die Zusammenarbeit zwischen den israelischen und palästinensischen Sicherheitskräften konnte sich nicht so weit entwickeln, dass es gelungen wäre, den Terror in der Region zu verhindern. Im Oktober 2000 kam es zum Abbruch der Beziehungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Die nächsten vier Jahre waren von heftiger Gewalt überschattet. Tausende Palästinenser und Israelis wurden getötet oder verwundet. Der Sieg der Hamas bei den Parlamentswahlen im Januar 2006, der Krieg im Sommer 2006 zwischen Israel und der Hisbollah im Süden des Libanon sowie die Übernahme der Macht im Gaza-Streifen durch die Hamas im Sommer 2007 machten jeglichen Kompromiss zwischen beiden Seiten unmöglich. Ende 2007 unternahmen die USA einen Versuch, den Friedensprozess wieder zu beleben, aber der Weg zu einem dauerhaften Frieden scheint länger denn je.

Einfluss der Innenpolitik

Zwischen 1948 und 1967 sah die israelische Öffentlichkeit für einen Frieden mit der arabischen Welt keine wirkliche Chance und befürwortete eine Politik der Abschreckung. Erst nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 begannen innenpolitische Themen eine zunehmend wichtigere Rolle in der israelischen Außenpolitik zu spielen.

Siedlungsbewegung nach 1967

Während dieses Krieges eroberte Israel ein Gebiet etwa dreimal so groß wie sein eigenes Staatsgebiet - darunter die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, der Gaza-Streifen, das Westjordanland und Ost-Jerusalem. Diese Gebiete waren nicht nur von geostrategischer Bedeutung, sie bildeten auch - wie das Westjordanland und Jerusalem - in nationaler, kultureller und religiöser Hinsicht das historische Zentrum des biblischen Israel. So sehr die meisten israelischen Juden die Rückkehr an diese Orte emotional bewegte, so tief waren sie in der Frage der Behandlung der besetzten Gebiete gespalten. Rechts orientierte Politiker wandten sich gegen die Rückgabe und befürworteten dort den Bau jüdischer Siedlungen sowie deren mögliche Einbeziehung in das israelische Staatsgebiet. Die Linke favorisierte den Rückzug aus den meisten dieser Gebiete als eine Art Voraussetzung für einen Frieden mit den Arabern. Frieden sei wichtiger als Land, so ihre Argumentation. Außerdem sei zu befürchten, dassIsrael seine jüdische Mehrheit verlieren könnte, wenn der Rückzug unterbliebe.

Von 1967 bis 1977 erlaubten die Regierungen der Arbeitspartei in Israel nur einen begrenzten jüdischen Siedlungsbau im Westjordanland. Die Arbeitspartei sah sich dazu durch die Nationalreligiöse Partei - ein entscheidendendes Mitglied der Regierungskoalition - gezwungen, die die religiöse Siedlergruppe Gusch Emunim unterstützte. Von 1977 bis 1992 wurden alle israelischen Regierungen von der rechtsgerichteten Likud-Partei dominiert, die den Siedlungsbau im Westjordanland und im Gaza-Streifen aktiv förderte. In dieser Zeit stieg die Zahl der Siedlerinnen und Siedler von weniger als 5.000 auf über 100.000 Personen. Heute leben mehr als 200.000 Menschen in Siedlungen außerhalb der "Grünen Linie", Israels alter Grenze von 1967.

Umstrittener Libanon-Feldzug

Im Jahr 1982 führte Israel erstmals mit dem Libanon-Feldzug einen Krieg ohne innenpolitischen Konsens. Der Krieg im Libanon zielte auf die Zerstörung der militärischen und politischen Infrastruktur der PLO. Das Massaker der mit Israel verbündeten christlichen Milizen an Hunderten Palästinensern in den Flüchtlingslagern Sabra und Schatila und der zunehmende Verlust von Menschenleben auf israelischer Seite führten in der Öffentlichkeit zu einer massiven Bewegung gegen diesen Krieg.

Versuche, nach dem israelischen Rückzug aus weiten Teilen des Libanon 1985, den Friedensprozess voran zu bringen, scheiterten an der fehlenden Unterstützung sowohl innerhalb der Regierung der nationalen Einheit aus Arbeitspartei und dem Likud als auch im Parlament und in der Öffentlichkeit. Im Mai 2000 zog Israel seine Truppen aus dem südlichen Libanon ab, aber die libanesische Hisbollah attackierte weiterhin Ziele in Israel und überfiel Grenzpatrouillen. Nachdem zwei israelische Soldaten im Juni 2006 von Terroristen der Hisbollah entführt worden waren, befahl die israelische Regierung massive Luftangriffe auf Stützpunkte der Organisation. Die Situation eskalierte in einem sechswöchigen Krieg. Er endete mit der Stationierung von einer 15.000 Mann starken Blauhelmtruppe der UN, die damit einen Waffenstillstandsbeschluss des Sicherheitsrates umsetzte. Dennoch bleibt die Lage im Südlibanon höchst brisant, und die Feindseligkeiten können jederzeit wieder ausbrechen.

Beziehungen zu den Palästinensern

Erst bei den Wahlen von 1992 erhielt Israels Linke ein klares Mandat für territoriale Kompromisse, denn die israelische Haltung gegenüber dem Friedensprozess, die durch den palästinensischen "Volksaufstand" - die erste Intifada - zwischen 1987 und 1991 geprägt war, hatte sich verändert. Kurzfristig forderten die Israelis zwar harte Maßnahmen gegen die palästinensische Gewalt, aber auf lange Sicht waren sie unter dem Eindruck des wirtschaftlichen, politischen und moralischen Preises, den Israel für die Intifada zu zahlen hatte, zu einem Kompromiss bereit.

Obwohl sich also die öffentliche Meinung in Israel den politischen "Tauben" zuwandte, blieb die tiefe innenpolitische Spaltung zwischen Rechten und Linken bestehen. In den Augen der extremen Rechten fehlte dem Osloer Abkommen von 1993 die Legitimation. Erst nach dem Attentat eines rechtsextremistischen Israelis auf Ministerpräsident Rabin im November 1995 wurde die Vorstellung von einem unabhängigen palästinensischen Staat allmählich mehrheitsfähig. Das Hauptaugenmerk in Israel konzentrierte sich auf die pragmatische Frage nach den Beziehungen zur Palästinensischen Autonomiebehörde.

In der Folgezeit fanden weitere Verhandlungen zwischen ihr und den Israelis statt. Allerdings erschwerten die Koalitionen in Israel, die sich aus mehreren Parteien zusammensetzten, die Gespräche. Beide Seiten einigten sich im Dezember 2007 beim Gipfel in Annapolis darauf, bis Ende 2008 ein endgültiges Abkommen mit dem Ziel eines unabhängigen palästinensischen Staates im Westjordanland zu unterzeichnen. Die Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, nimmt an den Verhandlungen nicht teil, da sie weder auf Gewalt verzichten noch das Existenzrecht Israels anerkennen will.

Bündnispartner USA

Die USA und Israel verbinden besondere Beziehungen, die auf kulturellen, innenpolitischen und strategischen Interessen basieren. In den ersten Jahren nach Gründung des Staates Israel identifizierten sich viele US-Amerikaner mit dem Pionier-Ethos der israelischen Gesellschaft, das sie an ihre eigenen Wurzeln erinnerte. Zudem halten viele amerikanische protestantische Fundamentalisten Israel für die moderne Inkarnation der biblischen Geschichte und unterstützen die israelische Politik nach Kräften. US-Präsidenten wie Harry S. Truman und Lyndon B. Johnson sahen sich aufgrund der Schoah in einer besonderen Verantwortung für das jüdische Volk. Schließlich fühlen sich zahlreiche Amerikaner mit Israel als der einzigen Demokratie im Nahen Osten solidarisch.

Amerikanische Innenpolitik

Das Rückgrat der pro-israelischen Lobby in den USA sind die amerikanischen Juden. Ihre enge Verbundenheit mit Israel vor allem infolge der Schoah veranlasste sie zu aktiver politischer Unterstützung des israelischen Staates. In den 1950er Jahren waren die jüdisch-amerikanischen Finanzhilfen für das wirtschaftliche Überleben des Landes sehr wichtig. Heutzutage ist jedoch der politische Einfluss dieser gut organisierten Lobby in Washington bedeutender. Dennoch sollte ihre Macht nicht überschätzt werden.

Strategische Interessen

In den 1950er Jahren hielten die USA Distanz zu Israel, um ihre Beziehungen mit der arabischen Welt nicht zu gefährden. Nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 veränderte sich diese Situation grundlegend. Ägypten und Syrien schlossen sich dem sowjetischen Lager an, und die USA mussten ihre Verbündeten Saudi-Arabien und Jordanien vor dem Einfluss radikaler arabischer Staaten schützen. Durch den Sieg im Jahr 1967 demonstrierte Israel, dass es als eine bedeutende Regionalmacht die sowjetischen Verbündeten in ihre Grenzen weisen konnte. Folglich begannen die USA das Land als einen strategischen Aktivposten zu betrachten. Israel wiederum lieferte den USA Geheimdienstinformationen und erbeutete sowjetische Waffen. Die Mobilisierung der israelischen Truppen schützte das pro-amerikanische Regime in Jordanien 1970 vor den sowjetischen Verbündeten Syrien und der PLO. Nach dieser Krise wurde die US-Militärhilfe für Israel deutlich ausgeweitet, es gab aber keinen formalen Bündnisvertrag. Die USA bewahrten im Jom-Kippur-Krieg 1973 die israelische Armee nach dem überraschenden Angriff Ägyptens und Syriens durch eine massive Luftbrücke mit militärischer Ausrüstung vor der drohenden Niederlage. Diese Hilfe war jedoch an die Bedingung geknüpft, dass Israel mit seiner Außenpolitik den Interessen Washingtons Rechnung trug. Folglich stimmte die israelische Regierung territorialen Kompromissen gegenüber Syrien und Ägypten nach einem von den Amerikanern vermittelten Waffenstillstand zu. Als Gegenleistung gewährten die USA Israel eine Erhöhung ihrer Militärhilfe. Außerdem wurde die strategische Kooperation zwischen den beiden Ländern formalisiert, und die USA versprachen, Israels militärischen "qualitativen Vorsprung" gegenüber den arabischen Staaten aufrecht zu erhalten. Die amerikanische Unterstützung erleichterte es dem israelischen Staat, Sicherheitsrisiken bei den Verhandlungen über strategisch wichtiges "Land für Frieden" einzugehen. Für jedes Friedensabkommen gewährten die USA eine Dividende in Form von Militärhilfe oder strategischer Kooperation. Trotz gelegentlicher Spannungen sind die israelisch-amerikanischen Beziehungen eng und die Kooperation gegen den beide Seiten bedrohenden radikalen islamischen Terrorismus wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts sogar noch verstärkt.

Europäische Union

Auch Israels Verhältnis zu den Ländern der Europäischen Union ist immer stark vom israelisch-arabischen Konflikt beeinflusst worden. In dessen Schatten entwickelte Großbritannien keine engen Beziehungen zu Israel, um seine Interessen in der arabischen Welt nicht zu gefährden. Diese pro-arabische Position wird vor allem vom britischen Außenministerium gefördert. Sie wird jedoch bis zu einem gewissen Grad durch die Unterstützung führender Politiker beider großen Parteien ausgeglichen. In diesem Sinn nahmen fast alle britischen Premierminister von Harold Wilson in den 1960er Jahren bis zu Gordon Brown eine positive Haltung zu Israel ein. Aufgrund des fortschreitenden Friedensprozesses verbesserten sich die britisch-israelischen Beziehungen in den 2000er Jahren sowohl im ökonomischen als auch im politischen Bereich deutlich. 2007 wurde der ehemalige britische Premierminister Tony Blair von der EU zum Sonderbeauftragten des Nahost-Quartetts ernannt. Er nutzte seine langjährige außenpolitische Erfahrung in Nahost, um die israelische und die palästinensische Regierung für die Konferenz in Annapolis zu gewinnen.

Die Beziehungen zu Frankreich waren von vielen Höhen und Tiefen geprägt. In den 1950er Jahren arbeiteten beide Länder militärisch und nachrichtendienstlich sehr eng zusammen, als Frankreich in den Algerien-Krieg verwickelt war und von den Israelis Hilfe gegen die ägyptische Unterstützung der algerischen Rebellen erhielt. Frankreich beteiligte sich sogar am israelischen Nuklear-Programm in Dimona. Nachdem Algerien seine Unabhängigkeit erlangt hatte, verfolgte Präsident Charles de Gaulle seit den frühen 1960er Jahren jedoch eine pro-arabische Politik im Nahen Osten. Bis heute neigt Frankreich zu einer stärkeren pro-arabischen Haltung als die offizielle Politik der Europäischen Union im Nahen Osten.

Israel unterhält gute Beziehungen zu den kleineren EU-Mitgliedern wie Dänemark und den Niederlanden, die sich teilweise aufgrund des Schicksals ihrer jüdischen Gemeinden während des Zweiten Weltkrieges Israel gegenüber verpflichtet fühlen. Weniger Unterstützung erhält Israel dagegen von den südlichen EU-Ländern wie Spanien, Portugal und Griechenland, die auch in wirtschaftlicher Konkurrenz zum israelischen Staat stehen.

Die Beziehungen zwischen Israel und der Europäischen Union begannen in den 1960er Jahren, als sich die israelischen Regierungen um ein Sonderhandelsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft bemühten, 1975 wurde ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. In den 1970er und 1980er Jahren folgte der weitere Ausbau der beidseitigen Wirtschaftsbeziehungen, und in den 1990er Jahren wurde die Europäische Union zur größten und wichtigsten Handelspartnerin der israelischen Wirtschaft.

Unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 1995 kam es zu einer Erweiterung des Handelsabkommens, so dass Israel nun einen Sonderstatus für viele seiner Exporte nach Europa genießt. Im Gegenzug schaffte die israelische Regierung die Zölle auf europäische Güter - wie etwa Autos - ab, die nun erfolgreich gegen amerikanische und japanische Produkte auf dem israelischen Markt konkurrieren. Auf wissenschaftlichen und akademischen Gebieten ist die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union sehr eng, und Israel ist Vollmitglied in vielen EU-Forschungs- und Entwicklungsprogrammen. Israelische Hightech-Unternehmen erhalten Unterstützung von der Europäischen Kommission und israelische Firmen gingen für gemeinsame Projekte Partnerschaften mit europäischen Unternehmen ein.

Der politische Einfluss der EU im Nahen Osten blieb dagegen gering. Die Friedenskonferenz von Madrid markierte 1991 zwar den Beginn eines konstruktiven Engagements der EG bei den multilateralen Gesprächen Israels und seiner arabischen Nachbarn, die sich auf die regionale Entwicklung konzentrierten. Doch eine aktivere politische Rolle der Europäischen Union im israelisch-palästinensischen Konflikt wird begleitet vom Misstrauen Israels gegenüber der EU wegen des arabischen Einflusses in Europa und der europäischen Abhängigkeit vom arabischen Öl.

Da sich das politische Engagement der EU im Nahen Osten erweitert hat, kann sie mehr und mehr Verantwortung für zukünftige regionale Vereinbarungen übernehmen.

Osteuropäische EU-Staaten

Israels Beziehungen zu Osteuropa sind durch das Jahrhunderte währende jüdische Leben in diesen Ländern, das durch die Schoah zerstört wurde, geprägt. Trotz seiner westlichen Ausrichtung während des Kalten Krieges hielt Israel die diplomatischen Beziehungen zu vielen osteuropäischen Ländern auch in den 1950er und 1960er Jahren aufrecht. Durch wirtschaftliche und kulturelle Unterstützung versuchte es, den kleinen jüdischen Gemeinden in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zu helfen.

Nach dem Sechs-Tage-Krieg brachen die osteuropäischen Länder mit Ausnahme Rumäniens, über das die jüdische Einwanderung aus Osteuropa geleitet wurde, ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel ab. Über 20 Jahre unterhielt Israel nur geheime Kontakte zu einigen osteuropäischen Regierungen unter Federführung des israelischen Geheimdienstes Mossad. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus zu Beginn der 1990er Jahre entspannten sich die diplomatischen Beziehungen der osteuropäischen Länder zu Israel zusehends. Bereits 1991 sandte Polen einen Botschafter nach Israel. Viele osteuropäische Regierungen sahen in der Entwicklung guter Beziehungen zum israelischen Staat eine wichtige Voraussetzung für eine Verbessserung ihres Verhältnisses zu den USA. Seit Mitte der 1990er Jahre entstanden enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen Israel und den neuen Demokratien Osteuropas. Sie umfassten den Export israelischer Agrarprodukte, während Israel etwa polnische Kohle und tschechische Werkzeugmaschinen kaufte. Auch im Bereich der Militärtechnologie kam es zur Zusammenarbeit. Viele frühere Warschauer-Pakt-Staaten sind mit veralteten sowjetischen Waffensystemen ausgerüstet. Israels umfangreiche Militärindustrie spezialisierte sich auf deren Nachrüstung und Modernisierung, so dass immense Kosten für Neuanschaffungen gespart werden konnten.

Auszug aus: Informationen zur politischen Bildung (Heft 278) Israel, überarbeitete Neuauflage 2008.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Dr. Shlomo Shpiro ist Dozent für Politik und Kommunikationswissenschaften an der Bar-Ilan Universität und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Begin-Sadat Center for strategic studies (BESA).

Dr. Jonathan Rynhold ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Begin-Sadat Center for strategic studies (BESA) und unterrichtet politische Wissenschaften an der Bar-Ilan Universität.