Osaka-Kobe
Künstliche Inseln gegen Platzmangel
Hintergrund
Die urbane Agglomeration Osaka und Kobe macht deutlich, wie schwer sich die Grenzen von Megastädten bestimmen lassen. Wo hört der städtische Raum auf? Administrative Grenzen geben wenig Aufschluss über die tatsächliche Ausdehnung einer Stadt. Städte im Wachstum verleiben sich Nachbarstädte ein und wandeln ländliches Gebiet in Vororte, auch ohne dass Verwaltungsgrenzen automatisch mitwachsen. Osaka und Kobe rangieren auf Platz 15 der Liste der bevölkerungsreichsten urbanen Agglomerationen der Vereinten Nationen. Andere Studien zählen zur Metropolregion Osaka und Kobe die alte Kaiserstadt Kyoto hinzu, die nördlich der beiden Hafenstädte im Landesinneren liegt. Osaka-Kobe-Kyoto sowie weitere kleine Einzelstädte umfassen in ihrer Gesamtheit die Region Kansai, die sogar mehr als 20 Millionen Einwohner zählt. Wiederum andere Studien führen Osaka und Kobe jedoch als einzelne Städte auf, sie gelten dann nicht als Megastadt.Innerhalb der Region Kansai bilden Osaka und Kobe jedoch ein außerordentlich enges städtisches Geflecht. Osaka Stadt zählt rund 2,6 Millionen Einwohner. Mit den vielen Pendlern steigt die Zahl während des Tages auf 3,6 Millionen Menschen. Kobe Stadt zählt rund 1,5 Millionen Menschen. Osaka wie auch Kobe ist zugleich Sitz einer Präfekturverwaltung. Japan ist in 47 Präfekturen untergliedert, drei davon sind Stadtpräfekturen; unter anderem Osaka, Verwaltungssitz der gleichnamigen Präfektur Osaka, die 8,8 Millionen Menschen umfasst. Kobe ist das Verwaltungszentrum der Präfektur Hyogo mit über fünf Millionen Einwohnern.
Von jeher ist Osaka ein wichtiger Handelsplatz. Über den Hafen in Naniwa, so der alte Name Osakas, wurde schon früh Handel vor allem mit Korea und China betrieben. Kaiser Kotoku machte Naniwa 645 für einige Jahre sogar zur Hauptstadt Japans. Während der Edo-Ära ab dem 17. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts, eine Zeit, in der sich Japan stark von ausländischen Einflüssen abschottete, gewann Osaka auch als Ort der Kultur und Kunst an Bedeutung. Die Hafenstadt wurde bekannt für ihre kulinarischen Spezialitäten und galt als "Küche Japans". Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Osaka eine rasante Industrialisierung. "Manchester of the Orient" wurde die Stadt genannt: Der dunkle Rauch der Fabrikschlote überzog das gesamte Stadtgebiet. Bis heute ist Osaka ein wichtiges Industriezentrum geblieben. Mit der Expo 1970 präsentierte sich die Hafenstadt als erster Gastgeber einer Weltausstellung in Asien. Der Internationale Flughafen Kansai steht für die Bedeutung Osakas als Handelszentrum, Touristenmagnet und Verkehrsdrehscheibe: Der Flughafen wurde 1994 auf einer künstlichen Insel fünf Kilometer vor der Küste Osakas in Betrieb genommen.
Ins Meer gebaut
Nicht nur für den Flughafen wurde eine künstliche Insel zur Landgewinnung geschaffen. Vor Osaka finden sich mehrere künstliche Inseln, die teils für Hafenanlagen und Industrie genutzt werden, teils auch als Wohngebiete dienen. Auch Kobe, das nördlich von Osaka an der gleichnamigen Bucht liegt, besitzt künstliche Inseln. Für Kobe die einzige Lösung, denn das Wachstum der Stadt ist in Richtung Landesinnere durch eine Bergkette begrenzt. 1981 wurde die künstliche Insel namens Hafen fertiggestellt. Sie umfasst 4,36 Quadratkilometer. Im Zentrum findet sich eine kleine Stadt mit Wohnhäusern, Einkaufszentren, Schulen, Parks. An den Rändern dominieren Hafenanlagen, Verladekräne und Lagerhallen. Die "Hafen Insel" wurde in den 1990er Jahren noch einmal um fast vier Quadratkilometer erweitert. Dort sind Anlegestellen für Containerschiffe entstanden, ebenso wurde eine Gewerbe- und Industriezone geschaffen. In unmittelbarer Nähe ist die "Rokko Insel", ebenfalls ein künstliches Eiland. Sie wurde 1992 nach 20 Jahren Landgewinnungsmaßnahmen fertiggestellt. Sie umfasst sechs Quadratkilometer. Rund 14.000 Menschen leben auf der Insel, die auch über Hafen- und Industrieanlagen verfügt. Wie Osaka besitzt auch Kobe einen der größten Seehafen Japans. 2007 wurden dort 72 Millionen Tonnen Güter umgesetzt.
Es war vor allem Kobe, das während des Erdbebens 1995 zerstört wurde. Über 6.000 Menschen starben, weite Flächen der Stadt lagen in Schutt und Asche. Die Rückversicherungsgesellschaft Münchener Rück schätzte 2005 in ihrer Studie "Megastädte – Megarisiken" den volkswirtschaftlichen Schaden des Erdbebens von Kobe auf weit über 100 Milliarden US Dollar. Eine fast unermessliche Summe. Damit stufte die Versicherungsgesellschaft das Erdbeben zu der bis heute teuersten Naturkatastrophe aller Zeiten.