Trinkwasser
Der größte Teil der globalen Stadtbevölkerung (92%) hat Zugang zu sauberem Trinkwasser. Gleichzeitig gibt es in vielen Regionen bereits Konflikte zwischen Stadt und Land, wenn es um die Verteilung der knapper werdenden Wasserressourcen geht.

Sauberes Trinkwasser brauchen die Menschen immer und überall, auf dem Land ebenso wie in der Stadt. Erweist sich die Wasserversorgung über längere Zeit als prekär, wird der Ort verlassen, wie viele historische Beispiele zeigen. Heute ist es mit Staudämmen, Tiefbrunnen und moderner Stadttechnik möglich, Wasser aus einigen Hundert Kilometern heranzuführen, ebenso ermöglicht die Entsalzung von Meerwasser sogar die intensive Verstädterung von Wüsten, wie etwa am Golf zu beobachten ist.
Nach UN-HABITAT hat der größte Teil der globalen Stadtbevölkerung (92%) Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das kann auch gar nicht anders sein, weil ohne trinkbares Wasser ein Überleben nicht möglich ist. UN-HABITAT setzt dabei einen minimalen Standard an: Nicht nur der Wasseranschluß im Haus oder auf dem Grundstück, sondern auch öffentliche Zapfstellen, Brunnen und gesammeltes Regenwasser gelten als "ausreichende" Versorgung, sofern das Wasser trinkbar ist. Offensichtlich würde sich in vielen Ländern der Anteil der Stadtbevölkerung mit "unzureichender" Wasserversorgung dramatisch erhöhen, wenn man aufbereitetes Leitungswasser in der Wohnung als Minimalstandard ansetzen würde.
Nach UN-HABITAT-Standard ist in Afrika (südl. d. Sahara), das in vielen Bereichen schlechte Standards aufweist, 82% der Stadtbevölkerung ausreichend versorgt. Damit haben auch die meisten Slum-Bewohner Zugang zu sauberem Wasser, meist durch eine kollektive Zapfsstelle (standpipe) oder durch einen Brunnen in der Nachbarschaft. Es bleibt allerdings offen, ob die Versorgung durch mobile Tankwagen und private Wasserhändler auch als ausreichend gilt, die in vielen informellen Siedlungen das Wasser in kleinen Mengen und teuer verkaufen.
Natürlich ist der Teil der städtischen Bevölkerung, der nicht einmal über die von UN-HABITAT geforderte minimale Versorgung verfügt (8% oder 164 Mio.), in extremer Weise Krankheiten, einer hohen Kindersterblichkeit und anderen Risiken ausgesetzt. Deshalb gilt eine unzureichende Wasserversorgung als ein wichtiges Slum-Merkmal.
Die Versorgung mit Trinkwasser hat in der Regel eine hohe Priorität in der Lokalpolitik, weil es dabei um die elementare Grundversorgung und um die Gesundheit der Bevölkerung geht. Projekte zur Wasserversorgung stehen deshalb ganz oben auf der politischen Agenda, dies auch, weil die Wasserversorgung in der Regel billiger ist als neue Straßen, Abwassersysteme oder Schulen. In jedem Fall bieten Trinkwasser-Projekte den Lokalpolitikern eine willkommene Gelegenheit, mit geringen Investitionen Präsenz in den armen Stadtgebieten zu zeigen.
Gleichzeitig gibt es in vielen Städten zunehmend Probleme bei der Sicherung der Wasserversorgung, auch gibt es in vielen Regionen bereits Konflikte zwischen Stadt und Land, wenn es um die Verteilung der knapper werdenden Wasserressourcen geht. Klimawandel und zunehmende Trockenheit, absinkendes und verschmutztes Grundwasser, desolate Verteilungsnetze mit hohen Wasserverlusten, ein niedriger Wasserpreis und Verschwendung sind in vielen Städten die Ursachen für eine zunehmende Wasserknappheit und periodische Rationierung. Betroffen davon sind vor allem die informellen Siedlungen, wo die Wasserversorgung oft wochen- oder monatelang zusammenbricht.
Definition
Die dieser Statistik zugrunde liegende Definition von UN-HABITAT lautet: "The water should be affordable and at sufficient quantity that is available without excessive effort and time". Dies schließt öffentliche Zapfstellen in angemessener Entfernung, Brunnen und das Sammeln von Regenwasser mit ein, sofern die Wasserqualität unbedenklich ist. Die Wassermenge (z.B. mindestens 20 Liter pro Kopf und Tag) bleibt dabei undefiniert, weil der Verbrauch in den verschiedenen Regionen und Klimazonen unterschiedlich ist.Statistik
TrinkwasserVersorgung der Stadtbevölkerung mit sauberem Trinkwasser, 2003
städt. Bevölkerung (Mio.) | städt. Bevölkerung versorgt (%) | städt. Bevölkerung unversorgt (%) | |
Nordafrika | 77,9 | 95 | 5 |
Afrika (südl. d. Sahara) |
251,2 | 82 | 18 |
Lateinamerika u. Karibik | 417,2 | 95 | 5 |
Ostasien | 564,8 | 93 | 7 |
Südasien | 448,7 | 94 | 6 |
Südostasien | 228,6 | 91 | 9 |
Westasien | 124,4 | 95 | 5 |
Gesamt | 2.112,80 | 92 | 8 |
Quelle
UN-HABITAT: State of the World's Cities 2006/7, p.77, table 2.3.1
Urban Indicators Programme Phase III and United Nations, World Urbanization Prospects; The 2003 revision.
Links
Worldbank - Water for the Urban PoorWorldbank - Urban Services to the Poor Thematic Group
WSUP - Water and Sanitation for the Urban Poor
UN - Improving the lives of the urban poor
Autor: Prof. Dr. Eckhart Ribbeck