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Widerstand als Reaktion auf NS-Machtübernahme und NS-Herrschaftspraxis | Widerstand gegen den Nationalsozialismus | bpb.de

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Widerstand als Reaktion auf NS-Machtübernahme und NS-Herrschaftspraxis

Prof. Dr. Johannes Tuchel Julia Albert

/ 18 Minuten zu lesen

Schon vor 1933 hatten sich Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder gegen die Ideen und Ziele Hitlers zur Wehr gesetzt. Eine gemeinsame Abwehrfront der Arbeiterbewegung war jedoch nicht zustande gekommen, weil die Kommunisten in den Sozialdemokraten ihren "Hauptfeind" sahen.

Widerstand aus der Arbeiterbewegung

Schon vor 1933 hatten sich Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder gegen die Ideen und Ziele Hitlers zur Wehr gesetzt. Eine gemeinsame Abwehrfront der Arbeiterbewegung war jedoch nicht zustande gekommen, weil die Kommunisten in den Sozialdemokraten ihren "Hauptfeind" sahen und die Gegensätze innerhalb der Arbeiterbewegung unüberbrückbar blieben. Die Mehrheit der Gewerkschaftsführer suchte schließlich sogar nach einem Kompromiss mit der neuen NS-Regierung.

Kundgebung der Eisernen Front vor dem Berliner Schloss, 19. Februar 1933
Im Dezember 1931 schließen sich Sozialdemokraten, Freie Gewerkschaften, Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und Arbeitersportvereine zur Eisernen Front zusammen. Ihr Ziel ist die "Überwindung der faschistischen Gefahr". Noch am 19. Februar 1933 demonstrieren mehrere zehntausend Menschen gegen die Nationalsozialisten. (© Barch, R58/3258 b)

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte das Reichstagsgebäude in Berlin. Die Täterschaft konnte nie zweifelsfrei geklärt werden, doch die Nationalsozialisten werteten den Brandanschlag als Fanal für einen kommunistischen Umsturzversuch und nutzten ihn als Vorwand, um die Grundrechte außer Kraft setzen zu lassen. Viele Kommunisten und Sozialdemokraten wurden in aller Öffentlichkeit verfolgt und inhaftiert. Einigen gelang die Flucht ins Ausland, wo sie den Kampf gegen die NS-Diktatur fortsetzten und versuchten, vom Exil aus Verbindung zu ihren Freunden in Deutschland zu halten, Nachrichten zu sammeln oder Flugschriften weiterzugeben. In die Illegalität gedrängt, bildeten sich in Deutschland lokale Gruppen und oppositionelle Gesinnungsgemeinschaften.

Einzelne Regimegegner bemühten sich in dieser Situation, die Spaltung der Arbeiterbewegung zu überwinden. Sozialisten und Anhänger von Einheitsbestrebungen fanden sich vor allem in der Gruppe "Neu Beginnen", im "Roten Stoßtrupp" und in den "Roten Kämpfern" zusammen oder suchten die Verbindung zu Gruppen der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) und der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD), der wichtigsten anarcho-syndikalistischen Organisation in Deutschland. Im Vordergrund ihrer Bemühungen standen die Ziele, sich nicht von den Nationalsozialisten vereinnahmen zu lassen sowie den organisatorischen Zusammenhalt und einen intensiven Informationsaustausch aufrechtzuerhalten.

Neben der Selbstbehauptung überwog allerdings auch in der Arbeiterschaft die Bereitschaft zur Anpassung an das NS-Regime. Die Nationalsozialisten wollten durch scheinbare Zugeständnisse die Unterstützung der Arbeiterschaft gewinnen und erklärten 1933 den 1. Mai, einen traditionsreichen Kampftag der Arbeiterbewegung, zum Staatsfeiertag. Schon einen Tag später jedoch wurden die Gewerkschaften verboten. Bis 1935 wurde der Zugriff von Polizei und Justiz immer fester. Massenprozesse und Konzentrationslager sollten abschreckende Wirkung entfalten.

QuellentextRede gegen das Ermächtigungsgesetz

[…] Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht. (Lebh. Beifall bei den Soz.) Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird billigerweise niemand von ihr verlangen oder erwarten können, dass sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. Die Wahlen vom 5. März haben den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht und damit die Möglichkeit gegeben, streng nach Wortlaut und Sinn der Verfassung zu regieren. Wo diese Möglichkeit besteht, besteht auch die Pflicht. (Sehr richtig! bei den Soz.) Kritik ist heilsam und notwendig. Noch niemals, seit es einen deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht (sehr wahr! bei den Soz.), und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muss sich umso schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt. […]

Vergeblich wird der Versuch bleiben, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Wir Sozialdemokraten wissen, dass man machtpolitische Tatsachen durch bloße Rechtsverwahrungen nicht beseitigen kann. Wir sehen die machtpolitische Tatsache Ihrer augenblicklichen Herrschaft. Aber auch das Rechtsbewusstsein des Volkes ist eine politische Macht, und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewusstsein zu appellieren.

Die Verfassung von Weimar ist keine sozialistische Verfassung. Aber wir stehen zu den Grundsätzen des Rechtsstaates, der Gleichberechtigung, des sozialen Rechtes, die in ihr festgelegt sind. Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. (Lebh. Zustimmung bei den Soz.)

Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. Sie selbst haben sich ja zum Sozialismus bekannt. Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen.

Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht – (Lachen bei den Nsoz. – Bravo! bei den Soz.) verbürgen eine hellere Zukunft.

Rede von Otto Wels im Reichstag am 23. März 1933 gegen das Gesetz, das die Regierung ermächtigen sollte, ohne parlamentarische Zustimmung Gesetze zu erlassen

Dennoch leisteten Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter weiterhin auf vielfältige Weise Gegenwehr: durch Kritik in Betrieb und Nachbarschaft an der nationalsozialistischen Herrschaft, durch geheime Zusammenkünfte, Kurierdienste und Nachrichtenübermittlung, durch die Verteilung von Flugblättern und illegalem Material sowie durch Hilfe für die Angehörigen inhaftierter Parteifreunde.

Die emigrierte Leitungsgruppe der KPD hatte nach Prag und Paris schließlich ihren Sitz in Moskau genommen. Dort vertrat sie unter der Leitung von Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck die politische Linie Stalins und strebte nach der Führung in der Arbeiterbewegung. Während die Sozialdemokraten stärker darauf aus waren, Gesinnungsfreunde zu sammeln, war es den Kommunisten wichtig, öffentliche Wirkung zu erzielen. Dieser öffentlichkeitswirksame Protest führte aber auch zur verstärkten Verfolgung von KPD-Funktionären. Schon in den ersten vier Jahren der NS-Diktatur wurden die kommunistischen Widerstandsgruppen weitgehend zerschlagen. Ihre Mitglieder wurden häufig durch V-Leute der Gestapo, die heimlich in die Gruppen eingeschleust worden waren, verraten und in politischen Massenprozessen verurteilt.

KPD-Demonstration in Berlin, 25. Januar 1933
Vier Stunden lang ziehen am 25. Januar 1933 mehrere zehntausend KPD-Anhänger auf dieser letzten Großdemonstration der KPD an der Parteiführung vorbei. V. l.: Franz Dahlem, Wilhelm Hein, Willy Leow, Walter Ulbricht, Wilhelm Florin (verdeckt), Artur Golke, John Schehr, Ernst Thälmann (© Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 Nr. 0081608 / Fotograf: k. A.)

Zweifel an der Fähigkeit der Auslandsleitung, von außen den Widerstand zu koordinieren, bewogen seit der Mitte der 1930er-Jahre Gruppen kommunistischer Regimegegner, unabhängig von der Führung der Exil-KPD zu handeln. Hinzu kam die Kenntnis der stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion. Schließlich offenbarte der deutsch-sowjetischeNichtangriffspakt vom 23. August 1939, der Hitler den Überfall auf Polen erleichterte, die Zusammenarbeit der beiden Diktatoren bei der Aufteilung Ostmitteleuropas. Stalin ließ zu dieser Zeit sogar kommunistische Regimegegner an die Gestapo ausliefern. Diese Umstände bewirkten in ihrer Gesamtheit bis zum Kriegsbeginn eine weitgehende Lähmung des kommunistischen Widerstands.

QuellentextWarnung vor der Kriegsgefahr

Am 2. Februar 1936 haben 118 Mitglieder aller Arbeiterparteien Deutschlands und Vertreter seines freiheitlichen Bürgertums in einer Kundgebung an das deutsche Volk eindringlich darauf hingewiesen, dass der von Hitler vorbereitete Vernichtungs- und Eroberungskrieg täglich näher rückt. […]

Die Unterzeichneten, Angehörige sämtlicher deutscher Arbeiterparteien und Organisationen, die in Deutschland einen Heldenkampf gegen das Hitlerregime führen, erklären gemeinsam mit Vertretern des freiheitlichen deutschen Bürgertums: Die deutschen Volksmassen wollen nicht Krieg, sondern Frieden. Die Kriegspolitik Hitlers widerspricht dem Willen der überwältigenden Mehrheit des deutschen Volkes. Es ist unwahr, dass hinter Hitler 99 Prozent des deutschen Volkes stehen. Die Zahlen der Wahlen sind teils durch einen unerhörten Terror erpresst, teils sind sie erreicht vermittels nachgewiesener beispielloser Fälschungen.

Die große Masse des deutschen Volkes, besonders die Werktätigen Deutschlands haben im Zusammenleben mit anderen Nationen nur ein Ziel, in einem freiheitlichen, von Naziterror erlösten Deutschland mit allen Völkern in Frieden zu leben und alle strittigen Fragen durch friedliche Verständigung zu lösen.

[…] Angesichts der gesteigerten Kriegsgefahr und drohenden Katastrophe ist dieser Zusammenschluss notwendiger denn je, um die Machenschaften Hitlers bloßzustellen, um die chauvinistische Demagogie, die ideologische Vorbereitung des Krieges zunichte zu machen.

Unser Ruf ergeht an alle deutschen Arbeiter, an alle Frauen und Männer, die Deutschland und die Welt vor einem neuen Krieg bewahren wollen. Vereinigt Euch! Kämpft gemeinsam für den Sturz der Hitlerdiktatur! Sie ist das Unglück unseres Volkes und wird zum Unglück für die ganze Welt, wenn w i r es nicht verhindern.

Unser Ruf ergeht gleichzeitig an die Arbeiter und ihre Organisationen in der ganzen Welt, an die Männer und Frauen in allen Ländern, durch einheitliches Handeln, durch Verhinderung jeder finanziellen Unterstützung Hitlerdeutschlands, durch Kampf für die Amnestierung der eingekerkerten Gegner des Naziregimes, die freiheitlichen und friedliebenden Kräfte des deutschen Volkes in ihrem heroischen Ringen zu unterstützen.[…]

Aufruf zur Bildung einer Einheitsfront vom 2. Februar 1936, abgedruckt in: Die Rote Fahne, Jahrgang 1936, Nr. 4

Lilo Herrmann

Die 1909 geborene Lilo (Liselotte) Herrmann studierte von 1929 bis 1931 an der Technischen Hochschule in Stuttgart Chemie und ab 1931 Biologie in Berlin. 1928 trat sie in den Kommunistischen Jugendverband ein, wurde Mitglied des Roten Studentenbundes und im November 1931 KPD-Mitglied.

Wegen ihrer politischen Tätigkeit im Juli 1933 von der Universität verwiesen, arbeitete sie anschließend als Kindermädchen. Lilo Herrmann war in jener Zeit bereits Mitarbeiterin des geheimen Nachrichtendienstes der KPD.

Nach der Geburt ihres Sohnes Walter kehrte sie im September 1934 nach Stuttgart zurück und war zunächst im Ingenieurbüro ihres Vaters als Stenotypistin beschäftigt. Ab Ende 1934 arbeitete sie als technische Mitarbeiterin für Stefan Lovasz, den Leiter der illegalen KPD Württemberg, und übernahm Schreib- und Kurierarbeiten für den geheimen Militärapparat der KPD.

Von dem in den Dornier-Werken in Friedrichshafen beschäftigten Artur Göritz erhielt sie militärische Informationen über die Produktion von Rüstungsgütern und über den Bau einer unterirdischen Munitionsfabrik bei Celle. Dieses Material wurde einem Instrukteur des Zentralkomitees (ZK) der KPD in der Schweiz übergeben.

Von Agenten verraten, wurde Liselotte Herrmann am 7. Dezember 1935 festgenommen und am 12. Juni 1937 vom "Volksgerichtshof" wegen "Landesverrats und Vorbereitung zum Hochverrat" zum Tode verurteilt. Ihre Enthauptung erfolgte am 20. Juni 1938 in Berlin-Plötzensee, obwohl sich viele Menschen aus verschiedenen Ländern für die junge Frau und Mutter einsetzten.

Willi Münzenberg

Willi Münzenberg, 1889 geboren, trat 1919 der KPD bei und war von 1919 bis 1921 Sekretär der Kommunistischen Jugendinternationale. 1921 organisierte er Hilfsmaßnahmen für das hungernde Russland und stand bis 1933 der Internationalen Arbeiterhilfe vor.

Er baute mit Hilfe der Kommunistischen Internationalen (kurz: Komintern) ein breitgefächertes kommunistisches Medienunternehmen auf. Im Zentralkomitee der KPD gehörte er bis 1932 zu den Vertretern einer ultralinken Politik.

Nach dem Reichstagsbrand floh Münzenberg nach Frankreich und erhielt dort durch Vermittlung des französischen Politikers und Schriftstellers Henri Barbusse politisches Asyl. Er gründete einen Verlag und veröffentlichte von Paris aus Aufsehen erregende "Braunbücher" über den Reichstagsbrand und den Terror im nationalsozialistischen Deutschland.

1935 ergriff Münzenberg die entscheidende Initiative zur Gründung einer deutschen "Volksfront" gegen den Nationalsozialismus, der Vertreter unterschiedlicher Parteien angehörten.

Meinungsverschiedenheiten mit der KPD-Führung in Moskau und Auseinandersetzungen mit Walter Ulbricht führten 1938 zum Bruch mit der KPD. Münzenberg trat für gemäßigte, sozialdemokratische Positionen ein und lehnte die Diktatur des Proletariats ab. Er war Gegner des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes.

Als deutscher Staatsangehöriger in einem französischen Internierungslager festgehalten, floh Münzenberg im Juni 1940 beim Vorrücken der deutschen Truppen. Sein Tod im Sommer 1940 auf dem Weg in die Schweiz ist bis heute ungeklärt.

Robert Stamm

Der 1900 geborene Robert Stamm besuchte nach einer Werkzeugschlosserlehre die Fachschule für Werkzeug- und Maschinenbau. Noch im Frühjahr 1918 wurde er zum Militärdienst einberufen.

Stamm trat bald nach ihrer Gründung der KPD bei, beteiligte sich 1920 an Aktionen gegen die Kapp-Putschisten und 1923 gegen die separatistischen Gruppen im Rheinland. Von 1924 bis 1930 übte Robert Stamm verschiedene Funktionen in der KPD im Rhein-Ruhr-Gebiet aus.

Er war zunächst als Volontär, später als Gewerkschafts- und Wirtschaftsredakteur bei der KPD-Zeitung "Freiheit" in Düsseldorf beschäftigt. 1930 schickte ihn die KPD-Führung als Bezirksleiter nach Bremen. 1932 wurde er als Abgeordneter in den Reichstag gewählt.

Nach dem Reichstagsbrand arbeitete er illegal weiter, verließ Anfang April 1933 Bremen und ging nach Berlin. Von Mai 1933 bis Frühjahr 1934 war er als Politischer Sekretär der KPD-Bezirksleitung Niedersachsen tätig, anschließend leitete er die Berlin-Brandenburger Organisation der KPD bis Oktober 1934.

Im November 1934 verließ er Deutschland und nahm in Moskau an den Vorbereitungen des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale teil. Auf Beschluss der KPD-Führung kehrte er Anfang März 1935 nach Berlin zurück.

Zusammen mit Adolf Rembte, Käte Lübeck und Max Maddalena wurde Stamm am 27. März 1935 von der Gestapo festgenommen. Trotz einer großen internationalen Protest- und Solidaritätsbewegung wurden Stamm und Rembte am 4. Juni 1937 vom "Volksgerichtshof" zum Tode verurteilt und am 4. November 1937 in Berlin-Plötzensee enthauptet.

Otto Wels

Ab 1919 war der 1873 geborene Otto Wels Reichstagsabgeordneter und entschiedener Anhänger der Republik. Als SPD-Parteivorsitzender griff er die Nationalsozialisten in Reden und Artikeln unerschrocken an. Bis zuletzt versuchte Wels, die Republik und ihre Verfassungsordnung zu verteidigen.

Im März 1933 wollte sich Hitler vom Parlament unabhängig machen und forderte deshalb das Recht der Gesetzgebung für seine Regierung. Dieses "Ermächtigungsgesetz" sollte vorgeblich auf vier Jahre begrenzt sein. Es bedeutete tatsächlich die völlige Entmachtung des Reichstages und die Zerstörung der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung.

Durch die Festnahme der meisten kommunistischen Abgeordneten, die Aberkennung ihrer Mandate sowie die absehbare Zustimmung des Zentrums und der Liberalen, die Hitlers Zusicherungen glaubten, stand die SPD-Reichstagsfraktion alleine vor der Aufgabe, Hitlers Pläne abzulehnen.

Otto Wels wandte sich entschieden gegen die Entmachtung des Parlaments. Er bekannte sich zu den Grundsätzen des Rechtsstaats, des Parlamentarismus, der Menschlichkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Nach seiner Rede gegen das "Ermächtigungsgesetz", die als letzte freie Rede im Reichstag gilt, wurde Wels auf der letzten SPD-Reichskonferenz am 27. April 1933 noch einmal zum Parteivorsitzenden gewählt.

Die Zerschlagung der Gewerkschaften Anfang Mai bewies ihm, dass es keinerlei Möglichkeit der legalen Opposition gegen Hitlers Regierung geben konnte. Wels emigrierte nach Prag und wurde einer der Vorsitzenden der Exil-SPD (SOPADE). 1938 floh er nach Paris, wo er ein Jahr später starb.

Werner Blumenberg

Als Sohn eines Pastors 1900 geboren, studierte Werner Blumenberg ab 1919 Theologie, Religionsgeschichte sowie orientalische Sprachen und befasste sich mit philosophischen und sozialistischen Schriften.

Er konnte sein Studium aus finanziellen Gründen nicht beenden und arbeitete danach in einem Kalibergwerk. Daneben schrieb er Artikel für die in Hannover erscheinende sozialdemokratische Tageszeitung "Volkswille", deren Lokalredakteur er 1928 wurde.

Ab 1932 bereitete er die Hannoveraner SPD auf die Illegalität vor, organisierte einige Waffen und leitete die Flugblattproduktion in die Wege. Zwischen März und Mai 1933 kritisierte er in mehreren Flugblättern die "Stillhaltetaktik" der SPD, die auf das bloße Überleben der Partei abzielen sollte.

Unterstützt von den sozialdemokratischen Funktionären Franz Nause und Willy Wendt baute Werner Blumenberg eine Widerstandsgruppe nach konspirativen Regeln auf. Seit Ende 1933 trug diese Gruppe den Namen "Sozialistische Front". Sie verteilte alle vier bis sechs Wochen die zehnseitige Flugschrift "Sozialistische Blätter" an einen zeitweilig bis zu 1000 Leser umfassenden Kreis.

Im Sommer 1936 gelang es der Gestapo, einen Spitzel in die Sozialistische Front einzuschleusen. Blumenberg konnte in der Nacht vom 16. zum 17. August 1936 in die Niederlande fliehen. Nach 1945 kehrte er nicht mehr nach Deutschland zurück und starb 1965 in Amsterdam.

Hilde Ephraim

Die 1905 geborene Fürsorgerin Hilde Ephraim arbeitete in Brandenburg an der Havel und trat dort 1931 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) bei.

1933 wurde sie wegen ihres politischen Engagements und wegen ihrer jüdischen Herkunft aus dem Staatsdienst entlassen. Sie zog nach Berlin und war hier für die SAP illegal tätig.

Nach ausgedehnten Verhaftungswellen in der Berliner Organisation gab es nur noch circa 200 SAP-Mitglieder, die in Fünfer- bzw. Dreiergruppen organisiert waren und sich kaum mehr untereinander kannten. Nur je ein Mitglied durfte die Verbindung zur nächsten Ebene halten. Treffen dienten dem Austausch von Informationen oder der Vorbereitung von Hilfen für Verfolgte.

Aufgrund ihrer Kontakte zu jüdischen Hilfsorganisationen unterstützte auch Hilde Ephraim Gefährdete und Familien von Inhaftierten. Im Frühjahr 1936 wurde sie festgenommen und bei den Verhören von Gestapobeamten schwer misshandelt. Der "Volksgerichtshof" verurteilte Hilde Ephraim am 25. Juni 1937 zu vier Jahren Zuchthaus, die sie in Lübeck und im bayerischen Amberg verbüßte. 1939 befand sie sich in der Frauenstraf- und Verwahranstalt in Aichach, wo sie die Nahrung verweigerte und schwer erkrankte.

Am 24. Juni 1940 wurde sie in der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar registriert; am 20. September 1940 erfolgte im Rahmen der "Aktion T4", bei der systematisch Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung ermordet wurden, ihre Überstellung in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz. Hier wurde sie noch am Tag der Ankunft ermordet.

Widerstand aus christlichem Glauben

Der Widerstand von Christen beider Konfessionen und von Mitgliedern der kleineren religiösen Gemeinschaften lässt sich aus dem von vielen Gläubigen als unüberbrückbar empfundenen Gegensatz von Nationalsozialismus und Christentum, aber auch als innerkirchliche Auseinandersetzung erklären.

Die Grundsätze der Religions- und Bekenntnisfreiheit fanden ihre Entsprechung im Willen zur Glaubenstreue. Sie mussten deshalb mit dem weltanschaulichen Führungsanspruch der NSDAP zusammenprallen, der Ausdruck des totalitären Charakters der NS-Ideologie war. Die Gegensätze zwischen den Gläubigen und der NSDAP zeigten sich beispielhaft, als die NS-Führung beabsichtigte, die Grenzen der Kooperation zwischen kirchlichen Institutionen und dem nationalsozialistischen Staat festzulegen.

Während die katholischen Bischöfe frühzeitig die nationalsozialistische "Irrlehre" in klaren Worten verurteilten, versuchte in der evangelischen Kirche ein großer Teil der Gläubigen, die nationalsozialistische Weltanschauung mit dem herrschenden Verständnis kirchlicher Verkündigung in Einklang zu bringen. Sie organisierten sich in der Bewegung "Deutsche Christen", die sich als Anhänger der NSDAP in der evangelischen Kirche verstanden. Sie wollten ein "artgemäßes Christentum" verkündigen und lehnten deshalb Glaubensvorstellungen ab, die vor allem die enge Verbindung zwischen Christentum und Judentum hervorhoben.

In den innerkirchlichen Auseinandersetzungen vertraten die Deutschen Christen einen entschieden nationalsozialistischen Standpunkt; sie wollten sowohl die Vielfalt der evangelischen Landeskirchen durch eine zentralisierte evangelische Reichskirche unter einem "Reichsbischof" ersetzen, als auch die Mehrheit der kirchlichen Gemeinderäte stellen. Aus diesem Grunde führten sie im Frühjahr 1933 einen sehr politisierten Kirchenwahlkampf und riefen nicht zuletzt dadurch ihre Gegner auf den Plan. Deren Wortführer wurde der Dahlemer Pastor Martin Niemöller, der mit Gleichgesinnten den "Pfarrernotbund" ins Leben rief, um den Zugriff der Deutschen Christen und damit des NS-Staates auf die evangelischen Gemeinden abzuwehren. Sie wollten die Freiheit ihres Bekenntnisses verteidigen, hielten an der Einheit von Altem und Neuem Testament fest und lehnten insbesondere die Übernahme des "Arierparagraphen" für die Kirche ab.

Evangelische Christen fanden sich später in der "Bekennenden Kirche" zusammen, um die kirchenpolitischen Übergriffe der Deutschen Christen abzuwehren. Viele Landeskirchen strebten jedoch nach einer tragfähigen Grundlage für ihr Wirken im NS-Staat, passten sich teilweise an oder versuchten, eine Art Minimalkonsens zu finden.

So schmolz der Kreis der unbedingten NS-Gegner auf wenige hundert Mitglieder der "Bekennenden Kirche", deren geistiger Wortführer Dietrich Bonhoeffer war. In der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus wurde Bonhoeffer zu einem der wichtigsten Theologen des 20. Jahrhunderts. Er prägte einen kleinen Kreis von evangelischen Geistlichen, die nach dem Zusammenbruch des NS-Staates die Erneuerung der evangelischen Kirche wesentlich beeinflussen konnten. Dietrich Bonhoeffer gehörte auch zum Kreis der Verschwörer, die den Sturz Hitlers vorbereiteten. Bonhoeffers Beispiel veranlasste dessen Freund Eberhard Bethge dazu, die "aktive Konspiration", die keine Deckung durch Institutionen mehr kannte, als letzte Steigerung des Widerstands zu bezeichnen.

QuellentextZeugnisse christlichen Widerstands

Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen.

Theologische Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen, 31. Mai 1934

Das evangelische Gewissen, das sich für Volk und Regierung mitverantwortlich weiß, wird aufs härteste belastet durch die Tatsache, daß es in Deutschland, das sich selbst als Rechtsstaat bezeichnet, immer noch Konzentrationslager gibt und daß die Maßnahmen der Geheimen Staatspolizei jeder richterlichen Nachprüfung entzogen sind.

Vorläufige Leitung und Rat der Deutschen Evangelischen Kirche, Denkschrift an Hitler, 28. Mai 1936

Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes, dem St. Bonifatius einst die Licht- und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht hat.

Papst Pius XI., Enzyklika "Über die Lage der katholischen Kirche im Deutschen Reich", 14. März 1937

Es ist nun eine erschreckende Tatsache, daß die gegenwärtigen Machthaber in Deutschland alle aufrichtigen Bibelchristen, die offen ihren Glauben an Jehova Gott bekennen und ihm dienen, schmähen, verleumden und mit grausamen Mitteln verfolgen.

Offener Brief der Zeugen Jehovas, Juni 1937

In der katholischen Kirche gab es im Unterschied zum Protestantismus eine lange Tradition des Widerstands gegen staatliche Übergriffe, aber auch ein Gefühl für die Notwendigkeit, Verfolgung aus Glaubensüberzeugung auf sich zu nehmen. Noch im Reichstagswahlkampf 1933 bezogen die katholischen deutschen Bischöfe klar Stellung gegen die NSDAP.

Nachdem Hitler in seiner Regierungserklärung vom 23. März 1933 das Christentum als Basis des Staates beschworen hatte, rückten sie jedoch von ihrer klaren Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus ab. Viele Katholiken hofften auf eine Kooperation zwischen ihrer Kirche und den neuen Machthabern. Nach längeren Verhandlungen schlossen am 20. Juli 1933 das Deutsche Reich und der Vatikan das Reichskonkordat, einen Staatskirchenvertrag, der die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und der römisch-katholischen Kirche regelte. Trotz warnender Stimmen von Vertretern des politischen Katholizismus und von einzelnen Bischöfen sahen viele Katholiken darin eine Garantie für die Unantastbarkeit ihrer Kirche und die Freiheit des Bekenntnisses.

Bereits im Herbst 1933 war jedoch klar, dass die Nationalsozialisten sich nicht an das Abkommen hielten. Die Wirkungsmöglichkeiten der katholischen Organisationen, vor allem der Jugend- und Arbeitervereine, wurden immer weiter eingeschränkt, jede nicht rein religiöse Aktivität war ihnen untersagt. Auch die katholische Presse geriet verstärkt unter Druck. Konfessionelle Schulen, die eigentlich durch das Konkordat abgesichert waren, wurden geschlossen, der Religionsunterricht durch Geistliche wurde eingeschränkt und schließlich verboten.

Einzelne Bischöfe, Geistliche und Gemeindemitglieder protestierten offen gegen die Verletzungen des Reichskonkordats und stellten sich dem weltanschaulichen Führungsanspruch der Nationalsozialisten entgegen. Prozessionen, Wallfahrten und gemeinsame Jugendfahrten wurden zu einer Demonstration der Glaubenstreue und stärkten den Zusammenhalt des katholischen Milieus.

Die Verfolgung katholischer Glaubensanhänger, die Diffamierung von Geistlichen in Devisen- und Sittlichkeitsprozessen, die Unterdrückung des katholischen Vereinslebens und der Jugendarbeit zeigten, dass die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Regime zu einer Existenzfrage für die katholische Kirche wurde. Auf Bitten der Kardinäle Karl Joseph Schulte und Michael von Faulhaber sowie der Bischöfe Konrad Graf von Preysing und Clemens August Graf von Galen entschloss sich Papst Pius XI. zu einer öffentlichen Reaktion. Es entstand schließlich ein päpstliches Rundschreiben an die Weltkirche, das unter großer Geheimhaltung nach Deutschland gebracht, vervielfältigt und an die einzelnen Pfarrgemeinden verteilt wurde.

Am 21. März 1937 wurde die Enzyklika "Mit brennender Sorge" in allen katholischen Gemeinden verlesen. Sie klagte die Rechtsbrüche des NS-Regimes an und wandte sich entschieden gegen dessen weltanschauliche Positionen. Sie verwies zudem auf die Grundlagen des katholischen Glaubens und die Aufgabe der Kirche. Zwei Tage nach der Veröffentlichung der Enzyklika untersagte die NS-Regierung die weitere Verbreitung. Es kam zu Hausdurchsuchungen und Festnahmen sowie zur Enteignung beteiligter Druckereien.

Einzelne katholische Gläubige wurden im Laufe der Jahre zu grundsätzlichen Gegnern des Nationalsozialismus und fanden den Weg in den politischen Widerstand. Vereinzelt ließen sich Bischöfe über die Pläne oppositioneller Kreise informieren und hielten während des Krieges Verbindung zu politischen Widerstandsgruppen. Auf der einen Seite gab es einzelne Gläubige, die Verfolgten halfen, stellvertretend für andere ihr Leben riskierten und schließlich auch den Weg in den engsten Kreis der Verschwörung fanden – wie beispielsweise der Jesuitenpater Alfred Delp. Auf der anderen Seite stand das nicht selten als Ausdruck des Kleinmutes oder sogar der Anpassungsbereitschaft gedeutete Verhalten einzelner Bischöfe, die den nationalsozialistischen Übergriffen nicht energisch und offen entgegentraten.

Zu den entschiedenen Wortführern eines katholischen Widerstands, der sich auch der Opfer des Staates annahm, gehörten der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg, aber auch Katholikinnen wie Margarete Sommer, die verfolgten Juden beistanden. Sie waren im Berliner Bistum aktiv, wo Bischof Konrad Graf von Preysing immer wieder versuchte, dem Anspruch des NS-Regimes entgegenzutreten.

Besondere Aufmerksamkeit erregte allerdings in Münster Bischof Clemens August Graf von Galen, als er die Ermordung von Menschen mit geistiger Behinderung anprangerte. Seine Predigten wurden abgeschrieben und von einzelnen Gläubigen, aber auch von Regimegegnern verteilt, die nicht im Katholizismus wurzelten.

Neben den Anhängern und Vertretern der großen Kirchen widersetzten sich Mitglieder kleiner religiöser Gemeinschaften, wie etwa der Zeugen Jehovas, dem NS-Staat. Sie zahlten für ihre geistliche und geistige Selbstbehauptung, aber auch für ihre Bereitschaft, anderen zu helfen, einen hohen Preis.

Bernhard Lichtenberg

Der 1875 geborene und 1899 zum Priester geweihte Bernhard Lichtenberg wirkte zuletzt als Domprobst an der Bischofskirche St. Hedwig in Berlin. In der Weimarer Republik war er Bezirksverordneter für die katholische Zentrumspartei in Berlin-Charlottenburg und gehörte dem Friedensbund Deutscher Katholiken sowie der Arbeitsgemeinschaft der Konfessionen für den Frieden an.

1933 durchsuchten die Nationalsozialisten erstmals seine Wohnung. Als konsequenter Gegner des NS-Regimes wurde Lichtenberg seit 1935 zu einem Vertrauten des neuen Berliner Bischofs Konrad Graf von Preysing.

Entschieden setzte er sich für die vom NS-Regime Verfolgten ein und beschwerte sich 1935 massiv beim preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring über die Zustände im KZ Esterwegen im Emsland. Seit dem Novemberpogrom 1938 betete er bis zu seiner Festnahme öffentlich für verfolgte Juden und war als Leiter des Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat Berlin für zahlreiche Hilfsmaßnahmen verantwortlich. 1941 protestierte er in einem Brief an den Reichsärzteführer Leonardo Conti gegen die Krankenmorde.

Die Gestapo, die Lichtenberg überwachte, nahm ihn nach einer Denunziation am 23. Oktober 1941 fest. Am 22. Mai 1942 wurde er vom Sondergericht I beim Landgericht Berlin zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, die er im Gefängnis Berlin-Tegel und im Arbeitserziehungslager Wuhlheide verbüßte.

Nach dem Ende der Haft wurde er in das KZ Dachau überstellt. Auf dem Transport dorthin starb der schwerkranke Priester am 5. November 1943 in Hof an der Saale.

Rupert Mayer

Der 1876 geborene Rupert Mayer studierte Philosophie und Theologie in Fribourg (Schweiz), München, Tübingen und am Priesterseminar Rottenburg, wo er 1899 zum Priester geweiht wurde.

Nach seiner Aufnahme in den Jesuitenorden verbrachte er einige Jahre als Missionar in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und in der Schweiz. 1912 kam er als Seelsorger nach München.

Im Ersten Weltkrieg, an dem er als Feld- und Divisionsgeistlicher teilnahm, erlitt er eine schwere Verwundung, die zur Amputation eines Beines führte.

Bereits in den frühen 1920er-Jahren setzte sich Mayer in München mit dem Nationalsozialismus auseinander. Die Münchener Gläubigen schätzten ihn vor allem als Helfer und Seelsorger im sozialen Elend der Großstadt.

Die Gestapo verhängte 1937 ein Predigtverbot für Mayer, das dieser jedoch nicht befolgte. Er wurde mehrmals wegen regimekritischer Predigten festgenommen, verurteilt und im Dezember 1939 in das KZ Sachsenhausen verschleppt.

Nach seiner Entlassung im April 1940 stand er unter Hausarrest und durfte das Kloster Ettal bei Garmisch nicht mehr verlassen. Pater Rupert Mayer kehrte erst im Mai 1945 nach München zurück. Wenige Monate später starb er an den Folgen seiner Haft.

Papst Johannes Paul II. sprach Rupert Mayer am 3. Mai 1987 in München selig.

Friedrich Weißler

Friedrich Weißler kam als Sohn des Juristen Adolf Weißler 1891 in Oberschlesien zur Welt. Seine Eltern, die sich vom Judentum gelöst hatten, ließen ihn und seine zwei Brüder evangelisch taufen.

Friedrich Weißler studierte Jura und promovierte 1914. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg setzte er seine juristische Ausbildung fort und wurde 1922 Hilfsrichter in Halle. Im selben Jahr heiratete er Hanna Schäfer. 1932 wurde Weißler Landgerichtsdirektor in Magdeburg.

Am 21. Juli 1933 wurde er nach vorhergehenden Schikanen durch die SA aus dem Justizdienst entlassen. Kurz zuvor hatte Weißler gegen einen in SA-Uniform erschienenen Angeklagten ein Ordnungsgeld verhängt.

Nachdem seine Proteste gegen die Entlassung erfolglos blieben, ging Weißler nach Berlin und wurde im November 1934 juristischer Berater und 1936 Leiter der Kanzlei der Vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche. Er war 1936 maßgeblich an der Ausarbeitung der regimekritischen Denkschrift der Vorläufigen Leitung und des Rates der Deutschen Evangelischen Kirche an Hitler beteiligt. Das Papier gelangte an die Auslandspresse und erregte erhebliches internationales Aufsehen.

Weißler wurde der Weitergabe des Papiers bezichtigt. Nachdem sich auch die Kirchenleitung von ihm distanzierte, erfolgte am 3. Oktober 1936 seine Festnahme. Am 13. Februar 1937 wurde Friedrich Weißler in das KZ Sachsenhausen verschleppt, dort schwer misshandelt und am 19. Februar 1937 ermordet.

Martin Niemöller

1892 in einem westfälischen Pfarrhaus geboren, kaisertreu und deutschnational erzogen, nahm Martin Niemöller als U-Boot-Kommandant am Ersten Weltkrieg teil. Ab 1919 studierte er Theologie und wurde 1924 Geschäftsführer der Inneren Mission in Westfalen. Seit 1931 war er Gemeindepfarrer in Berlin-Dahlem.

Niemöller tolerierte und unterstützte zunächst die NSDAP, geriet jedoch bald in Konflikt mit dem neuen Regime. Er wehrte sich gegen die Einflussnahme der Deutschen Christen auf die evangelischen Kirchen und rief, als der "Arierparagraph" auch in der Kirche eingeführt wurde, mit anderen Pfarrern den Pfarrernotbund ins Leben. Wiederholt setzte er sich in seinen Predigten für die Unabhängigkeit der Kirche von Staat und NSDAP ein.

Im März 1934 verhängte das NS-Regime ein zeitweiliges Redeverbot gegen Niemöller. Ein Jahr später wurde er zusammen mit mehreren hundert Pfarrern festgenommen, die sich gegen Angriffe des NS-Ideologen Alfred Rosenberg wandten.

Von der Gestapo ständig überwacht und am 1. Juli 1937 erneut festgenommen, verurteilte ihn ein Berliner Gericht am 7. Februar 1938 zu neun Monaten Festungshaft.

Am darauffolgenden Tag wurde Niemöller jedoch als "persönlicher Gefangener" Adolf Hitlers auf dessen Befehl in das KZ Sachsenhausen eingeliefert und von den anderen Häftlingen isoliert.

Am 11. Juli 1941 wurde er in das KZ Dachau verlegt und im April 1945 mit weiteren Häftlingen nach Südtirol verschleppt. Alliierte Soldaten konnten ihn und seine Mithäftlinge Anfang Mai 1945 befreien.

Dietrich Bonhoeffer

Der 1906 als Sohn des bekannten Psychiaters und Neurologen Karl Bonhoeffer geborene Dietrich Bonhoeffer wurde nach Theologiestudium und Habilitation Studentenpfarrer in Berlin.

Bereits 1933 galt er als entschiedener Gegner der Nationalsozialisten und begründete in seinem Aufsatz "Die Kirche vor der Judenfrage" die Pflicht der Christen zum Widerstand gegen staatliche Unrechtshandlungen.

Von 1935 bis 1937 leitete er das Predigerseminar der Bekennenden Kirche, das zunächst in Zingst, später in Finkenwalde bei Stettin angesiedelt war. Die von Bonhoeffer geleiteten Kurse prägten alle Teilnehmer entscheidend in ihrer theologischen Entwicklung.

1937 untersagte Reichskirchenminister Hanns Kerrl die Fortsetzung dieser Seminare. In "Sammelvikariaten" wurden Theologen der Bekennenden Kirche jedoch bis 1940 weiter auf ihren Dienst vorbereitet.

1938 war Bonhoeffer in die Staatsstreichplanungen seines Schwagers Hans von Dohnanyi eingeweiht. 1940 von Dohnanyi und Oster ins Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht eingezogen, reiste er mehrmals ins Ausland, um Verbindungen zu alliierten Regierungen zu knüpfen.

Anfang April 1943 wurde Bonhoeffer festgenommen. Ohne Gerichtsverfahren blieb er zwei Jahre im Gefängnis Tegel in Haft. Hier entstanden seine bedeutendsten theologischen Werke. Im Februar 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer in das KZ Flossenbürg gebracht und hier am 9. April 1945 nach einem SS-Standgerichtsverfahren ermordet.

Elfriede Löhr

Elfriede Löhr kam 1910 in München als Tochter eines Zahnarztes zur Welt. Bereits im Alter von 16 Jahren schloss sie sich den Bibelforschern an und gehörte nach 1933 zu den aktivsten Zeuginnen Jehovas in Bayern.

Nach dem reichsweiten Verbot der Glaubensgemeinschaft 1935 beteiligte sie sich an der Herstellung und Verbreitung von illegalen Schriften und leitete heimliche Treffen. Als die Zeugen Jehovas im Dezember 1936 in einer deutschlandweiten Protestaktion die "Luzerner Resolution" verbreiteten, in der sie gegen die Verfolgung und die Misshandlungen ihrer Mitglieder protestierten, wirkte Löhr aktiv daran mit.

Nach Verhaftungswellen im Herbst 1936 und im Frühjahr 1937 gegen die Glaubensgemeinschaft rückten zunehmend Frauen in führende Positionen auf. Ab Frühjahr 1937 war Elfriede Löhr in Bayern als Leiterin (Bezirksdienerin) der illegalen Organisation der Zeugen Jehovas tätig. Als Kurierin transportierte sie im Ausland hergestellte Schriften und Ausgaben der religiösen Zeitschrift "Der Wachtturm" zu den verschiedenen Gruppen in ganz Deutschland. Die zweite groß angelegte Flugblattaktion im Juni 1937, die Verteilung des "Offenen Briefes", bereitete Löhr maßgeblich mit vor.

Elfriede Löhr wurde am 21. August 1937 in Berlin festgenommen und blieb ohne Urteil in Haft. Im Januar 1939 wurde sie ins KZ Lichtenburg verschleppt und im Mai 1939 in das neu errichtete Frauen-KZ Ravensbrück überstellt, wo sie bis Kriegsende in Haft blieb.

Widerstand und Exil

Ab 1933 flohen über eine halbe Million Deutsche vor den Nationalsozialisten ins Ausland. Für sie bedeutete die Emigration eine schmerzhafte und oftmals endgültige Trennung von dem Land, in dem sie aufgewachsen waren. Unter ihnen befanden sich etwa 350.000 deutsche Juden, deren Hoffnungen sich vielfach auf einen eigenen Staat in Palästina richteten.

Eine Rückkehr nach Deutschland wünschten sich dagegen viele der Flüchtlinge, die aus politischen oder weltanschaulichen Gründen auswanderten. Solange ihr Land vom NS-Terrorregime beherrscht wurde, wollten sie im Ausland das "andere, bessere Deutschland" verkörpern.

Die Emigranten kamen aus unterschiedlichen politischen, kulturellen und kirchlichen Gruppierungen. Neben Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftern fanden sich parteipolitisch unabhängige Pazifisten ebenso wie konservative Regimegegner und Mitglieder der ehemaligen Zentrumspartei.

Immer wieder versuchten die Regierungen des Auslands, den Zustrom von Flüchtlingen zu begrenzen. Sie verlangten manchmal den Nachweis gesicherter Vermögensverhältnisse, untersagten die Erwerbstätigkeit oder verboten jede politische Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur. Den deutschen Emigranten schlug in ihren Gastländern oftmals Ablehnung entgegen. Viele von ihnen wurden ausgewiesen oder unter ein verschärftes Fremdenrecht gestellt.

Fehlende Sprachkenntnisse und fremde Lebensbedingungen, Rechtlosigkeit, da sie ihrer deutschen Staatsbürgerschaft und damit ihrer Freizügigkeit beraubt waren, wirtschaftliche Not und die immer schwächer werdende Hoffnung auf Heimkehr bedrängten fast alle Flüchtlinge. Sie fühlten sich als Außenseiter und suchten die Verbindung zu Landsleuten.

Zunehmend überwanden die Emigranten, die häufig ganz unterschiedliche politische Ziele verfolgten und noch lange durch die Auseinandersetzungen der Weimarer Zeit geprägt blieben, ihre Gegensätze. Sie einte nun vor allem der Wille, den Nationalsozialismus von außen zu bekämpfen.

Mittelpunkte des deutschen politischen Exils aus der Arbeiterbewegung bildeten sich zunächst in Prag und Paris, danach in London, Stockholm und Moskau. Von Prag aus setzte der Exil-Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SOPADE) den Kampf gegen Hitler fort. Paris wurde der geistige Mittelpunkt der aus Deutschland emigrierten Intellektuellen. Sie bemühten sich, eine "Volksfront" zu bilden, die von Anhängern verschiedener politischer Gruppen und Richtungen verstärkt wurde. Kommunisten, Sozialdemokraten und Sozialisten wollten vom Exil aus ihre Gruppen im Reich unterstützen. Sie veröffentlichten Nachrichtenblätter, Zeitschriften und Aufrufe, um über die Verhältnisse in Deutschland zu informieren oder die deutschen Widerstandsgruppen mit Nachrichten zu versorgen. Unter den Bedingungen des von Hitler 1939 entfesselten Weltkrieges und nach der Besetzung Frankreichs war dies aber fast nicht mehr möglich.

Im Spanischen Bürgerkrieg (Juli 1936 – April 1939) ergriffen die ins Ausland geflüchteten NS-Gegner die Partei der spanischen Republik gegen die nationalistischen Putschisten unter General Franco, die von Deutschland militärisch unterstützt wurden. Ausschlaggebend dafür war die Hoffnung, später auch den Nationalsozialismus in Deutschland überwinden zu können. Von den rund 5000 deutschen Freiwilligen auf Seiten der spanischen Republik fielen mehr als 1000.

Der "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938, die Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 und schließlich der Einmarsch deutscher Truppen in Prag im März 1939 bedrohten die dort lebenden Emigranten. Sie mussten erneut vor den Nationalsozialisten fliehen. Als Frankreich im Sommer 1940 unerwartet rasch von deutschen Truppen besiegt und besetzt wurde, begann auch für die Flüchtlinge dort ein Wettlauf mit den vorrückenden deutschen Soldaten. Einige konnten nach Großbritannien oder in die Vereinigten Staaten entkommen, andere suchten Sicherheit in Lateinamerika oder im Fernen Osten. Die meisten der zurückbleibenden Emigranten wurden von den Franzosen, ungeachtet ihrer Gegnerschaft zum NS-Regime, als Angehörige eines feindlichen Staates in Lagern interniert. Einzelne Flüchtlinge wurden nach der Kapitulation Frankreichs sogar an die Nationalsozialisten ausgeliefert. Sie kamen später fast ausnahmslos in Gefängnissen oder Konzentrationslagern ums Leben.

Einige Gruppen und einzelne Emigranten, denen die Flucht in sichere Länder gelungen war, konnten dort in einigen Fällen die deutschlandpolitischen Vorstellungen der Alliierten beeinflussen und auf diese Weise das NS-Regime von außen bekämpfen.

Theodor Lessing

Der 1872 geborene Philosoph Theodor Lessing war vor dem Ersten Weltkrieg Lehrer an verschiedenen Reformschulen. Trotz seiner Qualifikation blieb ihm als Jude und Sozialdemokrat eine akademische Karriere zunächst versagt. Erst 1907 wurde er an der Technischen Hochschule (TH) Hannover habilitiert, war dort Privatdozent und ab 1922 außerordentlicher Professor für Philosophie. Daneben erlangte er Bekanntheit durch seine journalistische Arbeit für verschiedene Tageszeitungen.

Sein kritisches Porträt des neuen Reichspräsidenten Hindenburg diente völkischen Studenten in Hannover 1925 als Vorwand für eine antisemitische Kampagne gegen ihn. Es kam zu Vorlesungsblockaden, Morddrohungen und Übergriffen. Die TH Hannover konnte ihm die allgemeine Lehrberechtigung zuerst nicht entziehen, wandelte jedoch seinen Lehrauftrag in einen Forschungsauftrag um.

Anfang März 1933 floh Lessing in die Tschechoslowakei. Im Sommer nahm er am Prager Zionistenkongress teil, einer internationalen Konferenz, die die Gründung eines eigenen Staates der Juden zum Ziel hatte. Theodor Lessing plante, zusammen mit seiner Frau im tschechoslowakischen Marienbad ein Landerziehungsheim zu eröffnen. Die NS-Presse streute zur selben Zeit Gerüchte über ein hohes Kopfgeld, das auf ihn ausgesetzt sei.

Am 31. August 1933 erlag Theodor Lessing den Schussverletzungen, die ihm zwei Nationalsozialisten am Tag zuvor in seiner Marienbader Wohnung zugefügt hatten. Dieser erste politische Mord an einem deutschen Regimegegner im Ausland sorgte weltweit für Empörung.

Ernst Reuter

1889 in eine bürgerliche Familie geboren, studierte Ernst Reuter Geschichte, Germanistik und Geografie in Marburg und München. 1912 trat Reuter in die SPD ein, arbeitete als Hauslehrer und anschließend als professioneller Redner für die SPD. Im Ersten Weltkrieg geriet er in russische Kriegsgefangenschaft und engagierte sich für die Bolschewiki, die in der Oktoberrevolution 1917 die Macht in Russland übernahmen.

1918 kehrte er nach Berlin zurück und arbeitete zunächst für die KPD, ab 1922 wieder für die SPD. 1931 zum Oberbürgermeister von Magdeburg gewählt, wurde er nach Übergriffen der SA am 13. März 1933 abgesetzt. Wenige Tage später, am 23. März 1933, stimmte er als Reichstagsabgeordneter mit der SPD-Fraktion gegen das "Ermächtigungsgesetz". Als bekannter sozialdemokratischer Politiker wurde er in den Jahren 1933/34 mehrfach festgenommen, misshandelt und inhaftiert.

1935 floh Ernst Reuter nach Großbritannien und bald darauf in die Türkei. Er arbeitete im Wirtschafts- und im Verkehrsministerium in Ankara und war maßgeblich am Aufbau der türkischen Verwaltung beteiligt. Später unterrichtete Reuter auch als Hochschullehrer. Er hatte Kontakte zu deutschen Emigranten in der Türkei sowie in anderen Ländern und gehörte 1943 zu den Mitbegründern des Deutschen Freiheitsbundes in Istanbul.

Ernst Reuter kehrte 1946 nach Berlin zurück, wo er zwischen 1948 und seinem Tod 1953 als Regierender Bürgermeister von Berlin eine Symbolfigur für den Freiheitswillen der Berliner im Westteil der Stadt war.

Irma Götze

Die 1912 geborene Kinderpflegerin Irma Götze war Mitglied der anarcho-syndikalistischen Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD) und aktiv in der Leipziger Meute, einer Gruppe vor allem jugendlicher Oppositioneller. Im Untergrund agierte sie als Kurierin und Grenzgängerin in die Tschechoslowakei. Sie wirkte auch an der Herstellung illegaler Schriften mit.

1935 floh Irma Götze nach Spanien und nahm 1936 auf Seiten der Republikaner am Spanischen Bürgerkrieg in Katalonien teil. Besonders engagierte sie sich in der politischen Arbeit der deutschen Anarcho-Syndikalisten in Barcelona und bei der Versorgung der Milizionäre.

Innerhalb der sehr heterogen zusammengesetzten Front der Republikaner versuchten sich die Moskautreuen Kommunisten – teilweise gewaltsam – gegen Anarcho-Syndikalisten und Trotzkisten durchzusetzen. Diesen Querelen fiel auch Irma Götze zum Opfer. Im Mai 1937 wurde sie von der sowjetischen Geheimpolizei GPU festgenommen, in das berüchtigte Geheimgefängnis Puerta del Angel verschleppt und später in ein Frauengefängnis überführt.

Nach ihrer Freilassung ging Irma Götze 1939 nach Frankreich. Dort wurde sie 1940 und 1941 in den Lagern Gurs, Argelès-sur-Mer und Rivesaltes als "feindliche Ausländerin" interniert und geriet schließlich in die Hände der Gestapo. Das Oberlandesgericht Dresden verurteilte sie 1942 wegen der illegalen Arbeit für die FAUD zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Nach deren Verbüßung im Zuchthaus Waldheim wurde sie in das KZ Ravensbrück verschleppt. Dort traf Irma Götze nach neun Jahren ihre Mutter Anna wieder, die bereits acht Jahre inhaftiert gewesen war. Beide überlebten das Kriegsende.

Formierung der militärisch-zivilen Opposition

Bis heute ist die Frage ungeklärt, welche politischen Traditionen das Scheitern der Weimarer Republik und den Erfolg des Nationalsozialismus begünstigt haben. Die Bereitschaft, die Weimarer Verfassungsordnung als Grundlage deutscher Politik zu akzeptieren und zu verteidigen, war vor 1933 nur schwach ausgeprägt: "Herzensrepublikaner" waren selten, und die "Vernunftrepublikaner" waren kaum bereit, sich mit ihrer ganzen Kraft für einen Staat einzusetzen, in dem sie nach dem Untergang der Monarchie nur das kleinere Übel sahen.

Vor allem liberale und konservative Kreise neigten dazu, zunächst einmal die unmittelbaren politischen Folgen und nicht zuletzt auch die ersten Ergebnisse der Regierungsübertragung an Hitler abzuwarten. Sie gingen zudem davon aus, dass dieser entweder scheitern oder auf die Unterstützung der rechten politischen Mitte angewiesen sein werde. Letzterer schrieben sie die Kraft zu, die nationalsozialistische Bewegung einzurahmen, gar zu zähmen, und Hitler so an die Wand zu drücken, "dass er quietscht", wie Hitlers Vizekanzler Franz von Papen selbstbewusst verkündet haben soll.

Doch im Sog einer von Hitler und seinem Propagandaminister Joseph Goebbels inszenierten Begeisterungsstimmung verfestigte sich bei Vielen der Eindruck, sich im Rahmen der "nationalen Konzentration" der Kräfte einer "nationalen Erneuerung Deutschlands" nicht entziehen zu können. Sie sahen sich veranlasst, ihre distanzierte Haltung aufzugeben oder zumindest zu unterdrücken und die innen- und außenpolitischen Forderungen Hitlers breit, nicht selten auch demonstrativ, zu unterstützen. Teilweise hatten sie bereits in Distanz zum Weimarer Staat gestanden und stimmten partiell – allerdings oftmals auch vergleichsweise weitgehend – mit den Zielen nationalsozialistischer Außen- und Gesellschaftspolitik überein.

Wenn nach einer belastenden Phase der Anpassung an den herrschenden Zeitgeist die kritische Distanz gegenüber dem NS-Staat überwog oder wieder auflebte, gab es auch für ehemals einflussreiche Vertreter liberaler und konservativer Parteien keine Möglichkeit, aktiv einen Umsturz aus dem unmittelbaren Zentrum der Macht herbeizuführen. Denn im nationalsozialistischen Führerstaat, der die Einheit von Partei und Staat verkörpern sollte, waren einflussreiche Ämter – bis auf ganz wenige Ausnahmen, die vor allem Deutschnationale betrafen – den Mitgliedern der NSDAP vorbehalten.

Auch im Falle der Regimegegner aus liberalen und konservativen Kreisen verliefen die Auseinandersetzungen mit den Strukturen des NS-Staates und seiner Politik nicht als kontinuierlicher Prozess. Vielmehr waren sie eine Abfolge ständig neuer Versuche, mit Gleichgesinnten eine gemeinsame politische Basis zu finden, konspirative Netze zu bilden, Phasen der Entmutigung zu überwinden oder durch Versetzung, Umzug, Einschüchterungen und Verhaftungen zerstörte Kontakte neu aufzubauen bzw. den jeweils geänderten Bedingungen anzupassen.

Position des Militärs

Hitler konnte nach seiner Ernennung zum Reichskanzler die Reichswehrführung mit den Versprechen für sich gewinnen, Deutschland wieder zu größerer militärischer Geltung zu verhelfen, die Reichswehr aufzurüsten und die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Viele hohe Militärs teilten Hitlers Ziele, die er ihnen bereits am 3. Februar 1933 im Berliner Bendlerblock eröffnet hatte. Dazu gehörten die "Ausrottung des Marxismus mit Stumpf und Stiel", die "straffste autoritäre Staatsführung" sowie die "Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung".

Andere ließen sich durch Hitlers außenpolitische Erfolge ebenso beeindrucken wie die meisten Deutschen. Auch die Ausschaltung der als Konkurrenz wahrgenommenen "Sturm-abteilung" (SA) der NSDAP im Zuge einer Mordaktion Ende Juni 1934 ("Röhm-Putsch") wurde von großen Teilen der militärischen Führung begrüßt. Dass im Zuge dieser Säuberungswelle auch der General und ehemalige Reichskanzler Kurt von Schleicher, sein enger Mitarbeiter Generalmajor Ferdinand von Bredow, der katholische Regimekritiker Erich Klausener sowie der konservative Berater Franz von Papens, Edgar Julius Jung, ermordet wurden, öffnete erstmals einigen Offizieren die Augen. Ihnen wurde bewusst, dass sie einem Unrechtsregime dienten.

Umsturzplanungen 1938

Am 5. November 1937 stellte Hitler dem Reichsaußenminister, dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht und den Oberbefehlshabern von Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe seine Kriegspläne vor. Sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass er zielstrebig einen Krieg vorbereitete, der die Vorherrschaft Deutschlands in Europa sichern und "Lebensraum im Osten" schaffen sollte. Viele der Offiziere, die von diesen Plänen erfuhren, befürchteten eine militärische Niederlage und damit eine nationale Katastrophe. Aus ersten Vorbehalten erwuchs bei regimekritischen Militärs der Wunsch, sich den Kriegsplänen zu widersetzen. So versuchte der Generalstabschef des Heeres, Ludwig Beck, zunächst mit Denkschriften auf die Politik Hitlers einzuwirken. Doch dieser hielt an seinem Vorhaben fest.

Anfang des Jahres 1938 nutzte Hitler Intrigen zur Entlassung des Reichskriegsministers und Oberbefehlshabers der Wehrmacht, Werner von Blomberg, und des Oberbefehlshabers des Heeres, Werner Freiherr von Fritsch, und übernahm nun selbst den Oberbefehl über die Wehrmacht, um seine Pläne durchzusetzen. Die politische Entmachtung der Heeresspitze bestätigte einige jüngere Offiziere und Beamte in ihrer Ablehnung des Regimes.

Nachdem er die Generalität vergeblich zum kollektiven Rücktritt aufgerufen hatte, um so den drohenden Krieg in Europa zu verhindern, trat Ludwig Beck im August 1938 von allen Ämtern zurück. Als zentrale Gestalt der Militäropposition forderte er in ständiger Abstimmung mit Carl Friedrich Goerdeler, dem führenden Kopf der zivilen Widerstandskreise, ein gemeinsames Handeln von Zivilisten und Offizieren. Um die beiden entstand ein Kreis militärischer und ziviler Regimegegner. Sie nutzten ihre Verbindungen zu aktiven Militärs, Diplomaten und Verwaltungsbeamten, um möglichst nah am Zentrum der Macht – aus dem Militär- und Staatsapparat heraus – einen Umsturz zu wagen. So versuchten Diplomaten um Ulrich von Hassell und Theodor Kordt noch im Sommer 1938 in London eine entschiedene Stellungnahme der britischen Regierung zu erwirken, um auf diese Weise Hitlers Eroberungspläne gegenüber der Tschechoslowakei zu durchkreuzen.

Parallel zur Beck/Goerdeler-Gruppe bildete sich im Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht um den damaligen Oberstleutnant Hans Oster ein Kreis von Oppositionellen, der mit zivilen Regimegegnern wie Hans von Dohnanyi und Hans Bernd Gisevius zusammenarbeitete. Im Sommer 1938 wurde er zur "operativen Zentrale" aller Staatsstreichplanungen. Einige Truppenkommandeure konnten für den Umsturz gewonnen werden. Dazu gehörten der Befehlshaber des Wehrkreises III (Berlin), Erwin von Witzleben, der Kommandeur der 23. Infanteriedivision in Potsdam, Walter Graf von Brockdorff-Ahlefeldt, und Paul von Hase, Kommandeur des 50. Infanterieregiments in Landsberg an der Warthe.

Während des Umsturzes sollte Hitler von einem Stoßtrupp festgenommen und später abgeurteilt werden, da die Verbrechen des Regimes immer offenkundiger geworden waren. Den Auftrag zur Festsetzung Hitlers erhielt Major Friedrich Wilhelm Heinz, ein ehemaliger Freikorpskämpfer und Stahlhelmführer, der seit 1936 in der Abwehr tätig war. Er zog frühere Stahlhelmangehörige, Jungkonservative und Nationalrevolutionäre hinzu, die Hitlers Ausschaltung radikaler vorantreiben wollten. Während Ludwig Beck Hitler vor Gericht stellen und Hans von Dohnanyi ihn für geisteskrank erklären wollte, plante Heinz, den Diktator beim Eindringen in die Reichskanzlei im Zuge eines provozierten Schusswechsels zu töten. Hans Oster billigte dieses offensichtlich nicht mit den Generalen Franz Halder und Erwin von Witzleben abgesprochene Vorgehen, sodass heute auch von einer "Verschwörung in der Verschwörung" gesprochen wird.

Die Verschwörer wollten handeln, wenn ein Krieg unmittelbar bevorstand und Hitler die Mobilmachung gegen die Tschechoslowakei befehlen würde. Dieser verlangte im September 1938 immer drängender den Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich. Die Krise um diesen hauptsächlich von Deutschen bewohnten Teil der Tschechoslowakei spitzte sich stetig zu. In der letzten Septemberwoche hielten sich die Verschwörer in der Erwartung des Angriffsbefehls bereit. Doch der italienische Diktator Benito Mussolini machte ein neues Vermittlungsangebot. Auf der Münchener Konferenz am 29. September 1938, zu der die Vertreter der tschechoslowakischen Regierung nicht eingeladen waren, stimmten Frankreich und Großbritannien den deutschen Gebietsforderungen zu. Ostmitteleuropa wurde den Nationalsozialisten mit Zustimmung anderer europäischer Mächte preisgegeben, der Krieg war noch einmal vermieden worden. Nach dem Münchener Abkommen befand sich Hitler auf einem neuen Höhepunkt seiner Macht und Popularität. Die meisten Deutschen wie auch viele Offiziere stimmten seiner Politik zu. Die Verschwörer hielten jetzt einen erfolgreichen Staatsstreich nicht mehr für möglich und stoppten alle Vorbereitungen.

QuellentextSorge vor einem zweiten Weltkrieg

Der Führer hält anscheinend eine gewaltsame Lösung der sudetendeutschen Frage durch Einmarsch in die Tschechei für unabwendbar; er wird in dieser Auffassung bestärkt durch eine Umgebung verantwortungsloser, radikaler Elemente. Über die Einstellung von Göring ist man geteilter Auffassung. Die einen glauben, dass er den Ernst der Lage erkennt und versucht, auf den Führer beruhigend einzuwirken, die anderen meinen, dass er wie in dem Falle Blomberg und Fritsch ein doppeltes Spiel treibt und umfällt, wenn er vor dem Führer steht.

Alle aufrechten und ernsten deutschen Männer in staatsverantwortlichen Stellungen müssen sich berufen und verpflichtet fühlen, alle erdenklichen Mittel und Wege bis zur letzten Konsequenz anzuwenden, um einen Krieg gegen die Tschechei abzuwenden, der in seinen Auswirkungen zu einem Weltkrieg führen muss, der das Finis Germaniae bedeuten würde.

Die höchsten Führer in der Wehrmacht sind hierzu in erster Linie berufen und befähigt, denn die Wehrmacht ist das ausübende Machtmittel der Staatsführung in der Durchführung eines Krieges.

Es stehen hier letzte Entscheidungen für den Bestand der Nation auf dem Spiel; die Geschichte wird diese Führer mit einer Blutschuld belasten, wenn sie nicht nach ihrem fachlichen und staatspolitischen Wissen und Gewissen handeln. Ihr soldatischer Gehorsam hat dort eine Grenze, wo ihr Wissen, ihr Gewissen und ihre Verantwortung die Ausführung eines Befehles verbietet. Finden ihre Ratschläge und Warnungen in solcher Lage kein Gehör, dann haben sie das Recht und die Pflicht vor dem Volk und vor der Geschichte, von ihren Ämtern abzutreten.

Wenn sie alle in einem geschlossenen Willen so handeln, ist die Durchführung einer kriegerischen Handlung unmöglich. Sie haben damit ihr Vaterland vor dem Schlimmsten, vor dem Untergang bewahrt. Es ist ein Mangel an Größe und an Erkenntnis der Aufgabe, wenn ein Soldat in höchster Stellung in solchen Zeiten seine Pflichten und Aufgaben nur in dem begrenzten Rahmen seiner militärischen Aufträge sieht, ohne sich der höchsten Verantwortung vor dem gesamten Volke bewusst zu werden.

Außergewöhnliche Zeiten verlangen außergewöhnliche Handlungen!

Andere aufrechte Männer in staatsverantwortlichen Stellungen außerhalb der Wehrmacht werden sich auf ihrem Wege anschließen. Wenn man die Augen und Ohren offen hält, wenn man sich durch falsche Zahlen nicht selbst betrügt, wenn man nicht in dem Rausch einer Ideologie lebt, dann kann man nur zu der Erkenntnis kommen, dass wir zurzeit wehrpolitisch (Führung, Ausbildung und Ausrüstung), wirtschaftspolitisch und stimmungspolitisch für einen Krieg nicht gerüstet sind.

Der Gedanke eines "Blitzkrieges" (nach 2 Tagen in Prag ?) ist ein unsinniger Traum; man sollte aus der modernen Kriegsgeschichte gelernt haben, dass überfallartige Überraschungen kaum jemals zu einem dauernden Erfolg geführt haben.

Unsere Vorbereitungen (Westen) sind oder werden so klar erkennbar, dass mit Präventivmaßnahmen der Gegner gerechnet werden muss. Die Kriegspropaganda in der ausländischen Presse hat bereits eingesetzt. […]

Für den Fall, dass es durch Einspruch berufener Männer noch gelingen sollte, einen Krieg zu vermeiden, ist mit erheblichen innerpolitischen Spannungen zu rechnen.

Man wird von radikaler Seite erklären, dass die Durchführung der Absichten des Führers an der Unfähigkeit der Wehrmacht und ihrer Führer gescheitert ist. Erneute und verstärkte Diffamierungen werden einsetzen. Hier gilt es, ein wachsames Auge und Ohr zu behalten.

Der Führer soll in kleinem Kreise erklärt haben, den Krieg gegen die Tschechei muss ich noch mit den alten Generalen führen, den Krieg gegen England und Frankreich führe ich mit einer neuen Führerschicht.

Man wird sich daher entschließen müssen, in unmittelbarer oder nachfolgender Verbindung mit einem Einspruch nunmehr eine klärende Auseinandersetzung zwischen Wehrmacht und SS herbeizuführen.

Auch wäre hierbei eine brutal klare Schilderung der wahren Stimmung im Volke am Platze, die sehr wesentlich durch die aufkommende Bonzokratie im Dritten Reich hervorgerufen ist.

Über den Zeitpunkt dieser Maßnahmen ist zu sagen:
Man kann wohl damit rechnen, dass im Laufe der Sommermonate (August) eine vielleicht noch in versöhnendem Tone gehaltene englische und französische Note eingehen wird, der dann in einem gewissen Abstande eine in Form eines Ultimatums abgefasste Note folgen wird, die der Staatsführung ein Ausweichen oder Nachgeben nicht mehr möglich macht, wenn nicht ohnehin Präventivmaßnahmen vom Gegner ergriffen werden.

Infolgedessen erscheint der Zeitpunkt: unmittelbar nach Eingang der ersten Note – für evtl. Maßnahmen als der günstigste.

Schließlich darf noch eine Überlegung angedeutet werden: ob man sich nicht bewusst auf den Standpunkt stellen sollte, dass die augenblickliche Einstellung des Führers und die von ihm befohlenen Maßnahmen nur als ein beabsichtigter großer Bluff dem Gegner gegenüber anzusehen sind, und sein Verhalten darauf einstellt: d.h. dass man nicht glauben kann, dass die befohlenen Maßnahmen wirklich zu einem Krieg führen sollen, sondern sie nur für einen genialen Bluff hält.

Allerdings könnte diese Einstellung ein gefährliches Spiel bedeuten.

Vortragsnotiz von Ludwig Beck vom 16. Juli 1938 mit Überlegungen zum Verhalten der obersten militärischen Führung angesichts der Gefahr eines Krieges mit der Tschechoslowakei, Bundesarchiv/Militärarchiv

Hans von Dohnanyi

Zwischen 1929 und 1938 im Reichsjustizministerium tätig, sammelte der 1902 geborene Hans von Dohnanyi als persönlicher Referent von Reichsjustizminister Franz Gürtner systematisch Informationen über nationalsozialistische Verbrechen.

Ab Anfang 1938 hatte er Kontakt zu oppositionellen Militärs und war zusammen mit Ludwig Beck, Hans Oster und Erwin von Witzleben führend an der Vorbereitung eines Staatsstreichversuches im September 1938 beteiligt. Auf Druck der NSDAP-Parteikanzlei musste Dohnanyi 1938 aus dem Ministerium ausscheiden und wurde an das Reichsgericht versetzt.

Im Herbst 1939 forderte ihn Oster für das Amt Ausland/Abwehr an. Hans von Dohnanyi sollte hier im Geheimen weiter an der Vorbereitung eines Staatsstreiches gegen Hitler arbeiten. Er war durch seine Tätigkeit frühzeitig über den Massenmord an den europäischen Juden informiert und leitete Berichte seines Schwagers Dietrich Bonhoeffer über die Judendeportationen an hohe Militärs weiter, um diese zum Einschreiten zu bewegen. Im Frühjahr 1942 beschloss er, wenigstens einige von der Deportation bedrohte Familien in Sicherheit zu bringen.

Bereits am 5. April 1943 wurde Dohnanyi wegen eines angeblichen Devisenvergehens verhaftet. Nach dem 20. Juli 1944 wurde ein Teil der von ihm vor 1938 gesammelten Dokumente über NS-Verbrechen von der Gestapo entdeckt. Dohnanyi, nach langer Haft in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße schwer krank, wurde wegen seiner Beteiligung an den Umsturzvorbereitungen nach einem SS-Standgerichtsverfahren im KZ Sachsenhausen am 9. April 1945 ermordet.

Ludwig Beck

Im Oktober 1933 wurde der 1880 geborene Berufsoffizier Ludwig Beck Chef des Truppenamtes im Reichswehrministerium, ab Juli 1935 Generalstabschef des Heeres. In seiner kompromisslosen Ablehnung des Kriegsrisikos war sich Beck mit Carl Friedrich Goerdeler, dem Kopf der zivilen Oppositionskreise gegen Hitler, einig.

In der Berliner Mittwochsgesellschaft, in der sich seit ihrer Gründung 1863 auf ihrem jeweiligen Fachgebiet führende Wissenschaftler regelmäßig zur freien Diskussion trafen, begegnete Beck anderen liberalen und konservativen Gegnern Hitlers.

Beck versuchte zunächst, die Möglichkeiten seines Amtes zu nutzen, um auf Hitlers Politik einzuwirken. Mit Vorträgen, Aktennotizen und Denkschriften wollte er aber nicht nur Hitler, sondern die Heeresspitze insgesamt beeinflussen. Seine Ziele wuchsen rasch über die rein militärischen Erwägungen hinaus.

Im Sommer 1938 forderte Ludwig Beck vergeblich die Generalität zum geschlossenen Rücktritt auf, um den drohenden Krieg in Europa zu verhindern. Als er erkannte, dass er sich weder auf die Generalität stützen noch Hitler überzeugen konnte, reichte Beck am 18. August 1938 seinen Rücktritt ein.

Ludwig Beck wurde zum Mittelpunkt der militärischen Opposition und sollte nach einem gelungenen Anschlag auf Hitler Staatsoberhaupt werden. Am Abend des 20. Juli 1944 forderte ihn General Friedrich Fromm nach dem Scheitern des Umsturzes auf, Selbstmord zu begehen. Als dieser Versuch misslang, wurde der schwer verwundete Beck auf Befehl Fromms erschossen.

Carl Friedrich Goerdeler

Carl Friedrich Goerdeler, 1884 geboren, war seit 1930 Oberbürgermeister von Leipzig und übte in der Endphase der Weimarer Republik gleichzeitig das Amt des Reichskommissars für die Preisüberwachung aus. Nach 1933 blieb er zunächst Oberbürgermeister, übernahm 1934/35 erneut die Preisüberwachung und wurde zum scharfen Kritiker der Aufrüstung.

Goerdeler trat Ende des Jahres 1936 nach heftigen kommunalpolitischen Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten zurück. Unmittelbarer Anlass war die von den Nationalsozialisten veranlasste Entfernung eines Denkmals, das an den Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy erinnerte.

In den Folgejahren wurde Goerdeler zum Mittelpunkt des zivilen Widerstands gegen Hitler. Als Berater des Bosch-Konzerns unternahm er in Deutschland und im Ausland ausgedehnte Reisen. Dabei warb er für eine Politik der internationalen Völkerverständigung, die sich entschieden gegen die Nationalsozialisten richtete.

In zahlreichen Denkschriften kritisierte Goerdeler Ende der 1930er-Jahre Hitlers Wirtschafts- und Rüstungspolitik und warnte vor deren Konsequenzen, die in den Krieg münden mussten. Nach einem gelungenen Staatsstreich war Carl Friedrich Goerdeler für das Amt des Reichskanzlers vorgesehen.

Bereits vor dem 20. Juli 1944 hatte er die Aufmerksamkeit der Gestapo erweckt. Nach dem Umsturzversuch konnte Goerdeler zunächst entkommen, wurde kurz darauf denunziert und am 8. September 1944 vom "Volksgerichtshof" unter Roland Freisler zum Tode verurteilt. Auf Befehl Hitlers wurde er erst fünf Monate später nach ausführlichen Vernehmungen am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee erhängt.

Georg Elser und das Attentat vom 8. November 1939

Georg Elser wurde 1903 geboren und wuchs als ältestes von fünf Geschwistern in Königsbronn unter schwierigen Familienverhältnissen auf. Der Vater, Ludwig Elser, trank und hatte gesundheitliche Probleme, die Familie verarmte. So musste der junge Georg schon früh Verantwortung für andere übernehmen.

Georg Elser war ein außerordentlich begabter Schreiner. Zwischen 1925 und 1932 arbeitete er in der Tradition des wandernden Gesellen in verschiedenen Orten rund um den Bodensee. Elser galt als ein eher schweigsamer, aber dennoch geselliger Mensch. Seit seiner Schulzeit musizierte er. Er wanderte gern mit Freunden und war auch bei Frauen beliebt. Seine Freundin Mathilde Niedermann brachte 1930 sein einziges Kind Manfred zur Welt.

Mit politischen Fragen setzte sich Elser bereits während seiner Lehrzeit auseinander. Persönliches Freiheitsgefühl und Unabhängigkeitsstreben prägten sein Verständnis von Politik. Er wurde Mitglied im Holzarbeiterverband und trat 1928/29 dem Roten Frontkämpferbund bei, der paramilitärischen Organisation der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), ohne sich dort aber besonders zu engagieren. Bis 1933 wählte er die KPD, die seiner Ansicht nach die Interessen der Arbeiterschaft am besten vertrat.

Der junge Schreiner lehnte den Nationalsozialismus von Anfang an entschieden ab. Augenzeugen berichteten, dass er Kundgebungen der NSDAP und ihrer Kampfverbände mit demonstrativer Nichtachtung begegnete, konsequent den "Hitlergruß" verweigerte und den Raum verließ, wenn im Radio Hitlerreden übertragen wurden. Ein erstes und wichtiges Motiv für seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus war die Verschlechterung der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft während der ersten Jahre des NS-Regimes.

Obwohl die französische und die britische Regierung Ende September 1938 auf der Münchener Konferenz den territorialen Forderungen Hitlers an die Tschechoslowakei nachgegeben hatten, befürchtete Elser, dass "ein Krieg unvermeidlich ist". Ab da reifte sein Entschluss, die nationalsozialistische Führung – nach seinen Worten Hitler, Goebbels und Göring – durch ein Attentat zu beseitigen, um den drohenden Krieg zu verhindern. Als am 1. September 1939 die deutsche Wehrmacht Polen überfiel, fühlte sich Elser bestätigt. Bei Verhören erklärte er später, er habe mit seiner Tat "noch größeres Blutvergießen" verhindern wollen.

Seit Herbst 1938 bereitete Georg Elser systematisch den Bombenanschlag auf Hitler vor. Er sollte im Münchener Bürgerbräukeller stattfinden, in dem Hitler alljährlich am Vorabend seines gescheiterten Putschversuches vom 9. November 1923 eine Gedenkrede hielt. In seiner zeitweiligen Arbeitsstätte, einer Heidenheimer Armaturenfabrik, verschaffte sich Elser zunächst 250 Presspulverstücke. Daraus konstruierte er einen Sprengkörper mit einem mechanischen Zündmechanismus, den er anschließend mit einem Zeitzünder mit zwei Uhrwerken versah. Dabei kamen ihm die Kenntnisse zugute, die er sich durch die Arbeit in Uhrmacherwerkstätten angeeignet hatte. Um weiteren Sprengstoff zu beschaffen, arbeitete Elser auch in einem Königsbronner Steinbruch, aus dem er ab April 1939 mehr als 100 Sprengpatronen und über 125 Sprengkapseln entwenden konnte.

Im August 1939 zog Elser nach München. Zwischen August und November 1939 ließ er sich an mehr als 30 Abenden nach Lokalschluss unbemerkt im Bürgerbräukeller einschließen, um während der Nacht mit einfachsten Werkzeugen den Pfeiler über Hitlers Rednerpult für den geplanten Anschlag zu präparieren. Am Morgen des 6. November stellte er die beiden Uhrwerke auf den Abend des 8. November ein und ließ "damit der Sache ihren freien Lauf".

Hitler hatte sich im Unterschied zu den Vorjahren erst kurzfristig zu seiner Traditionsveranstaltung entschlossen. Auch sprach er erheblich kürzer als sonst, weil er unmittelbar danach wieder nach Berlin zurückkehren wollte. Daher hatte er mit den anderen hohen NS-Führern den Raum bereits seit etwa 13 Minuten verlassen, als gegen 21.20 Uhr der Sprengkörper explodierte. Die Explosion begrub das Rednerpult unter einem meterhohen Schutthaufen und zerstörte die Saaldecke. Acht Tote und über sechzig Verletzte waren die Folge.

Unmittelbar nach der Detonation begann die Suche der Gestapo nach dem Attentäter. Georg Elser hatte auf seiner Flucht in die Schweiz noch vor der Explosion seines Sprengkörpers gegen 20.45 Uhr die Aufmerksamkeit der deutschen Zollgrenzbeamten in Konstanz erregt und war festgenommen worden. Als die Nachricht vom Münchener Bombenanschlag Konstanz erreichte, geriet er in Verdacht. Die Gestapo brachte ihn nach München, wo er verhört und gefoltert wurde. Elser gestand seine Tat und übernahm die alleinige Verantwortung. Dennoch gab ihn die NS-Propaganda als "Werkzeug" des britischen Nachrichtendienstes aus.

Nach dem Ende des Krieges sollte Elser vom "Volksgerichtshof" in einem "Schauprozess" verurteilt werden. Deshalb wurde er seit 1940 als "Sonderhäftling" im Zellenbau des KZ Sachsenhausen gefangen gehalten und Tag und Nacht von mindestens zwei SS-Männern bewacht. Mehr als fünf Jahre musste er in völliger Isolation leben.

Vermutlich Anfang Februar 1945 überführte die Gestapo Georg Elser in das KZ Dachau, wo er wiederum in Einzelhaft streng bewacht wurde. Auf Weisung "von höchster Stelle" wurde Georg Elser schließlich am 9. April 1945 in der Nähe des alten Krematoriums erschossen. Seine Leiche wurde anschließend sofort verbrannt.

QuellentextGeorg Elser über seine Motive

Die seit 1933 in der Arbeiterschaft von mir beobachtete Unzufriedenheit und der von mir seit Herbst 1938 vermutete unvermeidliche Krieg beschäftigten stets meine Gedankengänge. Ob dies vor oder nach der Septemberkrise 1938 war, kann ich heute nicht mehr angeben. Ich stellte allein Betrachtungen an, wie man die Verhältnisse der Arbeiterschaft bessern und einen Krieg vermeiden könnte. Hierzu wurde ich von niemandem angeregt, auch wurde ich von niemandem in diesem Sinne beeinflusst. Derartige oder ähnliche Unterhaltungen habe ich nie gehört. Auch vom Moskauer Sender habe ich nie gehört, dass die deutsche Regierung und das Regime gestürzt werden müssen.

Die von mir angestellten Betrachtungen zeitigten das Ergebnis, dass die Verhältnisse in Deutschland nur durch eine Beseitigung der augenblicklichen Führung geändert werden könnten. Unter der Führung verstand ich die "Obersten", ich meine damit Hitler, Göring und Goebbels. Durch meine Überlegungen kam ich zu der Überzeugung, dass durch die Beseitigung dieser 3 Männer andere Männer an die Regierung kommen, die an das Ausland keine untragbaren Forderungen stellen, "die kein fremdes Land einbeziehen wollen" und die für eine Besserung der sozialen Verhältnisse der Arbeiterschaft Sorge tragen werden.

An bestimmte Personen, die die Regierung übernehmen sollten, habe ich weder damals noch später gedacht. Den Nationalsozialismus wollte ich damals nicht beseitigen. Ich war davon überzeugt, dass der Nationalsozialismus die Macht in seinen Händen hatte und dass er diese nicht wieder hergeben werde. Ich war lediglich der Meinung, dass durch die Beseitigung der genannten drei Männer eine Mäßigung in der politischen Zielsetzung eintreten wird. Bestimmt kann ich angeben, dass ich nicht im Geringsten an eine andere Partei oder Organisation gedacht habe, die nach einer Beseitigung der Führung das Ruder in Deutschland in die Hand genommen hätte. Auch über diesen Punkt habe ich mich mit niemand unterhalten.

Der Gedanke der Beseitigung der Führung ließ mich damals nicht mehr zur Ruhe kommen und bereits im Herbst 1938 – es war dies vor dem November 1938 – hatte ich auf Grund der immer angestellten Betrachtungen den Entschluss gefasst, die Beseitigung der Führung selbst vorzunehmen. Ich dachte mir, dass dies nur möglich sei, wenn die Führung sich bei irgendeiner Kundgebung befindet. Aus der Tagespresse entnahm ich damals, dass die nächste Zusammenkunft, bei der auch die Führung teilnimmt, sich am 8. und 9. November 1938 in München im "Bürgerbräukeller" abspielt. Bestimmt kann ich allerdings nicht mehr sagen, ob ich diese Zusammenkunft tatsächlich aus der Zeitung oder sonst irgendwie erfahren habe. Ob mir dies später noch einfällt, kann ich nicht angeben.

Auszug aus dem Gestapo-Verhör Georg Elsers im November 1939 über seinen Entschluss zur Tat und die ersten Vorbereitungen, Bundesarchiv R 22/3100

Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, apl. Prof. am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin, z. Zt. Gastprofessor am Touro-College Berlin, Studiengang Master of Arts in Holocaust Communication and Tolerance.

M. A., Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.
Die Verfasser danken ihren Kolleginnen und Kollegen der Gedenkstätte Deutscher Widerstand für ihre umfangreiche Unterstützung bei der Erarbeitung des Textes