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Aufstieg des Frauenfußballs

Franz-Josef Brüggemeier

/ 8 Minuten zu lesen

Frankfurts Birgit Prinz (links), kämpft mit Duisburgs Nicole Bender (rechts) um den Ball. (© AP)

Einleitung

Seit über einem Jahrhundert wird in der ganzen Welt Fußball gespielt - von Männern und von Frauen. Doch lange Zeit haben Männer über den Frauenfußball entschieden, ihn wenig beachtet und bis in die 1970er Jahre hinein in einigen Ländern sogar verboten. Das ist erstaunlich, denn in anderen Bereichen war der Fußball bedeutend offener und hat soziale und andere Barrieren überwunden. Gegenüber Frauen ist hingegen genau das Gegenteil zu beobachten. Hier blieben alte Grenzen bestehen. Frauen waren vom aktiven Fußball sogar noch ausgeschlossen, als sie in anderen gesellschaftlichen Bereichen längst Mitsprache und Gleichberechtigung errungen hatten. In Deutschland dürfen Frauen erst seit etwas mehr als 30 Jahren organisiert Fußball spielen und haben gerade in den vergangenen Jahren große internationale Erfolge erzielt.

Anfänge in Großbritannien

In England schlossen sich Ende des 19. Jahrhunderts erstmals junge Frauen zu Mannschaften zusammen. 1894 gründete Nettie Honeyball eine Frauenfußball-Mannschaft mit dem Namen "British Ladies". Ein Jahr später fand deren erstes Spiel statt, das 10.000 zahlende Zuschauer anlockte, die jedoch offenbar nicht nur am sportlichen Wettkampf interessiert waren. Zumindest gingen die Zeitungen kaum auf das Spiel ein, sondern sie konzentrierten sich eher auf das Aussehen der Spielerinnen. Einige Veranstalter organisierten weitere Spiele und hofften auf gute Einnahmen, bis der englische Fußballverband 1902 seinen Vereinen verbot, Spiele gegen Frauenmannschaften auszutragen. Diese waren ohnehin selten, wie es überhaupt nur wenige Frauen gab, die Fußball spielten, da dieser Sport als zu rau und männlich galt.

Aufschwung im Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg brachte dem Frauenfußball einen unerwarteten, aber kurzlebigen Aufschwung. Da viele Männer an die Front mussten, konnten Frauen in Bereiche des gesellschaftlichen Lebens vordringen, die bis dahin Männern vorbehalten waren. Dazu gehörten staatliche Behörden, Rüstungsbetriebe und in England auch der Fußball. Vor allem Fabrikbesitzer und Unternehmer sorgten für Trainings- und Spielmöglichkeiten. Wie zuvor dienten die Frauenmannschaften aber vor allem der Unterhaltung und der Ablenkung angesichts des Krieges. Dazu spielten Frauen- gegen Männermannschaften, traten in gemischter Zusammensetzung an oder trugen Theaterkostüme. So sprachen sie ein großes Publikum an und erzielten erhebliche Einnahmen für wohltätige Zwecke.

Daneben gewannen jedoch auch sportliche Aspekte an Bedeutung. Zu den erfolgreichen Mannschaften zählten die "Dick Kerr's Ladies", die Arbeiterinnen der Kerr's Munitionswerke 1917 in Preston gegründet hatten. Diese Mannschaft bestand in den 1920er Jahren fort, absolvierte in dieser Zeit 30 Begegnungen und stieg mit Spielen gegen Schottland, Frankreich und die USA zur inoffiziellen Frauen-Nationalmannschaft Englands auf. Bereits 1921 erreichte der Frauenfußball in Großbritannien seinen vorläufigen Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Frauen in rund 150 Vereinen organisiert, gründeten die English Ladies Football Association, und "Dick Kerr's Ladies" bestritten im englischen Preston die erste internationale Begegnung gegen eine Mannschaft aus Paris.

Niedergang und Verbot

Zeitgleich begann jedoch der schnelle Abstieg des organisierten Frauenfußballs in England. Wesentliche Faktoren, die den Aufstieg ermöglicht hatten - Erwerbstätigkeit in Fabriken, Förderung durch Unternehmer, ausreichende Kapazitäten für den Spielbetrieb und vor allem der karitative Zweck der Spielbegegnungen - , verloren an Bedeutung. Das Zuschauerinteresse sank - genauso wie das öffentliche Ansehen des Frauenfußballs. Als Gerüchte über Unregelmäßigkeiten beim Umgang mit Eintrittsgeldern und über hohe Zahlungen an Spielerinnen die Runde machten, distanzierte sich die von Männern dominierte Football Association vom Frauenfußball. Ohne Zustimmung des Verbandes durften Vereine fortan ihre Plätze nicht mehr zur Verfügung stellen und mussten die Verantwortung für die korrekte Abrechnung der Einnahmen übernehmen. Am 10. Oktober 1921 wurde der Frauenfußball in England schließlich verboten. Die Männer im Fußball-Verband erklärten den Sport als ungeeignet für Frauen und untersagten ihren Mitgliedsvereinen jegliche Unterstützung, sodass der vorübergehend so populäre Sport seine Bedeutung verlor.

Vorsichtiger Beginn in Deutschland

Auch in Deutschland eröffnete der Erste Weltkrieg Frauen neue Handlungsmöglichkeiten, führte jedoch nicht zu vergleichbaren Entwicklungen im Frauenfußball. Als Ideale des Frauensports galten vielmehr weiterhin Anmut und Schönheit, das eher undisziplinierte und rustikale Fußballspiel fand selbst unter Frauen nur wenige Anhängerinnen. Dennoch entstand 1930 in Frankfurt der erste Frauen-Fußballklub, der jedoch keine Gegnerinnen fand, seine wenigen Spiele gegen Männermannschaften austrug und sich nach vielfachen Protesten schon ein Jahr später wieder auflöste. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden Frauen dann in überkommene Rollenmuster zurückgedrängt, sodass selbst die bescheidenen Ansätze wieder versandeten. Dies blieb auch in den ersten Nachkriegsjahren der Fall, bis die allgemeine Euphorie nach dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 auch die Entwicklung des Frauenfußballs begünstigte. Vorerst war er aber nur ein Freizeitspaß. So spielten etwa in Norddeutschland Frauen zur Belustigung oder für wohltätige Zwecke an Neujahrstagen Fußball. Oft setzten sich die Mannschaften aus Spielerinnen zusammen, deren Männer in Sportvereinen organisiert waren. 1955 reagierte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auf diese Gemengelage von Sport- und Spaßveranstaltungen mit strikter Ablehnung. Wie zuvor der englische Verband verbot er seinen Vereinen, Frauenabteilungen zu gründen oder auch nur Sportplätze zur Verfügung zu stellen.

Gegen den Frauenfußball wurden Argumente vorgebracht, die seit dem 19. Jahrhundert verbreitet waren: "unästhetische Bewegungsabläufe", hohe Verletzungsgefahr oder "unweibliche Rohheit".

Eine wissenschaftliche Begründung lieferte 1953 der holländische Psychologe und Anthropologe Fred J. J. Buytendijk. Seiner Studie zufolge war Fußball für Frauen wesensfremd. Während er bei Männern eine geschlechtsspezifische Eignung für diesen Sport feststellte, seien Frauen dazu charakterlich nicht geeignet: "Das Fußballspiel als Spielform ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. [...] Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. [...] Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nicht-Treten weiblich!" Medizinische Gutachten haben solche Vorurteile untermauert. Sportärzte sahen im Fußballspiel eine große Gefährdung des weiblichen Körpers oder verwiesen auf die Gesundheitsfürsorge, um die bestehenden Verbote zu begründen.

QuellentextDamenfußball im Nachkriegsdeutschland

[...] Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wird auch die grundgesetzliche Gleichberechtigung von Mann und Frau festgeschrieben. Doch zwischen Theorie und Praxis läuft im konservativen Nachkriegsdeutschland der Restauration ein tiefer Graben. Das patriarchalische Denken in geschlechtsspezifischen Bahnen dominiert immer noch Sport und Gesellschaft. Fußballsport gilt nach wie vor als "unweiblich" und "nichtfraugemäß". [...]
Im April 1955 spricht die Bild-Zeitung (Hamburg) von "fußballverrückten Grazien", fragt, ob "der Fußball-Sturmlauf auf Stöckelschuhen noch zu stoppen" sei und konstatiert: "Nachdem Bild berichtete, dass junge Hamburgerinnen Deutschlands erste Damen-Fußballelf gegründet haben, melden sich überall in Deutschland ballhungrige junge Damen." (Bild, 27.4.1955). Gekickt werden soll bei den Damen mit verkürzter Spielzeit (2 x 30 Minuten) und ohne "Rempeln". Über die mögliche Abschaffung des Kopfballspiels will man noch beraten. Zaghaft spricht man von einer "fraulichen Spielweise". Und von "Olympia-Kämpfer" Dr. Martin Brustmann gibt es sogar eine sportärztliche Unbedenklichkeitserklärung: "Warum den Frauen den Wunsch nach vergnüglichem Fußballspiel innerhalb der Grenzen weiblicher Konstitution aus männlichen Vorurteilen versagen? Zarte Schultern und Arme, aber breite Hüftgürtel und kräftige Beine sind normale Attribute weiblicher Schönheit, die der Betätigung im Fußballspiel durchaus gewachsen sind, wenn das Spielfeld verkleinert, die Spielzeit verkürzt und am besten mit zwei Ruhepausen ausgestattet wird." (Bild, 27.4.1955)
Zur Frauenfußball-Hochburg wird Nordrhein-Westfalen, genauer das Ruhrgebiet. Hier blickt man besonders interessiert ins benachbarte Holland, wo sich Mitte 1955 bereits 13 Damenfußball-Clubs gegründet haben. Doch der DFB lehnt Damenfußball "aus grundsätzlichen Erwägungen und ästhetischen Gründen" ab. [...]
Dennoch müssen sich die Vertreter des DFB mit der "Angelegenheit Damenfußball" befassen. Als aus Essen und Mönchengladbach Frauenfußballspiele mit "erstaunlich hohen Zuschauerziffern" (3.000 bzw. 10.000 Zuschauer) vermeldet werden, gibt der Vorstand des Fußballverbandes Niederrhein (FVN) folgende "amtliche Mitteilung" heraus: "Bevor nicht die Frage des Damen-Fußballs auf der DFB-Ebene endgültig geklärt und entschieden ist, ist es allen Vereinen untersagt, Damen-Fußballabteilungen zu bilden, ihre Plätze für solche Spiele herzugeben und irgendwelchen Personen zur Verfügung zu stellen." (Neue Ruhr Zeitung, 29.7.1955)
Als Ende Juli 1955 die Kickerinnen von DFC Duisburg-Hamborn und Gruga Essen auf dem bereits gemieteten Fußballplatz der SpVgg Hamborn 90 gegeneinander antreten wollen, wird ihnen aufgrund des FVN-Beschlusses trotz Mietvertrag Platzverbot erteilt. Kurzerhand ziehen die Fußballerinnen um und beginnen ihr Spiel auf dem Sportplatz des Kreisklassenvereins Hertha Hamborn. Wenig später betritt der 2. Vorsitzende der Hamborner Hertha zusammen mit einem "Schutzmann" den Platz und lässt das Spiel abbrechen. [...] Die Kickerinnen werden vom Sportplatz vertrieben. "Sie kickten nur 20 Minuten [...] dann wurde der Damen-Fußball liquidiert" kommentiert die Westdeutsche Allgemeine Zeitung und stellt fest: "Es war diesmal nichts mit der Gleichberechtigung ... ." (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 1.8.1955)
Am 30. Juli 1955 folgt der DFB auf seinem Bundestag in Berlin dem Beispiel des Fußballverbandes Niederrhein und verbietet den Damenfußball bundesweit in seinen Reihen.

Eduard Hoffmann, Jürgen Nendza, Verlacht, verboten und gefeiert. Weilerswist 2005, S. 26 ff.

Durchbruch in den 1960er Jahren

Doch trotz aller Argumente und Verbote entstanden im Süden und Westen Deutschlands im Laufe der 1960er Jahre Vereine und Verbände des Frauenfußballs. 1963 richtete der Niedersächsische Sportverband in Barsinghausen sogar einen Fußball-Lehrgang für neunzehn Frauen aus. Dessen Ziel bestand jedoch nicht darin, Spielerinnen auszubilden. Vielmehr sollten die Teilnehmerinnen genügend Kenntnisse erhalten, um Schülern Fußballunterricht zu erteilen. Der weitere Aufstieg des Frauenfußballs ließ sich jedoch nicht mehr stoppen, zumal die Studentenbewegung und die zunehmende Emanzipation die Entwicklung unterstützten. Dabei gab es durchaus kuriose Fälle, wie die Frauen-Fußballabteilung einer Frankfurter Schützengemeinschaft mit dem Namen "Oberst Schiel". Am Anfang stand ein Fußballspiel, das die Schützenfrauen aus einer Laune heraus organisiert hatten. Anschließend bildeten sie eine erfolgreiche Mannschaft und dominierten für die nächsten zehn Jahre den Frauenfußball in Hessen.

Erst am 30. Oktober 1970 hob der DFB sein Verbot auf und erlaubte die Gründung von Frauen-Fußballabteilungen sowie die Aufnahme eines Spielbetriebs. Selbst zu diesem Zeitpunkt fiel den Fußball-Funktionären ihre Entscheidung jedoch noch schwer. Sie hatten zahlreiche medizinische Gutachten in Auftrag gegeben, um bestehende Risiken ausfindig zu machen. Der DFB erließ eine Reihe von Regeln, die nur für den Frauenfußball galten: Frauen durften lediglich bei guter Witterung und nicht während der Wintermonate spielen. Sie mussten Jugendbälle einsetzen und eine Begrenzung der Spielzeit auf zweimal 30 Minuten akzeptieren. Anfangs war sogar vorgesehen, einen speziellen Brustschutz vorzuschreiben. Davon sah der DFB jedoch ab, verbot allerdings Stollenschuhe, die sich für Frauen angeblich nicht eigneten. Inzwischen sind alle Sonderregeln abgeschafft.

Nach seiner Zulassung erlebte der Frauenfußball einen ungeheuren Zulauf, vor allem aus Handball- und Leichtathletik-Abteilungen rekrutierten sich neue Mannschaften. Nach und nach entstand ein Ligasystem, der DFB ließ Meisterschaften und Pokale ausspielen, doch eine Nationalmannschaft besteht erst seit 1982. In der DDR gab es diese sogar erst 1990; sie konnte vor der Wiedervereinigung nur ein Spiel bestreiten, am 9. Mai in Potsdam gegen die Tschechoslowakei.

In der DDR hatten Frauen mit denselben Problemen und Vorurteilen zu kämpfen wie in der Bundesrepublikund konnten ebenfalls erst Anfang der 1970er Jahre die Anerkennung erlangen. Besonders große Erfolge erzielte seitdem die Mannschaft der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Turbine Potsdam, die 1971 entstand und seit 1999 den Namen 1. FFC Turbine Potsdam trägt. Bereits 1995 war in Potsdam ein Verbund mit der Sportschule, dem Olympiastützpunkt und dem Fußball-Landesverband Brandenburg entstanden. Er trug wesentlich dazu bei, dass dieser Verein in den letzten Jahren große Erfolge errang, darunter 2005 den Gewinn des UEFA-Cups der Frauen.

QuellentextDamenfußball in der DDR

Auch im Osten Deutschlands drängen Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre Frauen und Mädchen zum Spiel mit der Lederkugel. Als Wiege des DDR-Frauenfußballs gilt Dresden und Umgebung. [...] 1968 wird mit der BSG Empor Mitte-Dresden die erste DDR-Frauenfußballmannschaft gegründet.
[...] Da Frauenfußball keine olympische Disziplin ist, somit eben auch kein staatliches Renommee damit zu erzielen ist, wird er auch nicht als Leistungssport gefördert, sondern von den verantwortlichen Funktionären in den Freizeit- und Erholungsbereich abgeschoben. An einem organisierten Spielbetrieb etwa auf Bezirksebene oder gar landesweit besteht kein Interesse. Dennoch schaffen es die Damenfußball-Pioniere in Dresden, zumindest auf Stadtebene schon 1970 eine Liga mit acht Frauenfußball-Teams einzurichten.
Auch anderswo in der DDR gründen sich Frauenfußballteams. In Leipzig wird bereits am 5. November 1968 die BSG Chemie Leipzig ins Leben gerufen. [...]
Bis Ende 1971 spielen in der Deutschen Demokratischen Republik insgesamt 150 Teams Damenfußball. Die Spielordnung des Deutschen Fußball-Verbandes DFV (der DFB der DDR) von 1971 sieht vor, dass die Spielzeit 2 x 30 Minuten beträgt, dass die Mädchen mindestens 16 Jahre alt sind und ein "einsatzfähiger weiblicher Schiedsrichter" gestellt wird. Per Beschluss legt der DFV weiterhin fest: "Der Wettspielbetrieb darf nicht über den Bezirksbereich hinausgehen." DDR-Meisterschaften werden dadurch lange Zeit verhindert. [...]

Eduard Hoffmann, Jürgen Nendza, Verlacht, verboten und gefeiert, Weilerswist 2005, S. 62 ff.

Beeindruckender Erfolgskurs

Noch beeindruckender ist die Erfolgsgeschichte der Frauen-Nationalmannschaft. Sie gewann 2003 den Wettkampf um den Weltmeistertitel, der seit 1991 ausgetragen wird, erreichte bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney sowie 2004 in Athen die Bronzemedaille und wurde 2005 zum sechsten Mal Europameister. Damit war die Frauenmannschaft in den letzten Jahren deutlich erfolgreicher als die der Männer. Doch diese können bei der WM 2006 aufholen, denn es gibt, so Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Neujahrsansprache 2006, keinen Grund, warum Männer nicht genausoviel leisten können wie Frauen.

Dennoch: Die großen Erfolge deutscher Mannschaften und die weltweite Expansion des Frauenfußballs haben nicht verhindert, dass er in der Wertschätzung weiterhin nur in der zweiten Reihe steht. Obwohl mittlerweile über 857.000 Frauen im DFB Fußball spielen, stehen in den Vereinen Frauenabteilungen bei der Vergabe von Trainingszeiten und Geldern oft hinten an. Geringere Zuschauerzahlen, die selbst in der Bundesliga meist nur wenige Hundert betragen, spärliche Sponsorengelder und ein mageres Medieninteresse schränken die Möglichkeiten des Frauenfußballs ein. So betreiben selbst die bekannten Fußballfrauen ihren Sport nach wie vor als Halbprofis, neben ihrer regulären Arbeit. Auch die Belohnung für die sportlichen Erfolge war lange Zeit sehr gering. Die Spielerinnen der Nationalmannschaft erhielten für den Gewinn der ersten Europameisterschaften 1989 ein Kaffeeservice, 1991 ein Münzset und 1995 lediglich 6.000 DM. Die Prämie für den Gewinn des Weltmeistertitels 2003 betrug 15.000 Euro.

Vorbild USA

Allerdings zeigte die Weltmeisterschaft in den USA im Jahre 1999, welche Möglichkeiten im Frauenfußball bestehen. Der Weg der US-Frauenmannschaft ins Finale und ihr Sieg im Endspiel traten eine Welle der Euphorie los, deren Ausläufer bis nach Europa schwappten. Während in den USA Baseball, American Football, Eishockey und Basketball weiterhin als die typischen Männersportarten gelten, ist der Frauenfußball inzwischen zu einem Sport aufgestiegen, der ebenfalls die Stadien füllt, eine eigene Industrie und Märkte hervorgebracht hat, einzelnen Spielerinnen Millionengagen bietet und zugleich an Schulen und in Vereinen eine breite Basis besitzt. Hier ist es dem Frauenfußball gelungen, ein Vorbild zu werden, dem mittlerweile die männlichen US-Fußballer nacheifern und der mit Mia Hamm eine weltweit bekannte und vermarktete Sportlerin hervorgebracht hat. Ihr deutsches Gegenbild ist Birgit Prinz, die 2005 zum dritten Mal in Folge zur Weltfußballerin gewählt wurde, aber nur einen Bruchteil des Einkommens erzielt.

geb. 1951 in Bottrop, ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Freiburg. Er veröffentlicht zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, zuletzt mit Schwerpunkten auf der Umweltgeschichte und der Geschichte des modernen Sports. Daneben ist er Mitglied der Lenkungsgruppe großer historischer Ausstellungen, darunter: Feuer und Flamme. 200 Jahre Ruhrgebiet (Gasometer Oberhausen 1994/1995); mittendrin. Sachsen-Anhalt in der Geschichte (Kraftwerk Vockerode 1998); Der Ball ist rund. Die Fußballausstellung (Gasometer Oberhausen 2000).

Kontakt: f.j.brueggemeier@geschichte.uni-freiburg.de