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Balanceakt zwischen Ernährung und Naturschutz - die Landwirtschaft | Umweltpolitik | bpb.de

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Balanceakt zwischen Ernährung und Naturschutz - die Landwirtschaft

Konrad Hagedorn

/ 20 Minuten zu lesen

Trinkwasserausgabe in indische Slums. (© AP)

Einleitung

Die Landwirtschaft stellt - zusammen mit dem Gartenbau, der Fisch- und der Forstwirtschaft - einen der sensibelsten Wirtschaftszweige dar, weil sie die Ernährung der Menschen sichert. Allerdings bleibt dieses Ziel für viele Menschen unerfüllt. Nach Schätzungen der für Ernährung und Landwirtschaft zuständigen Organisation der Vereinten Nationen, der FAO, leiden circa 840 Millionen Menschen unter Hunger; dies sind rund 20 Prozent der Weltbevölkerung. Immerhin 160 Millionen Kinder gehören zu den Hungernden, ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren ist unterernährt und circa 20 Millionen Kinder werden in den Entwicklungsländern wegen unzureichender Ernährung der Mutter bereits mit einem zu niedrigen Geburtsgewicht geboren. Zahlreiche Gesundheitsprobleme in der Dritten Welt, zum Beispiel eine hohe Anfälligkeit gegen Infektionen, sind auf Unterernährung zurückzuführen.

Rückgang natürlicher Ressourcen

Hunger in der Welt

Der Zusammenhang zwischen Hunger und Unterernährung und der allgegenwärtigen Schädigung der natürlichen Umwelt sowie der fortschreitenden Zerstörung natürlicher Ressourcen liegt auf der Hand: Dies zeigt sich bereits an dem "Lebensmittel Nr. 1", sauberem Trinkwasser, und den mit dessen Verschmutzung eng zusammenhängenden Abwasserproblemen. Nach dem Human Development Report 2006 des United Nations Development Programme (UNDP) "Beyond Scarcity: Power, Poverty and the Global Water Crisis" haben 1,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser; 2,6 Milliardender Bevölkerung in Entwicklungsländern fehlen die notwendigen sanitären Einrichtungen. Die natürlichen Quellen des Süßwassers schrumpfen: Im Jahre 2025 werden voraussichtlich 1,8 Milliarden Menschen in Ländern oder Regionen mit absoluter Wasserknappheit leben müssen. Hierbei ist zu bedenken, dass Wasser nicht nur direkt als Trinkwasser der Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse dient, sondern auch für die Nahrungsmittelproduktion unverzichtbar ist. Gerade in manchen Entwicklungsländern ist Landwirtschaft, zum Beispiel der Nassreisanbau, nicht ohne Bewässerung möglich.

Eine weitere unverzichtbare Ressource der Nahrungsmittelproduktion, fruchtbarer Boden, ist ebenfalls immer mehr bedroht. Bodendegradierung und Bodenerosion haben derart um sich gegriffen, dass beispielsweise zwischen 1945 und 1990 17 Prozent der Biomasse produzierenden Fläche der Welt verloren gegangen sind. Besonders dramatisch zeigt sich dies am Fortschreiten der Wüstenbildung: Sie bedroht 34,75 Millionen Quadratkilometer Nutzfläche auf der Erde; betroffen sind weltweit 80 Prozent der Weidefläche, sechs Prozent der Regenfeldbaufläche und 20 Prozent der Bewässerungsfeldbaufläche. Dabei geht es nicht nur um die verfügbare Menge an Boden, sondern auch um dessen produktive Nutzbarkeit. Sie leidet durch die Abnahme der Bodenfruchtbarkeit, wie sich sehr drastisch in Afrika zeigt. Dort ist ein jährlicher Nährstoffverlust von 30 Kilogramm NPK/Hektar (NPK = Stickstoff, Phosphat und Kalium) auf 86 Prozent der Fläche zu beobachten, dessen Ausgleich durch Nährstoffzufuhr allein aufdiesem Kontinent jährlich 1,5 Milliarden US-Dollar erfordern würde.

Eine auch nur halbwegs vollständige Liste der Beeinträchtigung agrarisch genutzter und für die Welternährung wichtiger natürlicher Ressourcen wäre sehr lang. Hier mögen einige wenige Hinweise genügen. So führt die globale Erwärmung durch den Treibhauseffekt nicht nur zu einem geminderten Produktionspotenzial der Landwirtschaft, unter anderem durch die Ausbreitung der Wüsten. Sie bewirkt auch eine Verschiebung der Produktionszonen und zwingt die regionalen Agrarstrukturen, sich dem anzupassen, was nicht ohne entsprechende Probleme und Kosten vonstatten gehen wird. Zudem können die Produktionsgrundlagen und -abläufe der Landwirtschaft in manchen Regionen zunehmend durch katastrophenartige Ereignisse gefährdet sein. So sagen Klimaforscher für 37 Inselstaaten eine erhöhte Überschwemmungsgefahr voraus.

Die Arten- und Sortenvielfalt bei Kulturpflanzen ist nach vorliegenden Schätzungen seit 1920 um 75 Prozent gesunken. Dabei werden Wildpflanzen für die Züchtung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen dringend benötigt und haben hier erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für deren dauerhafte Ertragsfähigkeit. Der Verlust genetischer Ressourcen lässt sich am Beispiel einer Nutzpflanze mit weltweiter Bedeutung illustrieren: In den 1950er Jahren gab es in Indien noch circa 30 000 Reissorten, von denen nur wenige überlebten. Heute basieren rund 50 Prozent der Welternährung auf fünf Getreidearten; 95 Prozent der Welternährung werden durch circa 30 Pflanzenarten gewährleistet. In der Genbank des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben in Sachsen-Anhalt wird beispielsweise versucht, einen Teil der genetischen Vielfalt für die künftige Nutzung zu erhalten; dies ist mit einem hohen Aufwand für die Aufbewahrung und Konservierung von Saatgut und Pflanzen verbunden.

Nicht zu vergessen sind wichtige Bereiche außerhalb der Landwirtschaft, in denen es ebenfalls um die Nutzung natürlicher Ressourcen für die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse geht. So führt die Überfischung der Meere - trotz existierender Fangquoten - zu verringerten Fischressourcen. Weltweit wird sich der Fischbestand 2025 voraussichtlich auf ein Viertel des Bestandes von 1990 reduziert haben. Weithin bekannt ist das Ausmaß der Abholzung natürlicher tropischer Wälder, die allein von 1990 bis 2000 um 14,2 Prozent an Fläche abgenommen haben.

Ursachen und Lösungsansätze

Die Ursachen für die landwirtschaftlichen Umweltprobleme sind sehr komplex und hängen von den jeweiligen natürlichen, produktionstechnischen und organisatorischen Gegebenheiten ab. Eine Haupttriebkraft ist zunächst das Bevölkerungswachstum, das insbesondere in vielen Entwicklungsländern einen erheblichen Druck auf die Ressourcennutzung ausübt. Weil die zurückbleibenden organischen Substanzen auf den Feldern (wie Schalen, Stroh, getrockneter Tierkot) zur Viehfütterung bzw. Energiegewinnung verwendet werden, bildet sich weniger Humus - die Bodenfruchtbarkeit nimmt ab. In manchen Entwicklungsländern reichen aber auch schlicht die verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzflächen als Ernährungsbasis nicht aus, und an eine Kompensation dieses Defizits durch Lebensmittelimporte ist mangels Kaufkraft (und Infrastruktur für den Zugang der Armen zu solchen Nahrungsmitteln) nicht zu denken.

Das Beispiel Äthiopien verdeutlicht dies. Nur 0,38 Hektar Nutzfläche stehen pro Person in diesem von Hungerkatastrophen gequälten Land zur Verfügung. Die Folgen sind eine Übernutzung und schwindende Fruchtbarkeit der Böden und auch der Weideflächen. Wissenschaftliche Analysen haben gezeigt, dass im Landesdurchschnitt die Bodenerosion zu Bodenverlusten von jährlich 42 Tonnen pro Hektar führt, auf Untersuchungsflächen in Nord-äthiopien sind es sogar 200 Tonnen. Die natürliche Ressourcenbasis für 80 Prozent der Bevölkerung - dieser Anteil lebt in Äthiopien noch direkt von der Landwirtschaft - verliert dadurch an Produktionspotenzial. Ressourcenschutzprogramme sind bei am Existenzminimum lebenden Menschen aber nur begrenzt realisierbar.

Innovationen als Teil und Lösung von Problemen

Eine zweite Ursache von Ressourcenschädigungen und Umweltproblemen in der Landwirtschaft mit teils ganz anderen, aber nicht minder bedenklichen Auswirkungen bilden Innovationen auf technischen, chemischen und biologischen Gebieten. Hierzu gehören beispielsweise die Entwicklung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Fortschritte in der Agrartechnik oder Ertragssteigerungen durch die Tierzucht und die Pflanzenzüchtung, insbesondere die Bereitstellung neuer Getreidesorten.

Die immensen Wirkungen dieser Entwicklung haben ihr weltweit die Bezeichnung "Grüne Revolution" eingetragen. Zahlreiche nationale Regierungen und internationale Organisationen, nicht zuletzt die Entwicklungszusammenarbeit, förderten sie in der Hoffnung auf einen Beitrag zur Milderung des Welthungerproblems. Nur wie fast alle Innovationen wirkt auch diese nicht nur als Problemlöser, sondern zugleich als Problemschaffer. Sie verlangt folglich wiederum neue Konzepte, um mit den Nebenwirkungen fertig zu werden.

Eine problematische Nebenwirkung bei der Anwendung moderner Betriebsmittel ist die Verschmutzung -von Grund- und Oberflächenwasser. Sie wird verursacht durch Nitratauswaschung, Phosphatanreicherung (zum Beispiel in der Ostsee) sowie durch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Schwermetallen, die beispielsweise aus der Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzte Flächen stammen können. So beträgt der Stickstoffbilanzüberschuss - das ist die dem Boden zugeführte, aber durch das Pflanzenwachstum nicht verbrauchte und daher potenziell zur Auswaschung bereitstehende Stickstoffmenge - in Deutschland durchschnittlich circa 120, in den Niederlanden 220 und in Frankreich 50 Kilogramm N/Hektar/Jahr. Die hohen Überschusswerte werden nicht nur durch Mineraldünger verursacht, sondern auch durch die Düngung mit tierischen Exkrementen. Problematisch ist das Düngen mit Gülle vor allem dann, wenn sie in zu hohen Mengen, unsachgemäß oder in Jahreszeiten mit geringem Pflanzenwachstum auf den Boden ausgebracht wird.

Ein Hauptinstrument zum Schutz des Trinkwassers vor gesundheitsgefährdenden Rückständen aus der Agrarproduktion ist die Einrichtung von Wasserschutzgebieten. In ihnen unterliegt die Anwendung ertragssteigernder Betriebsmittel und Wirtschaftsweisen konkreten Auflagen. Dies betrifft beispielsweise zahlreiche Pestizide und Düngemittel, die Gülleausbringung und die Umwandlung von Grünland in Ackerland. Das deutsche Wasserhaushaltsgesetz ermöglicht Ausgleichszahlungen an diejenigen Landwirte, deren Produktionsmöglichkeiten durch die Auflagen unzumutbar eingeschränkt werden. Diese Ausgleichszahlungen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich organisiert. In Baden-Württemberg werden sie vom Staat an die Landwirte gezahlt und aus Abgaben der Wasserkonsumenten ("Wasserpfennig") finanziert, während zum Beispiel die Landwirte in Nordrhein-Westfalen direkt von den Wasserwerken entschädigt werden.

Beeinträchtigung und Schutz der Bodenqualität

Es gibt verschiedene Erscheinungsformen der Degradierung von Böden: Die bedeutendste ist die Bodenerosion durch Wind und Wasser, die besonders von der Hanglänge, der Hangneigung und der Bodenbedeckung und -bearbeitung abhängig ist. Von erheblicher Bedeutung sind ferner die Bodenkontamination durch eine unsachgemäße Zuführung von Nähr- und Schadstoffen, die Bodenverdichtung durch den Druck schweren Geräts wie Traktoren und Maschinen sowie eine Beeinträchtigung der Bodenstruktur durch unangemessene Bewirtschaftung, zum Beispiel unzureichende Humuspflege. Ungeeignete Bewässerungsmethoden können zur Bodenversalzung und mangelnde Entwässerung (Drainagen) zur Bodenversauerung führen. Die wachsende Inanspruchnahme von Böden durch den Wohnungs- und Straßenbau - circa 120 Hektar täglich in Deutschland - führt zu einer zunehmenden Bodenversiegelung.

Um diese Probleme zu bekämpfen, wurden eine EU-Bodenschutzstrategie und in Deutschland ein Bundes-Bodenschutzgesetz geschaffen. Die Grundsätze zur "guten fachlichen Praxis" sehen vor, dass die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung und standortangepasst zu erfolgen hat. Die Bodenstruktur ist zu erhalten oder zu verbessern. Bodenverdichtungen ist so weit wie möglich entgegenzuwirken, besonders durch eine Beachtung der Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und des Bodendrucks.

Einen Sonderbereich des Bodenschutzes stellt die Erhaltung der Moore dar. In den vergangenen Jahrhunderten wurden weite Moorflächen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke kultiviert oder zur Gewinnung von Brenn- bzw. Düngetorf abgebaut. Von den ehemals 9000 Quadratkilometern Natur-Mooren in Deutschland sind heute nur noch 600 naturnah erhalten, also weniger als sieben Prozent. Zwar sind auf Länderebene Moorschutzprogramme eingeführt worden; diese sind allerdings häufig nicht unproblematisch: Erstens können die Bewirtschaftungseinschränkungen auf Moorflächen zu erheblichen Einkommenseinbußen der dort ansässigen landwirtschaftlichen Betriebe bis hin zur Existenzgefährdung führen. Zweitens wird offenbar die Minderung des Torfabbaus in Deutschland durch Importe von Torf zum Beispiel aus den baltischen Staaten, Weißrussland und der Ukraine ersetzt.

Einwirkungen auf den Treibhauseffekt

Ein erheblicher Teil der für die Land- und Forstwirtschaft relevanten Umweltprobleme ist in der Erdatmosphäre angesiedelt. Dies betrifft beispielsweise die Kontaminierung der Luft, etwa durch die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln oder den sauren Regen als eine Ursache von Waldschäden. Das bedeutendste Problem in diesem Bereich stellt allerdings die Emission von Treibhausgasen mit der Folge der globalen Erwärmung dar. Der Agrarsektor ist hier sowohl Leidtragender als auch Verursacher. Ihm werden elf Prozent des Treibhauseffekts in Deutschland angelastet. Die Landwirtschaft ist hier zwar am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), das 88 Prozent der anthropogen freigesetzten Treibhausgase ausmacht, mit nur sechs Prozent beteiligt, verursacht aber zu 45 Prozent die Emissionen von Methan (CH4), die fünf Prozent der anthropogen freigesetzten Treibhausgase repräsentieren. Etwa zwei Drittel dieser Methanemissionen stammen aus dem Abbau organischer Verbindungen durch Mikroben im Pansen von Wiederkäuern, der Rest weitgehend aus der Lagerung von Exkrementen aller Tierarten. Knapp sieben Prozent der anthropogenen Treibhausgase bestehen aus Lachgas (N2O), das zu 82 Prozent auf landwirtschaftliche Produktionsprozesse zurückzuführen ist.

Auch ein Blick auf den weltweiten Klimagasausstoß offenbart die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft als Mitverursacher des Treibhauseffekts. So hat der Internationale Klimarat (IPCC) 2007 festgestellt, dass die Landwirtschaft global 13,5 Prozent, die Forstwirtschaft 17,4 Prozent zum Klimawandel beiträgt. Beide sind in dieser Hinsicht also nicht viel weniger bedeutend als die Industrie (19,4 Prozent) und der Energiesektor (25,9 Prozent). Auf die primär durch die Agrarproduktion emittierten Treibhausgase N2O (Lachgas) und CH4 (Methan) gehen 7,9 bzw. 14,3 Prozent des Treibhauseffekts zurück. Methan entsteht besonders durch den Anbau von Nassreis und die Rinderhaltung. Eine Verminderung des Methanausstoßes aus Nassreis ist schwer zu realisieren, weil dieser häufig von Kleinbauern angebaut wird, die hierauf zur Ernährung ihrer Familien angewiesen sind, und eine Umstellung auf andere Anbaumethoden, zum Beispiel Trockenreis, mit Ertragseinbußen verbunden wäre. Zur Reduzierung des Methanausstoßes aus den Pansen von Kühen kann deren Leistungssteigerung beitragen. Je höher die Milchmenge je Kuh, desto weniger Kühe werden benötigt, um eine gegebene Nachfrage nach Milch zu befriedigen, so dass weniger Methan emittiert wird.

Klimaforscher fürchten als Folgen der Klimaänderung eine weltweite Verschiebung der Produktionszonen. Mit höheren Temperaturen werde weniger Wasser verfügbar sein, die Wüsten würden sich ausdehnen. Durch den Anstieg des Meeresspiegels erwarten sie den Verlust fruchtbarer Gebiete. Neben der Zunahme von Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschädlingen sagen sie Schäden durch extreme Wetterereignisse wie Orkane voraus. Ertragssteigerungen werden dagegen durch die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre erwartet, da diese den Photosyntheseprozess und damit das Pflanzenwachstum stimuliert. In den gemäßigten Zonen mögen einige Regionen zu den Gewinnern gehören, wenn diese sich den klimatischen Änderungen produktionstechnisch rasch anpassen und zudem günstigere Produktionsbedingungen zum Beispiel für den Umstieg auf ertragreichere Getreidearten erhalten wie auf Weizen statt Roggen in Norwegen. Verlierer wird insbesondere die Landwirtschaft in den Tropen und Subtropen sein, da die Ökosysteme hier empfindlicher getroffen werden und die Produktionssysteme in der Regel weniger anpassungsfähig sind.

Die Land- und Forstwirtschaft kann durch eine Verminderung ihrer Emissionen zur Reduktion der Treibhausgase beitragen. Eine weitere Möglichkeit ist die Bindung von Kohlendioxid in Wäldern (durch Aufforstung), in Böden (durch eine entsprechende Bewirtschaftung, zum Beispiel pfluglose Bodenbearbeitung) und in Mooren (durch Verhinderung des Torfabbaus oder ggf. Renaturierung). Einen eigenen Bereich der Klimaschutzpolitik für die Land- und Forstwirtschaft gibt es in Deutschland bislang nicht. Auch ist hier ungeklärt, ob und wie die Land- und Forstwirtschaft am geplanten Emissionshandel teilnehmen kann.

Allerdings gibt es eine Reihe von Einzelmaßnahmen, die die Emission von Treibhausgasen verringern oder binden. So trägt beispielsweise die Förderung des ökologischen Landbaus (etwa im Rahmen der Agrar-umweltprogramme, siehe unten) zum Klimaschutz bei, weil er auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel verzichtet und daher die Treibhausgasemission vermindert. Besonders seit durch Al Gores Dokumentarfilm "Eine unbequeme Wahrheit" (2006) die Klimaproblematik stärker ins öffentliche Bewusstsein gedrungen ist, wird vermehrt die Bereitstellung von "Agro-Bioenergie" als ein Mittel gegen die Erderwärmung propagiert, häufig ohne den damit verbunden Problemen gleichermaßen Aufmerksamkeit zu schenken.

Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe

Bioenergie aus nachwachsenden Rohstoffen als Ersatz für fossile Energieträger leistet insofern einen Beitrag zum Klimaschutz, als bei ihrer Nutzung zwar Treibhausgase freigesetzt werden, diese vorher aber durch das Pflanzenwachstum der Atmosphäre entzogen wurden. Gefördert werden daher zum Beispiel die Herstellung von Alkohol aus Rüben oder Getreide, der Einsatz von Rapsöl als Biodiesel, die Investition in (zum Beispiel Gülle und Mais verarbeitende) Biogasanlagen und die Verwertung von Holzschnitzeln oder -pellets zu Heizzwecken.

Das Potenzial nachwachsender Rohstoffe zur Vermeidung von Treibhausgas wird als sehr hoch eingeschätzt; manche Autoren sprechen sogar von 200 Millionen Tonnen CO2 in der EU, was 60 Prozent des Kyoto-Reduktionsziels der EU entspräche. Durch die Förderung von Biogasanlagen soll nach Plänen der Bundesregierung zugleich ein Drittel der Methanemissionen vermieden werden, die bei der Lagerung tierischer Exkremente freigesetzt werden. Die Errichtung großer Tierhaltungsanlagen unterliegt seit 2001 einem Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Eine Minderung der Lachgasemissionen um 30 Prozent wird durch den Abbau des Stickstoffbilanzüberschusses angestrebt.

Das Einspeisungsgesetz, das die Betreiber von Elektrizitätsnetzen verpflichtet, "Bio-Strom" zu einem Festpreis aufzunehmen, hat die Erzeugung von Bioenergie insofern beflügelt, als sich landwirtschaftliche Rohstoffe, insbesondere mittels Biogas, leicht in Elektrizität umwandeln lassen. Ein Beimischungszwang für Biokraftstoffe hat einen ähnlichen Effekt. Die sprunghafte Verteuerung von Agrarrohstoffen wie Getreide und Mais hat allerdings die Rohstoffkosten steigen lassen und die Investitionsfreudigkeit in diesen Bereichen gehemmt. Aber es gibt weitere, auch grundsätzliche Fragen, die durch den "Bioenergie-Boom" aufgeworfen werden.

Besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit hat die "Entdeckung" erfahren, dass Konkurrenzbeziehungen zwischen Nahrungsmittel- und Energieproduktion bestehen. Wenn Getreide für Biokraftstoff, Mais für Biogas und Raps für Biodiesel verwendet wird, können weder diese Produkte selbst noch die zu ihrer Produktion verwendeten Produktionsfaktoren (wie Boden, Wasser, Kapital, Arbeitskraft und Wissen) gleichzeitig zur Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden. Dies ist grundsätzlich nicht neu, sondern im Prinzip eine tagtägliche Wahlhandlung. Seit jeher gewinnen Bauern von ihrem Land nicht nur Brotgetreide, sondern auch Brennmaterial, und in Entwicklungsländern ist dies mancherorts nach wie vor der Fall. Moderner anmutend, aber im Grundsatz ähnlich ist die alternative Verwendung von Erdöl und Erdgas zur Produktion von ertragssteigernden Stickstoffdüngemitteln oder für Autofahren und Heizung. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass die zunehmende Nachfrage nach Agrarrohstoffen zur Bioenergieerzeugung in reichen Ländern die Probleme der Nahrungsmittelversorgung in ärmeren Ländern verschärfen kann. Ein bekanntes Beispiel ist der Import von Palmöl aus Indonesien nach Europa, wodurch dort die Knappheit und der Preis für dieses Grundnahrungsmittel steigen.

Die durch die zunehmende Erzeugung von Agro-Bioenergie ausgelösten Nutzungskonkurrenzen sind vielfältig, insbesondere im Bereich der nicht beliebig vermehrbaren Ressourcen Land und Wasser. Eine wachsende Nachfrage nach Pachtland für die Erzeugung von Mais (für Biogas), Raps (für Biodiesel) oder Getreide (für Alkoholkraftstoffe) wird voraussichtlich die Pachtpreise steigen lassen und einen neuen Strukturwandel in der Landwirtschaft auslösen. In manchen Entwicklungsländern bildet Wasser den begrenzenden Produktionsfaktor, zum Beispiel in semi-ariden Gebieten wie Südindien. Hier kann der hohe Wasserverbrauch von Pflanzen zur Energieproduktion dem Anbau von Nahrungspflanzen die Wasserversorgung entziehen. Weniger relevant sind Nutzungskonkurrenzen dieser Art, wenn die Bioenergieerzeugung auf der Basis von Abfall- oder Reststoffen wie Gülle, Stroh oder Restholz erfolgt. In anderer Form können Sie dagegen in Bezug auf Naturschutz und Biodiversität auftreten. So kann ein großflächiger und die Landschaft dominierender Anbau von Pflanzen wie Mais zur Bioenergieproduktion zu einer monotonen Anbaustruktur mit entsprechenden Verlusten an Agrar-Biodiversität führen.

Die Bereitstellung von Agrar-Bioenergie mindert zwar die CO2-Emission, weil die durch ihre Nutzung freiwerdende CO2-Menge - anders als im Falle fossiler Brennstoffe wie Kohle, Torf, Erdgas und Erdöl - vorher durch das Pflanzenwachstum gebunden wurde. Trotzdem ist es denkbar, dass diese Treibhausgaseinsparung durch daran gekoppelte Substitutionseffekte an anderer Stelle wieder teilweise zunichte gemacht wird. Eine Umstellung auf Bioenergieerzeugung ändert nicht automatisch auch die Konsumgewohnheiten der Nachfrager nach den dadurch aus der Produktion verdrängten Nahrungsmitteln. Wenn beispielsweise ein Landwirt in Deutschland von Milch auf Biogas umstellt, wird die von ihm nicht mehr gelieferte Milchmenge weiterhin nachgefragt und folglich von einem anderen Landwirt erzeugt werden. Kommt dieses Ersatzangebot an Milch von einem Betrieb oder aus einem anderen Land mit einer geringeren Milchleistung pro Kuh, so werden mehr Kühe benötigt werden als vorher und der Ausstoß des hoch wirksamen Treibhausgases Methan steigt hierdurch.

Gefährdung und Schutz natürlicher Lebensräume

Der Übergang der Landwirtschaft zu modernen Produktionsmethoden sowie der damit verbundene Strukturwandel durch Vergrößerung und Spezialisierung der Betriebe sind nicht ohne Konsequenzen für die Artenvielfalt und die Landschaft geblieben. In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden in großem Umfang landschaftsprägende und ökologisch wertvolle Elemente wie Hecken, Bäume, Streuobstbestände und Feldraine mit dem Ziel beseitigt, jede geeignete Fläche ackerbaulich zu nutzen. Außerdem erleichtern große Flächen den Einsatz leistungsstarker Landmaschinen. Häufig gaben die Landwirte die Viehhaltung auf und wandelten Grünland in Ackerland um. Darüber hinaus engten die Trockenlegung von Feuchtwiesen und die Begradigung von Bachläufen die Lebensräume für wildlebende Tiere und Pflanzen in erheblichem Umfang ein oder zerstörten sie teilweise völlig. In Ostdeutschland entstanden durch Kollektivierung und Verstaatlichung zur DDR-Zeit sehr große land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einer wenig abwechslungsreichen Anbaustruktur.

Zahlreiche Maßnahmen der Naturschutzpolitik - auch der Agrarumweltpolitik - zielen auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Landschaft, zum Beispiel die FFH-Richtlinie der EU von 1992 (FFH steht für Flora = Pflanzenwelt, Fauna = Tierwelt, Habitat = Lebensraum bestimmter Pflanzen- und Tierarten). Die FFH-Richtlinie wurde in Deutschland durch das Bundesnaturschutzgesetz in nationales Recht umgewandelt. Europaweit soll ein System von geschützten Gebieten errichtet werden (NATURA 2000). Zu diesem ökologischen Netz gehören auch die Gebiete, die aufgrund der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt sind. Derzeit erfolgt in den Mitgliedstaaten die Ausweisung der FFH-Gebiete. Dabei ist es den einzelnen Ländern überlassen, wie sie die Schutzziele erreichen wollen. Dies kann zum Beispiel durch Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiete oder durch vertragliche Vereinbarungen mit den Eigentümern oder Nutzern von Flächen geschehen. Für alle Planungen, die die Artenvielfalt in einem Gebiet nachhaltig beeinträchtigen können, ist eine besondere Verträglichkeitsprüfung vorgesehen. Eingriffe in Gebiete mit besonders schutzwürdigen (prioritären) Arten und Lebensräumen können nur in Ausnahmefällen genehmigt werden.

In Deutschland verzögerte sich die Ausweisung der FFH-Gebiete, weil sich die Beteiligten vor Ort nicht einigen konnten. Nach einer Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof musste der Prozess beschleunigt werden. Dies führte in manchen Regionen zu großen Konflikten zwischen den Behörden und den durch diese Aktion überraschten Landwirten, die wirtschaftliche Einbußen befürchteten. Daraufhin wurde nach der "EU-Verordnung zur Förderung und Entwicklung des Ländlichen Raums" eine Möglichkeit geschaffen, die betroffenen Landwirte für die Nutzungseinschränkungen finanziell zu entschädigen. Inzwischen sind in Deutschland 4 588 FFH-Gebiete mit einer Gesamtfläche von 3 309 487 Hektar ausgewiesen, die 9,3 Prozent der gesamten Landfläche ausmachen.

Umweltpolitische Folgen der Agrarpolitik

Der Prozess des Wirtschaftswachstums, der in Europa und in Deutschland besonders nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte, führte in der Landwirtschaft zu schwierigen Einkommensproblemen und einem Abwanderungsdruck auf die Landwirte. Als Folge technischer, chemischer, biologischer, züchterischer und organisatorischer Fortschritte konnten die Landwirte auf der gleichen Fläche und mit weniger Arbeitseinsatz immer mehr produzieren. Diesem zunehmenden Angebot stand eine kaum noch wachsende Nachfrage gegenüber, die vor allem die natürliche Folge der quantitativen Sättigung der Verbraucher mit Nahrungsmitteln war. Um die Einkommen der Landwirte zu stützen und zu stabilisieren und sie vor der Aufgabe ihrer Betriebe zu bewahren, griffen die Agrarpolitiker zu Instrumenten der Markt- und Preispolitik. Sie legten die inländischen Agrarpreise oberhalb der sich auf freien Märkten herausbildenden Gleichgewichtspreise fest. Hierzu nahmen sie Ernteüberschüsse durch Lagerung aus dem Markt und hoben die Preise billiger Importe mit Hilfe von "Gleitzöllen" auf das inländische Preisniveau, das heißt durch eine variable "Abschöpfung" der Differenz zwischen den niedrigen Weltmarktpreisen und den höheren EU-Preisen.

Beide Strategien, sowohl die Preisstützung als auch die Preisstabilisierung, vermittelten der Landwirtschaft ein hohes Maß an Absatzsicherheit und motivierten sie zur Intensivierung und Steigerung der Produktion. Dies erschien vergleichsweise unproblematisch, solange durch den Produktionszuwachs der Selbstversorgungsgrad bei dem jeweiligen Agrarprodukt in der EU noch nicht die 100-Prozent-Grenze erreicht hatte; denn bis zu diesem Punkt waren immer noch Importe zu tätigen, von denen der EU-Haushalt durch die oben genannten Abschöpfungseinnahmen profitierte. Oberhalb dieses Selbstversorgungsgrades war jedoch das umgekehrte Instrument anzuwenden, das heißt Exportsubventionen an die Exporteure zu zahlen, um die Überschüsse auf dem Weltmarkt absetzen zu können. Dies führte zu sehr hohen Belastungen des EU-Budgets und Handelskonflikten mit anderen Agrarexportländern (wie die USA), die schließlich in den WTO-Verhandlungen am Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre eine Abkehrder EU von ihrer bisherigen Agrarmarkt- und -preispolitik forderten.

Auch aus umweltpolitischer Sicht war diese Politik bedenklich. Motiviert durch die Preisstützung und die Absatzsicherheit, setzten die Landwirte immer mehr ertragssteigernde Produktionsmittel ein und verschärften so die Umweltprobleme. Dazu trug auch die Agrarstrukturpolitik bei. Das so genannte Einzelbetriebliche Investitionsförderungsprogramm erleichterte beispielsweise durch öffentliche Darlehen und Zinsverbilligungen unter anderem den Bau von Ställen. Dies führte zu einer Ausdehnung des Viehbesatzes pro Hektar und der bodenunabhängigen Veredlungsproduktion (Schweine- und Geflügelhaltung mit Futtermitteln, die nicht auf eigener Fläche erzeugt, sondern zugekauft werden). Die Folge war ein erhöhtes und häufig regional konzentriertes Gülleaufkommen.

Die unvermeidbare Reform der Agrarpolitik begann 1984 mit der Einführung der Milchquotenregelung. Sie begrenzte die zulässige Milchmenge jedes einzelnen Betriebes, um die Milchüberschüsse abzubauen. In der Zuckerrübenproduktion war dies bereits vorher üblich. Es folgten bald weitere angebotsbeschränkende Schritte. 1987 wurden - zunächst auf freiwilliger, später obligatorischer Basis - Flächen stillgelegt, um Getreideüberschüsse abzubauen. Die betroffenen Landwirte wurden finanziell entschädigt. Im Jahre 1992 kam es, insbesondere als Reaktion auf den zunehmenden Druck der internationalen Handelspartner im Rahmen der WTO-Verhandlungen, zu der so genannten McSharry-Reform. Sie schränkte die Preisstützung ein und räumte den Landwirten zum Ausgleich produktionsspezifische Direktzahlungen aus dem Budget der EU ein. Dies waren feste Transferbeträge pro Hektar Weizen, Gerste, Raps oder anderer Früchte. Seit 2005 dient nicht mehr das Produkt, sondern die landwirtschaftliche Nutzfläche als Bemessungsgrundlage für die Zahlungen (decoupling). Die Prämienzahlung ist an die Einhaltung von Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutzauflagen gebunden (cross compliance).

Agrarumweltprogramme

Inhalt und Struktur der Agrarumweltprogramme, die im Rahmen der McSharry-Reform 1992 eingeführt worden sind, werden durch eine entsprechende EU-Verordnung vorgegeben. Die Mitgliedstaaten, im Falle Deutschlands die Bundesländer, setzen sie anschließend um. Die Ausgleichszahlungen, die den Landwirten für die Einschränkungen bei der Bewirtschaftung gewährt werden, finanzieren je zur Hälfte das jeweilige Bundesland und die EU. Da den Bundesländern ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit zugestanden wird, sind ihre Agrarumweltprogramme einander zwar ähnlich, setzen aber unterschiedliche Prioritäten. Das Agrarumweltprogramm des Landes Baden-Württemberg oder das Kulturlandschaftsprogramm in Brandenburg beispielsweise enthalten folgende Komponenten:

  • Umweltbewusstes Betriebsmanagement, zum Beispiel durch regelmäßige Bodenanalysen als Basis für die Grundnährstoffdüngung und für die Stickstoffdüngung;

  • Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, beispielsweise durch die extensive Nutzung von Grünland;

  • Sicherung landschaftspflegender, besonders gefährdeter Nutzungen (etwa Streuobstbestände und Weinbausteillagen);

  • Erhaltung gefährdeter regionaltypischer Nutztierrassen;

  • Verzicht auf chemisch-synthetische Produktions-mittel, entweder unter Beibehaltung konventio-neller Landbewirtschaftung oder im Rahmen des Ökologischen Landbaus;

  • extensive und umweltschonende Pflanzenerzeugung, zum Beispiel durch Begrünungsmaßnahmen im Acker- und Gartenbau und den Verzicht auf Herbizide;

  • Anlage von Gewässerrandstreifen zum Schutz gegen Nährstoffeinträge in das Wasser;

  • Vertragsnaturschutz, das heißt vertragliche Vereinbarungen mit Landwirten, die Naturschutzleistungen gegen Entgelt erbringen.

Obwohl die Agrarumweltprogramme recht beliebt sind - fünf der 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Fläche in Deutschland werden durch ihre Verbreitung inzwischen umweltfreundlich bewirtschaftet, - sind sie dennoch kritisch zu betrachten. Ihre "ökologische Treffsicherheit" ist unzureichend und die eingesetzten Instrumente sind nicht effektiv genug. Dies hat verschiedene Gründe: So bevorzugen beispielsweise die Landwirte, die durch ihre Interessenvertretung die Programmgestaltung beeinflussen, in der Regel solche Maßnahmen, die keine oder geringe Änderungen ihrer Wirtschaftsweise verlangen. Die Verwaltungen räumen gewöhnlich Maßnahmen Priorität ein, die sich mit geringerem Verwaltungs- und Organisationsaufwand durchführen lassen (wie im Falle der Grünlandextensivierung). Solche Maßnahmen sind aber nur unzureichend auf die vielfältigen und komplexen Eigenschaften ökologischer Systeme abgestimmt.

Zugleich attestieren Kritiker den Agrarumweltprogrammen mangelnde Effizienz. Die Ausgleichszahlungen sind in der Regel gleich hoch, unabhängig von den Ertragsmöglichkeiten des jeweiligen Standorts. Damit können die Programme die ihnen zugedachte Anreizfunktion, den Landwirten eine wirtschaftlich attraktive Alternative zur bisherigen Wirtschaftsweise zu bieten, nicht überall gleichermaßen erfüllen. Wenig effizient ist auch, dass die Gestaltung der Maßnahmen auf zentralen politischen Ebenen angesiedelt ist wie der EU-, Bundes- und Landesebene, der Umgang mit der Natur und den Ökosystemen aber gewöhnlich dezentrale Informationen und lokales Wissen erfordert (Kreis- und Dorfebene).

Zukunft der Landwirtschaft

Die Landwirtschaft wird sich auch in Zukunft verändern und durch sich verändernde Politikenund Institutionen beeinflusst werden. Deutlich wird dies am Beispiel der Einführung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), zum Beispiel von gentechnisch verändertem Mais oder Weizen. Die ungewollten Übertragungen von Pollen dieser GVO auf Flächen von konventionell oder ökologisch produzierenden Betrieben, die dort zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen können, zeigen ein bisher unbekanntes Problem. Auf diese Weise "verunreinigte" Produkte können beispielsweise nicht mehr als "ökologisch erzeugt" vermarktet werden.

Angesichts dieser Konfliktsituation wurden rechtsverbindliche Haftungsregeln und Festlegungen zur "guten fachlichen Praxis" beim Umgang mit GVO eingeführt. Hierdurch soll der Anbau von GVO grundsätzlich ermöglicht, die damit verbundenen negativen Effekte aber vermieden werden. Die Frage nach der technischen Realisierbarkeit einer solchen "Koexistenz" gentechnisch veränderter und gentechnikfreier Agrarproduktion - zum Beispiel mittels Abschirmung des Pollenflugs durch Gehölzstreifen - ist in der Wissenschaft und der Politik umstritten. Daher haben vielerorts Landwirte ihre Produktionsflächen freiwillig zu "gentechnikfreien Zonen" zusammengeschlossen. Allein in Deutschland gibt es 50 solcher Zonen mit über 11 000 landwirtschaftlichen Betrieben, die mehr als 430 000 Hektar Nutzfläche bewirtschaften.

Der auf mehr Umweltschutz und Ressourcenschonung ausgerichtete Reformwille der europäischen Agrarpolitik hat seinen Ausdruck in einem neuen politischen Leitbild zur Gestaltung der Landwirtschaft und Entwicklung der ländlichen Räume gefunden, das mit dem Begriff der "Multifunktionalität" gekennzeichnet wird. Gemeint ist damit, dass Landwirte nicht mehr allein private Güter wie Milch oder Getreide produzieren, sondern auch zur Bereitstellung öffentlicher Güter beitragen. Dazu gehören unter anderem:

  • gesunde Umwelt,

  • die Erhaltung der Boden-, Wasser- und Luftqualität,

  • biotische und genetische Vielfalt,

  • Schönheit und Funktionsfähigkeit der Landschaft,

  • Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Räumen und deren Entwicklungsfähigkeit,

  • Ernährungssicherheit sowie Erhaltung der ländlichen Kultur.

Inwieweit ein solcher Wandel der Landwirtschaft tatsächlich durch geeignete institutionelle und politische Änderungen nachhaltig erreicht werden wird, bleibt gewiss abzuwarten. Deutlicher denn je signalisieren jedoch die geschilderten brisanten Probleme und die intensive politische Diskussion darüber die Dringlichkeit, Landwirtschaft und Gartenbau, der Fisch- und Forstwirtschaft die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken. Die in Gesellschaft und Politik und hin und wieder auch in der Wissenschaft anzutreffende Auffassung, diese Bereiche seien wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch unwichtig geworden (offenbar weil sie - in entwickelten Ländern wie Deutschland - nur einen geringen Teil der Erwerbsbevölkerung beanspruchen und preiswerte Nahrungsmittel im Überfluss bereitstellen), spiegelt eine wenig wissensbasierte Fehleinschätzung wider. Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Fischerei stellen im Gegenteil ökologisch und ökonomisch einen Sektor von weltweit fundamentaler Bedeutung dar. Hierfür das Bewusstsein neu zu schärfen, ist besonders eine Aufgabe von Schulen und Universitäten.

Prof. Dr. Dr. h.c., leitet das Fachgebiet Ressourcenökonomie am Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus der HU Berlin und ist Direktor des Berliner Instituts für Genossenschaftswesen. Arbeitsfelder: Institutionelle Umwelt- und Ressourcenökonomie, Agrarumweltpolitik sowie Institutionenanalyse und Politische Ökonomie.

Kontakt: k.hagedorn@agrar.hu-berlin.de