Die sogenannte "Female Genital Mutilation“ (FGM, dt.: Genitalverstümmelung) oder das "Female Genital Cutting“ (FGC, dt.: Genitalbeschneidung) wird in 29 Ländern Afrikas, auf der Arabischen Halbinsel und in manchen asiatischen Ländern praktiziert. Die Motive der Beschneidung unterscheiden sich hinsichtlich der kulturellen Praktiken in den verschiedenen Ländern. Das Sicherstellen der Jungfräulichkeit, bessere Chancen auf dem Heiratsmarkt oder spirituelle Reinheit sind verbreitete Begründungen für das Ritual. Das Problem der Externer Link: Genitalverstümmelung existiert auch in Deutschland. Nach Schätzungen der Nichtregierungsorganisation Externer Link: "Terres des Femmes“ leben in Deutschland etwa 58.000 betroffene und 13.000 gefährdete Mädchen und Frauen.
Eingriff
Die Externer Link: WHO definiert die weibliche Genitalverstümmelung als "jede teilweise oder totale Entfernung oder sonstige Verletzung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane aus nicht medizinischen Gründen.“ Es gibt verschiedene Formen von FGM/FGC, die je nach Land und Region ab dem Säuglingsalter bis ungefähr zum 14. Lebensjahr durchgeführt werden. Aber "auch Frauen, die kurz vor der Eheschließung stehen, sind generell gefährdet“, sagt Idah Nabateregga, Referentin für weibliche Genitalverstümmelung bei "Terres des Femmes“ in Berlin. Ältere Frauen, die in ihren Dörfern mit der Aufgabe betraut wurden, oder traditionelle Geburtshelferinnen führen die Eingriffe durch. Häufig verwenden sie dabei nicht sterilisierte Messer, Glasscherben, Rasierklingen, Scheren oder Skalpelle ohne ihren Opfern eine Narkose zu geben oder Antiseptika zu verwenden.
Formen weiblicher Genitalverstümmelung
Typ I: Klitoridektomie: Die „mildeste“ Form der Genitalverstümmelung ist die Klitorisbeschneidung. Hier wird den Mädchen die Klitoris teilweise oder vollständig entfernt.
Typ II: Exzision: Bei der Exzision werden zusätzlich zur Klitoris die inneren Schamlippen entfernt. Die äußeren Schamlippen bleiben dabei unverletzt und die Vagina wird nicht verschlossen. Wieviel entfernt wird, hängt auch von den Gebräuchen in der jeweiligen Gemeinde ab, davon wie gut die Sehfähigkeit der Beschneiderin ist und wie stark sich das Mädchen gegen die Beschneidung wehrt.
Typ III: Infibulation: Die Infibulation ist die schwerste Form der Genitalverstümmelung. Die Klitoris, die inneren Schamlippen sowie die inneren Seiten der äußeren Schamlippen werden vollständig entfernt und die Wunde wird mit Dornen befestigt oder zusammengenäht. Eine kleine Öffnung für das Abfließen von Urin und Menstruationsblut bleibt bestehen. Da so keine Penetration möglich ist, muss die infibulierte Frau nach der Heirat durch den Ehemann erweitert oder aufgeschnitten werden. Dies ist sehr schmerzhaft und kann sich über Tage hinziehen.
Typ IV: Alle sonstigen Praktiken, die physische und/oder psychische Schäden hinterlassen.: Unter Typ IV fallen alle sonstigen Praktiken, die keine medizinische Notwendigkeit haben und die Klitoris und Vulva der Frauen dauerhaft beschädigen. Darunter fallen unter anderem: Ätzen, Brennen, Scheuern oder das Auftragen von nervenschädigenden Substanzen.
Gesundheitliche Folgen
Für die Mädchen und Frauen beginnt mit der Verstümmelung ein lebenslanger Leidensweg. Neben dem Schock, den die Betroffenen erleben, kommt es zu starken Blutungen, verursacht durch das Entfernen von Teilen der Genitalien und der damit einhergehenden Beschädigung von Venen und Arterien. Viele Betroffene leiden unter Infektionen, die durch nicht sterilisierte Instrumente, traditionelle Wundheilmittel und dem Brauch, dem Opfer nach dem Eingriff die Beine zusammenzubinden, was den Abfluss des Wundsekrets verhindert, entstehen. Langzeitfolgen sind Unfruchtbarkeit, chronische Unterleibsentzündungen, Harnwegsinfektionen, Schwierigkeiten beim Urinieren und Abszesse sowie Schwierigkeiten bei der Menstruation. Laut WHO sterben 10 Prozent der Frauen an den direkten Folgen wie Blutvergiftung und Blutverlust. 25 Prozent sterben an langfristigen Folgen wie Infektionen mit
Während die physischen Konsequenzen der Genitalverstümmelung vielfach durch Studien belegt sind, gibt es noch keine vergleichbare Forschung hinsichtlich der psychischen Folgen und die Auswirkungen auf das sexuelle Empfinden und Erleben der Frauen. Viele Betroffene leiden jahrelang unter dem erlebten Trauma und haben das Vertrauen in ihre Bezugspersonen verloren. Langfristig kämpfen sie mit Angstzuständen, dem Verlust ihrer Weiblichkeit, Schamgefühlen, Depressionen, chronischer Reizbarkeit, Frigidität, Partnerschaftskonflikten und Psychosen.
In Deutschland sind Ärzte und Ärztinnen teilweise noch unvorbereitet, da sie keine Erfahrung haben, wie sie mit den Frauen einfühlsam über die Verstümmelung sprechen können und wie sie mit einer betroffenen Frau bei der Geburt umgehen müssen. Doch mittlerweile gibt es mehrere Angebote, wie beispielsweise das Externer Link: "Desert Flower Center“ in Berlin, das auf die medizinische und psychologische Betreuung der Opfer von Genitalverstümmelung spezialisiert ist.