Wirtschaftswissenschaftler messen die Unterschiede des Lebensstandards oder die des wirtschaftlichen Wachstums meist mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Jedoch wurde dieses Konzept aufgrund seiner Unzulänglichkeiten oft kritisiert: Es erfasst lediglich ökonomische Aktivitäten, die den Marktmechanismus durchlaufen und lässt die damit verbundenen Schattenseiten wie Verschmutzung der Umwelt oder ungleiche Einkommensverteilung außen vor. Trotzdem wird es aus pragmatischen Gründen als Indikator für menschliche Wohlfahrt verwendet, da Bewegungen des BIP zu einem bestimmten Grad mit sozialen Indikatoren wie Gesundheit, Bildung und Lebenserwartung korrelieren. Zudem ist dieses Konzept nützlich für den internationalen Vergleich.
Tabelle 1: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Die Messungen des BIP werden in internationalen Dollar in Preisen von 1990 angegeben. Folglich werden Messungen in der nationalen Währung unter Einbezug der unterschiedlichen Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen auf Länderbasis konvertiert. Internationale Dollars repräsentieren daher die Kaufkraft, die ein Dollar Einkommen in einem Land im Vergleich zu einem anderen besitzt. Dieses Verfahren gibt ein akkurateres Bild als eine Umwandlung mit Hilfe von Wechselkursen.
Seit 1850 wuchsen die in Tabelle 1 dargestellten Durchschnittseinkommen der Länder um einen Faktor zwischen 10 und 16. Eine wichtige Ausnahme stellt der industrielle Nachzügler Japan dar, der sein Einkommen um mehr als das 30-Fache steigern konnte. Zusammengenommen betrug das durchschnittliche jährliche Wachstum des BIP pro Kopf im 19. Jahrhundert ca. 1 bis 1,5 Prozent. Im 20. Jahrhundert waren die durchschnittlichen Wachstumsraten in Industriestaaten mehr als einen Prozentpunkt höher. Besonders die Periode der sogenannten Goldenen Jahre zwischen 1950 und 1973 weist extrem hohe Wachstumsraten auf. (siehe Tab 1)
Wenn man Deutschland im Ländervergleich betrachtet, fällt eine überdurchschnittliche Leistung vor 1914 und eine durchschnittliche Entwicklung nach 1914 auf. Deutschlands Wachstum zwischen 1870 und 1913 betrug durchschnittlich 1,6 Prozent pro Jahr. (siehe Abb 1)
Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in konstanten Preisen (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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1870 startete Deutschland mit einem Wohlfahrtsniveau, das 60 Prozent des britischen betrug. Während des Ersten Weltkriegs fiel das deutsche Einkommen schärfer zurück als in anderen Ländern. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte ein weiterer harter Rückschlag. Das abnorm hohe Produktionsniveau während der ersten Kriegsjahre außer Acht gelassen, erreichte die Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Vorkriegsniveau erst 1953 wieder, was sehr spät war. Japan erfuhr eine ähnliche Entwicklung. Beide Länder kompensierten dies jedoch mit relativ hohen Wachstumsraten in den Goldenen Jahren. Zwischen 1973 und 1988 waren Wachstumsraten der dargestellten Länder sehr ähnlich. Seit der Finanzkrise 2008 weist Deutschland jedoch die beste Entwicklung der hier dargestellten Länder auf.