Bereits Jahre vor dem Kriegsbeginn im August 1914 hatte der preußische Generalstab in Zusammenarbeit mit der KPEV geheime Fahrpläne für den Mobilisierungsfall ausgearbeitet, um die Truppen so schnell wie möglich an die westliche und an die östliche Reichsgrenze zu transportieren. Während die Mobilmachungstransporte im August 1914 mit sprichwörtlicher generalstabsmäßiger Präzision funktionierten, stießen die Länderbahnen 1917 an ihre personellen und materiellen Grenzen. Der Mangel an Zug- und Streckenpersonal, an Lokomotiven und Waggons und an Arbeitskräften in den Ausbesserungswerken führte ab 1917 zu einer Transportkrise, die vor allem die Versorgung der Zivilbevölkerung, aber auch die militärische Logistik betraf. Zudem erzielten die Länderbahnen ab 1917 zunehmend höhere Defizite, weshalb die Länderregierungen bei den Verhandlungen zur Weimarer Verfassung 1919 zustimmten, die Länderbahnen in Reichsbesitz zu überführen.
Die konjunkturelle Scheinblüte der Inflationszeit und die zunehmend durch die Inflation entwerteten Tarife waren dafür verantwortlich, dass die neugegründete Reichsbahn 1922 mit 68,1 Milliarden Tonnenkilometern die Transportleistung des letzten Vorkriegsjahrs 1913 (57,3 Milliarden Tonnenkilometer) trotz des um 10 Prozent verkleinerten Reichsgebiets deutlich übertraf.
Abbildung 2: Lastkraftwagen (Lkw) - in Millionen* (bpb) Lizenz: cc by-nc-sa/3.0/de
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Als Folge der hohen Betriebsdefizite entschloss sich die Reichsregierung, die unselbstständige Hoheitsverwaltung Reichsbahn in eine wirtschaftlich selbstständige Aktiengesellschaft mit dem Namen Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) umzuwandeln. Von 1924 bis 1929 war ein großer Teil ihrer Gewinne zweckgebunden, um die Reparationsschulden des Reiches zu finanzieren. Dank ihrer hohen Modernisierungsinvestitionen während der Inflationszeit und in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre gehörte die DRG zu den modernsten und profitabelsten Eisenbahnbetrieben Europas.
Am Ende der 1920er Jahre wurde die positive Ertragslage der DRG zum ersten Mal vom Wachstum des Straßengüterverkehrs bedroht. Obwohl der Straßengüterverkehr 1930 nur ein Transportvolumen von 3,5 Milliarden Tonnenkilometern besaß
Tabelle 4: Straßenverkehr (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Während die nationalsozialistische Verkehrspolitik das Wachstum des LkwVerkehrs begrenzte, förderte sie den Kauf von Pkw mit dem Mittel der Steuerpolitik. Die Zahl der Pkw stieg nicht zuletzt dank der Steuerfreiheit für Neufahrzeuge von 1933 bis 1938 von 0,5 bis auf 1,3 Millionen Fahrzeuge. Ungeachtet aller Motorisierungspropaganda war Deutschland vor dem Krieg von der Massenmotorisierung noch weit entfernt. Auf 1 000 Einwohner kamen 1938 lediglich 19 Pkw. Dies hätte sich auch dann nicht geändert, wenn der Krieg nicht die Massenproduktion des Volkswagens verhindert hätte. Der anvisierte Kaufpreis von 990 Reichsmark wäre weit überschritten worden und hätte den Durchbruch des Autos zum Massenkonsumgut verhindert.
Leider fehlen für die Zeit des Zweiten Weltkriegs zuverlässige Zahlen über die Transportleistungen von Bahn, Binnenschifffahrt und Kraftverkehr. In der Forschung herrscht jedoch Übereinstimmung, dass die Reichsbahn bis zum Sommer 1944 die Transportanforderungen der Wehrmacht, der Rüstungsproduktion und der Zivilbevölkerung erfüllen konnte. Erst der Strategiewechsel der alliierten Luftkriegsführung zu einer gezielten Bombardierung von Bahnanlagen führte zu einer zunehmenden Lähmung der Eisenbahn.