Die Anzahl der Menschen, die in einem bestimmten Territorium leben, gibt einen ersten Hinweis auf das mögliche Arbeitspotenzial einer Gesellschaft.
Abbildung 1: Erwerbsquote (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Nach Überwindung der kriegs- und zerstörungsbedingten Unterauslastung des Erwerbspotenzials in Deutschland unmittelbar nach 1945, als für lediglich 40 Prozent der Bevölkerung in einer bloßen "Überlebensgesellschaft" Erwerbsmöglichkeiten eröffnet werden konnten, stieg die gesamtwirtschaftliche Erwerbsquote im Zuge des folgenden "Wirtschaftswunders" stetig an und stabilisierte sich langfristig bei etwa 50 Prozent. Allerdings erreichte die Erwerbsquote nicht mehr Höchststände wie in den 1920er und 1930er Jahren. Darin spiegelt sich der spätere Berufseintritt der jüngeren Generation aufgrund der verlängerten Ausbildungszeiten ebenso wider wie der frühere Berufsaustritt wegen neuer Rentenregelungen, die einen früheren Ruhestand ermöglichen (sollen).
Tabelle 1: Erwerbstätigkeit und Beschäftigung (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Die Erwerbsquote misst den Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung und ist, neben den gebotenen Möglichkeiten einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (Arbeitsnachfrage), entscheidend von der Altersstruktur der Bevölkerung abhängig. Stark wachsende Bevölkerungen mit zahlreichen Kindern zeigen geringere Erwerbsquoten als stagnierende oder gar schrumpfende Bevölkerungen. Auch hat die Dauer der Ausbildung der nachwachsenden Bevölkerung durch Schulbesuch, Lehre und Studium einen wesentlichen Einfluss auf das Eintrittsalter in eine Erwerbstätigkeit, ebenso wie Regelungen über Rentenbezug und Pensionierung das Austrittsalter mitbestimmen. Der Umfang der Ausschöpfung des Erwerbspotenzials einer Bevölkerung ist daher neben demografischen Faktoren auch von politischen Entscheidungen bestimmt und daher in gewissen Grenzen gestaltbar und zudem gelegentlich durch krisenhafte Entwicklungen (Krieg, Revolution usw.) geprägt. (siehe Tab 1)
Abbildung 2: Arbeitslosenquote (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Augenfällig ist jedoch vor allem, dass die Erwerbsbeteiligung von Frauen sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich von der der Männer unterschied. Der Unterschied betrug zu Beginn des Untersuchungszeitraumes (1882) nahezu 20 Prozentpunkte und reduzierte sich bis weit ins 20. Jahrhundert nur unwesentlich. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg näherten sich die Erwerbsquoten von Männern und Frauen in Deutschland deutlich an, und das galt im Osten wie im Westen des nunmehr geteilten Landes. Doch in der DDR folgte die Frauenerwerbstätigkeit einem anderen Weg als in der Bundesrepublik: Sie lag gravierend über der der Frauen in Westdeutschland. Ob man diese Tatsache als einen Akt fortschrittlicher Emanzipation feiert oder sie den Zwängen eines unzureichenden Arbeitskräfteangebots und geringer Arbeitsproduktivität der sozialistischen Wirtschaft zurechnen will, mag dahin gestellt werden. Die Frauenerwerbstätigkeit in der Bundesrepublik jedenfalls verminderte sich zunächst im Wiederaufbau deutlich, ehe auch hier der allgemeine Trend zu einer verstärkten Erwerbstätigkeit der Frauen zum Durchbruch kam, was in einer deutlichen Annäherung der geschlechtsspezifischen Erwerbsquoten in Deutschland insgesamt seinen Ausdruck fand. Einen weiteren Maßstab, der Auskunft über die Ausschöpfung des Erwerbspotenzials einer Gesellschaft zu geben vermag, bieten die Arbeitslosenquote und in eingeschränkter Weise auch die Streikintensität. (siehe Abb 2, Abb 3)
Abbildung 3: Verlorene Arbeitstage durch Streiks (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Von "Arbeitslosigkeit" kann man sinnvoller Weise erst sprechen, wenn Erwerbsarbeit als Kategorie eindeutig bestimmbar ist. Das war in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend möglich. Zuvor lässt sich die Unterauslastung des Erwerbspotenzials einer Gesellschaft besser als "Unterbeschäftigung" beschreiben
Blickt man auf die Entwicklung der Arbeitslosenquote in Deutschland seit 1887
Abbildung 4: Anteil der Beschäftigten nach Sektoren (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Reflektiert der Grad der Arbeitslosigkeit den Umfang unfreiwilliger Unterauslastung des Arbeitspotenzials, so reduzieren Streiks seitens der Beschäftigten freiwillig den Arbeitseinsatz.
Nicht nur der Umfang, auch die Struktur der Erwerbstätigkeit gibt wichtige Hinweise auf den Stand der wirtschaftlichen Entwicklung einer Nation und den Wohlstand ihrer Bevölkerung. Die Erwerbsstruktur spiegelt sich in erster Linie in der sektoralen Verteilung der Beschäftigten.
Auskunft über die Branche, in der die Erwerbstätigen in Deutschland Beschäftigung fanden, geben, neben einigen früheren Schätzungen der Literatur
Demnach waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts knapp zwei Drittel (61,8 Prozent) aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt, ein Fünftel (21,3 Prozent) im Gewerbe und der Rest (16,9 Prozent) mit vielfältigen Dienstleistungen. Danach lässt sich ein durchgreifender Strukturwandel im Beschäftigungssystem beobachten, der von einer Agrar- über die Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft führte. Die Landwirtschaft verlor als Arbeits- und Erwerbsbereich der Bevölkerung dramatisch an Bedeutung und schon um 1895 überstieg die Anzahl der Erwerbstätigen des gewerblichen Sektors die der Landwirtschaft