Mit der Durchsetzung der industriellen Produktion vervielfachte sich die Menge der gewerblichen Erzeugnisse. Zunächst betraf dies industrielle Rohstoffe, Steinkohle, Roheisen und Stahl, doch am Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch die industrielle Herstellung von Konsumgütern immer wichtiger (zum Beispiel Bekleidung, Lebensmittel, Haushaltswaren, Möbel). Diese Entwicklung ging einher mit einem gesteigerten Bedarf an Maschinen und industrieller Ausrüstung und einem schnell steigenden Energiebedarf. Seit den 1860er Jahren entstanden daher "neue Industrien" wie die Elektrotechnische Industrie oder die Chemieindustrie. Andere Industrien, wie die Automobilindustrie, brauchten in Deutschland sehr viel länger, um sich zu entwickeln.
Tabelle 4: Produktion von ausgewählten industriellen Erzeugnissen (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Die deutsche Industrie erlebte einschneidende Strukturwandlungsprozesse, in denen die Bedeutung einzelner Industrien zu oder auch abnahm. Kaum eine Branche illustriert diesen Prozess so gut wie der Kohlebergbau, der in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg eine Schlüsselindustrie war, die einen wichtigen Rohstoff und die Energiequelle der Hochindustrialisierung lieferte. Langfristig überholte die Braunkohle die Steinkohle als wichtigste Energiequelle. Dieser Prozess begann in den 1930er Jahren und setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere in der DDR fort, die auf Braunkohle als heimische Energieressource setzen musste, um nicht von importierter Energie abhängig zu sein. Die Steinkohle befindet sich hingegen seit dem Ende der 1950er Jahre in der Krise. Wenngleich 10 Millionen Tonnen geförderte Steinkohle eine riesige Menge sind, und obgleich die fördernden Zechen heute so produktiv sind wie nie zuvor, sind die Fördermengen heute kaum größer als vor 160 Jahren, als die Steinkohleförderung im industriellen Maßstab gerade begonnen hatte. (siehe Abb 2)
Abbildung 2: Steinkohle- und Braunkohleerzeugung (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Die andere Seite des industriellen Strukturwandels wird am Beispiel der Automobilindustrie deutlich. Sie erreichte erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere volkswirtschaftliche Bedeutung, in etwa zu der Zeit, als der Steinkohlebergbau in die Krise geriet. Das im Dezember 2014 stillgelegte Opel-Werk in Bochum wurde genau aus diesem Grund errichtet. Seither ist die deutsche Automobilproduktion relativ kontinuierlich gestiegen.
Abbildung 3: Pkw-Produktion (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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In der Gegenwart liefert die Konsumgüterproduktion ein besseres Abbild der wirtschaftlichen Entwicklung, als es die Produktion industrieller Grundstoffe vermag. Dies war zu früheren Zeiten anders: Bis etwa zum Beginn der 1960er Jahre waren Steinkohle und die Eisen- und Stahlindustrie ein verlässlicher Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung. Beide Produktionsreihen lassen die wirtschaftlichen Einbrüche des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise (1929 bis 1932) gut erkennen und ebenso, dass als Folge des Ersten Weltkrieges wichtige Kohlelagerstätten und Standorte der Eisenproduktion verlorengingen. Die zyklischen Schwankungen der bundesdeutschen Eisen- und Stahlerzeugung von etwa drei bis fünf Jahren resultieren vor allem aus den Investitionszyklen der Industrie und nicht aus der Endnachfrage. Gleichwohl zeigen die beiden Reihen der Roheisen- und der Rohstahlproduktion sehr deutlich den Beinahe-Zusammenbruch der Weltwirtschaft in Folge der Finanzkrise, als die Erzeugung von 2007 auf 2009 um über 30 Prozent einbrach. (siehe Abb 4)
Abbildung 4: Roheisen und Rohstahl (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Demgegenüber bildet Bier als eines der wichtigsten Massenkonsumgüter bis in die 1980er Jahre hinein gut die Entwicklung der verfügbaren Einkommen und den Lebensstandard ab. Dabei muss natürlich die veränderte Gebiets- und Bevölkerungsgröße berücksichtigt werden. Seit dem Ende der 1990er Jahre nimmt die Aussagekraft dieses Indikators aufgrund veränderter Konsumbedürfnisse ab. (siehe Abb 5)
Abbildung 5: Bierproduktion (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Anders als Produktionsdaten geben betriebs- und unternehmensbezogene Daten nur eingeschränkt Auskunft über allgemeine Trends. Sie müssen sehr viel vorsichtiger interpretiert werden, weil die Erhebungsgrundlagen sich, wie oben angedeutet, im Zeitverlauf erheblich veränderten. Zudem sind in den Statistiken Industriebetriebe und -unternehmen nicht von größeren Handwerksbetrieben unterschieden. Unternehmen, also rechtlich selbstständige Einheiten, wurden erst seit den 1960er Jahren ausgewiesen, bis dahin begnügte sich die Statistik mit der Zahl der Betriebe oder Arbeitsstätten, doch viele Unternehmen besitzen mehrere Betriebe.
Tabelle 5: Bergbau und verarbeitendes Gewerbe (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Bis zum Ersten Weltkrieg, während der Weimarer Republik, nach der Weltwirtschaftskrise (1929 bis 1932) und in den 1950er und 1960er Jahren wuchs das produzierende Gewerbe gemessen an Beschäftigtenzahl, Produktionsausstoß und Umsatz (Daten liegen seit 1950 vor). Die Umsatzzahlen für die Bundesrepublik zeigen, dass das starke Wachstum bis in die 1970er Jahre hinein anhielt. Doch der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft machte sich bereits bemerkbar. Die Wachstumsraten der Industrie gingen zurück und basierten seit den 1970er Jahren zunehmend auf dem Export. Nur kurzfristig, in Folge der deutschen Einigung, gewann das Inland wieder an Bedeutung, seither wuchs vor allem die Exportwirtschaft. (siehe Tab 5, Abb 6)
Abbildung 6: Produzierendes Gewerbe (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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