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M 02.04 Brexit: Goodbye, EU!
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Dieser Text bietet Schülerinnen und Schüler Hintergrundinformationen zum Einfluss der Remain- und Leave-Kampagnen auf die Mehrheitsentscheidung der britischen Bevölkerung, die EU zu verlassen.
Wie kam es eigentlich, dazu, dass die britische Bevölkerung beim Brexit-Referendum am 23. Juni 2016 letztlich für den Brexit, also den Austritt aus der EU gestimmt hat? Und welche Rolle haben die Kampagnen dabei gespielt?
The Bogeyman von Christian Adams (© Telegraph Media Group Limited 2016)
Ganz so einfach lässt sich das nicht erklären. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Kampagnen und ihre Effekte, um dann detaillierter auf Zusammenhang und Auswirkung von Wissen und Informiertheit auf politische Entscheidungsprozesse einzugehen und so die Ausgangsfragen beantworten zu können.
Das ist wohl nicht die feine englische Art.
Nimmt man die Wahlkampf-Aussagen der Leave-Kampagnen
Es wäre einfach, die Brexit-Befürworter und -Befürworterinnen zu verurteilen, weil sie die britische Bevölkerung getäuscht und emotional beeinflusst haben. Und es wäre ebenso einfach, die Brexit-Gegner und -Gegnerinnen im Gegenzug als ehrliche Verlierer und Verliererinnen darzustellen. Doch auch die Vertreter und Vertreterinnen der Remain-Kampagnen
Sowohl Gegner/innen als auch Befürworter/innen des Brexits neigten während des Wahlkampfes dazu, emotional zu argumentieren und Ängste zu schüren. Gelegentlich haben die Politiker und Politikerinnen beider Positionen Halbwahrheiten und manchmal sogar Lügen verbreitet, anstatt sich auf Fakten und rationale Argumente zu verlassen.
Was sagen uns die Zahlen?
Die Statistiken zum Brexit-Referendum zeigen, dass vor allem ältere Menschen und Menschen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen in Großbritannien für den EU-Austritt gestimmt haben. Aber die Zahlen an sich sagen noch nichts darüber aus, warum das so ist. Eine Theorie lautet, dass diese Bürgerinnen und Bürger insgesamt weniger von den wirtschaftlichen und kulturellen Vorteilen der EU-Mitgliedschaft – wie etwa dem Zugang zum zollfreien Binnenmarkt oder der Freiheit von EU-Bürger/innen, ihren Wohn- und Arbeitsplatz innerhalb der EU frei zu wählen – mitbekommen und auch weniger davon profitieren. Außerdem haben sie mehr Grund dazu, ihre Arbeitsplätze durch die Einwanderung aus anderen EU-Mitgliedsstaaten bedroht zu sehen, als jüngere Briten und Britinnen und solche mit höheren Bildungsabschlüssen.
Moment mal! Hätte die britische Bevölkerung nicht besser informiert werden müssen?
Eine Volksabstimmung wie das Brexit-Referendum ist dazu da, um vor wichtigen politischen Entscheidungen die Meinung der Bürgerinnen und Bürger einzuholen. Was zunächst löblich und besonders demokratisch klingt, hat aber einen entscheidenden Schwachpunkt: Die meisten Bürgerinnen und Bürger sind politische Laien. Das heißt, sie müssen sich auf die professionelle Einschätzung führender Politikerinnen und Politiker verlassen, wenn sie sich eine Meinung zum Thema der Abstimmung bilden wollen. Denn eine politische Entscheidung – ganz gleich, von wem sie denn nun gefällt wird – sollte auf einer Abwägung aller bekannten Fakten und auch auf einer Befragung des eigenen Gewissens beruhen. Je besser die Bürgerinnen und Bürger über die Grundlagen der Entscheidung informiert sind, umso leichter fällt es ihnen, Aussagen von Politiker/innen oder auch die Darstellungen in den Medien auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen.
Wer eine Vorstellung davon hat, was die EU ist, wie sie aufgebaut ist und welche Vor- und Nachteile eine EU-Mitgliedschaft mit sich bringen kann, lässt sich durch widersprüchliche Aussagen und Fehlinformationen nicht so leicht aus dem Konzept bringen und entscheidet sachgerechter.
Keine Wissenslücken – kein Problem?
Natürlich ist Wissen eine wichtige Voraussetzung, um weitreichende politische Entscheidungen zu treffen. Wenn man allerdings behauptet, die britischen Bürgerinnen und Bürger hätten sich ganz anders entschieden, wenn man sie im Vorhinein nur richtig informiert hätte, hieße das auch, ihre Sorgen, Ängste und Meinungen nicht ernst zu nehmen. Externer Link: Meinungsumfragen zeigen, dass die britische Bevölkerung noch immer gespalten ist, wenn es um den geplanten EU-Austritt geht; niemand kann mit Sicherheit sagen, ob die Entscheidung heute anders ausfallen würde als im Jahr 2016.
Wenn man also erklären will, wie es zu dem Ergebnis für den Austritt Großbritanniens aus der EU kommen konnte, darf man sich zudem nicht auf eine Momentaufnahme im Hinblick auf die Einstellungen und Meinungen der Britinnen und Briten zur EU beschränken. Das Verhältnis von Großbritannien zur EU und Europa ist historisch und gesellschaftlich bedingt sehr speziell, weshalb die emotional geführten Kampagnen auf fruchtbaren Boden fielen, weil sie schon vorhandene Meinungen und Bedenken aufgriffen und diese noch bestärkten.
Unabhängig davon, wie man das Ergebnis des Referendums nun bewertet – das Ergebnis zeigt, dass es in Großbritannien mehrheitlich keine starke, positive Idee von einem durch die Europäische Union vereinten Europa gibt. Und auch keine Zukunftsvisionen von einer sich stetig verbessernden EU, die es wert ist, dass man Zeit, Geld und Nerven in sie investiert, dass man dabei ist, und vor allem: dass man mitentscheidet, wie es mit ihr weitergehen soll.
Autorin: Selina Kalms
Hinweis zur Karikatur:
"Wenn du die EU verlässt, … / Wenn du in der EU bleibst, … holt dich der Bogeymann!" (Bogeymann = Buhmann, böser Mann, Butzemann = fiktive Figur, mit der Kindern Angst eingejagt wird; Englisches Sprichwort: "Sei lieb, oder der Bogeyman kommt und holt dich.")
Literatur:
Niedermeier, Alexander; Ridder, Wolfram (2017): Das Brexit-Referendum. Hintergründe, Streitthemen, Perspektiven. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Treib, Oliver (2018): Wenn der Geist einmal aus der Flasche ist. Das Brexit-Referendum und die Politisierung der EU in Großbritannien. In: Anders, Lisa H; Scheller, Henrik; Tuntschew, Thomas (Hg.): Parteien und die Politisierung der Europäischen Union. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Linksammlung:
Interner Link: bpb-Artikel zu den verschiedenen Brexit-Kampagnen Interner Link: bpb-Artikel über die Rolle von sozialen Utopien im Rahmen des Brexits Interner Link: bpb-Artikel über die Berichterstattung europäischer Medien zum Brexit
Aufgaben:
(Lerntempoduett):
Einzelarbeit
Lies den Text sorgfältig und markiere zentrale Aussagen. Notiere in eigenen Stichworten wichtige Zusammenhänge. Berücksichtige dabei folgende Fragen:
Wodurch zeichnen sich die Kampagnen von Brexit-Befürworter/innen und Gegner/innen aus? (Strategien / Vorgehen)
Tipp: Die Karikatur bezieht sich auf eine Taktik der Kampagnen )Welchen Einfluss hat Wissen bzw. Informiertheit auf politische Entscheidungen?
Klärt noch offene Fragen und erläutert euch abwechselnd, wie ihr die Fragen in Aufgabe 1 beantwortet habt.
Überlegt gemeinsam, wie ihr die Eingangsfragen am Anfang des Texts beantworten würdet. Begründet eure Antworten.
Das Material steht als formatiertes Interner Link: Arbeitsblatt in PDF-Format zur Verfügung.
B.A Kulturwissenschaft (Universität Koblenz-Landau)
Studiert im M.A Soziologie (WWU Münster)
Institut für Soziologie der WWU
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