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Referendariat mit Stift und Papier | Lehrende der Zukunft | bpb.de

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Referendariat mit Stift und Papier

Elisa Gigling, Claudia Schlaak, Birgit Weske

/ 7 Minuten zu lesen

Der erste Kontakt von angehenden Lehrenden mit dem Smartboard findet häufig erst im Referendariat statt – wenn überhaupt. Eine Gastbeitrag zu Digitaler Bildung in der Lehrendenausbildung in Berlin.

Digitalisierung für den Schulalltag ( bpb / Fotografin: Lya Cuellar / bearbeitet / LizenzExterner Link: CC BY-SA 4.0 )

Claudia Schlaak, Elisa Gigling, Birgit Weske ( privat / bearbeitet / Externer Link: CC BY-SA 4.0 )

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und Mediennutzung im Unterricht wird eine zeitgemäße Ausbildung durch das Referendariat nur bedingt ermöglicht und viele Lehrkräfte stehen vor großen Herausforderungen. Der "Einsatz von digitalen Medien in allen Lebensbereichen" werde in der Ausbildung nicht adäquat berücksichtigt, schreibt Maximilian Weis (2017). Daher sollte auch die Medienkompetenz bei der Aus- und Weiterbildung zukünftiger Lehrkräfte eine wichtige Rolle einnehmen, denn der Umgang mit digitalen Medien hat inzwischen einen erheblichen Einfluss auf den Unterricht in den einzelnen Fächern und auf den allgemeinen Schulalltag. Die digitalisierte Welt, mit der die heutigen Schülerinnen und Schüler ständig konfrontiert sind, fordert zwingend im Bereich der digitalen Bildung einen großen Schritt nach vorn zu gehen. Der Unterricht muss zum einen auch in digitaler Hinsicht lebensnah, ansprechend und zeitgemäß konzipiert sein. Zum anderen ist es wichtig, dass der Unterricht von den zahlreichen Möglichkeiten und Vereinfachungen, die durch digitale Unterrichtsassistenten, Software-Programme und (fächer-)spezifische Anwendungen erreicht werden können, profitieren kann. Im vorliegenden Beitrag sollen zum einen eine Auswahl digitaler Angebote vorgestellt sowie die digitale Ausstattung an den Schulen exemplarisch anhand eines Berliner Bezirks beschrieben werden. Zum anderen soll die aktuelle Bedeutung der Medienkompetenz in der Lehrendenausbildung im Studium und im Vorbereitungsdienst erläutert werden, um daraus Chancen und Herausforderungen in der Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte ableiten zu können.

Was bedeutet Digitalisierung für den Schulalltag?

Der Einsatz von audiovisuellen Medien (wie z. B. Videos, V-Logs oder Audiodateien) im Unterricht, die Nutzung eines interaktiven Whiteboards (Smartboard) als Tafel oder die Einbindung des Internets etwa durch den Zugriff auf Online-Wörterbücher usw. sind Phänomene, die der Digitalisierung des Unterrichts zugerechnet werden können.

Digitale Angebote für die Schule können generell in zwei Bereiche unterteilt werden, denn die Nutzung im konkreten Fachunterricht ist von den allgemeinen Nutzungsmöglichkeiten im Schulalltag zu unterscheiden.

a. Möglichkeiten im Fachunterricht:

  • das Smartboard

  • Mediennnutzung durch Angebote der Bildungsserver der verschiedenen Bundesländer (u.a. OER - Open Educational Resources)

  • Digitale Unterrichtsassistenten, z.B. Scor (Cornelsen), Bibox (Westermann), Digitaler Unterrichtsassistent (Klett)

  • Lern- und Anwendungsprogramme im Internet (z.B. Laptop-Klassen, Tablet-Klassen

  • Einsatz elektronischer Geräte im Unterricht, z.b. Laptop-Klassen, Tablet-Klassen

  • Wikis

b. Organisationshilfen im Schulalltag

  • Anwendungsprogramme

  • Unterrichtsassistenten

  • Softwareprogramme zur Auswertung von Klausuren

Digitale Ausstattung an den Berliner Schulen

Die Medienkompetenz (vgl. u.a. RLP 2015, 9) nimmt im Bereich der fächerübergreifenden und der fachbezogenen Kompetenzen eine zentrale Rolle ein, auch wenn zum Beispiel im Kontext der Vermittlung moderner Fremdsprachen (Fachbereich der Autorinnen, Anm. d. Red.) funktionale kommunikative oder interkulturelle kommunikative Kompetenzen weiterhin stärker im Fokus des Unterrichts stehen. Durch eine Vermittlung von Medienkompetenz, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Textkompetenz steht (RLP 2015, 9), sollen die Schülerinnen und Schüler beispielsweise darin geschult werden, digitale und analoge Medien "altersentsprechend für den Umgang mit der Fremdsprache" bis hin zu "selbstständig und kritisch zur Informationsbeschaffung und Textproduktion" zu nutzen und außerdem "Präsentationsformen selbstständig und funktional in Bezug auf komplexere Inhalte an[zu]wenden" (RLP 2015, 31). Daher ist es von Bedeutung, dass "ein sinnvoller Medieneinsatz Lehr- und Lernprozesse [unterstützt]" (LISUM 2012, 2).

Was von den Schülerinnen und Schülern verlangt wird, sollten Lehrkräfte kontinuierlich vorleben. So einfach dies klingt, so schwierig gestaltet sich die Realität im Schulalltag. Dies liegt einerseits daran, dass die Lehrkräfte in Sachen Mediennutzung selbst nur unzureichend ausgebildet werden (s.u.), andererseits daran, dass die Ausstattung der Schulen nur bedingt die Nutzung digitaler Unterrichtsangebote ermöglicht.

Aus der Antwort auf eine aktuelle kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen an die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick (KA VIII/0059) geht exemplarisch hervor, dass die Schulen hier mit Blick auf eine moderne, kommunikationstechnische Ausstattung deutliche Unterschiede aufweisen. In diesem Berliner Bezirk gibt es Schulen, die über gar kein interaktives Whiteboard verfügen. Nur an drei Schulen in Treptow-Köpenick sind alle Unterrichtsräume mit interaktiven Whiteboards ausgestattet. Konkrete Zielvereinbarungen zwischen den jeweiligen Schulen und dem Bezirksamt existieren nicht, da das "aktuelle IT-Konzept der Schulen […] über die Ausstattung mit interaktiven Tafeln" entscheidet und die Schulen die ihnen "übergebenen Budgets selbst" verantworten (KA VIII/0059 2017, 2). Auch die Möglichkeit, in allen Unterrichtsräumen auf das Internet zuzugreifen, variiert, sodass der Einsatz des Internets bei der Unterrichtskonzeption nicht vorausgesetzt werden kann. Unabhängig von zahlreichen weiteren Fragen (z. B. wer die Wartung der Geräte vornimmt oder wie die Lehrenden für die Nutzung der interaktiven "Tafeln" geschult werden usw.) wird durch das Beispiel dieses Berliner Bezirks deutlich, dass es für einige Lehrende nicht möglich ist, die "digitale Welt" in den Unterricht einzubinden, weil hierfür überhaupt nicht die Voraussetzungen bestehen.

Situation der Lehrendenausbildung in Studium und Vorbereitungsdienst in Berlin

Angehende Lehrende werden in ihrer Ausbildung ganz unterschiedlich vorbereitet, wenn es um die Aneignung des digitalen Handwerkszeugs geht. Im Rahmen des Lehramtsstudiums spielt die digitale Bildung nur eine geringe Rolle. Lediglich wenige thematische Lehrveranstaltungen im Bereich der universitären Ausbildung von Fremdsprachenlehrkräften (z.B. wenn man die Vorlesungsverzeichnisse der Universitäten betrachtet) behandeln beispielsweise explizit die Mediennutzung und die Bedeutung der Medienkompetenz innerhalb des Lehrerberufs – dies bestimmen einerseits die universitären Lehrkräfte und Fakultäten durch ihr jeweiliges Lehrangebot, andererseits schreiben auch die jeweiligen Richtlinien und Studienordnungen das Angebot vor. Viele Studierende wünschen sich aber bereits im Studium z. B. Workshops im Umgang mit interaktiven Whiteboards, um nicht erst in den vorgeschriebenen Praktika Erfahrungen mit der technischen Ausstattung an den Schulen zu machen (vgl. Umfragen/Nachfragen in acht verschiedenen Lehrveranstaltungen an der Universität in Mainz in der spanischen und französischen Fachdidaktik).

Auch in den Referendariatsseminaren werden digitale Hilfsmittel ganz unterschiedlich genutzt und thematisiert, denn die Entwicklung der Medienkompetenz erfolgt bisher weder systematisch noch verbindlich. Die umfassenden Angebote der Senatsverwaltung für die Schulung in PowerPoint, interaktiven Whiteboards, Excel, Lernplattform und dem Internet werden bisher kaum genutzt. Das ist immer wieder festzustellen, wenn man sich mit anderen Seminarleitungen austauscht oder mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch kommt. Zum einen wissen nicht alle Lehramtsanwärterinnen und -anwärter von den Angeboten, zum anderen ist die Teilnahme freiwillig und die Seminare finden in den Ferien statt.

Nach eigenen Aussagen fangen die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter den Vorbereitungsdienst mit relativ geringen Kenntnissen im Umgang mit digitalen Medien an. Sollten die Seminarleitungen medienaffin sein, haben sie auch passiv die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln oder selbst zu erfahren, welche Möglichkeiten z. B. ein interaktives Whiteboard im Unterricht bieten kann. Jedoch können erfahrungsgemäß nicht alle Seminarleitungen mit derartigen Medien gut umgehen. Einige Referendarinnen und Referendare haben es dadurch etwas schwerer und müssen andere Wege gehen, um in diesem Bereich Erfahrungen sammeln zu können.

Ein größerer Sprung im Bereich der Medienkompetenz erfolgt bei den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern zumeist relativ schnell durch selbstständige Aneignung – vorausgesetzt, sie arbeiten an einer digital gut aufgestellten Schule. An einigen Schulen werden auch die drei Präsenztage dazu genutzt, digitale Schulungen für die Lehrenden auf verschiedenen Niveaustufen durchzuführen.

Chancen und Herausforderungen in Berlin

Darüber hinaus gibt es vielfältige Fortbildungsangebote von Universitäten, der Senatsverwaltung, dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg sowie von Schulbuchverlagen und Unternehmen aus der Digitalbranche. Immer öfter werden auch sogenannte Webinare angeboten, an denen man bequem vom eigenen Schreibtisch aus teilnehmen kann. Die Teilnahme ist jedoch immer freiwillig und wird meist nur bei persönlichem Interesse durchgeführt. Hier wäre ein verpflichtender Anteil an Input in Bezug auf die Digitalisierung für die Zukunft wünschenswert, nicht nur für die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter, sondern auch für die Seminarleitungen.

Im Zeitalter der Digitalisierung können Lehrkräfte digitale Angebote nutzen, um ihre Arbeit leichter und effizienter zu erledigen. Wie stark eine Lehrkraft die digitalen Möglichkeiten jedoch im eigenen Unterricht nutzt, ist von ihr selbst abhängig. Selbstverständlich führt der kompetente, funktionale Umgang mit Medien nicht per se zu fachlich gutem Unterricht. Wenn wir jedoch an das Wissen unserer Schülerinnen und Schüler anknüpfen wollen, müssen wir als Lehrerinnen und Lehrer akzeptieren, dass die an digitale Medien gewohnten Jugendlichen uns in einigen Bereichen, z. B. in der Nutzung von sozialen Medien, in den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Smartphones usw. oft weit voraus sind. Dieser Umstand sollte unbedingt für die Lernmotivation im Fachunterricht genutzt werden.

Manchmal profitieren unserer Erfahrung nach besonders männliche Schüler davon, dass sie sich beim Einsatz moderner Medien als medial kompetent erleben. Es geht also nicht unbedingt darum, über mehr technisches Know-how als die Lernenden zu verfügen, sondern den medialen Freizeitumgang mit schulischen Inhalten geschickt zu verknüpfen. An einer norwegischen Schule wurde sogar "E-Sport" (das Spielen von Computerspielen unter Wettbewerbsbedingungen) zum Schulfach gemacht, wodurch neben einer positiveren Haltung zur Schule auch bessere Mathematik- und Naturwissenschaftskenntnisse und eine Stärkung der Lesekompetenz erreicht worden ist (Baurmann 2017). Diesem Fach sollte man in Anbetracht der Ergebnisse von Pisa in Bezug auf die Risikogruppen vielleicht eine Chance geben.

Mit Blick auf die Lehrendenausbildung kann auch im Fachseminar durch ritualisierte Warm-ups, in denen Tools am Smartboard vorgestellt werden oder Zeit zum Üben oder Nachfragen gelassen wird, langfristig die Medienkompetenz gesteigert werden. Die Referendarinnen und Referendare können vom Wissen der anderen profitieren, einander unterstützen und den Einsatz gemeinsam reflektieren.

Unabhängig von solchen selbstorganisierten Formen der Fortbildung, sollte der Einsatz digitaler Angebote in Berlin, aber auch in anderen Bundesländern, zu einem verbindlichen Element der Lehrkräfteausbildung gemacht und durch Lehrangebote außerhalb der Ferien unterstützt werden. Gleichzeitig möchten wir wenig technikaffine Seminarleitungen sowie Referendarinnen und Referendare ermutigen, erste Schritte zur digitalen Nutzung zu gehen – und seien sie auch noch so klein. Auch bei nicht-perfekter Anwendung können viele der Angebote einen großen Mehrwert bringen und Unterricht erfolgreicher machen.

Quellen

Fussnoten

Claudia Schlaak, Elisa Gigling, Birgit Weske ( privat / bearbeitet / Externer Link: CC BY-SA 4.0 )

Elisa Gigling ist Lehrerin für Französisch und Musik am John-Lennon-Gymnasium in Berlin-Mitte und seit 2013 Fachseminarleiterin für Französisch am Schulpraktischen Seminar Berlin-Lichtenberg.

Claudia Schlaak ist aktuell akademische Mitarbeiterin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Sie bildet hier zukünftige Lehrkräfte im Bereich der französischen und spanischen Fachdidaktik aus. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Mehrsprachigkeitsdidaktik, die kreative Literatur- und Wortschatzarbeit sowie die Umsetzung eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts.

Birgit Weske ist Fachleiterin für moderne Fremdsprachen am John-Lennon-Gymnasium in Berlin-Mitte und seit 2011 Fachseminarleiterin für Englisch am Schulpraktischen Seminar Berlin-Reinickendorf.