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Info 05.09 Zweiter Integrationsgipfel im Kanzleramt | Jugendliche zwischen Ausgrenzung und Integration | bpb.de

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Info 05.09 Zweiter Integrationsgipfel im Kanzleramt

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Hier werden die Ergebnisse des zweiten Integrationsgipfels thematisiert. Die Darstellung ist durchaus kritisch und beleuchtet den gefassten Integrationsplan aus mehreren Perspektiven.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Ergebnisse des zweiten Integrationsgipfels als Erfolg gewertet. Der mit zahlreichen Verbänden erarbeitete nationale Integrationsplan sei "ein Meilenstein in der Geschichte der Integrationspolitik", sagte Merkel in Berlin. Jeder Bürger in Deutschland solle die gleichen Chancen auf Bildung, Entwicklung und damit auch auf Wohlstand haben, sagte Merkel. Auf dem Weg dahin sei der Plan "eine Neuerung, wie wir sie seit Jahrzehnten oder vielleicht auch noch nie in Deutschland hatten", lobte die Kanzlerin.

Nachzugsregelung: Ehepartner aus Nicht-EU-Ländern dürfen künftig nur einreisen, wenn sie 18 Jahre alt sind und einfache Deutschkenntnisse haben. Letzteres gilt nicht für Länder ohne Visumspflicht: USA, Australien, Kanada, Neuseeland, Israel, Japan, Südkorea. Zudem muss die Familie ihren Lebensunterhalt vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten können.

Scharfe Kritik übte die CDU-Politikerin am Fernbleiben einiger türkischer Verbände, die ihre Teilnahme von Änderungen am Zuwanderungsgesetz abhängig gemacht hatten. "Man stellt der Bundesregierung keine Ultimaten", sagte die Kanzlerin. Gleichzeitig ermunterte sie die Verbände jedoch, die weitere Arbeit zu begleiten. Der Arbeitsprozess sei noch nicht beendet: Im Herbst 2008 soll es den dritten Integrationsgipfel geben.

"Verbände haben sich selbst geschadet"
Auch Parteien und Verbände zeigten sich überwiegend zufrieden mit dem Gipfel. Das Treffen stelle "eine wichtige Wegmarke für ein besseres Miteinander in Deutschland dar", erklärte der Vorsitzende der CDU/CSU-Arbeitsgruppe "Nationaler Integrationsplan", Hartmut Koschyk. Mit Unverständnis reagierte Koschyk auf die Absage türkischer Verbände. Diese hätten in erster Linie sich selbst geschadet. Koschyk begrüßte Merkels Einladung an diese Verbände, sich trotzdem an der weiteren Arbeit zu beteiligen.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Ute Vogt erklärte, der Integrationsplan sei "ein wichtiger Schritt, um den von der SPD eingeschlagenen Kurs fortzusetzen". Der Gipfel wäre jedoch "sicher ganz ausgefallen", wenn sich die SPD beim Zuwanderungsgesetz nicht für ein ausgewogenes Maß eingesetzt hätte. Jetzt werde sich zeigen, inwieweit es die Union mit dem Thema wirklich ernst meine, sagte Vogt.

"Völlig unzureichender Plan"
Die integrationspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Sevim Dagdelen, kritisierte hingegen, der Plan sei völlig unzureichend. Die darin enthaltenen Selbstverpflichtungen könnten nicht die Fehler in den Bereichen Arbeitsmarkt, Sozial- und Bildungspolitik ausgleichen, unter denen besonders Migranten zu leiden hätten.

Städtetagspräsident Christian Ude zeigte sich überzeugt, dass nun "ein Jahr der Umsetzung" folgen werde. "Auf dem Arbeitsmarkt sind bereits jetzt konjunkturell bedingt Besserungen für Menschen mit Migrationshintergrund festzustellen. Die Städte werden ihre aktive Rolle weiter wahrnehmen und an ihre Anstrengungen der vergangenen Jahre anknüpfen", sagte Ude.

400 Selbstverpflichtungen für mehr Chancengleichheit
An der Erstellung des Integrationsplans waren neben Politikern aus Bund, Ländern und Kommunen 367 Vertreter verschiedener Verbände und Organisationen beteiligt. Das Papier enthält mehr als 400 Selbstverpflichtungen aller Beteiligten.

Verbände drohen mit Klage gegen Zuwanderungsgesetz
Drei türkische Verbände waren dem Gipfel aus Protest gegen das neue Zuwanderungsgesetz ferngeblieben. Das Gesetz enthält schärfere Auflagen für den Nachzug von Ehegatten. Diese müssen künftig mindestens 18 Jahre alt sein und einige Sätze Deutsch können. So will die Bundesregierung Zwangsheiraten verhindern und die Integrationschancen verbessern.

Integrationsgipfel: Bei dem Treffen im Kanzleramt sind alle Bereiche der Gesellschaft vertreten: Politiker aus Bund, Ländern und Kommunen ebenso wie Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Wirtschaft, Kirchen, der Zentralverband der Juden und Migrantenverbände.

Allerdings werden die Sprachkenntnisse nicht von allen Bewerbergruppen verlangt. Die Verbände sehen darin eine Diskriminierung. Sie drohen sogar mit einer Verfassungsklage: Sollte Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz unterschreiben, werde man den Weg nach Karlsruhe gehen, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat.

"Nicht hinnehmbar"
Auch nach Ansicht der SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün sind die Regeln des Zuwanderungsgesetztes "nicht hinnehmbar". Es könne nicht sein, dass die Ehen von Menschen aus verschiedenen Ländern verschieden behandelt werden, sagte die Integrations-Expertin der SPD-Fraktion im tagesschau-Chat. Auch Zwangsehen würden mit dem Gesetz nicht verhindert. Dafür hätte man Frauen, die nach Deutschland zwangsverheiratet werden, vor allem Erleichterungen beim Aufenthaltsrecht bieten müssen.

Aus: Tagesschau-Online: Stillstand, erster Schritt oder Meilenstein?, 12.07.07.

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