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Info 05.10 Nationaler Integrationsplan | Jugendliche zwischen Ausgrenzung und Integration | bpb.de

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Info 05.10 Nationaler Integrationsplan

/ 17 Minuten zu lesen

Der von staatlichen und nichtstaatlichen Initiativen initiierte Integrationsplan kann hier zu großen Teilen nachgelesen werden.

Der Nationale Integrationsplan stellt die Integrationsinitiativen des Bundes, der Länder, der Kommunen und der Bürgergesellschaft erstmals auf eine gemeinsame Grundlage. Er wurde im Dialog von Vertreterinnen und Vertretern aller staatlichen Ebenen, der wichtigsten nichtstaatlichen Organisationen und der Migrantinnen und Migranten erarbeitet. Alle Beteiligten haben sich im Nationalen Integrationsplan verpflichtet, geeignete Maßnahmen für eine bessere Integration zu ergreifen und umzusetzen.

Ausgangssituation

Unser Land blickt auf eine lange und prägende Migrationstradition mit zahlreichen Beispielen erfolgreicher Integration zurück. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Millionen deutscher Flüchtlinge und Vertriebener integriert. Später fanden vier Millionen Spätaussiedler Aufnahme. Seit der ersten Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte wurden Millionen Menschen als Arbeitnehmer oder aus humanitären Gründen in unser Land aufgenommen. Diesen historischen Erfahrungsschatz werden wir sehr viel stärker als bisher für einen positiven und pragmatischen Umgang mit Zuwanderung und Integration nutzen.

Heute leben in Deutschland rund 15 Millionen Menschen, die einen Migrationshintergrund haben. Dies ist fast ein Fünftel der Bevölkerung. Mehr als die Hälfte von ihnen besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Viele sind in Deutschland geboren.

Sehr viele Migrantinnen und Migranten haben längst ihren Platz in unserer Gesellschaft gefunden. Sie sind erfolgreich und tragen mit ihren Fähigkeiten und Leistungen zum Wohlstand und zur gesellschaftichen und kulturellen Vielfalt des Landes bei. Angesichts des demografischen Wandels und des weltweiten Wettbewerbs um die besten Köpfe müssen wir auch künftig Zuwanderung gezielt für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen Deutschlands nutzen. Auch dafür ist eine nachhaltige Integrationspolitik dringend erforderlich.

Gleichwohl haben Integrationsprobleme in den zurückliegenden Jahren teilweise zugenommen. Teile der zugewanderten Bevölkerung sprechen nur ungenügend Deutsch, sie schneiden in Bildung und Ausbildung schwächer ab und sind häufiger arbeitslos. Zudem akzeptieren einige die Grundregeln unseres Zusammenlebens nicht; dies gilt auch hinsichtlich der Rechte von Frauen. Wir müssen verhindern, dass fehlende Perspektiven und mangelnde Akzeptanz, die eine große Zahl jugendlicher Zuwanderer verspüren, in gesellschaftspolitische Sackgassen führen. Eine "verlorene Generation" darf nicht entstehen. Für die Zukunft wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass alle bereit und willens sind, diese Schwierigkeiten zu beheben. Sonst droht aus dem Miteinander ein Gegeneinander zu werden.

Integration ist daher eine Aufgabe von nationaler Bedeutung. Grundlage ist neben unseren Wertvorstellungen und unserem kulturellen Selbstverständnis unsere freiheitliche und demokratische Ordnung, wie sie sich aus der deutschen und europäischen Geschichte entwickelt hat und im Grundgesetz ihre verfassungs-rechtliche Ausprägung findet. Integration kann nicht verordnet werden. Sie erfordert Anstrengungen von allen, vom Staat und der Gesellschaft, die aus Menschen mit und ohne Migrationshintergrund besteht. Maßgebend ist zum einen die Bereitschaft der Zuwandernden, sich auf ein Leben in unserer Gesellschaft einzulassen, unser Grundgesetz und unsere gesamte Rechtsordnung vorbehaltlos zu akzeptieren und insbesondere durch das Erlernen der deutschen Sprache ein deutliches Zeichen der Zugehörigkeit zu Deutschland zu setzen. Auf Seiten der Aufnahmegesellschaft benötigen wir dafür Akzeptanz, Toleranz, zivilgesellschaftliches Engagement und die Bereitschaft, Menschen, die rechtmäßig bei uns leben, ehrlich willkommen zu heißen.

Leitlinien der Integrationspolitik

Der Bund geht neue Wege einer aktivierenden und nachhaltigen Integrationspolitik, die die Potenziale der Zugewanderten erkennt und stärkt. Diejenigen Migrantinnen und Migranten, die sich einer Integration dauerhaft verweigern, müssen auch mit Sanktionen rechnen. Unsere Integrationspolitik setzt insbesondere auf ein modernes Zuwanderungsrecht und den institutionalisierten Dialog mit Migrantinnen und Migranten gerade auch im Rahmen des Nationalen Integrationsplanes und der Deutschen Islamkonferenz. Auf der Grundlage ihres Positionspapiers "Gutes Zusammenleben – klare Regeln" vom 12. Juli 2006 bestimmt die Bundesregierung folgende Leitlinien für ihre Integrationspolitik:

Erfolgreiche Integrationspolitik

  • heißt Dialog und enge Zusammenarbeit. Der Nationale Integrationsplan ist das Ergebnis einer engen und konstruktiven Zusammenarbeit mit Migrantinnen und Migranten. Es ist der richtige Weg, wenn Bund, Länder, Kommunen und der nichtstaatliche Bereich Migrantinnen, Migranten und ihre Organisationen stärker in Planung und Gestaltung von Integrationsmaßnahmen einbeziehen.

  • weckt und nutzt Potenziale. Sie setzt auf die vielfältigen Fähigkeiten, die Leistungen und das Engagement der Migrantinnen und Migranten, vermeidet Klischees und sieht Probleme als Herausforderung und Chance zur weiteren Entwicklung der Gesellschaft.

  • sieht die Schlüsselrolle von Frauen mit Migrationshintergrund. Es sind gerade die Frauen, die in Beruf und Familie, aber auch mit ihrem sozialen, gesellschaftlichen und politischen Engagement die Integration der nächsten Generation entscheidend prägen. Deshalb müssen wir die Potenziale von Frauen und Mädchen stärken. Stärkere Prävention und verbesserter Schutz vor häuslicher Gewalt sind unerlässlich.

  • baut auf eine aktive Bürgergesellschaft. Integration ist nicht allein Aufgabe des Staates. Sie erfordert eine aktive Bürgergesellschaft, in der möglichst viele Menschen Verantwortung übernehmen und Eigeninitiative entwickeln.

  • gewinnt ihre Kraft aus der Verantwortung und dem Engagement aller Beteiligten. Nachhaltig, wirksam und konkret wird der Nationalen Integrationsplan, weil sich alle Akteurinnen und Akteure mit eigenen Beiträgen beteiligen. Verbindlichkeit erlangt er durch die rund 400 Selbstverpflichtungen, die alle Mitwirkenden eingegangen sind.

  • ist Querschnittsaufgabe auf allen Ebenen. Bund, Länder und Kommunen verpflichten sich zu einer aktivierenden und nachhaltigen Integrationspolitik. Einzelmaßnahmen müssen allerdings noch besser aufeinander abgestimmt werden.

  • muss zielgerichtet erfolgen. Migrantinnen und Migranten bilden keine homogene Gruppe. Deshalb sind Förderkonzepte gezielt an den Einzelnen, ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und ihrem Integrationsbedarf auszurichten.

  • orientiert sich an Fakten. Deshalb müssen Forschung, Statistik und unser Wissen um die Rahmenbedingungen gelingender Integration deutlich verbessert werden. Neben der Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit muss auch der Migrationshintergrund als Kriterium für die Planung und Überprüfung von Integrationspolitik herangezogen werden.

  • muss sich an klaren Indikatoren messen lassen. Diese müssen fortentwickelt und zur Grundlage einer regelmäßigen Berichterstattung und Evaluation werden.

I. Maßnahmen des Bundes

I

m Finanzplanungszeitraum wird die Bundesregierung rund 750 Millionen € p.a. für unmittelbare Integrationsförderung bzw. für Maßnahmen mit primärer Zweckbestimmung Integrationsförderung zur Verfügung stellen. Daneben wird der Bund auch weiterhin eine große Zahl mittelbar integrationsfördernder Maßnahmen finanzieren. Insbesondere ihre allgemeinen Förderprogramme in der Familien-, Bildungs- und Arbeitsmarktspolitik kommen gerade auch Menschen aus Zuwandererfamilien zugute. Die Bundesregierung wird die vorhandenen Förderprogramme überprüfen und gegebenenfalls so ausrichten, dass sie ihren Nutzen in der Zielgruppe der Migrantinnen und Migranten noch besser erreichen. Bis Ende 2008 wird die Bundesregierung eine Zwischenbilanz zur Umsetzung des Nationalen Integrationsplans ziehen.

Integration durch Bildung
Bildung ist der entscheidende Schlüssel zur sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Integration. Der sichere Umgang mit der deutschen Sprache ist die wichtigste Voraussetzung dafür. Das erfordert ein Bildungssystem, das Chancen eröffnet und Potenziale entwickelt. Die Bundesregierung

  • strebt gemeinsam mit den Ländern und Kommunen den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren auf eine Versorgungsquote von durchschnittlich 35 Prozent bis 2013 an. Der Bund wird sich maßgeblich an den Ausbaukosten beteiligen. Dieser Ausbau zielt auch auf Kinder mit Migrationshintergrund und wird positive Effekte für die frühe Sprachförderung haben.

  • spricht sich dafür aus, aufgrund der demografischen Entwicklung frei werdende Haushaltsmittel für die Verbesserung der Bildung zu nutzen.

  • entwickelt ein Konzept zur allgemeinen Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen.

  • fördert die Forschung zu Verfahren der Sprachstandsfeststellung. Sie sollen die Entwicklung von Förderplänen für Schülerinnen und Schüler und Fortbildungskonzepten für Lehrende ermöglichen.

  • unterstützt gemeinsam mit zehn Bundesländern die Entwicklung eine Gesamtkonzeption sprachlicher Bildung durch das Programm FörMig.

  • verfolgt mit ihrem Modellprogramm "Schulverweigerung – Die 2. Chance" das Ziel, Schulverweigerinnen und –verweigerer wieder in die Schulen zu integrieren und ihre Chancen auf einen Schulabschluss zu verbessern.

  • unterstützt die Länder in der Bildungsforschung und bei der Entwicklung von Konzepten und Instrumenten zur Integrationsverbesserung.

Integration durch Sprache – Die Integrationskurse des Bundes
Sprache ist Voraussetzung für Integration. Integration kann nur gelingen, wenn Zugewanderte mit den Lebensverhältnissen in Deutschland so weit vertraut gemacht werden, dass sie in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig handeln können. Zu diesem Zweck führt der Bund mit den Integrationskursen seit 1. Januar 2005 erstmals einheitliche Sprach- und Orientierungskurse für Zuwanderer durch. Eine im Dezember 2006 vorgelegte Evaluation hat Vorschläge zur qualitativen Verbesserung entwickelt. Um möglichst allen Teilnehmenden den erfolgreichen Abschluss zu ermöglichen, werden die Stundenkontingente bedarfsgerecht ausgeweitet und das Kursangebot qualitativ verbessert. Hierzu gehört auch eine qualifizierte Kinderbetreuung, insbesondere bei Eltern- und Frauenintegrationskursen. Der Bund

  • wird das Angebot an Integrationskursen zeitnah und flächendeckend ausbauen.

  • wirkt auf eine stärkere Kooperation zwischen Migrationserstberatung bzw. Jugendmigrationsdiensten und den Sprachkursträgern hin.

Integration in Ausbildung und Erwerbsleben
Bildung und Ausbildung sind zentrale Faktoren für die gesellschaftliche Integration. Um den Zugang junger Menschen mit Migrationshintergrund zu Ausbildung und Beruf zu verbessern, forciert der Bund insbesondere Maßnahmen, die die Zahl der Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche mit Migrationshintergrund erhöhen. Der Bund wird

  • gemeinsam mit den Partnern des Ausbildungspaktes das Engagement zur beruflichen Integration von bildungs- und ausbildungswilligen jungen Menschen mit Migrationshintergrund intensivieren.

  • die Bemühungen der Partner im Ausbildungspakt mit dem "Sonderprogramm des Bundes zur Einstiegsqualifizierung Jugendlicher" (EQJ-Programm) flankieren, das erfolgreiche Programm auf 40.000 Plätze aufstocken und verlängern.

  • mit der Initiative "Aktiv für Ausbildungsplätze" gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und deutsch-ausländischen Wirtschaftsverbänden das Ziel verfolgen, bis zum Jahr 2010 bis zu 10.000 neue Ausbildungsplätze in Unternehmen mit Inhaberinnen und Inhabern ausländischer Herkunft zu gewinnen.

  • mit dem Programm JOBSTARTER, einschließlich der "Koordinierungsstelle Ausbildung in ausländischen Unternehmen" (KAUSA), einen Beitrag zur Verbesserung der Ausbildungssituation insbesondere von Jugendlichen mit Migrationshintergrund leisten.

  • sich in seinem Zuständigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe für eine Erhöhung der Zahl von Auszubildenden mit Migrationshintergrund einsetzen.

  • Berufsausbildungsbeihilfen und BAföG für ausländischer Auszubildende ausweiten, insbesondere für Jugendliche mit Aufenthaltsrecht und Bleibeperspektive.

  • jungen Frauen mit Migrationshintergrund ein Mentoringprogramm zur individuellen Arbeitsmarkt- und Berufsorientierung anbieten.

Integration gelingt am besten dort, wo Menschen aus Zuwandererfamilien aktiv im Erwerbsleben stehen. Wirtschaft und Verwaltungen werden künftig gezielt auf Personal mit spezifischen sprachlichen und interkulturellen Kenntnissen angewiesen sein. Eine deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktintegration ist daher sowohl aus sozial- und gesellschaftspolitischen wie aus volkswirtschaftlichen Gründen dringend geboten. Der Bund

  • hat das Beratungs- und Informationsnetzwerk "Integration durch Qualifizierung (IQ)" beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und nichtstaatlichen Trägern neue Strategien zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten zu entwickeln. Nach Abschluss der Evaluierung wird geprüft, inwieweit Instrumente und Handlungsansätze in das Regelsystem der Arbeitsmarktpolitik überführt werden können.

  • wird im Rahmen seiner Möglichkeiten auch den Anteil des Personals mit Migrationshintergrund nach Eignung, Leistung und Befähigung erhöhen. Er strebt an, dass dabei sprachliche und interkulturelle Kompetenzen angemessen berücksichtigt werden.

  • unterstützt die Wirtschaftsinitiative "Diversity als Chance – Die Charta der Vielfalt der Unternehmen in Deutschland" und begleitet sie mit der Kampagne und Wettbewerbsreihe "Vielfalt am Arbeitsplatz/Vielfalt als Beschäftigungsressource", die darauf zielt, die Arbeitsmarkt- und Ausbildungssituation von Migrantinnen und Migranten zu verbessern.

  • weitet die berufsbezogene Förderung der deutschen Sprache im Rahmen des Programms des Europäischen Sozialfonds (ESF) ab Mitte 2007 aus. Sie soll die Integrationskurse arbeitsmarktbezogen ergänzen und steht künftig allen Personen mit Migrationshintergrund offen.

  • wird mit der Umsetzung des ESF-Bundesprogramms für die Förderperiode 2007-2013 ein besonderes Augenmerk auf migrationspolitische Aspekte richten und den Nationalen Integrationsplan durch eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen unterstützen.

  • die berufsbezogene Sprachförderung ab Mitte 2007 ausweiten. Sie soll die Integrationskurse des Bundes arbeitsmarktbezogen ergänzen und steht künftig allen Personen mit Migrationshintergrund zur Verfügung.

Integration in der Wissenschaft
Das deutsche Wissenschaftssystem steht in vielen Bereichen für gelingende Integration. In Deutschland sind die mehr als 180.000 ausländischen Studierenden und hochqualifzierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler willkommen. Der Bund

  • unterstützt die Integration in der Wissenschaft, damit die weltweit Besten gewonnen werden und Deutschland Studienstandort und als Land der Ideen weltweit gut positioniert ist.

  • setzt auf die verstärkte Förderung begabter und hochbegabter Bildungsinländer und Ausländer in Studium und Wissenschaft, vor allem durch Erweiterungen in der migrantenspezifischen Ausbildungs- und Begabtenförderung.

  • unterstützt die Migrations- und Integrationsforschung.

  • begrüßt das Engagement der Länder zur Verbesserung des Studienerfolgs ausländischer Studierender und unterstützt dies im Rahmen von Mittlerorganisationen.

  • wird die Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen für zugewanderte Akademikerinnen und Akademiker für den Arbeitsmarkt weiterentwickeln.

Frauen und Mädchen
Fast die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund sind Frauen und Mädchen. Migrantinnen kommt in ihrer Rolle als Mütter eine Schlüsselstellung für die Integration der nächsten Generation zu. Der Bund wird seine Bemühungen fortsetzen, die Potenziale der Migrantinnen in ihren vielfältigen Lebensentwürfen zu stärken und die Frauen und Mädchen in ihren vielfältigen Möglichkeiten zur gesellschaftlichen und politischen Teilhabe zu unterstützen.

Wesentlicher Beitrag zur Integration sind

  • die Ausweitung der Stundenkontingente für die Integrationskurse für Eltern und Frauen,

  • die Verpflichtung der Kursträger zum Nachweis einer qualifizierten Kinderbetreuung,

  • die Verbesserung der Förderung ausländischer Auszubildender und Studierender.

  • Der Bund wird den Dialog mit Migrantinnen fortsetzen sowie deren Organisationen künftig stärker in die Planung und Durchführung von Vorhaben einbeziehen.

Zwangsverheiratungen zerstören Lebensperspektiven und verletzen die Betroffenen auf schwerwiegende Weise in ihren Menschenrechten. Der Bund wird fortfahren, Zwangsverheiratungen zu bekämpfen und den Betroffenen zu helfen, u.a.

  • mit einer Onlineberatung für Betroffene und professionell Helfende als Modellprojekt.

  • durch zeitnahe Verbesserung der empirischen Erkenntnislage zu Umfang und Ausmaß der Zwangsverheiratung.

  • durch einen Beitrag zur Sicherung von Zufluchtstätten in erforderlicher Zahl und zur gesicherten Finanzierung der Hilfen.

Integration vor Ort
Das unmittelbare Wohnumfeld hat zentrale Funktion im Integrationsprozess. Der Bund würdigt ausdrücklich die Integrationsleistungen der Kommunen. Es besteht Einigkeit, dass Integration ein Anliegen der gesamten Kommune ist und fachübergreifende Gesamtkonzepte notwendig sind. Besonderer Handlungsbedarf besteht in benachteiligten Stadtteilen, in denen häufig auch besonders viele Zugewanderte leben. Zentrales Handlungsinstrument ist das Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt". Der Bund

  • stellt für das Programm "Soziale Stadt" jährlich Finanzhilfen zur Verfügung. Die Förderung wird fortgeführt und insgesamt auf dem jetzigen Niveau verstetigt.

  • führt darüber hinaus das Programm "Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort" in den Programmgebieten der Sozialen Stadt durch, mit dem gezielt die sozialräumliche Bündelung von Maßnahmen der Beschäftigungs- und Qualifizierungsförderung verstärkt wird.

  • erprobt und begleitet im Modellprogramm "Migration/Integration und Stadtteilpolitik" Strategien und Handlungsansätze zur Förderung der Integration.

Kulturelle Integration
Kultur ist eine wesentliche Grundlage unseres Zusammenlebens und verbindet Menschen unterschiedlicher Herkunft. Der Bund intensiviert seine Aktivitäten zur kulturellen Integration und legt einen Schwerpunkt auf die kulturelle Bildung. Dazu wird er unter anderem

  • eine interministerielle Arbeitsgruppe "Kultur und Integration" einsetzen, um das Thema als ressortübergreifende Schwerpunktaufgabe zu behandeln.

  • den Gedanken der Integration in seine Fördergrundsätze aufnehmen und diesen Zielen, wo er selbst Träger von kulturellen Projekten ist, Rechnung tragen.

  • beim International Council of Museums (ICOM) die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft "Museum – Migration – Kultur – Integration" anregen.

  • im Rahmen der deutsch-französischen Ministerräte und des "Europäischen Jahres für den interkulturellen Dialog 2008" die Kooperation mit Frankreich und Großbritannien zu Maßnahmen der Integration und kulturellen Bildung intensivieren.

Integration durch Sport
Sport trägt in großem Maße dazu bei, dass sich Menschen unterschiedlicher Herkunft freundschaftlich und fair begegnen. Sport wirkt als Integrationsmotor. Die Sportvereine und -verbände leisten seit vielen Jahren ganz selbstverständlich einen großen Beitrag zur Integration. Der Bund

  • finanziert das Programm "Integration durch Sport" und wird dessen Wirksamkeit in Zukunft noch erhöhen, unter anderem durch eine umfassende wissenschaftliche Evaluierung.

  • richtet zur Verbesserung des Erfahrungsaustausches und zur Vernetzung der unterschiedlichen Projekte eine Informationsplattform zur Dokumentierung der verschiedenen überregionalen und regionalen Angebote ein.

  • unterstützt die Anstrengungen des organisierten Sports zur interkulturellen Öffnung durch die Öffentlichkeitskampagne "Integration. Wir machen mit!"

Integration durch Medien
Medien prägen die öffentliche Wahrnehmung von Zuwanderern und wirken meinungsbildend in der Frage der Integration. Ihnen kommt deshalb eine besondere Verantwortung zu. Eingedenk der Unabhängigkeit der Berichterstattung und der medienpolitischen Zuständigkeit der Länder unterstützt die Bundesregierung die Medien in ihrem integrationspolitischen Beitrag. Der Bund

  • unterstützt die Entwicklung integrativer Programmformate für das Fernsehen im Rahmen von Ideenwerkstätten. Er kooperiert hierzu mit dem Grimme-Institut, der Civis-Medienstiftung, der Deutschen Welle und der Bundesinitiative Integration und Fernsehen.

  • prüft die Förderung der Zusammenarbeit deutscher und türkischer Medien, etwa in Form von Workshops oder einer deutsch-türkischen Fernsehkonferenz.

Integration durch bürgerschaftliches Engagement
Integration ist ohne die vielfältigen Aktivitäten der Zivilgesellschaft nicht möglich. Bürgerschaftliches Engagement schafft sozialen Zusammenhalt und wirkt als erfolgreicher Katalysator für Integration. Das Engagement der Menschen aus Zuwandererfamilien bereichert unsere vielfältiger werdende Gesellschaft. Es braucht aber auch Anerkennung und gezielte Förderung. Der Bund

  • wird eine angemessene Beteiligung von Migrantinnen und Migranten bzw. entsprechender Organisationen gewährleisten, und zwar im Rahmen von Bundesprogrammen, vom Bund geförderten Infrastruktur- und Netzwerkprojekten, von Ausschreibungen sowie bei der Besetzung von Beiräten und Fachgremien.

  • wird die stärkere interkulturelle Öffnung und Vernetzung zum Förderkriterium für Infrastrukturprojekte gestalten bzw. in den Fördervereinbarungen verankern.

  • wird fachliche Hilfe für Migrantenorganisationen als Träger von Projekten anbieten und hierfür die Bildung von Netzwerken von Migrantenorganisatio-nen unterstützen.

II. Beitrag der Länder

Im Bewusstsein um die hohe Bedeutung von Integration für den Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft legen die Länder ihren gemeinsamen Beitrag zum Nationalen Integrationsplan vor. Die Länder stellen sich ihrer Verantwortung für das Gelingen von Integration in Zusammenarbeit mit dem Bund, den Kommunen und der Zivilgesellschaft. In allen Ländern wird Integrationspolitik als zentrale gesellschaftliche Zukunftsaufgabe verstanden. Die Länder bekennen sich einvernehmlich zu einem umfassenden Verständnis von Integrationspolitik. Sie werden sich weiterhin der Aufgabe stellen, die bestehenden vielfältigen Einzelmaßnahmen zur Integrationsförderung besser aufeinander abzustimmen, in schlüssige Gesamtkonzepte einzubetten und klare Verantwortlichkeiten festzulegen. Dabei gilt für die Länder das Prinzip "Einheit im Ziel – Vielfalt der Wege". Die Länder halten neben der engen Zusammenarbeit mit dem Bund und der Zivilgesellschaft eine Verstetigung des Dialogs zwischen den Ländern für unabdingbar. Deshalb verpflichten sich die Länder, ihre Zusammenarbeit weiter auszubauen und einen regelmäßigen Austausch über Programme und Maßnahmen der Integrationspolitik im Sinne von "guter Praxis" sicherzustellen. Die für Integration zu-ständigen Ministerinnen und Minister/Senatorinnen und Senatoren werden im Zuge der Umsetzung des Nationalen Integrationsplans und zur Erörterung aktueller integrationspolitischer Fragen auch künftig zusammenkommen.

Die Länder verstehen unter Integration weit mehr als ein freundliches Nebeneinander von Menschen. Integration setzt eine Kultur des gegenseitigen Respekts voraus. Dabei gilt der Grundsatz des Förderns und Forderns. Dies bedeutet, dass sich Zugewanderte und ihre Familien mit ihren Fähigkeiten und Potenzialen für ihre Teilhabe einsetzen und dazu Integrationsangebote annehmen. Sie erhalten ihrerseits Solidarität und Unterstützung der Aufnahmegesellschaft, wenn sie sich aus eigener Kraft nicht ausreichend helfen können.

Integration vor Ort
Die Länder wirken darauf hin, dass die Programme der Europäischen Union, des Bundes und die von ihnen selbst getragenen Programme zur integrierten Stadtentwicklung stärker für Maßnahmen der Integration genutzt werden.

Integration durch Bildung
Bildung ist die wichtigste Ressource für gelingende Integration. Die Länder

  • wollen sprachliche Bildung als Querschnittsaufgabe in die Konzepte der Kindertagesstätten integrieren.

  • erarbeiten bzw. haben gemeinsame, eng aufeinander abgestimmte Bildungs- und Erziehungspläne für Kindertagesstätten und Grundschulen erarbeitet.

  • planen Sprachstandsfeststellung vor der Einschulung mit anschließender Förderung im Bedarfsfall bzw. führen diese bereits durch.

  • streben zusätzliche Fördermaßnahmen für Einrichtungen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an.

  • halten Fördermaßnahmen zur Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher für unerlässlich.

  • werden für sprachunterstützende Maßnahmen in allen Schulformen und auf allen Schulstufen Sorge tragen.

  • verstehen dies als Aufgabe aller Lehrerinnen und Lehrer in allen Fächern und verpflichten sich, in den kommenden fünf Jahren die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen anzubieten, damit allen Lehrkräften ihren Sprachbildungsauftrag im Unterricht erfüllen können.

  • werden ihre Arbeit mit Eltern aus Zuwandererfamilien verstärken, prüfen die Möglichkeit des Einsatzes und der Qualifizierung ehrenamtlicher mehrsprachiger Elternbegleiterinnen und –begleiter und führen eine systematische und zielgerichtete Elterninformation ein.

  • wollen innerhalb der kommenden fünf Jahre die Schulabbrecherquote unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich senken und eine Angleichung an den Gesamtdurchschnitt der Schülerinnen und Schüler erreichen.

  • wollen die Durchlässigkeit der bestehenden Schulsysteme erhöhen mit dem Ziel, die Übergangsquoten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund an den allgemeinen Durchschnitt anzugleichen.

  • werden Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund spezifische Mittel bereitstellen (z.B. Senkung der Klassenfrequenzen, Erhöhung des Lehrpersonals, Unterstützung der Lehrkräfte durch sozialpädagogische Fachkräfte).

  • begegnen dem Bedarf dieser Schulen an besonders qualifiziertem Personal durch erhöhte Einstellung von Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern mit Migrationshintergrund und durch konsequente Fortbildung und haben dazu Module zum Erwerb inter-kultureller Kompetenz in den Ausbildungsstandards für Lehrerinnen und Lehrer festgeschrieben.

  • schenken der berufsbezogenen Sprachförderung besondere Aufmerksamkeit und bemühen sich deshalb um besondere Unterstützung auch für berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil Jugendlicher mit Migrationshintergrund.

  • wollen Bildungsinländer noch stärker für den Erwerb der Hochschulreife und zur Aufnahme eines Studiums motivieren.

  • wollen die Erfolgsquote ausländischer Studierender durch Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache sowie durch Beratungs-, Betreuungs- und Coachingprogramme heben.

Integration in das Erwerbsleben
Für die gesellschaftliche Integration ist Erwerbstätigkeit von entscheidender Bedeutung. Die Länder

  • unterstützen die Integration in den Arbeitsmarkt durch landesspezifische Arbeitsmarktprogramme.

  • wirken in ihrer Rolle als Arbeitgeber darauf hin, den Anteil des Personals mit Migrationshintergrund unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und Leistung zu erhöhen und dabei sprachliche und interkulturelle Kompetenzen angemessen zu berücksichtigen.

  • haben sich im Rahmen des "Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs" verpflichtet, für ein besseres Übergangsmanagement von der Schule in den Beruf einzutreten und hierbei insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund zu unterstützen.

  • initiieren und unterstützen Netzwerke und Kooperationen zwischen Verwaltungen, Schulen, Jugendeinrichtungen, örtlichen Gewerbetreibenden, Arbeitsagenturen, Arbeitsgemeinschaften/Optionskommunen, Migrantenorganisationen, Unternehmensverbänden von Zugewanderten und anderen Akteuren.

  • richten ihre Informations- und Beratungsangebote für Selbständige und Existenzgründer stärker auf Zugewanderte aus.

  • werben dafür, verstärkt Ausbildungsplätze in Betrieben von Inhaberinnen und Inhabern mit Zuwanderungsgeschichte zu gewinnen.

Integrationskurse
Die Länder tragen im Rahmen ihrer Zuständigkeit zum Erfolg der Integrationskurse bei. Sie

  • wirken auf eine verbesserte Zusammenarbeit von Ausländerbehörden, Arbeitsgemeinschaften/Optionskommunen, Integrationskursträgern, den Regionalkoordinatoren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der migrationsspezifischen Beratungsdiensten hin.

  • binden auch Kindertagesstätten, Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe und Einrichtungen im Sozialwohnraum (Wohnungsunternehmen) in das Netzwerk ein, um "Altzugewanderten" einen besseren Zugang zu den Integrationskursen zu ermöglichen.

Frauen und Mädchen
Die Länder würdigen den Einsatz der vielen zugewanderten Frauen für die Integration in Familie, Beruf, Nachbarschaft und Gesellschaft. Sie

  • wollen die Rechte und Chancen der Mädchen und Frauen auf volle gleich-berechtigte Partizipation nachhaltig stärken.

  • dazu geeignete Maßnahmen der Prävention, Krisenintervention und Unterstützung ergreifen, sofern Mädchen und Frauen an der Entfaltung ihrer Rechte, insbesondere auf freie Berufs- und Partnerwahl, gehindert werden.

Gesundheit
Bildungsferne und sozial schwächere Menschen mit Migrationshintergrund nutzen die Angebote der Gesundheitsvorsorge und -versorgung weniger als andere. Die Länder wollen

  • die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund am Gesundheitssystem durch dessen interkulturelle Öffnung verbessern.

  • den Zugang zu gesundheitlichen Angeboten, das Gesundheitswissen und die Gesundheitskompetenz verbessern und dazu zielgruppenspezifische Angebote weiterentwickeln und umsetzen.

Ältere Menschen mit Zuwanderungsgeschichte
Obwohl der Anteil älterer Menschen mit Migationshintergrund steigt, finden viele von ihnen keinen Zugang zu Angeboten für Seniorinnen und Senioren, zu Pflegediensten und -einrichtungen. Die Länder werden diese Angebote verbessern durch

  • gezielte Information.

  • Förderung kultursensibler Arbeitsweisen in der Seniorenarbeit und Pflege.

Integration durch bürgerschaftliches Engagement und gleichberechtigte Teilhabe
Sozialer Zusammenhalt braucht die breit gefächerten Formen des bürgerschaftlichen Engagements. Die Länder

  • fördern eine Kultur der Anerkennung durch die Würdigung des herausragenden Engagements Einzelner und Auszeichnung gelungener Integrationsprojekte.

  • beziehen den Sachverstand engagierter Bürger auf dem Gebiet der Integration durch die Berufung in geeignete Gremien ein.

Integration durch Sport
Dem Sport kommt eine herausragende Integrationskraft zu. Sport vermittelt Teamgeist, Fairness und Akzeptanz. Die Länder

  • finanzieren insbesondere für den Breitensport den Bau, die Sanierung und Modernisierung von Sportstätten.

  • unterstützen den Sport in vielfältiger Weise, z.B. durch Beteiligung am Programm "Integration durch Sport".

  • wollen die Vernetzung der Strukturen der Integrationsförderung mit den Sportvereinen stärker vorantreiben.

Medien
Die Länder sind der Auffassung, dass den Medien, insbesondere den öffentlich-rechtlichen Medien, eine zentrale Querschnittsaufgabe bei der Integration zukommt. Die Ministerpräsidenten haben ARD und ZDF deshalb gebeten, Vorschläge zu Weiterentwicklung und Umsetzung von Programmangeboten zu erarbeiten.

Integrationsmonitoring
Die in den vorhandenen Statistiken übliche Differenzierung in Deutsche und Ausländer ist nach Auffassung der Länder für die Erfassung des Standes der Integration nur noch eingeschränkt aussagekräftig. Die Länder streben an, die neue Datenqualität des Mikrozensus in ihre Integrationssteuerung einfließen zu lassen.

Aus: Die Bundesregierung: Nationaler Integrationsplan – Kurzfassung für die Presse

Fussnoten