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Arbeitsblatt: Schaffensanalyse und Wirkung der Auflösung | Erzählen und Zeigen im Film | bpb.de

Erzählen und Zeigen im Film Einführung: Die Verbindung von Analyse und Praxis in der Filmvermittlung Die Filmeinstellung: Eine Pädagogik der kleinen Einheiten Eine Szene in Varianten Politisches Zeigen, politisches Erzählen Unterichtsmaterial Redaktion

Arbeitsblatt: Schaffensanalyse und Wirkung der Auflösung

Dr. Bettina Henzler

/ 1 Minute zu lesen

Ein Filmstill des Prinzen aus dem Märchenmusical "Eselshaut". (© Studiocanal Arthaus Edition)

Klassen: ab 9. Klasse
Fächer: Deutsch, Französisch, Gesellschaftswissenschaften, Ethik, Kunst
Methodisch-didaktischer Kommentar: Interner Link: Download "Hinweis für Lehrende" als pdf-Datei

Aufgabe 1: Zeichnung in Aufsicht

In dieser Einheit befassen wir uns mit der filmischen Auflösung, die beim Drehprozess das Pendant zur Montage ist. Nur die Einstellungen, die auch gedreht wurden, können am Ende in der Montage zu einer Szene zusammengefügt werden. Bevor oder während eine Szene gedreht wird, muss darüber entschieden werden, wie eine Raumsituation und Handlung in einzelne Einstellungen zerlegt werden kann: Wo wird die Kamera positioniert? Aus welchem Blickwinkel filmt sie das Geschehen? Welche verschiedenen Möglichkeiten gibt es, eine Szene zu drehen? Wie entscheidet die Art und Weise des Drehens darüber, was uns eine Szene sagt und wie sie auf uns wirkt?

Diesen Fragen widmen wir uns anhand eines Ausschnitts aus dem Märchenfilm "Eselshaut". Er zeigt eine Ringprobe: Alle Frauen eines Königreiches müssen einen Ring probieren, damit der Königssohn die 'Richtige' finden kann. Es wiederholt sich also immer wieder die gleiche Situation, die aber ganz unterschiedlich gefilmt wird.

  1. Schaut euch zunächst den ersten Teil der Szene (Timecode: 01:06—02:06) an.

    Eselshaut – Ringszene mit dt.UT

    Video

    Eselshaut – Ringszene mit dt.UT

    Ausschnitt aus Eselshaut (Jaques Demy) für Online-Spezial "Erzählen und Zeigen im Film"

    Danach erstellt ihr einzeln eine Zeichnung in Aufsicht: Tragt in die Raumskizze des Thronsaals die Positionen und Bewegungen der Figuren sowie die Blickwinkel der Kamera ein, und nummeriert sie in der zeitlichen Abfolge. Gut geeignet dafür ist das Zeichen eines Winkels <. Die Spitze des Winkels gibt den Standort der Kamera vor, die beiden Linien das Blickfeld.

    Auf die Abbildung klicken, um die Raumskizze als pdf-Datei zu laden. (© Bettina Henzler)


  2. Stellt euch im Anschluss gegenseitig eure Vorschläge vor (an der Tafel oder dem Whiteboard) und diskutiert sie mit den Anderen. Schaut euch dafür nochmal die Szene an und besprecht folgende Fragen: Nach welchen Blickrichtungen ist der Raum aufgelöst? Was sehen wir vom Raum aus welcher Perspektive? Nach welcher Logik folgen die Kamerapositionen aufeinander? Wie wird unser Blick auf das Geschehen gelenkt?


  3. Überlegt euch nun in Kleingruppen, wie ihr die Szene drehen würdet: Was wäre euch wichtig zu zeigen? Wo steht die Kamera, aus welcher Perspektive wollt Ihr filmen? Wer soll wann zu sehen sein? Tragt diese Variante ebenfalls in die Zeichnung in Aufsicht ein und nummeriert die Reihenfolge der Kamerapositionen. Stellt anschließend eure Varianten vor und besprecht diese im Plenum.

Aufgabe 2: Sichtung und Besprechung der Filmszene

Sichtet die Szene in mehreren Abschnitten (a-e) gemeinsam und diskutiert jeweils die Veränderungen im Plenum: Was verändert sich durch die Auflösung der jeweiligen Auftritte? Welche Wirkung hat die Veränderung? Gewinnt Ihr dadurch einen anderen Eindruck von den Frauen? Gibt es einen Zusammenhang zur jeweiligen Situation?

  1. Die Unpassenden (Timecode: 02:06—02:44)
    Weiterführende Fragen: Welche Einstellung fehlt in der Abfolge der Handlung und welche Wirkung hat dies?


  2. Die Edelfrauen (Timecode: 02:45—03:30)
    Weiterführende Fragen: Wie verändert sich die Zeitwahrnehmung im Vergleich zu den vorherigen Auftritten? Entspricht die Zeit der Handlung (der Auftritt) hier der Zeit, in der die Handlung gezeigt wird? Wie spielen Bild und Ton zusammen? Wie verändert sich eure Haltung zu den Frauen und zu dem Prinzen?


  3. Die Dienerinnen (Timecode: 03:48—04:31)
    Weiterführende Fragen: Achtet besonders auf die erste Einstellung: Worin unterscheidet sie sich von der Externer Link: Totalen, in der die ersten Frauen auftreten? Beschreibt die Bildgestaltung und die Wirkung des Raumes. Wie treten die Frauen in das Bild? Wodurch ändert sich unsere Wahrnehmung der Frauen? Wie passt diese Darstellung zur Rolle und sozialen Stellung der Frauen?


  4. Die Frau ohne Beruf (Timecode: 04:32—05:07)
    Weiterführende Fragen: Hier wird wieder die Auflösung der ersten Szenen aufgegriffen, nur der Abgang der Frau ist anders. Wie passt diese Veränderung zu dem, was hier passiert? Warum schenkt der Film dieser Frau wohl so viel Aufmerksamkeit obwohl sie nicht die 'Richtige' ist?


  5. Die Prinzessin Eselshaut (Timecode: ab 05:48)
    Weiterführende Fragen: Wie wird hier die Besonderheit der Frau in Eselshaut hervorgehoben? Wie wird Spannung aufgebaut? Der Ring passt – was passiert danach? Es gibt in der Szene zwei magische Verwandlungen – wie sind diese inszeniert? Achtet dabei besonders auf die Kamerapositionen und Veränderungen in der Wahrnehmung des zeitlichen Ablaufs.


  6. Überlegt anschließend gemeinsam, wie dieser Ausschnitt das Verhältnis von Mann und Frau darstellt und wie soziale Unterschiede thematisiert werden. Vergleicht das mit anderen Märchen, die ihr kennt.

Aufgabe 3 (Optional): Drehen einer Szene

Zum Abschluss könnt ihr selbst eine Szene drehen. Wählt dafür eine Situation oder eine minimale Handlung, wie z.B. die Begegnung zwischen zwei Personen. Dreht diese Szene in zwei Varianten: eine in nur einer Einstellung und eine in mehreren (maximal fünf) Einstellungen. Dreht in chronologischer Reihenfolge, so dass die Einstellungen hintereinander abgespielt bereits richtig montiert sind.

Überlegt, wie ihr die Situation erzählen wollt und was euch wichtig ist, zu zeigen. Plant die filmische Auflösung vorher: Was sind die Aktionen und in welcher Reihenfolge werden sie gezeigt? Wo wird die Kamera platziert? Aus welchen Blickwinkeln wird die Szene gedreht?

Dann könnt ihr im Anschluss die Szenen gemeinsam sichten und diskutieren. Wie ändert sich die Wirkung der Szene, je nachdem wie ihr sie dreht?

Weitere Inhalte

Dr. Bettina Henzler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Bremen mit Schwerpunkt Filmwissenschaft und Filmvermittlung. Sie leitet das Forschungsprojekt "Filmästhetik und Kindheit" und ist freiberuflich als Projektleiterin, Referentin und Beraterin der Filmvermittlung tätig.