Einkommen und Gesundheit
Das Einkommen vermittelt den Zugang zu den meisten Bedarfs- und Gebrauchsgütern und ist eine wichtige Grundlage der Vermögensbildung, der Vorsorge und der sozialen Absicherung. Neben den materiellen Aspekten ist das Einkommen für die soziale Integration und soziokulturelle Teilhabe sowie für das psychosoziale Wohlbefinden und die gesundheitsbezogene Lebensqualität bedeutsam. So lässt sich zeigen, dass Personen, die einem Armutsrisiko ausgesetzt sind (siehe dazu die entsprechenden Abschnitte in Kapitel 6.3 und 6.4.2), ihren allgemeinen Gesundheitszustand häufiger als weniger gut oder schlecht bewerten. Allerdings bestehen in dieser Hinsicht auch Unterschiede zwischen den Angehörigen der mittleren und höheren Einkommensgruppe. Diese Einkommensabhängigkeit zeichnete sich bei Männern und Frauen im Jahr 2016 spätestens ab einem Lebensalter von 30 Jahren deutlich ab. Bei statistischer Kontrolle des Alterseffektes zeigt sich, dass bei Männern aus der armutsgefährdeten Gruppe das Risiko eines weniger guten oder schlechten allgemeinen Gesundheitszustandes im Verhältnis zu Männern aus der hohen Einkommensgruppe um den Faktor 3,5 erhöht war. Bei Frauen betrug das entsprechende Verhältnis 3,3 zu 1.
Bezüglich der Verbreitung chronischer Krankheiten und Beschwerden lässt sich für die Altersgruppe ab 45 Jahren feststellen, dass viele Erkrankungen in der Armutsrisikogruppe vermehrt auftreten, zum Beispiel Herzinfarkt, Schlaganfall, Angina pectoris, Hypertonie, Diabetes, chronische Bronchitis, chronische Lebererkrankung, Osteoporose, Arthrose und Depression. Bei Männern besteht außerdem ein Zusammenhang zwischen Armutsrisiko und Herzinsuffizienz, Arthritis sowie chronischer Niereninsuffizienz. Bei Frauen treten neben den zuvor genannten Erkrankungen und Beschwerden auch Asthma bronchiale und erhöhte Blutfettwerte in der Armutsrisikogruppe häufiger auf.
Viele chronische Krankheiten und Beschwerden können auf Risikofaktoren zurückgeführt werden, die mit dem Gesundheitsverhalten in Zusammenhang stehen. Neben dem Tabak- und Alkoholkonsum sowie körperlicher Inaktivität und Fehlernährung gilt dies auch für Übergewicht, insbesondere für Adipositas als starker Ausprägungsform. Wie die Daten der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) deutlich machen, waren Männer und Frauen, die einem Armutsrisiko ausgesetzt sind, in fast allen Altersgruppen deutlich häufiger adipös als Männer und Frauen aus den höheren Einkommensgruppen. Bei statistischer Kontrolle des Alterseffektes hatten Männer aus der niedrigen im Vergleich zu Männern aus der hohen Einkommensgruppe ein um den Faktor 2 erhöhtes Risiko, adipös zu sein. Bei Frauen aus der niedrigen Einkommensgruppe war das Risiko sogar um den Faktor 3,1 erhöht.
i
Übergewicht

Aufschluss über Einkommensunterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung geben Daten des SOEP. Demnach hatten Männer und Frauen, deren Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze lag, im Verhältnis zur hohen Einkommensgruppe ein 2,7- beziehungsweise 2,4-fach erhöhtes Mortalitätsrisiko. Die mittlere Lebenserwartung von Männern der niedrigen Einkommensgruppe lag bei Geburt fast 11 Jahre unter der von Männern der hohen Einkommensgruppe. Bei Frauen betrug die Differenz rund 8 Jahre. Auffallend ist dabei, dass sich auch zwischen den mittleren Einkommensgruppen Unterschiede zeigen, sodass von einer graduellen Abstufung der Lebenserwartung ausgegangen werden kann.

Auch in der ferneren Lebenserwartung ab einem Alter von 65 Jahren zeichnen sich die Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen deutlich ab. Einer Studie zufolge betrug die Differenz zwischen der hohen und der niedrigen Einkommensgruppe bei Männern 5,3 Jahre und bei Frauen 3,5 Jahre. Die Differenzen in der ferneren Lebenserwartung lassen sich der Studie zufolge zum Teil auf eine erhöhte psychische und physische Belastung im Lebenslauf sowie auf geringere materielle, kulturelle und soziale Ressourcen in der unteren Einkommensgruppe zurückführen.
Auf sozialräumlicher Ebene ist der Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenserwartung ebenfalls zu beobachten. Im Allgemeinen gilt, dass die mittlere Lebenserwartung bei Geburt in den Regionen mit den niedrigsten Armutsrisikoquoten am höchsten ist und dass dieser Zusammenhang umso stärker sichtbar wird, je kleinräumiger die Betrachtung erfolgt. Bei Männern betrug die Differenz in der Lebenserwartung auf NUTS-2 Ebene (Regierungsbezirke beziehungsweise statistische Regionen) zwischen den Regionen mit den höchsten und niedrigsten Armutsrisikoquoten etwa drei Jahre, bei Frauen etwa ein Jahr.
