Entwicklung und Verteilung der Altersrenten in Ost- und Westdeutschland
Die gesetzliche Rentenversicherung ist die zentrale Einkommenskomponente der Altersvorsorge in Deutschland. Der Studie "Alterssicherung in Deutschland" (ASID) von 2015 zufolge bezogen insgesamt 91 % der Personen über 65 Jahre eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei westdeutschen Frauen lag der Anteil bei 91 %, bei westdeutschen Männern bei 88 %. In Ostdeutschland bezogen sogar 99 % der Männer und Frauen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Im Jahr 2016 lag das durchschnittliche Rentenzugangsalter bei Frauen bei 64,2 Jahren und bei Männern bei 63,9 Jahren. Das Rentenzugangsalter entspricht allerdings nicht dem Erwerbsaustrittsalter, weil viele ältere Menschen ihre Erwerbstätigkeit zum Teil lange vorher beendet haben. Im Jahr 2016 waren etwa 36 % aller Personen, die erstmals eine Altersrente bezogen haben, direkt zuvor sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Etwa 10 % waren in Altersteilzeit beschäftigt, etwa 6 % erhielten Sozialleistungen, 5 % waren geringfügig beschäftigt und mehr als ein Drittel der Neurentnerinnen und Neurentner hatte mindestens im Jahr vor ihrem Rentenzugang kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Hinzu kommen weitere Personen, die im Jahr vor der Altersrente unter anderem als Selbstständige gearbeitet haben, darunter auch Künstler und Publizistinnen, sowie Pflegepersonen und sonstige Leistungsempfängerinnen und -empfänger, wie Beziehende einer Unfallrente.
Mit Inkrafttreten des Grundgesetzes in der ehemaligen DDR im Oktober 1990 wurden rund 3,8 Millionen Rentnerinnen und Rentner aus Ostdeutschland in die gesetzliche Rentenversicherung eingegliedert. Diese Eingliederung ist Ausdruck einer enormen kollektiven Solidarität im vereinten Deutschland. Für Neurentnerinnen und Neurentner werden Löhne und Erwerbsbiografien zu DDR-Zeiten im Grundsatz so behandelt, als ob die Personen im damaligen Westdeutschland gelebt und gearbeitet hätten.
In der gesetzlichen Rentenversicherung werden die Anwartschaften der Versicherten in Entgeltpunkten (EP) bemessen und für die Berechnung der Rentenhöhe mit dem aktuellen Rentenwert bewertet. Im Folgenden wird die Summe der persönlichen EP von Personen, die erstmals eine Altersrente beziehen, unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors analysiert.
i
Entgeltpunkte
Die Entgeltpunkte können mit dem jeweiligen aktuellen Rentenwert (ab 1. Juli 2016: West: 30,45 Euro, Ost: 28,66 Euro) multipliziert werden, um näherungsweise die Höhe der jeweiligen monatlichen Altersrente zu ermitteln. Würden sich die Alterseinkünfte von allein lebenden Frauen und Männern ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung speisen, dann wären je nach Wohnort etwa 30 EP erforderlich, um über die Grundsicherungsschwelle zu kommen.
Der Beitrag zeigt auf Basis von Zeitreihenanalysen von der deutschen Vereinigung bis einschließlich des Jahres 2016, wie sich die Höhe und Verteilung der EP aus abhängiger Beschäftigung im Zeitverlauf entwickelt haben. Die Befunde werden für Männer und Frauen in West- und Ostdeutschland getrennt ausgewiesen, weil sich auch mehr als 25 Jahre nach dem Mauerfall die Löhne und Erwerbsbiografien und damit auch die Rentenanwartschaften zwischen beiden Landesteilen unterscheiden. Betrachtet werden in Deutschland wohnende Versicherte mit erstmaligem Bezug einer Altersrente, die 60 Jahre und älter sind (sogenannte Inlandsrentnerinnen und -rentner). Von der Analyse ausgeschlossen wurden Beziehende von Teilrenten, Renten mit scheidungsbedingtem Versorgungsausgleich sowie Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten. Die Ergebnisse basieren auf anonymisierten Mikrodaten der Rentenzugangsstatistik der Jahrgänge 1993, 1998 und 2003 bis einschließlich 2016, die vom Forschungsdatenzentrum der Rentenversicherung als "Scientific Use Files" zur Verfügung gestellt werden.
Autor: Ralf Himmelreicher, FU Berlin und Geschäfts- und Informationsstelle für den Mindestlohn
Herausgeber: WZB / SOEP