Struktur des Gebäude- und Wohnungsbestandes
Um die gegenwärtige Wohnungsmarktsituation beurteilen sowie künftige Entwicklungen abschätzen zu können, bedarf es möglichst aktueller und umfassender Informationen über die Struktur des Gebäude- und Wohnraumbestandes. Die Ergebnisse einer vollständigen Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) lagen mit dem Zensus 2011 zum Zeitpunkt des Datenreports 2016 vor und wurden dort ausführlich beschrieben.i
Ausgewählte Datenquellen
Zwischen den Gebäude- und Wohnungszählungen wird die Struktur des Gebäude- und Wohnungsbestands mittels der Bautätigkeitsstatistiken ermittelt. Auf Basis des Ergebnisses der GWZ wird der Bestand an Gebäuden beziehungsweise Wohnungen des Vorjahres durch Fertigstellung neuer Gebäude und darin enthaltener Wohnungen, durch Fertigstellung von Wohnungen in bestehenden Gebäuden oder sonstigen Zugängen von Wohnungen erhöht. Sonstige Zugänge liegen beispielsweise vor, wenn gewerblich genutzte Flächen eine Nutzungsänderung hin zur "wohnlichen" Nutzung erfahren. Der Bestand wird gemindert durch Abgänge von Gebäuden und Wohnungen infolge von Abbruch, Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder sonstigen Abgängen. Der Saldo dieses Rechenwerks ergibt das fortgeschriebene Ergebnis zum Gebäude- und Wohnungsbestand.
Eine weitere wichtige Datenquelle ist der Mikrozensus, eine Haushaltserhebung, bei der jährlich etwa 1 % der Haushalte befragt werden. Im Jahr 1980 wurde dabei erstmals eine Zusatzerhebung zum Thema "Mietbelastung und Unterbringung der Haushalte" durchgeführt. Nach zunächst unregelmäßigen Abständen wird seit 1998 alle vier Jahre eine Zusatzerhebung zum Thema "Wohnen" durchgeführt. Dies ermöglicht, Angaben über die Wohnsituation mit soziodemografischen und ökonomischen Merkmalen der Haushalte zu verknüpfen und aufgrund der Größe der Stichprobe in tiefer fachlicher und regionaler Differenzierung auszuwerten.
Haushaltserhebungen wie der Mikrozensus ermöglichen Struktur und Bevölkerung zusammenzubringen, also festzustellen, welche Leute in welchen Wohnungen zu welchen Konditionen leben. In diesem Kapitel sind Eigentümerhaushalte solche Haushalte, die angeben, Eigentümer der Wohnung zu sein, in der sie zum Befragungszeitpunkt gelebt haben.
Da es zu aufwendig ist, jedes Jahr eine Gebäude- und Wohnungszählung durchzuführen, wird zwischen solchen Totalzählungen auf das Mittel der Wohnungsfortschreibung zurückgegriffen. Die Ergebnisse der Bautätigkeitsstatistiken ermöglichen es im Folgenden, die Entwicklungen des Wohngebäude-, Wohnflächen- und Wohnungsbestandes in Wohngebäuden im Zeitverlauf zu analysieren.
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Wohn- und Nichtwohngebäude sowie Wohnheime
Wohnheime bezieht diese Darstellung nicht ein, da diese sich in der Regel grundlegend von anderen Wohngebäuden unterscheiden. Die Zahl der Wohnheime ist in den letzten beiden Jahren zwar gestiegen, sie machen zurzeit dennoch lediglich 1 % des Wohnungsbestandes aus.
Bestand an Wohngebäuden
Zum Jahresende 2016 gab es in Deutschland 18,8 Millionen Wohngebäude und damit rund eine halbe Million mehr als am 31. Dezember 2011.Die prozentual größten Zuwächse sind bei den Wohngebäuden mit einer Wohnung zu beobachten, bei denen es sich im Regelfall um Einfamilienhäuser handelt. Deren Bestand stieg prozentual stärker an als der Bestand an Wohngebäuden mit mehr als einer Wohnung, unabhängig von der betrachteten Region. Besonders bemerkenswerte regionale Unterschiede sind bei der Entwicklung von Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen zu beobachten. In den westdeutschen Flächenländern gab es bei dieser Wohngebäudeform von 2011 bis 2016 einen deutlichen Zuwachs, wohingegen sich der Bestand in den ostdeutschen Flächenländern nur geringfügig veränderte.

Wie in der GWZ 2011 festgestellt, gilt weiterhin: Deutschland ist ein Land der Ein- und Zweifamilienhäuser. Ende 2016 hatten 83 % der Wohngebäude nur eine oder zwei Wohnungen, wobei es zwischen den ostdeutschen Flächenländern (82 %) und den westdeutschen Flächenländern (84 %) nur geringe Unterschiede gab. Selbst in den Stadtstaaten waren es mit 65 % noch mehr als die Hälfte der Wohngebäude. Mehr als 50 % der Wohngebäude in den westdeutschen Flächenländern wurden zwischen 1949 und 1990 errichtet. In den ostdeutschen Flächenländern hingegen stammten nur 26 % des Wohngebäudebestandes aus dieser Zeit, fast 50 % der noch bewohnten Gebäude waren älter und vor 1949 gebaut worden. Hinsichtlich der Renovierungsbedürftigkeit und der Klimarelevanz des Wohnens bleibt dies bedeutsam.
Wohnflächenentwicklung
Die Wohnflächen zeigen die Entwicklung der durchschnittlichen Wohnungsgrößen sowie der Wohnfläche pro Person auf Basis einer einfachen Maßzahl. Im Beobachtungszeitraum 2011 bis 2016 korrespondiert der Zuwachs von einer halben Million Wohngebäuden mit einer Zunahme der verfügbaren Wohnfläche um etwa 119 Millionen Quadratmeter. Hierdurch erhöhte sich auch die Pro-Kopf-Wohnfläche im Vergleich zu Ende 2011 um rund 0,5 Quadratmeter. Zusätzlich stieg auch die durchschnittliche Fläche je Wohnung in allen beobachteten Regionen an, was bedeutet, dass neu gebaute Wohnungen insgesamt betrachtet tendenziell größer werden.Bemerkenswert dabei ist die regionale Differenzierung dieses Wachstums: In den Flächenländern im Osten wuchs die durchschnittliche Fläche je Wohnung um fast einen Quadratmeter. Hierbei ist allerdings das im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern geringere Ausgangsniveau der Wohnfläche zu berücksichtigen: Wohnungen in den ostdeutschen Flächenländern waren im Durchschnitt insgesamt immer noch fast 17 Quadratmeter kleiner als im Westen. Der Grund für die starke Zunahme der Fläche je Wohnung im Osten dürfte mit der Struktur der neu gebauten Wohnflächen zusammenhängen. Wie oben gezeigt, wurden vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut. Diese weisen tendenziell eine größere Wohnfläche pro Wohnung auf.
Auch in den Stadtstaaten wuchs die insgesamt verfügbare Wohnfläche. Die Fläche pro Person nahm hier allerdings um durchschnittlich 0,6 Quadratmeter ab, was die – verglichen mit den Flächenländern – ohnehin schon geringe Pro-Kopf-Wohnfläche weiter reduzierte. Eine wahrscheinliche Ursache ist die gestiegene Bevölkerungszahl.
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Wohnfläche pro Kopf und je Wohnung
Die durchschnittliche Wohnfläche je Wohnung ergibt sich aus Division der Gesamtwohnfläche durch die Gesamtzahl der Wohnungen in Wohngebäuden für die ausgewählte Region.

Bestand an Wohnungen
Wohngebäude und Wohnflächen sind Grundelemente zur Beobachtung der strukturellen Entwicklung des Wohnungsmarktes. Kerneinheit zur Betrachtung der Wohnstruktur ist aber die Wohnung.i
Wohnung
Im Vergleich zu 2011 wuchs die Gesamtzahl der Wohnungen in Wohngebäuden um 1 Million auf insgesamt 39,8 Millionen zum Jahresende 2016. Den größten Zuwachs verbuchten die westdeutschen Flächenländer, wo es nach Abzug des Wohnungsabgangs im Jahr 2016 in der Differenz 837.000 Wohnungen mehr gab als im Jahr 2011. Das entspricht einem Zuwachs von 2,9 %, während die Anzahl der Wohnungen in den Flächenländern im Osten lediglich um 1,3 % und in den Stadtstaaten – wie im Bundesdurchschnitt – um 2,6 % gewachsen ist. Mehr als 53 % des deutschen Wohnungsbestandes befinden sich in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen. Das liegt insbesondere an den hohen Anteilen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in den ostdeutschen Flächenländern (58 %) und den Stadtstaaten (84 %).

Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum
Zwischen 2011 und 2016 gab es hinsichtlich der Wohnungsnachfrage positive Entwicklungen: Es entstanden mehr Wohngebäude, mehr Wohnungen und mehr Wohnfläche. Gleichzeitig lässt sich eine verstärkte Zunahme von Kleinstwohnungen (1 Raum) und Großwohnungen (6 oder mehr Räume) beobachten.Zur Beantwortung der Frage, ob diese Beobachtungen eine besonders starke Bautätigkeit bedeuten, ist die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu betrachten.
Die Anzahl der jährlich fertiggestellten Wohnungen ist von 1997 bis 2009 deutlich sichtbar gesunken. Als Grund für diese Entwicklung nannte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in seinem 2016er-Bericht zu den Wohn- und Immobilienmärkten vor allem die Annahme, dass die Bevölkerung in Deutschland sich mittelfristig verringern würde. Ihren Tiefpunkt erreichten die Baufertigstellungen dann mit der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Seitdem ist allerdings ein stetiges Wachstum an Baufertigstellungen zu verzeichnen. Im Jahr 2016 lag die Zahl der Baufertigstellungen von Wohnungen wieder auf dem Niveau von 2004.

Um die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu beurteilen, kann die Anzahl der verfügbaren Wohnungen in Wohngebäuden je 100 Haushalte als Indikator herangezogen werden. Dieses Verhältnis blieb über den Zeitraum 2011 bis 2016 relativ stabil auf hohem Niveau, schwankte aber in der regionalen Betrachtung stark.

Aus den Zahlen lässt sich nicht generell auf einen Wohnungsmangel schließen, da sich beispielsweise mehrere Haushalte eine Wohnung teilen können und Wohnheime aus der Betrachtung herausgelassen werden. Wohnungsmangel tritt also vor allem dann auf, wenn Wohnungen nicht dort verfügbar sind, wo sie gebraucht werden, beziehungsweise nicht da gesucht werden, wo sie vorhanden sind.
Leerstand
Beim Beobachten des Wohnungsmarktes richtet sich der Fokus neben der Neubautätigkeit auch auf die Nutzung des verfügbaren Wohnraums. Wird dieser nicht vollständig genutzt, so ist die Rede von Leerstand. Hierbei ist zu beachten, dass der Leerstand für einen funktionalen Wohnungsmarkt nicht bei 0 % liegen sollte, sondern immer eine sogenannte Leerstandsreserve benötigt wird.Bei den amtlichen Zahlen zum Thema Leerstand aus der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 2011 und dem Mikrozensus unterscheidet sich die Definition des Begriffs Leerstand in den beiden Erhebungen. Nach der GWZ 2011 ergab sich eine Leerstandsquote von 4,4 %, beim Mikrozensus von 8,6 % (2010) beziehungsweise 8,0 % (2014). Die Informationen über die Leerstände wurden bei der GWZ zu einem Stichtag von den Eigentümerinnen und Eigentümern beziehungsweise Verwaltungen eingeholt. Wohnungen, die beispielsweise wegen Umbau oder Modernisierung zum Stichtag nicht bewohnt, aber weiter vermietet sind, gelten hier nicht als leer stehend. Wohnungen gelten nur dann als leer stehend, wenn dies explizit vom Eigentümer angegeben wurde. In der Zusatzerhebung des Mikrozensus dagegen werden alle Wohnungen gezählt, die zum Zeitpunkt der Erhebungsdurchführung nicht bewohnt sind (also auch kurzfristig wegen Umzugs und so weiter), aber gegebenenfalls zu diesem Zeitpunkt vermietet sind. Durch diese methodischen Unterschiede ergeben sich abweichende Leerstandskonzepte, die nicht miteinander vergleichbar sind. u Tab 4

Unabhängig von der methodischen Abgrenzung ist aber sichtbar, dass der Leerstand in den ostdeutschen Flächenländern höher ausfällt als in den westdeutschen Flächenländern. Dennoch wird im Osten Deutschlands auch weiter gebaut. Es existiert zwar eine Nachfrage, diese richtet sich aber scheinbar nicht auf die bereits leer stehenden/unbewohnten Wohnungen. Hinsichtlich der neu gebauten Wohngebäude betrifft diese Nachfrage offenbar Einfamilienhäuser, wohingegen die Nachfrage nach Mehrfamiliengebäuden stagniert oder abnimmt. Außerdem ist die durchschnittliche Wohnfläche in den Bestandswohnungen hier vergleichsweise geringer als im Westen, sodass auch die Größe der bestehenden Wohnungen möglicherweise nicht modernen Ansprüchen genügt. Dies korrespondiert mit dem bereits erwähnten Befund, dass der Bestand an Wohngebäuden in den ostdeutschen Flächenländern oft sehr viel älter ist als in den westdeutschen Flächenländern.
In den westdeutschen Flächenländern und den Stadtstaaten ist hingegen eine Verringerung beim Leerstand bei gleichzeitig konstanter Bautätigkeit zu beobachten – vermutlich bedingt durch die starke Nachfrage nach Wohnraum.
Eigentümer und Mieter
Neben dem Blick auf die Infrastruktur sind für eine Betrachtung des Themas "Wohnen in Deutschland" die Eigentumsverhältnisse des Gebäude- und Wohnungsbestandes wichtig, da für viele Menschen das Ziel, einmal "in den eigenen vier Wänden" zu leben, einen hohen Stellenwert hat.In Deutschland werden lediglich etwa 45 % der Wohnungen von Eigentümern bewohnt, was Deutschland eher zu einem Land der Mieterinnen und Mieter macht. Es gibt allerdings beträchtliche regionale Unterschiede bei dieser Kennzahl, denn das Verhältnis beträgt in den westdeutschen Flächenländern beinahe 50 zu 50, wohingegen in den Stadtstaaten 81 % der Wohnungen vermietet sind. Auch in den ostdeutschen Flächenländern sind deutlich mehr Wohnungen vermietet (60 %) als in den westdeutschen Flächenländern. Dies ist vermutlich historisch bedingt, da Wohneigentum in der ehemaligen DDR eher unüblich war.

Von Eigentümern bewohnte Wohnungen (hierunter fallen auch Einfamilienhäuser) unterscheiden sich auch strukturell von gemieteten Wohnungen. In selbst genutztem Eigentum wohnen in der Regel mehr Personen je Wohnung als in gemieteten Wohneinheiten. Trotz der höheren Belegungsdichte steht den Bewohnerinnen und Bewohnern von Wohneigentum durchschnittlich mehr Fläche je Person zur Verfügung, unabhängig davon, wie viele Wohnungen das Gebäude beinhaltet. Deutlich wird dieser Unterschied besonders, wenn gemietete und eigentümerbewohnte Einfamilienhäuser verglichen werden: Zwar leben im Schnitt ähnlich viele Personen je Wohneinheit, jedoch verfügen die Personen in gemietetem Wohnraum durchschnittlich über weniger Fläche.

Drei Fünftel der Eigentümerwohnungen, also vom Eigentümer beziehungsweise der Eigentümerin bewohnte Wohnungen, befinden sich in Gebäuden mit nur einer Wohnung, ein Fünftel in Gebäuden mit zwei Wohnungen und nur ein Fünftel in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen. Exakt umgekehrt ist die Situation bei den Mietwohnungen: Nur ein Fünftel der Wohnungen befindet sich in Gebäuden mit nur ein oder zwei Wohnungen, wohingegen sich hier vier Fünftel in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen befinden.