Einkommensentwicklung und -verteilung
Die verfügbaren durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen (Median) der privaten Haushalte sind nach den Daten des SOEP in Deutschland nominal von monatlich 901 Euro im Jahr 1992 auf 1.600 Euro im Jahr 2016 gestiegen, real (zu Preisen von 2016) haben sich die Monatseinkommen im selben Zeitraum von 1.326 auf 1.600 Euro erhöht. Die entsprechenden Vorjahreseinkommen lagen nominal im Jahr 2016 bei 20.477 Euro und real bei 20.580 Euro.Während die Nominaleinkommen durchgehend stiegen, zeigten sich bei den Realeinkommen seit Beginn der 1990er-Jahre längere Phasen mit einem eher geringen Einkommenswachstum bei deutlichen konjunkturellen Schwankungen. Nach dem mit der deutschen Vereinigung eingetretenen Boom und den zunächst hohen Einkommenszuwächsen in Ostdeutschland erhöhten sich die Einkommen in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre nur wenig. Zur Jahrtausendwende erfolgte erneut ein Einkommensanstieg, gefolgt von einer längeren Phase wirtschaftlicher Rezession mit zum Teil sogar rückläufigen Einkommensentwicklungen. Die Darstellung der (realen) Einkommensentwicklung weist zwischen 2010 und 2015 mehrere methodische Anpassungen auf (Zensusbruch, stufenweise Anpassung der Hochrechnungsrahmen an detailliertere Informationen zum Migrationshintergrund), sodass die dargestellte Zunahme der Einkommen in diesem Zeitraum wahrscheinlich eher geringer ist als die tatsächliche. Von 2014 bis 2016 stiegen die Einkommen weiter an.

Die Betrachtung von mittleren Einkommenswerten sagt allerdings noch nichts darüber aus, wie gleich oder ungleich die Einkommen in der Bevölkerung verteilt sind. Allgemeine Indikatoren zur Beschreibung der Einkommensungleichheit sind die Anteile am Gesamteinkommen nach Einkommensschichten und deren Verhältnisse (Quintilsverhältnisse, Palma-Ratio), die Verhältnisse von Einkommensschwellen sowie zusammenfassende Ungleichheitsmaße wie der Gini-Koeffizient. Hier zeigt sich, dass die ärmsten 20 % der Bevölkerung (das unterste Quintil) bis zum Jahr 2000 über knapp 10 % des monatlichen Gesamteinkommens verfügten. Nach dem Jahr 2000 ging der Einkommensanteil des ärmsten Quintils stetig zurück und lag im Jahr 2016 nur noch bei etwa 9 %. Die reichsten 20 % (das oberste Quintil) hatten demgegenüber bis 2000 etwa 35 % des monatlichen Gesamteinkommens zur Verfügung, von Beginn der 2000er-Jahre stieg bis zu den Jahren 2005 bis 2009 der Anteil allmählich auf fast 37 % an, für das Jahr 2016 lag der Wert weiterhin bei 36,6 %. Der Abstand zwischen Arm und Reich hat sich damit im langjährigen Verlauf vergrößert.
Dies geht auch aus dem Gini-Koeffizienten, einem zusammenfassenden Ungleichheitsmaß (siehe Kapitel 6.3, Info 5), hervor: Dieser stieg bezogen auf die monatlich verfügbaren Einkommen von einem mittleren Wert von 0,24 in den Jahren 1995 bis 1999 auf 0,27 in den Jahren 2010 bis 2014 und wies für das Jahr 2016 weiterhin einen Wert von 0,28 auf. Die vorjahresbezogenen Einkommen der privaten Haushalte sind im Allgemeinen etwas ungleicher verteilt als die enger gefassten monatlichen, da sie auch unregelmäßige Einkünfte oder unterjährige Sonderzahlungen wie Boni beinhalten. Die Ungleichheit der verfügbaren Vorjahreseinkommen stieg von einem mittleren Wert von 0,25 in den Jahren 1995 bis 1999 auf 0,29 in den Jahren 2010 bis 2014 und verharrte weiter bis 2016 auf hohem Niveau. Übereinstimmend weisen alle Ungleichheitsindizes einen Anstieg gegenüber den zurückliegenden Dekaden auf. Die Ungleichheitsentwicklung zwischen 2010 und 2016 lässt sich zwar infolge der methodischen Umstellungen im SOEP und in der amtlichen Statistik nicht exakt beschreiben, die verschiedenen Indikatoren lassen aber keine Umkehr im Trend anhaltend hoher Ungleichheitswerte erkennen.

Anhand des jahresbezogenen Einkommenskonzeptes lassen sich zudem auch Ungleichheitsziffern für die zugrunde liegenden Markteinkommen (brutto) berechnen, die in den privaten Haushalten vor Eingriff des Staates erzielt werden, also noch ohne Berücksichtigung von direkten Steuern und Sozialtransfers. Hieran wird deutlich, dass die Ungleichheit der in den privaten Haushalten jeweils erwirtschafteten Markteinkommen (mit und ohne Renten) noch erheblich stärker gestiegen ist als bei den daraus hervorgehenden Haushaltsnettoeinkommen: Der Gini-Koeffizient der in den privaten Haushalten erzielten Markteinkommen hat sich seit der deutschen Vereinigung bis 2006 stetig erhöht und verharrte bis 2016 auf hohem Niveau. Diese erhebliche Zunahme an Ungleichheit der überwiegend aus Erwerbstätigkeit erzielten Markteinkommen hat bis 2005 maßgeblich zu einer zunehmend größeren Ungleichheit der daraus abgeleiteten Nettoeinkommen der privaten Haushalte beigetragen.

Die Ungleichheit der haushaltsbezogenen Markt- und Nettoeinkommen wird von den Entwicklungen am Arbeitsmarkt, von soziodemografischen Veränderungen sowie von Maßnahmen im Bereich der sozialstaatlichen Sicherung bestimmt. Die relative Differenz der beiden Ungleichheitskoeffizienten (Ungleichheit des Brutto- und Nettohaushaltseinkommens) illustriert, inwieweit sozialstaatliche Eingriffe in Form von direkten Steuern und Transfers die Ungleichheit reduzieren. Im Zuge der deutschen Vereinigung stieg der Einfluss der sozialstaatlichen Umverteilung in den 1990er-Jahren stark an. Die durch staatliche Maßnahmen erfolgte Reduzierung an Ungleichheit verringerte sich seit 2006 wieder etwas, sie lag auch nach Einschluss der Rentenleistungen zuletzt wieder auf dem Niveau der frühen und mittleren 1990er-Jahre.