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Agrarpolitik der EU | bpb.de

Agrarpolitik der EU

Chr. Roth

Die A. [offiziell: Gemeinsame A.] wurde durch den EWG-Vertrag (1957) festgelegt und 1962 umgesetzt. Während damals der Schwerpunkt auf der Gewährleistung der Versorgungssicherheit der Bürger mit Agrargütern stand, verfolgt die A. heute das Ziel, Anbaumethoden zu fördern, die gesunde und sichere Lebensmittel gewährleisten, und die ländliche Umwelt zu schonen. Die Bestimmungen zur A. finden sich im Vertrag von Lissabon (2009) in den Art. 38-44 AEUV. Die A. beruht auf 2 Pfeilern:

• den Marktordnungen und

• der Entwicklung des ländlichen Raumes.

Der Anteil der Agrarausgaben am EU-Budget ist zwar rückläufig, machte aber im Zeitraum 2014–20 immer noch 38 % aus. Zum Vergleich: 1977 betrug der Anteil am EG-Haushalt jedoch noch 76 %. Den ersten Pfeiler der A. bilden die Marktordnungen mit den Zielen, den Landwirten ein verlässliches Einkommen zu sichern und die Versorgung der europ. Verbraucher mit Agrargütern sicherzustellen. Zu den Politikinstrumenten zählen die Garantie von Mindestpreisen, Produktionsquoten sowie Zölle auf Agrarimporte in die EU und Exportsubventionen. Ferner stützt sich die A. auf Direktzahlungen an die Landwirte, die zur Kompensation von Preissenkungen für bestimmte Produkte eingeführt wurden. Als zweiter Pfeiler wurde ab dem Jahr 2000 die Entwicklung des ländlichen Raumes eingeführt. Er soll insbesondere der Erhaltung lebendiger ländlicher Gebiete durch die Entwicklung ihrer Wirtschaft und die Nutzung ihrer natürlichen Ressourcen dienen. Dazu gehören z. B. Umweltschutzmaßnahmen, die Diversifizierung der Einkommen (z. B. durch Tourismus, Biorohstoffe) und der Schutz des ländlichen Kulturerbes. Im Jahr 2003 hat sich die EU nach langem Ringen auf eine tief greifende Reform der A. geeinigt. Das wichtigste Ergebnis ist eine weitgehende Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion und deren Bindung an die Einhaltung von Umwelt-, Tierschutz- und Qualitätsvorschriften (sog. »Cross Compliance«-Regeln). Ein weiteres zentrales Element der reformierten A. ist die Einführung der sog. obligatorischen Modulation. Dabei werden die Mittel für Direktzahlungen im 1. Pfeiler gekürzt und in den 2. Pfeiler umgeschichtet, um so die ländliche Entwicklung zu stärken. Finanzpolitische Zielsetzung dieser Reform ist die Begrenzung der Erhöhung von Ausgaben für agrarpolitische Maßnahmen nach der Osterweiterung in den Jahren 2004 und 2007. In einer weiteren Reform der A. von 2013/14 misslang der von Experten und Politikern empfohlene schrittweise Ausstieg aus dem System der Direktzahlungen. Anfang 2017 hat die EU-Kommission Beratungen über einen neuen Reformanlauf der A. aufgenommen, die dann zu Gesetzesvorschlägen, die am 1.6.2018 präsentiert wurden, geführt haben.

Internet

Literatur

  • C. Lippert: Agrar- und Fischereipolitik, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2019, Baden-Baden 2019, S. 195-200.

  • J.-V. Schrader: Zur Reform der EU-Agrarpolitik: Umbau statt Abbau von Subventionen, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, H. 1/2005, S. 115-132.

  • P. Weingarten/B. Rudloff: Die Gemeinsame Agrarpolitik, in: P. Becker/B. Lippert (Hg.), Handbuch Europäische Union, Wiesbaden 2020.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: Chr. Roth

Fussnoten

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