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Religion und Europa | bpb.de

Religion und Europa

M. Chardon

Der Begriff R. umfasst in Europa eine Vielfalt an Glaubensrichtungen und religionspolitischen Traditionen. In der EU werden religionspolitische Fragen i. d. R. auf nationaler Ebene geklärt. Die gemeinsamen religiösen Wurzeln in den Mitgliedstaaten gehen größtenteils aus dem Christentum hervor, welches eine Regelung der Beziehungen zwischen Religion und Staat durch nationale Staatskirchensysteme notwendig machte. Die EU bemüht sich hinsichtlich der Religion um Neutralität, daher lässt sich das Verhältnis zwischen Religion und EU bisher nur schwer von supranationaler Ebene aus betrachten.

Jedoch beeinflusst die Sekundärgesetzgebung der EU verstärkt das Staatskirchenrecht der Mitgliedstaaten, was langfristig die Formierung eines europ. Religionsrechts zur Folge haben könnte. Weiterhin erscheint eine religionspolitische Positionierung der EU im Zusammenhang mit einer möglichen EU-Mitgliedschaft der Türkei immer notwendiger. Zudem sind Kirchen und andere religiöse Vereinigungen als Arbeitgeber und Anbieter von Waren und Dienstleistungen ebenso europ. Recht unterworfen wie andere juristische Personen. Obwohl noch kein ausdrückliches EU-Religionsrecht besteht, existieren Rechtsvorschriften, die dem besonderen Status von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften gerecht werden. Grundlage ist die Religionsfreiheit, die u. a. in der Grundrechtscharta erwähnt wird. Die Kirchenerklärung von 1999 bildet die Basis für ein mögliches zukünftiges europ. Staatskirchenrecht. Darin achtet und garantiert die EU den jeweiligen Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften in den Mitgliedstaaten. Die Beziehungen zwischen kirchlichen Gemeinschaften und der EU werden auch zunehmend intensiver. Heute sind zahlreiche kirchliche und religiöse Interessenvertretungen in Brüssel vorhanden. Als wichtigste sind die COMECE (Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft) und die Konferenz der europ. Kirchen zu nennen. Ihr Ziel ist die Vertretung der verschiedenen konfessionellen Interessen bei der EU. Bislang ist der Grad der Einflussnahme der Kirchen auf europ. Politik aber nur unzureichend untersucht worden. Im Vertrag von Lissabon (2009) konnten die Kirchen einen Gottesbezug nicht durchsetzen, jedoch ist in der Präambel u. a. das religiöse Erbe Europas genannt.

Literatur

  • G. Waschinski: Gott in die Verfassung? Religion und Kompatibilität in der Europäischen Union, Baden-Baden 2007.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Chardon

Siehe auch:

Fussnoten

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