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Warenverkehrsfreiheit | bpb.de

Warenverkehrsfreiheit

Die Interner Link: Europäische Union bildet eine Zollunion, innerhalb der erstens keine Zölle erhoben werden dürfen und zweitens der Warenverkehr zwischen den Interner Link: Mitgliedstaaten nicht eingeschränkt werden darf. Art. 34 und 35 AEUV bestimmen, dass mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen »sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung« zwischen den Mitgliedstaaten verboten sind. Mengenmäßige Beschränkung bedeutet schlicht, dass ein Staat vorschreibt, von einer Ware darf nur eine bestimmte Menge eingeführt werden, also könnte z. B. nur der Import von 1.000 Tonnen Stahl als erlaubt gelten. Der Interner Link: Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Maßnahme gleicher Wirkung in der Dassonville-Entscheidung im Jahre 1974 sehr weit interpretiert und gefordert, dass jede nationale Regelung abgeschafft werden muss, »die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern«. Das war offensichtlich zu weit, so ist der EuGH zurückgerudert und hat nationale Regelungen mit dem Keck-Urteil eingeschränkt. Danach ist zwischen produktbezogenen Regulierungen und Verkaufsmodalitäten zu unterscheiden. Diskriminierungsfreie Verkaufsmodalitäten, z. B. Ladenöffnungszeiten, sind vom Anwendungsbereich der Art. 34 ff. AEUV ausgeschlossen. Produktbezogene Regulierungen wie etwa Regelungen über die Form, Abmessung, Gewicht, Etikettierung und Verpackung der Ware, gelten als Beschränkung im Sinne des Art. 34 AEUV, selbst wenn sie diskriminierungsfrei angewandt werden. Im letzten Schritt prüft der EuGH aber noch, ob diese Beschränkung trotz des generellen Verbots gerechtfertigt ist. Einschränkungen der Warenverkehrsfreiheit können nämlich nach Art. 36 AEUV »aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums« gerechtfertigt sein. Als Faustregel gilt, dass nationale Regelungen nicht dazu dienen dürfen, die Produkte aus anderen Staaten zu diskriminieren. Mit dieser weiten Interpretation der Warenverkehrsfreiheit hat der EuGH – jenseits seiner Kompetenzen – dem Europäischen Binnenmarkt einen gewaltigen Anstoß gegeben, welchem die eigentlich zuständige Politik eher gefolgt ist, als dass sie – wie es nach der Kompetenzverteilung innerhalb der EU richtig gewesen wäre – sie vorgegeben hätte.

Quelle: Das Rechtslexikon. Begriffe, Grundlagen, Zusammenhänge. Lennart Alexy / Andreas Fisahn / Susanne Hähnchen / Tobias Mushoff / Uwe Trepte. Verlag J.H.W. Dietz Nachf. , Bonn, 2. Auflage, 2023. Lizenzausgabe: Bundeszentrale für politische Bildung.

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