Die demografische Transition
Die demografische Transition, vielfach auch Übergang genannt, beschreibt ein Modell aus vier Phasen. In diesen soll sich das Verhältnis von Geburts- und Sterberaten neu ordnen. Diese Analyse wirft einen kritischen Blick auf das verbreitete Schema.
Erstens gab es vor dem Übergang keinen stabilen Gleichgewichtszustand, sondern es wechselten sich oft längere Phasen von Bevölkerungswachstum (und fallenden Einkommen) mit solchen eines manchmal recht katastrophalen Rückgangs der Bevölkerung ab. Schon im mittleren 19. Jahrhundert lagen die Geburten deutlich über der Sterblichkeit, die Bevölkerung befand sich also – wie schon im 16. oder im 18. Jahrhundert – wieder einmal in einer Wachstumsphase. (siehe Abb 2)

Viertens wurde aber auch nach dem großen Fruchtbarkeitsrückgang des Kaiserreichs kein neues Gleichgewicht erreicht. Ab 1970 fiel die Kinderzahl in der Bundesrepublik unter das Niveau, das zur Erhaltung nötig wäre, während es in der DDR aufgrund von Honeckers auch bevölkerungspolitisch motivierter "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ noch einige Jahre gelang, ein Fertilitätsniveau von fast zwei Kindern pro Frau zu halten. Die ostdeutschen Kinderzahlen sind nach einem Einbruch in den 1990er Jahren wieder auf ein etwa gleich hohes Niveau wie im Westen gestiegen.
Eine wichtige Folge des Sterblichkeits- und Fruchtbarkeitsrückgangs war der Wandel der Altersstruktur, wie er in Bevölkerungspyramiden sichtbar ist. Für die Belastung der erwerbstätigen Generationen (etwa der 15- bis 65-Jährigen) hatten der Sterblichkeits- und der Fruchtbarkeitsrückgang einander entgegengesetzte und deshalb in der Summe sich tendenziell ausgleichende Folgen. Einerseits stieg der Anteil der älteren Menschen in der Bevölkerung von etwa 10 Prozent auf fast 30 Prozent an, gegenläufig fiel aber auch der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit ihren Ansprüchen an Konsum, Schulwesen und elterliche Zeit von etwa 60 Prozent auf etwa 25 Prozent. (siehe Abb 3)
Der gesamte Lastquotient lag im ökonomisch massiv wachsenden Kaiserreich mit fast 70 Prozent deutlich höher als heute oder auch zur Zeit des Wirtschaftswunders (beide etwa 50 Prozent). Man kann also nicht sagen, dass unsere heutige Altersstruktur im historischen Vergleich erhöhte und ökonomisch untragbare demografische Lasten produziert. (siehe Abb 4)