Grenzüberschreitende Abwanderung und Auswanderung
Deutschland das "Einwanderungsland" - Deutschland das "Auswanderungsland". In der öffentlichen Wahrnehmung dominiert meist eines der beiden Etiketten, wenn es um Deutschlands Migrationsgeschichte geht. Doch zu jeder Zeit hat es Wanderungsbewegungen in beide Richtungen gegeben.


Wegen der gänzlich anderen Datengrundlage für die Entwicklung des Abwanderungsgeschehens in Westdeutschland bzw. in der Bundesrepublik nach 1945 ist eine unmittelbare Bezugnahme auf die Zahlen zur überseeischen Auswanderung bis 1939 nicht möglich. Die Daten zur deutschen Auswanderung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erwecken den Eindruck, als habe es eine stetige und lineare Bewegung von Deutschland nach Übersee gegeben. Unsichtbar bleibt dabei die wahrscheinlich mit rund 20 Prozent der Auswanderer keineswegs geringe transatlantische Rückwanderung nach Deutschland sowie die seit dem späten 19. Jahrhundert an Bedeutung gewinnenden zirkulären Bewegungen mehrfacher Ab- und Rückwanderung.[5] Die Angaben über die Fortzüge für die Zeit ab 1945 ermöglichen demgegenüber viel eher ein Erfassen der Dynamik von Migrationsbewegungen mit ihrer stets hohen Fluktuation. Während die Daten für die 1950er Jahre ganz wesentlich noch auf die Abwanderung von Deutschen verweisen, sind die wesentlich höheren Ziffern ab den 1960er Jahren zu einem guten Teil der Abwanderung von ausländischen Staatsangehörigen geschuldet, die im Kontext der vermehrten Ausländerbeschäftigung in die Bundesrepublik zugewandert waren. Starke Zuwanderungen ausländischer Arbeitskräfte wie in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren bedingten starke Abwanderungen, auch die rasche Zunahme der Zuwanderung nach der Öffnung des "Eisernen Vorhangs" 1989/90 führte zugleich zu einem starken Anstieg der Abwanderungen.[6]