Zeitreihen DDR
Historiker haben für die DDR den Begriff der "Fürsorgediktatur" geprägt. Und in geschichtskulturellen Beiträgen wird oftmals die Vollbeschäftigung in der DDR betont. Historische Statistiken zeigen aber etwa, dass mehr als die Hälfte der DDR-Rentnerhaushalte unter der Armutsgrenze lebte.Begreift man die korporatistische Tradition als die Besonderheit der deutschen Sozialstaatsgeschichte, verblieb auch in der DDR ein Rest an Pfadabhängigkeit. Die unter Bismarck eingeführte Sozialversicherung wurde als Kernstück des Sozialsystems weitergeführt, erfuhr aber tief greifende Änderungen: Die paritätische Leitungsstruktur wurde abgeschafft, sodass die Arbeitgeber bzw. die Betriebsleitungen nicht mehr an der Leitung der Sozialversicherung beteiligt waren, sondern der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) ihre Verwaltung allein übernahm. Seit 1947 war sie als einheitliche Pflichtversicherung konzipiert und erfasste durchweg rund 90 Prozent der DDR-Bevölkerung. Nur Mitglieder der landwirtschaftlichen und handwerklichen Produktionsgenossenschaften sowie freiberuflich Tätige gehörten der gesonderten Staatlichen Versicherung der DDR an. Die Einheitsversicherung unterteilte sich in einen Kranken- und einen Rentenversicherungszweig. Die Leistungsstruktur wurde zuungunsten des Elements der Versorgung verändert und größere Teile des Sozialrechts auf das Fürsorgeprinzip umgestellt, sodass die Bedürftigkeitsprüfung verstärkt in die Bewilligungspraxis Einzug hielt.

