Wahlbeteiligung
Ist eine hohe Wahlbeteiligung ein guter Indikator für die Zufriedenheit der Wählerschaft mit dem politischen System? Die deutsche Geschichte liefert Gründe, die dafür, aber auch dagegen sprechen.
Tabelle 1 und Abbildung 2 geben die Anzahl der Wählenden sowie deren Anteil an allen Wahlberechtigen wieder, die an den Wahlen im Beobachtungszeitraum teilgenommen haben. Die Beteiligung an den Wahlen zum deutschen Parlament stieg im Laufe des Kaiserreichs von 1871 bis 1912 von 51 Prozent auf 84,9 Prozent aller Wahlberechtigten deutlich an. In der Weimarer Republik ist zunächst ein Absinken der Wahlbeteiligung von 83 Prozent bei der Wahl zur Nationalversammlung 1919 auf 75,6 Prozent zur Reichstagswahl 1928 zu beobachten. In den Krisenjahren der ersten deutschen Demokratie ab 1929 stieg die Teilnahme an den Reichstagswahlen wieder deutlich an und erreichte bei der letzten, noch halbwegs freien Reichstagswahl im März 1933 ein "Allzeithoch" von 88,8 Prozent. Angesichts der Stärke der die parlamentarische Demokratie ablehnenden Parteien KPD, DNVP und NSDAP bei den Reichstagswahlen in diesem Zeitraum ist eine hohe Wahlbeteiligung offenbar nicht automatisch ein Indikator für die Zufriedenheit der Wählerschaft mit dem politischen System und seinen Grundprinzipien, wie dies vielfach in den Medien nach Wahlen, die durch eine geringe Wahlbeteiligung gekennzeichnet sind, behauptet wird. (siehe Tab 1, Abb 2)
