Sport
Turnvereine gab es in Deutschland schon ab den 1840er Jahren. Zum Massenphänomen wurde Sport allerdings erst in der Weimarer Republik. Nun durften auch Frauen vollständige Mitglieder der Sportvereine werden.


Durch die Verluste im Ersten Weltkrieg sank die Zahl der männlichen Vereinsmitglieder jedoch rapide, während das Frauenturnen einen Aufschwung erlebte. Der Sport insgesamt aber wurde – auch durch den militärischen Nutzen im Krieg und sein Zerstreuungspotenzial an der Heimatfront – insgesamt bei Staat und Bevölkerung populärer. (siehe Tab 8)

Ab 1933 wurden die Vereine und Verbände im Deutschen (ab 1938 Nationalsozialistischen) Reichsbund für Leibesübungen (DRL /NSRL) gleichgeschaltet, jüdische Mitglieder ausgeschlossen und die Arbeitersportvereine zerschlagen. Die Sportarten wurden Fachämtern zugeordnet und nur noch Beitragszahler und Einzelmitgliedschaften gezählt. Konkurrierend und zum Teil verpflichtend wurde Sport in der NSDAP, in der Deutschen Arbeitsfront (DAF), in SA und SS und in der Hitlerjugend (HJ) praktiziert. Dadurch sanken die Vereinsmitgliedszahlen, ab 1939 auch aufgrund des Krieges, wobei der Frauensport auch jetzt einen Aufschwung erlebte. Durch Gebietsannexionen (Österreich, Sudetenland) stiegen die Zahlen teilweise wieder an. 1938 / 39 wurden die Vereine zu abhängigen Parteizellen der NSDAP und verloren ihre Unabhängigkeit.
Als NSDAP-Zellen wurden die Vereine von den Alliierten 1945 zunächst verboten und die Funktionsträger entnazifiziert. Die Wiedergründung verlief daher zunächst nur lokal und regional, im Westen erst über Vereine, dann über Stadt- und Kreissportbünde, Landesfachverbände und Landessportbünde, in der SBZ/DDR lokal uneinheitlich über Kommunalsport, SED-Kulturausschüsse, Gewerkschaft und endgültig, aber verzögert, über Betriebssportgemeinschaften (BSG), überregional über FDJ und ab 1952 über das Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport (StaKo). Der Deutsche Sportbund (DSB) der Bundesrepublik – mit Vereinen, Fachverbänden und Landessportbünden – wurde 1950, der staatlich gelenkte Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) der DDR – mit BSGen, Kreisen und Bezirken – sogar erst 1957 gegründet. So fehlen frühe Gesamtzahlen. Dabei spiegeln die Zahlen im Westen bzw. ab 1990 – anders als vor 1933 – nur die im Dachverband DSB (seit 2006: Deutscher Olympischer Sportbund, DOSB) organisierten Vereine wider, unterscheiden jedoch keine Einzel- von Mehrfachmitgliedschaften.
Fehlende und mangelhafte Infrastruktur im Sport verzögerte in den 1950er Jahren die Entwicklung zunächst. Staatliche Förderprogramme (Bundesrepublik und DDR) und Acht-Stunden-Tag, Gesundheits- und Vorsorgemotive, Olympische Spiele, neue Sportmedien und Sport als Lifestyle ließen die Zahlen danach rapide steigen. Nach 1990 kamen Kinder-, Frauen-, Senioren-, Migrations- und Inklusionsförderung, eine neue Körperlichkeit und die aktuelle Fußballbegeisterung als Einflüsse hinzu. Die dennoch insgesamt stagnierenden Zahlen verweisen auf den konkurrierenden kommerziellen Sport und den Individualsport sowie auf Minderungsaspekte, wie zum Beispiel Ganztagsschulen, die der Vereinsmitgliedschaft entgegenstehen.