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Fundraising in Israel - Heute und Morgen

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Spendenplakette (© Gabriela Crisand)

Fundraising im Ausland

Wer in Israel unterwegs ist, sieht sie überall: Spendenplaketten mit den Namen der Wohltäter/-innen zieren viele Gebäude, Plätze, Denkmäler… Man ist geneigt, Israel für eine große Fundraising- und Gebernation zu halten. Bei genauem Hinschauen findet sich oft ein Hinweis, dass die Spender/-innen, die dort geehrt sind, aus Übersee stammen.

Alle Gesprächspartner/-innen aus dem Fundraisingsektor bestätigten uns, dass Spenden aus dem Ausland eine der wichtigsten Säulen des eigenen Fundraisingmixes seien. Bei fast allen machten sie mehr als 50%, bei einigen bis zu 99% des Gesamtumsatzes aus. Welchen Einfluss hat die Rekrutierung ausländischer Spenden auf die Arbeit der israelischen Fundraiser/-innen?

Viele der ausländisch eingeworbenen Spenden stammen von reichen jüdischen Familien, die den Staat Israel unterstützen möchten. Israelische Fundraiser/-innen sind daher echte Spezialist/-innen fürs Großspendenfundraising. Reisen ist für sie unerlässlich. Nicht selten hörten wir den Satz „Ich komme gerade von einem Fundraisingevent im Ausland“. Dass das mitunter schwer mit den eigenen Statuten kompatibel sein kann, veranschaulichte Tamara Sharon Ross, Leiterin Ressourcenentwicklung und Marketing beim Heschel Center for Sustainability in Tel Aviv (Externer Link: www.heschel.org.il). Heschel bietet Trainings für Multiplikator/-innen an, um nachhaltiges Denken in die Gesellschaft zu tragen. Umweltbildung ist ein Schwerpunkt, dennoch fliegt Tamara immer wieder nach Nordamerika, um dort neue Spender/-innen zu gewinnen. „Das ist nicht gut für die Umwelt“, bestätigt sie. „Doch der persönliche Kontakt ist unglaublich wichtig. Die Menschen müssen uns erleben und unsere Begeisterung für die Sache spüren. Sonst geben sie nichts.“ Wie findet man neue Spender/-innen im Ausland? Tamara berichtet aus der Praxis: „Ich hatte gerade das Glück in der israelischen Botschaft in Kanada sprechen zu dürfen und dazu Teilnehmer vorzuschlagen. Ich suchte also zunächst auf LinkedIn nach Menschen, die sich für Umwelt und Nachhaltigkeit interessieren und einen jüdischen Hintergrund haben. Die habe ich dann angeschrieben und gefragt, ob sie gerne an dem Event teilnehmen möchten. Für viele war es etwas Besonderes eine Einladung von der israelischen Botschaft zu erhalten und sie haben gerne zugesagt. Vor Ort habe ich dann von der Arbeit des Heschel Centers berichtet. Spenden durften wir in der Botschaft keine einwerben, aber ich bin mit einem Stapel Visitenkarten zurückgekommen. Jetzt fängt die eigentliche Arbeit an, nun muss ich die Beziehungen aufbauen.“ Torsten Reibold von der Bildungsstätte Givat Haviva berichtete von einem ähnlichen Event. Er musste sich jedoch nicht selbst um die Gäste kümmern und durfte direkt um Spenden bitten, mehr dazu im Interner Link: Praxisbeispiel.

Auf einer großen Spendentafel in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem finden sich fast ausschließlich Spender/-innen aus dem Ausland. (© Nicolas Dreyer )

Spender/-innen im Ausland zu finden ist das eine, die Spenden zu erhalten das andere. Gerade bei größeren Summen ist die steuerliche Absetzbarkeit wichtig, die nur bei Spenden im eigenen Land geltend gemacht werden kann. Daher haben viele israelische NGOs „Freundeskreise“ in den wichtigsten Spendenländern, die dort eingetragene Vereine sind. Das ist nicht immer einfach, wie Irene Pollak-Rein von The Jerusalem Foundation (Externer Link: www.jerusalemfoundation.org) berichtet. Manche Dinge würden sie gerne anders gestalten. Da die Vereine im Ausland jedoch rechtlich unabhängig sind, habe die israelische Mutterorganisation kein volles Mitspracherecht.

Dank Online-Spenden werden auch Kleinspenden aus dem Ausland möglich. Das war für viele NGO bisher nicht effizient genug. Die großen Plattformen bieten – zumindest in den nordamerikanischen Ländern – eine steuerliche Absetzbarkeit an.

Neben Privatspenden sind auch institutionelle Gelder und Fördermittel aus dem Ausland, besonders aus Deutschland und anderen EU-Ländern, wichtig. 2016 verabschiedete das israelische Parlament mit 57 zu 48 Stimmen das „Transparency law“, auch bekannt als „NGO-Gesetz“. Dies besagt unter anderem, dass eine NGO, die mehr 50% ihrer finanziellen Mittel von ausländischen Institutionen (einzelnen Staaten, EU, UN, staatlichen Stiftungen, etc.) bekommt, dies in all ihren Veröffentlichungen ausweisen muss (u.a. explizit auf ihrer Webseite darauf hinweisen) und strengeren Transparenzkriterien und Berichtspflichten unterliegt. „Als staatliche Unterstützung zählen auch Gelder deutscher NGOs wie Misereor oder Brot für die Welt, die viele Projekte in Israel unterstützen, da diese wiederum Mittel vom deutschen Staat enthalten“, erklärt Daniel Hasson von der Association for Civil Rights in Israel (ACRI) (Externer Link: www.english.acri.org.il). Wer sich nicht an die Auflagen hält, dem drohen Geldstrafen. Von dem Gesetz sind besonders NGOs betroffen, die sich für Menschenrechte einsetzen „Mit dem Gesetz soll unsere Arbeit diskreditiert und potenzielle Spender abgeschreckt werden. Die Regierung möchte ihnen einreden, dass Gelder aus dem Ausland etwas Schlechtes sind“, resümiert Hasson. Private Spenden aus dem Ausland bleiben hingegen unberücksichtigt, worin laut einigen Medien „eine bestimmte Stoßrichtung“ zu sehen sei .

Referent/-innen berichten in Ramallah über die Situation palästinensischer Organisationen. (© Katharina Reinhold)

Beim Studientag in den Palästinensischen Autonomiegebieten wird ersichtlich: Palästinensische NGOs sind ganz besonders von ausländischen Geldern abhängig. Sie können selten auf lokale Unterstützer/-innen oder staatliche Gelder zurückgreifen. Wie fatal das sein kann, erleben sie gerade. Denn die Regierung unter Donald Trump hat im Sommer die üblichen Zahlungen des USAid eingefroren (knapp 200 Millionen US Dollar). Zudem stellen ausländische Stiftungen oft hohe Anforderungen und decken selten die laufenden Kosten (s. Interner Link: Praxisbeispiel Al-Harah Theater). Ausländische Privatspender/-innen gibt es nur wenige. Zudem ist das Bankensystem nicht unabhängig. Viele Spenden müssen zuerst israelische Banken durchlaufen. Überweisungen aus dem Ausland gestalten sich daher schwierig.

Trends und Herausforderungen für die Zukunft

Die große Herausforderung für Israel ist die Entwicklung des inländischen Fundraisings, seien es Privatspenden oder die ebenso unterentwickelten Unternehmensspenden. Der Tenor vieler Aussagen von Referent/-innen während der Studienreise war, dass ein OECD-Staat in der Lage sein solle, sich und die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen aus eigener Kraft zu finanzieren. Damit einher geht die Entwicklung des Kleinspendenfundraisings, was bisher bei vielen der NGOs noch in den Kinderschuhen steckt. Mehrere der vor Ort getroffenen Fundraiser/-innen, die jährlich große Summen an US Dollar einwerben, beklagten sich im Gespräch, dass sie noch keine Spenderdatenbank besitzen, mit der sie eine größere Masse an Spender/-innen überhaupt betreuen könnten. Die Strukturen und Instrumente sind ganz auf große Spenden ausgelegt. Doch alle merken, dass die Spenden aus dem Ausland zurückgehen. Die Verbindungen zu Israel und der zionistischen Bewegung lassen nach. Das Land zählt längst nicht mehr als Entwicklungsland. Auch schwindet das oft zitierte schlechte Gewissen der Jüdinnen und Juden, die außerhalb Israels leben. Die Menschen, die die Zeit des Holocausts noch miterlebten, sterben nach und nach. Die jüngeren Generationen reicher jüdischer Familien im Ausland spenden eher für lokale Organisationen. Das israelische Fundraising steht damit vor einem ähnlichen Wandel wie das deutsche: Die seit Jahrzehnten etablierte Art des Fundraisings muss verändert werden, da eine neue Spenderschaft gewonnen werden will. Ein wichtiger Baustein sind Online-Kanäle und die Erschließung jüngerer Zielgruppen. Denn diese scheinen spendenbereiter zu sein als ältere Israelis.