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PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ | Parteien in Deutschland | bpb.de

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PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ Tierschutzpartei

Jörg Hebenstreit Dr. Tim Niendorf

/ 8 Minuten zu lesen

Die Tierschutzpartei wurde 1993 gegründet. Ihre höchsten Stimmanteile erreicht sie regelmäßig bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, wo sie 2014 erstmals ein überkommunales Mandat gewann.

Eine Delegation der Tierschutzpartei vor der Übergabe einer Petition gegen Tierversuche. Die Schauspielerin Ingrid von Bergen (vierte von links) unterstützt die Aktion. (© picture alliance / Eventpress )

Entstehung und Entwicklung

Die "Partei Mensch Umwelt Tierschutz" (Tierschutzpartei) wurde von neun Gründungsmitgliedern am 13. Februar 1993 im Bonn ins Leben gerufen. Die Partei hat ihre Wurzeln in der Tierrechtsbewegung und sieht sich als deren verlängerter politischer Arm im Parteiensystem. Die Geschichte der Tierschutzpartei ist auch eine Entwicklung von einer Ein-Themen-Partei (single-issue-Partei) hin zu einer Mehr-Themen-Partei (multi-issue-Partei). Ein lediglich auf das Politikfeld Tierschutz reduziertes Programm war jedoch schon in der Gründungsphase in dieser Form nicht beabsichtigt; von Beginn an wollte die Partei das Thema Tierschutz effektiv mit anderen Themenfeldern der Tagespolitik verbinden. Dies spiegelte sich schon in ihrer Namensgebung wider (van den Boom, 1999:71): Der gewählte Name "Mensch Umwelt Tierschutz" (kurz: MUT) wurde aber schon von einem anderen eingetragenen Verein geführt. Daher änderte die Partei auf ihrem ersten Bundesparteitag in Bonn am 06. November 1993 den Kurznamen in "Die Tierschutzpartei", verwendet an verschiedenen Stellen jedoch weiterhin parallel das Kürzel "MUT".

Bis 2012 gründeten sich in allen 16 Bundesländern Landesverbände der Partei. Den ersten Bundesvorsitz der Partei übernahm Prof. Ingeborg Bingener, die schon vor Gründung der Partei ein Grundsatzprogramm erarbeitet hatte. Als Nachfolger im Bundesvorsitz folgten auf ihre Amtszeit Dr. Gisela Bulla (1995-2000), Egon Karp (2000-2001), Jürgen Gerlach (2001-2007) und Stefan Bernhard Eck (2007-2014) (Giese, 2003). Eck legte sein Amt jedoch zum Jahreswechsel 2014/2015 nieder und trat unter Protest aus der Tierschutzpartei aus, weil er ihr vorwarf, sich zusehends dem Rechtsextremismus anzunähern und sich nicht konsequent genug von Parteimitgliedern mit rechter Vergangenheit zu distanzieren. Mit dem Europaparlamentsabgeordneten Eck verlor die Tierschutzpartei ihr bekanntestes Mitglied. Aus Solidarität mit Eck legten sieben weitere Mitglieder des Bundesvorstandes ihr Amt nieder (Donath, 2015). Infolge dieser Parteiaustritte kam es im März 2015 zu einem Sonderparteitag, der als Neuanfang der Partei eingestuft werden kann. Auf diesem wurden alle vakanten Vorstandsposten neu besetzt und organisatorische Neugliederungen innerhalb der Partei vorgenommen. Seit dieser Phase wurde die Partei aus einer Doppel- bzw. Dreifachspitze von Matthias Ebner (seit Mai 2022 Marcel Krohn), Robert Gabel und Sandra Lück (seit 2020 Aída Spiegeler Castañeda) geführt.

Die Entwicklung der Tierschutzpartei lässt sich am besten an einzelnen Wahlergebnissen nachvollziehen. Bei der ersten Wahlteilnahme, der Hamburger Bürgerschaftswahl des Jahres 1993, erreichte die Partei 0,3 Prozent aller Stimmen. Zur Bundestagswahl trat die Partei bis 2021 nie mit Landeslisten in allen 16 Bundesländern an, weil es der Tierschutzpartei nicht überall gelang, die jeweils erforderlichen Unterstützungsunterschriften zu sammeln. So nahm sie bei ihrer ersten Bundestagswahl 1994 z.B. nur mit Landeslisten in Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen teil und erreichte 0,2 Prozent der Stimmen. Bei den darauffolgenden Bundestagswahlen der Jahre 1998 und 2002 gelang der Partei nur eine geringfügige Erhöhung des Stimmenanteils auf 0,3 Prozent. Nach der vorzeitigen Auflösung des Bundestags im Jahr 2005 sank der Anteil der Stimmen wieder auf 0,2 Prozent, sollte aber vier Jahre später auf das bis dahin beste Ergebnis auf Bundesebene (0,5 Prozent) ansteigen. Allerdings setzte sich dieser positive Trend bei der Bundestagswahl 2013 nicht fort und der Wählerstimmenanteil reduzierte sich auf 0,3 Prozent. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2017, zu welcher die Partei mit Landeslisten in 10 Bundesländern antrat, erzielte die Tierschutzpartei 0,8 Prozent der Stimmen (+0,5 Prozentpunkte). Bei der Bundestagswahl 2021 erreichte sie, erstmalig mit einem bundesweiten Antritt, mit 1,5 Prozent ihr bislang bestes deutschlandweites Ergebnis und wurde hinter den Freien Wählern stärkste außerparlamentarische Partei.

Da bei Europawahlen nur 4.000 Unterschriften insgesamt für die Zulassung einer gemeinsamen Liste für alle Bundesländer notwendig sind, konnte die Tierschutzpartei stets bundesweit antreten. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament 1999 errang sie 0,7 Prozent der Stimmen, fünf Jahre darauf erreichte sie mit 1,3 Prozent der Stimmen ihr bisher bestes Ergebnis. 2009 ging der Stimmenanteil mit 1,1 Prozent der Stimmen jedoch wieder leicht zurück. Damit stand die Partei unter den 32 zur Europawahl angetretenen Parteien auf Platz acht in der Wählergunst. Nachdem 2011 schon die Fünfprozenthürde bei Europaparlamentswahlen vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden war, erklärten die obersten Richter aus Karlsruhe 2014 auch die ersatzweise eingerichtete Dreiprozenthürde für verfassungswidrig. Mit 366.598 Stimmen (1,2 Prozent) knüpfte die Tierschutzpartei nicht nur an frühere Wahlerfolge bei Europawahlen an, sondern erhielt auch eines der insgesamt 96 deutschen Europaparlamentsmandate. Dieser Trend sollte sich auch bei der im Jahr 2019 abgehaltenen Wahl zum Europäischen Parlament wiederholen, bei welcher die Partei ihren Stimmenanteil noch einmal um 0,2 Prozentpunkte auf 1,4 Prozent steigern konnte. Weil Martin Buschmann, der in Folge der Wahl als Abgeordneter für die Tierschutzpartei in das Europäische Parlament einzog, der Partei eine frühere NPD-Mitgliedschaft verschwiegen hatte, forderte diese ihn im Januar 2020 zum Rücktritt vom Mandat sowie zum Parteiaustritt auf (Tierschutzpartei, 2020a). Zwar trat Buschmann im Februar aus der Partei aus, verweigerte aber die Rückgabe seines Mandates und versperrte somit das angestrebte Nachrücken des aktuellen Bundesvorsitzenden Robert Gabel. Als deutlich wechselhafter erweisen sich jedoch die Ergebnisse bei Landtagswahlen. Die besten Ergebnisse erzielte sie hierbei zur Landtagswahl in Brandenburg 2019 (2,6 Prozent und damit dem bisherigen Höchstwert), der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021 (2,2 Prozent), der Landtagswahl im Saarland 2022 (2,3 Prozent) sowie bei der sächsischen Landtagswahl 2009 (2,1 Prozent). Da bei Kommunalwahlen ein Trend zur Abschaffung der Sperrklausel zu beobachten ist (Fehndrich/Cantow, 2014), ist es für Kleinparteien oftmals einfacher in Kommunalparlamente einzuziehen. So ist der Tierschutzpartei beispielsweise 2001 in Darmstadt-Dieburg, 2005 in Frankfurt am Main, 2011 in Kassel, 2014 in Düsseldorf oder 2020 in Essen und Dortmund ein solcher Einzug gelungen. Bei der Kommunalwahl 2009 in Magdeburg zog die Tierschutzpartei mit 2,5 Prozent der Stimmen und einem Ratsherren in das Stadtparlament der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt ein. Dort bildete sie gemeinsam mit der SPD und der Jugendpartei "future! - Die junge Alternative" eine gemeinsame Fraktion. Momentan hält die Partei insgesamt 38 kommunale Mandate.

Aktuelle Wahlergebnisse der Tierschutzpartei

Wahlergebnisse bei den letzten Wahlen zu Landesparlamenten, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament

Bei nicht aufgeführten Wahlen ist die Partei nicht mit einer Landesliste o.ä. angetreten.
WahlDatumProzentualer AnteilStimmenanzahl
AnteilGewinn
Verlust
StimmenGewinn
Verlust
Europäisches Parlament26.05.20191,4%0,2%542.226175.628
Brandenburg01.09.20192,6%2,6%32.95932.959
Sachsen01.09.20191,5%0,4%33.47614.865
Hamburg123.02.20200,7%0,7%27.20027.200
Rheinland-Pfalz14.03.20211,7%1,7%32.52732.527
Sachsen-Anhalt06.06.20211,4%0,0%15.279-1.332
Bundestag26.09.20211,5%0,6%675.353301.174
Mecklenburg-Vorpommern26.09.20211,7%0,5%15.2125.538
Saarland27.03.20222,3%2,3%10.39110.391
Schleswig-Holstein08.05.20220,7%0,7%10.22710.227
Nordrhein-Westfalen15.05.20221,1%1,1%75.81175.811
Niedersachsen09.10.20221,5%0,8%53.14026.032
Berlin27.02.20232,4%0,5%36.2735.708
Bremen214.05.20231,1%1,1%13.81913.819
Bayern308.10.20230,5%0,2%69.79228.895
Hessen08.10.20231,5%0,6%43.34115.246
Tabellenbeschreibung

Die Tabelle zeigt die Wahlergebnisse der Partei Tierschutzpartei zwischen dem 26.05.2019 und dem 08.10.2023. Bei 15 von 16 Wahlantritten der Partei in diesem Zeitraum steigerte sich der prozentuale Anteil der Partei an den gültigen Stimmen im Vergleich zur vorherigen Wahl. Das höchste Ergebnis erzielte die Partei mit 2,6% bei der Wahl in Brandenburg 2019, das niedrigste mit 0,5% bei der Wahl in Bayern 2023.

Fußnote: 1 Hamburg: Landesstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 2 Bremen: Personen- und Listenstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 3 Bayern: Gesamtstimmen (bis zu zwei Stimmen je Wähler)

Quelle: Die Bundeswahlleiterin und Landeswahlleitungen.

Wählerschaft, Mitglieder- und Organisationsstruktur

Wie bei Kleinparteien oftmals der Fall, gibt es zur Wählerschaft der Tierschutzpartei nur wenig empirische Daten. Da das Parteiprogramm aber auf keine bestimmte Wählerschicht abzielt, ist davon auszugehen, dass die Wähler der Partei aus verschiedenen Schichten stammen. Besonders erfolgreich scheint die Tierschutzpartei bei jungen Wählern zu sein. Bei den "U18-Wahlen" für Kinder und Jugendliche schneidet die Partei unterschiedlich ab, überschreitet dabei aber immer wieder die Fünfprozenthürde, so auch mit 5,67 Prozent bei der U18-Wahl zur Bundestagswahl 2021 (www.u18.org, 2021) oder mit 5,01 Prozent zur Europawahl 2019 (www.u18.org, 2019).

Auch über die Mitgliederstruktur stehen nur wenige Daten zur Verfügung. Sicher ist, dass sich die Mitgliederzahl der Partei seit ihrer Gründung leicht erhöht hat. Die Tierschutzpartei startete mit einer zweistelligen Zahl im Gründungsjahr, hatte im Jahr 1998 548 Mitglieder und im Jahr 2006 1.062 Mitglieder; bis Ende 2014 kletterte die Mitgliederzahl auf knapp 1.200. Im Zuge des medial wahrgenommenen Parteiaustritts von Stefan Bernhard Eck und sieben weiteren Bundesvorstandsmitgliedern haben auch zahlreiche andere Parteimitglieder ihre Mitgliedschaft aufgekündigt. Negativ auf die Mitgliederentwicklung haben sich darüber hinaus auch die Abspaltungen 2013 in Sachsen-Anhalt (Tierschutzallianz) sowie 2017 in Nordrhein-Westfalen (TIERSCHUTZliste) ausgewirkt. Mittlerweile ist die Zahl der Parteieintritte jedoch wieder deutlich höher als diejenige der Parteiaustritte. Nach eigenen Angaben rangiert die Zahl der Parteimitglieder im Jahr 2020 bei rund 2.000 Mitgliedern, was den bisherigen Höchststand in der Parteigeschichte markiert. (Tierschutzpartei, 2019 und 2020b). Als bemerkenswert ist der hohe Anteil von weiblichen Parteimitgliedern einzuordnen, der sich auf 68 Prozent beläuft. Der Aktivitätsgrad der Tierschutzpartei-Mitglieder, etwa hinsichtlich der Teilnahme an Demonstrationen, ist deutlich höher als bei anderen Parteien. Grund dafür ist, dass ein Großteil der Parteimitglieder aus der Tierschutz- und Tierrechtsbewegung, dem Umwelt- und Naturschutz oder aus der Friedensbewegung stammt, welche durch eine überdurchschnittlich hohe Partizipation geprägt sind.[1] Laut Aussagen des ehemaligen Bundesvorsitzenden Horst Wester verfügt die Partei über zahlreiche Mitglieder, die weder links noch rechts sind, weil das Hauptanliegen der Partei der Kampf für die Tiere darstellt (Donath, 2015).

Wie bei jeder zu Wahlen zugelassenen Partei unterliegt die Organisationsstruktur der Tierschutzpartei den Bestimmungen des Parteiengesetzes. Dies gilt sowohl für den vertikal-regionalen Aufbau als auch für die funktionale Organisationsweise. Neben dem Bundesvorstand und dem Bundesparteitag existieren ebenso Arbeitsgruppen, Bundesarbeitskreise (momentan 17) und ein Bundesschiedsgericht. Dabei ist der Bundesparteitag das oberste Organ der Partei; er kommt zweimal im Jahr zusammen (Lucardie, 2018: 509). An die Stelle der 2015 initiierten MUTigen Jugend, trat die im Jahr 2018 gegründete Jugendorganisation "Generation Umwelt, Tierschutz und Nachhaltigkeit" (GUTuN). In Kooperation mit den Landesverbänden, Bundesarbeitskreisen und Parteimitgliedern ist es die Aufgabe des Bundesvorstandes, neue Initiativen und Parteiaktionen zu planen, zu entwickeln und zu realisieren (Tierschutzpartei, 2015). Regional ist die Tierschutzpartei in einen Bundesverband, 16 Landesverbände (von denen allerdings nicht alle aktiv sind), vereinzelte Kreis- und Ortsverbände sowie wenige Regionalgruppen unterteilt. Die Partei verfügt über eine Parteizeitung, die seit 2018 unter dem Namen "Mensch Umwelt Tier" herausgegeben wird - zuvor lautete der Name "MUT-Magazin" bzw. "ZeitenWENDE".

Programm und inhaltliche Positionen

Die späteren Gründungsmitglieder verfügten schon vor der eigentlichen Parteigründung über ein ausgearbeitetes Programm. Es wurde auf dem Bundesparteitag in Frankfurt am Main 2002 erweitert und angepasst, wesentliche Grundzüge blieben jedoch bestehen. Seitdem wurde es regelmäßig überarbeitet und erweitert, zuletzt im Oktober 2020. Paul Lucardie charakterisiert die Tierschutzpartei als "Interessenpartei ohne explizite Ideologie" (Lucardie, 2019: 509), die in der Praxis aber zur ökologischen und sozial-liberalen Mitte zähle. Sie bezeichnet sich selbst als "'ganzheitlich' da sie die drei Bereiche Mensch, Tier und Natur als untrennbare Einheit auffasse und ihre politischen Forderungen danach ausrichte" (Lucardie, 2019: 508). Letztlich betrachtet sich die Partei in ihrer Grundhaltung als Anwalt derer, "die selbst keine Lobby bilden können, insbesondere Kranke und Pflegebedürftige, Behinderte, Opfer körperlicher und seelischer Gewalt, in Armut lebende Kinder und Obdachlose" (Tierschutzpartei, 2020c: 3). Auch Tiere verfügen über keinerlei Lobby. Dem Kurznamen der Partei entspricht ihr inhaltlicher Schwerpunkt, der ungefähr ein Viertel des Parteiprogramms ausmacht. Die Partei sieht in Tieren "Mitgeschöpfe", denen universelle Rechte zustehen. Das möchte sie im Grundgesetz fixieren. Ein entsprechender Artikel soll, über eine allgemeiner formulierte Wahrung von Tierrechten, unter anderem ein Verbot von Tierversuchen und nichtartgerechter Tierhaltung (Massentierhaltung), der Produktion und des Imports von Pelzen, der Einfuhr von exotischen Tieren, der Jagd und des Angelns sowie der Haltung von Zirkustieren bedingen. Darüber hinaus wirbt die Tierschutzpartei für eine vegane Lebensweise frei von tierischen Produkten. Schon vor den Grünen hat die Partei die Einführung eines fleischlosen, vegetarischen Tages gefordert (von Lübke-Schwarz, 2013). Umweltpolitisch strebt die Partei einen unmittelbaren Ausstieg aus der Atomenergie und ein Verbot von Gentechnik an. Um den Treibhauseffekt zu reduzieren, setzt sich die Partei ferner für recyclebare Rohstoffe und erneuerbare Energien ein und sieht in der Massentierhaltung einen der größten "Klimakiller" (Tierschutzpartei, 2020c: 17).

Wirtschaftspolitisch ordnet sich im Parteiprogramm alles der Maxime "Ökologie geht vor Ökonomie" unter. Der unter der neoliberalen Ideologie stehende Kapitalismus, den die Partei als Ursache für das Schwinden von Gerechtigkeit und Demokratie ansieht, soll deutlich stärker reguliert werden. Sie unterstützt zum Teil weitreichend die basisdemokratischen Elemente der Volksinitiativen und Volksbegehren. Familien- bzw. gesellschaftspolitisch fordert sie die Streichung des Ehegattensplittings zugunsten eines Familiensplittings, die Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie das Recht auf Selbstbestimmung aller Menschen (Tierschutzpartei, 2020c). In der auf dem Bundesparteitag in Frankfurt am Main 2016 beschlossenen Erweiterung des Grundsatzprogramms setzt sich die Partei ebenso nicht nur für die Erprobung eines bedingungslosen Grundeinkommens sowie eine gerechtere Bildungspolitik ein, sondern forderte ebenso Konzerne, die Mensch-, Tier- oder Umweltschutzrechte missachten, stärker in die Pflicht zu nehmen (Tierschutzpartei, 2016).

Dr. Jörg Hebenstreit ist Post-Doc am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen neben der Parteiensystemforschung auch die Themenfelder Wahlkampffinanzierung, Responsivität sowie Nicht-majoritäre Institutionen.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Politikwissenschaft