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Internationaler Tag des Mädchens

Redaktion

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Am 11. Oktober ist der Internationale Tag des Mädchens. Mit diesem Tag wollen die Vereinten Nationen Aufmerksamkeit auf die Diskriminierung von Mädchen weltweit lenken. In vielen Ländern der Welt werden Mädchen gegenüber Jungen systematisch benachteiligt.

Aus Syrien geflohene Mädchen sitzen am 22.09.2015 in einer UNICEF-Schule auf dem Gelände des Flüchtlingslagers Zaatari in Jordanien. In dem vom UNHCR geleiteten Lager an der syrischen Grenze leben mehr als 80.000 Flüchtlinge. (© picture-alliance/dpa)

Mit der Externer Link: Resolution 66/170 beschlossen die Interner Link: Vereinten Nationen die Einführung des Internationalen Mädchentags. Begangen wird dieser Tag weltweit seit 2012 mit dem Ziel, auf die spezifische Situation von Mädchen in der Welt und den vielfältigen Formen ihrer Diskriminierung aufmerksam zu machen. In der Resolution weisen die Vereinten Nationen darauf hin, dass die Verbesserung der Situation von Mädchen aus verschiedenen Gründen wichtig sei: um die Interner Link: Armut in der Welt zu bekämpfen und damit wirtschaftliche Prosperität herbeizuführen, den Kreislauf von Diskriminierung und Gewalt durchzubrechen und die effektive Ausübung ihrer Menschenrechte zu fördern.

Der Tag des Mädchens steht im Jahr 2015 für die Vereinten Nationen unter dem Motto "Die Kraft heranwachsender Mädchen. Visionen für 2030" (Englisch: The Power of the Adolescent Girl: Vision for 2030). Im Zusammenhang mit den Interner Link: "Globalen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung" bis zum Jahr 2030 rufen die Vereinten Nationen unter anderem dazu auf, in die Bildung, Gesundheit und Ernährung von Mädchen zu investieren, Gewalt gegen Mädchen, Kinderehen und Genitalverstümmelungen zu bekämpfen und gesundheitliche Aufklärung zu betreiben.

UN Sustainable Development Goals

(CC, www.globalgoals.org) (© picture-alliance) (© picture-alliance) (© picture-alliance/dpa) (© picture-alliance) (© picture-alliance) (© picture-alliance/dpa) (© picture-alliance/dpa) (© picture-alliance/dpa) (© picture-alliance/AP) (© picture-alliance) (© picture-alliance) (© picture-alliance/dpa) (© picture-alliance) (© picture-alliance) (© picture-alliance) (© picture-alliance) (© picture-alliance)

Verheiratung von jungen Mädchen

In den vergangenen Jahren stand zu jedem Internationalen Mädchentag eine andere spezifische Diskriminierungsform von Mädchen im Fokus. Zum ersten Tag des Mädchens 2012 thematisierten die Vereinten Nationen die Zwangsverheiratung von Minderjährigen. Hierbei handelt es sich meist um arrangierte Ehen zwischen minderjährigen Mädchen und sehr viel älteren Männern. Frühe Eheschließungen sind eng mit Armut verbunden; so sind besonders Mädchen bzw. junge Frau betroffen, die aus ländlichen Gegenden und Familien mit geringem Einkommen stammen und eine geringe Schulbildung haben. Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen ging 2012 davon aus, dass in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen eine von drei jungen Frauen vor Beginn ihres 18. Lebensjahres, etwa jede neunte schon vor Vollendung ihres 15. Lebensjahres verheiratet ist. Insgesamt wird die Zahl der jedes Jahr verheirateten minderjährigen Mädchen auf 15 Millionen geschätzt. Obwohl dies weiterhin eine hohe Zahl ist, ist die Tendenz insgesamt sinkend. Dennoch bleibt die Verheiratung junger Mädchen noch immer eine kulturell etablierte soziale Norm in vielen Ländern.

Meistens ist eine frühe Ehe für die heranwachsenden Mädchen gleichbedeutend mit dem Ende ihrer schulischen Ausbildung – die wiederum für die berufliche Entwicklung von zentraler Bedeutung ist. Wobei solche Ehen nicht immer der Grund für die Beendigung einer Schulausbildung sind; auch unsichere Lebensbedingungen und die Qualität der Lehrausbildung spielen eine bedeutende Rolle.

Außerdem stellen frühe Ehen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Nicht nur, dass früh Verheiratete eher Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind. Auch sind ungewollte frühe Schwangerschaften sowohl für die Mütter als auch für die Kinder gesundheitlich riskant: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind einer Mutter unter 18 innerhalb des ersten Lebensjahres stirbt, ist zu 60 Prozent größer als bei Müttern über 19. Frühe Schwangerschaften sind weltweit eine der Haupttodesursachen für Mädchen in der Altersgruppe zwischen 15 und 19. So liegt laut Interner Link: Weltbank im subsaharischen Afrika die Wahrscheinlichkeit für junge Mütter an Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen zu sterben, bei 1:31, während in entwickelten Regionen der Welt diese Wahrscheinlichkeit bei 1:4300 liegt.

Die Hälfte aller Kinderehen wird in Südasien geschlossen, während prozentual gesehen Verheiratungen in Westafrika am häufigsten vorkommen. Negativer Spitzenreiter in der Region Südasien ist Interner Link: Bangladesch: 82 Prozent aller Frauen, die zwischen 1985 und 1989 geboren wurden, waren hier vor der Vollendung ihres 18 Lebensjahres verheiratet – ein Rückgang um 13 Prozent verglichen mit Mädchen, die zwischen 1955 und 1959 geboren wurden.

Bildung

Auch im Bereich der Bildung sind Mädchen gegenüber Jungen weltweit benachteiligt – so befasste sich der Weltmädchentag 2013 mit dem Thema Bildung für junge Mädchen. Grundsätzlich ist die Situation je nach Land und Region sehr unterschiedlich. Besonders stark ausgeprägt ist die Diskriminierung von Mädchen in den Entwicklungsländern des Nahen Ostens, Südasiens und Afrikas. Während sich etwa in Südasien in der Grundschulbildung zwischen den Geschlechtern kein großer Unterschied feststellen lässt, sind Mädchen bezüglich des Besuchs einer Oberschule massiv benachteiligt; durchschnittlich besuchen in dieser Region laut UN nur 44,7 Prozent aller Mädchen eine weiterführende Schule, im Vergleich zu 86,5 Prozent aller Jungen. Ähnliche Zahlen sind in Afrika zu verzeichnen: Während noch 74,8 Prozent der Mädchen die Grundschule besuchen, sind es nur noch 29,8 Prozent in weiterführenden Schulen. Verglichen mit der Europäischen Union sind dies sehr niedrige Raten: Dort gehen 92 Prozent aller Mädchen auf eine Oberschule, in Griechenland und Irland sind es sogar 99,2 Prozent.

Verschiedene Faktoren sind für den Bildungserfolg von Kindern ausschlaggebend. Dazu zählt unter anderem das finanzielle Einkommen des jeweiligen Haushalts, die Bildung der Eltern, Schulgebühren im jeweiligen Land oder auch der Wohnort des Kindes, gerade im Hinblick auf die Zugänglichkeit zu Bildungsinstitutionen. So können Sorgen um die Sicherheit von Mädchen auf dem Schulweg Familien dazu veranlassen, ihnen den Schulbesuch zu versagen. Insgesamt hat die jeweilige sozioökonomische Situation der Familie einen direkten Effekt auf die kindliche Bildung im Allgemeinen und insbesondere auf die von Mädchen. Armut ist ohnehin weltweit eines der Haupthindernisse, um eine gute Bildung zu erlangen.

Auch kulturelle Normen können ausschlaggebend dafür sein, dass Mädchen ihren Bildungsweg abbrechen. In Interner Link: Pakistan etwa ist es für unverheiratete Mädchen tabu, sich in der Öffentlichkeit allein oder zu weit von Zuhause zu bewegen. Für den Besuch von weiterführenden Schulen bedeutet das, dass für den Schulweg ein spezieller Transport oder eine Begleitperson organisiert werden muss. Besonders für arme Familien können derartige zusätzliche ökonomische Belastungen ein großes Hindernis sein.

Genitalverstümmelung

In verschiedenen Ländern der Welt werden Mädchen auch körperlich verstümmelt. Nach Angaben von Unicef leben mehr als 130 Millionen Mädchen und Frauen mit der Interner Link: Beschneidung ihrer Genitalien, die meisten von ihnen aus 29 Ländern Afrikas und einigen Ländern des Nahen Ostens und Asiens. Der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes e.V. zufolge leben rund 25.000 Mädchen und Frauen in Deutschland, die auf diese Weise körperlich verstümmelt worden sind – genaue Zahlen liegen hier aber bisher nicht vor. Die Klitorisamputation wird in der Regel von frühster Kindheit bis zu einem Alter von 15 Jahren ausgeführt. Dabei wird die Klitoris teilweise oder vollständig entfernt.

Die Weltgesundheitsbehörde macht verschiedene Gründe für diese menschenrechtsfeindliche Praxis verantwortlich. So liegen der Verstümmelung häufig bestimmte kulturelle Vorstellungen von Weiblichkeit zugrunde. Außerdem soll so verhindert werden, dass junge Frauen eine selbstbestimmte Sexualität entgegen der Vorstellungen ihres sozialen Umfelds entwickeln. Neben schweren seelischen Schäden ist die Praxis der Beschneidung für die körperliche Gesundheit extrem schädlich und kann unter anderem zu gefährlichen Infektionen, Unfruchtbarkeit und Komplikationen bei der Geburt eines Kindes führen.

Insgesamt steht der diesjährige Internationale Tag des Mädchens im Zeichen der erst kürzlich ausgerufenen Interner Link: neuen Ziele der Vereinten Nationen, welche eine globale nachhaltige Entwicklung bis 2030 sicherstellen sollen. So sollen dieses Jahr neben der Würdigung der Fortschritte, die in den vergangenen Jahren erzielt worden sind, die Förderung und der Schutz junger Mädchen weiterverfolgt werden, um eine nachhaltigere und gerechtere Welt zu schaffen.

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