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Vor 25 Jahren: Verabschiedung der Chemiewaffenkonvention | Hintergrund aktuell | bpb.de

Vor 25 Jahren: Verabschiedung der Chemiewaffenkonvention

Redaktion

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1992 verabschiedete die Genfer Abrüstungskonvention einen Vertrag über die weltweite Vernichtung aller chemischen Waffen. Der Vertrag verbietet nicht nur den Einsatz von chemischen Waffen, sondern auch ihre Entwicklung, Herstellung und Lagerung.

Mitglieder eines UN-Investigationsteams untersuchen in der Nähe der syrischen Stadt Damaskus Bodenproben auf den Einsatz von Chemiewaffen. (© picture-alliance/AP)

Vor 25 Jahren machte das Ende des Ost-West-Konflikts den Weg frei für die Chemiewaffenwaffenkonvention. Nach der Verabschiedung am 3. September 1992 wurde sie 1993 unterzeichnet und trat am 29. April 1997 in Kraft. Ihr vollständiger Name lautet "Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen", kurz das Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ). Inzwischen haben das CWÜ Externer Link: 192 Staaten ratifiziert.

Das Abkommen verbietet den Einsatz, die Herstellung, den Besitz und die Weitergabe von Chemiewaffen und verlangt die Vernichtung bestehender Arsenale. Anders als bei der Biowaffenkonvention wurde eine Organisation eingesetzt, die die Umsetzung der Konvention kontrolliert: die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons, OPCW).

QuellentextÜbereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen

Artikel I
Allgemeine Verpflichtungen

(1) Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals

a) chemische Waffen zu entwickeln, herzustellen, auf andere Weise zu erwerben, zu lagern oder zurückzubehalten oder chemische Waffen an irgend jemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben;

b) chemische Waffen einzusetzen;

c) militärische Vorbereitungen für den Einsatz chemischer Waffen zu treffen;

d) irgend jemanden in irgendeiner Weise zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind.

(2) Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die in seinem Eigentum oder Besitz oder an einem Ort unter seiner Hoheitsgewalt oder Kontrolle befindlichen chemischen Waffen nach Maßgabe dieses Übereinkommens zu vernichten.

(3) Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die chemischen Waffen, die er im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats zurückgelassen hat, nach Maßgabe dieses Übereinkommens zu vernichten.

(4) Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, alle in seinem Eigentum oder Besitz oder an einem Ort unter seiner Hoheitsgewalt oder Kontrolle befindlichen Einrichtungen zur Herstellung chemischer Waffen nach Maßgabe dieses Übereinkommens zu vernichten.

(5) Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, Mittel zur Bekämpfung von Unruhen nicht als Mittel der Kriegführung einzusetzen.
[...]

Der komplette Vertragstext ist unter Externer Link: http://frieden-sichern.dgvn.de/fileadmin/user_upload/DOKUMENTE/Abruestung/CWUE.pdf abrufbar.

Die Arbeit der OPCW

An die OPCW kann sich jeder Unterzeichnerstaat der Chemiewaffenkonvention richten, z.B. um eine Einrichtung oder ein Gebiet eines anderen Vertragsstaates inspizieren zu lassen. Die OPCW hat dann das Recht, unverzüglich eine mögliche Nichtbeachtung des CWÜ zu überprüfen. Seit der Gründung der OPCW hat noch kein Mitgliedsstaat eine solche Inspektion beantragt. Es werden jedoch regelmäßig Übungen abgehalten.

Die Organisation gibt an, dass sie bis zum Februar 2017 die Zerstörung von rund 68.000 Tonnen chemischer Waffen und 7,4 Millionen Munitionseinheiten überwacht habe. Insgesamt seinen weltweit über 90 Produktionsanlagen von chemischen Waffen zerstört oder umgebaut worden. Hierfür benötigte sie knapp 254.000 Inspektionstage.

Gegenwärtig unterstützt die OPCW die Vereinten Nationen bei Untersuchungen über den Einsatz von chemischen Kampstoffen im Interner Link: Syrien-Konflikt. Zuvor hatte die Organisation die Interner Link: Vernichtung von syrischen Chemiewaffen-Beständen im Mittelmeer organisiert und überwacht. Für ihren Einsatz zur Vernichtung von chemischen Waffen erhielt die OPCW 2013 den Friedensnobelpreis.

Chemiewaffen

"Chemische Waffen können als Massenvernichtungsmittel viele Tote und Verwundete fordern. Dabei sind sie relativ billig in der Herstellung.

Chemische Kampfstoffe haben eine erstickende, lähmende oder giftige Wirkung. So gibt es blutschädigende sowie Haut-, Lungen-, Nervengifte. Chemiewaffen bestehen aus einem chemischen Kampfstoff und einem Trägersystem, um diesen ins Ziel zu befördern.

Die ersten Chemiewaffen bestanden einfach aus den giftigen Gasen, die aus der chemischen Industrie schon bekannt waren, wie z. B. Chlor oder Phosgen. Später synthetisierte man neue Kampfstoffe, die extra für die militärische Kriegsführung entwickelt wurden. Bei den Trägermitteln kann es sich um Minen, Handgranaten, Granaten, Bomben, Sprühtanks oder Raketensprengköpfe handeln."

Diese Definition ist ein Auszug aus: Externer Link: http://sicherheitspolitik.bpb.de/massenvernichtungswaffen/hintergrundtexte-m6/Chemische-Waffen

Geschichte des Verbots chemischer und biologischer Waffen

Die Bereitschaft der Staaten, sich auf ein Verbot chemischer und biologischer Waffen zu verständigen, hat ihren Interner Link: Ursprung im Ersten Weltkrieg. In dessen Verlauf wurden rund 120.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe eingesetzt, erstmal 1915 von Deutschen Truppen in der Schlacht bei Ypern. In der Folge solcher Angriffe kamen nach Schätzungen Externer Link: bis zu 100.000 Soldaten ums Leben und etwa 1,2 Millionen wurden verwundet.

Vor diesem Hintergrund Interner Link: diskutierten die Staaten im Juni 1925 in der Schweiz auf einer Konferenz zur Überwachung des internationalen Waffenhandels über eine Ächtung chemischer Kampfstoffe. Im Laufe der Verhandlungen wurden auch biologische Waffen in das Verbot einbezogen. Zu den Erstunterzeichnern des Genfer Protokolls gehörten unter anderem Deutschland, Frankreich, die USA und Japan. Das Protokoll trat am 28. Februar 1928 in Kraft und ist bis heute gültig. Deutschland ratifizierte es 1929. Externer Link: 140 Staaten sind dem völkerrechtlichen Vertrag bislang beigetreten.

Der Vertragstext des Protokolls wies von Beginn an Schwächen auf. Es waren weder Kontrollmechanismen für dessen Einhaltung noch Strafmaßnahmen für den Fall eines Vertragsbruchs festgelegt. Viele Staaten zögerten zudem eine Ratifizierung des Vertrages hinaus oder machten Vorbehalte geltend.

Umfassendes Verbot erst Jahrzehnte später

Die Lücken des Genfer Protokolls wurden erst nach und nach geschlossen. Bereits seit den 1960er-Jahren bemühten sich die Vereinten Nationen um einen Nachfolgevertrag zum Verbot von chemischen und biologischen Waffen. Mitverantwortlich dafür war der Einsatz des chemischen Kampfmittels "Agent Orange" durch die USA im Vietnamkrieg.

Die Blockfreien Staaten und die Sowjetunion plädierten dafür, das Verbot von chemischen und biologischen Waffen in einem gemeinsamen Vertrag oder zumindest gleichzeitig zu regeln. Dies lehnten die USA und andere westliche Mächte ab. Insbesondere die USA waren anders als bei biologischen Kampfstoffen vom militärischen Nutzen chemischer Waffen überzeugt und daher bereit, einem separaten Biowaffenvertrag beizutreten.

1971 machte die Sowjetunion mit ihrer Zustimmung zu einer Entkopplung des Chemie- und Biowaffenvertrages den Weg für die Biowaffenkonvention frei. Diese trat 1975 in Kraft und wurde bis heute von Externer Link: 178 Staaten ratifiziert. Sie verbietet nicht nur den Einsatz von Biowaffen, sondern auch deren Herstellung, Lagerung, Besitz und Verkauf. Vorhandene Bestände müssen vernichtet werden. Kontrollen und Strafmaßnahmen bei Verstößen sind jedoch nicht vorgesehen.

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