Aufstand der Tibeter vor 50 Jahren
Vor 50 Jahren schlugen chinesische Sicherheitskräfte einen Aufstand der
Tibeter gewaltsam nieder. Tausende Menschen kamen dabei ums Leben. Der Dalai
Lama floh daraufhin ins Exil nach Indien.
Anlässlich des Jahrestages des Tibeteraufstands vor 50 Jahren ist die Lage
in China angespannt. Im letzten Jahr war die Situation eskaliert, nachdem
chinesische Sicherheitskräfte gegen einen friedlichen Protestzug tibetischer
Mönche gewaltsam vorgegangen waren. Die Mönche wollten damit an das
Schicksal der Tibeter vor einem halben Jahrhundert erinnern.
Seit chinesische Truppen 1950 nach Tibet einmarschiert waren, hatte sich die
Lage der tibetischen Bevölkerung verschlechtert. Im Mai 1951 zwang die neue
kommunistische Führung Chinas Tibet ein Abkommen über "Maßnahmen zur
friedlichen Befreiung Tibets" auf. Darin verpflichtete sich Peking zwar, die
politischen und kulturellen Rechte der Tibeter zu wahren. Die tibetische
Souveränität existierte aber nur auf dem Papier: Die Religionsausübung der
Tibeter wurde eingeschränkt, Land enteignet, Tempel in Lagerhallen
umfunktioniert und die Bevölkerung zu Zwangsarbeit verpflichtet. In der
Folge nahmen die Widerstände gegen die Vorherrschaft der Zentralregierung in
Peking zu, die 1959 in dem Aufstand in Lhasa gipfelten. Tausende Menschen
kamen dabei ums Leben. Weitere 80.000 flohen gemeinsam mit ihrem religiösen
und politischen Oberhaupt, dem Dalai Lama, ins Exil nach Indien. Der
Konflikt um das "Dach der Welt" ist auch heute noch ungelöst: Während die
Tibeter mehr politische und kulturelle Autonomie fordern, betrachtet Peking
das Gebiet als Teil des chinesischen Staatsverbandes.
Hintergrund ist nicht zuletzt die chinesische Interpretation des Nations-
und Staatsbegriffs, der das Territorium und nicht die Nation in den
Vordergrund stellt. Demnach sind alle Völker, die bis 1911 auf chinesischem
Territorium siedelten, Teil des chinesischen Volkes - unabhängig welcher
Nationalität sie angehören. Tibet war unter der Qing-Dynastie bis 1911 ein
mit China assoziiertes Gebiet, das sich weitgehend selbst verwaltete. Nach
dem Sturz der letzten chinesischen Kaiserdynastie 1912 erklärte der damalige
Dalai Lama die Unabhängigkeit der Tibeter. China erkannte die Souveränität
nicht an und beendete diese mit dem Einmarsch in Tibet ein Jahr nach
Gründung der Volksrepublik China 1949. In der Zeit nach dem Tibet-Aufstand
wurde 1964 zwar formal ein "Autonomes Gebiet Tibet" gegründet. In der
politischen Realität können die Tibeter ihre Rechte gegenüber der
chinesischen Führung aber kaum geltend machen.
Gleiches gilt für die über 50 nationalen Minderheiten in China, deren
bewohnte "autonome" Regionen etwa zwei Drittel des chinesischen Territoriums
ausmachen. Neben den Tibetern zählen die Uiguren und die Mongolen zu den
größten Minderheiten. Ihre kulturellen und politischen Rechte werden in
einem Autonomiegesetz aus dem Jahr 1984 geregelt. Unter anderem werden hier
prozentual die Vertretungsrechte für die ethnischen Minderheiten in den
Parlamenten (Volkskongressen) aller Ebenen verankert. Die mangelnde
Rechtssicherheit und die übergeordnete Dominanz der chinesischen
Zentralgewalt stehen einem tatsächlichen Mitspracherecht aber entgegen.
Hinzu kommt, dass Angehörige einer Minorität häufig schlechter bezahlt
werden oder nur wenige Aufstiegschancen im Berufsleben haben. Dies hat im
Laufe der Jahre dazu geführt, dass ein Großteil der Menschen in
Minderheitengebiete unterhalb der Armutsgrenze lebt, was nicht zuletzt die
Selbstverwaltung erschwert.